Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 310

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 310 (NJ DDR 1957, S. 310); Auswertung von Urteilen durch die Schöffen I Das Bezirksgericht Suhl hat im Januar 1957 den Schöffen in den Schöffenschulungen Urteile in Straf-und Zivilsachen vorgetragen. Die Schöffen diskutierten sehr rege, insbesondere auch die zweitinstanzlichen Entscheidungen, und nicht selten hatten sie eine ganz andere Meinung als die drei Berufsrichter. So wurde z. B. im Zirkel in Schmalkalden eine Sorgerechtsentscheidung behandelt, in der das Bezirksgericht anders als das Kreisgericht entschieden hatte. Bei der Scheidung der Ehe wurde das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder vom Kreisgericht dem Vater übertragen. Das Kreisgericht hatte sich insbesondere davon leiten lassen, daß die Mutter berufstätig war und die Kinder deshalb in einem Kindergarten untergebracht werden müßten, während sie im Haushalt des Vaters von dessen Mutter betreut werden konnten. Auf die Berufung der Mutter wurde das Urteil des Kreisgerichts abgeändert und die elterliche Sorge ihr übertragen. Die anwesenden Schöffen hielten die Entscheidung des Bezirksgerichts für richtig und vertraten ebenfalls die Auffassung, daß man einer Frau nicht das Sorgerecht für die Kinder absprechen könne, weil sie berufstätig sei; dies sei eine Schlechterstellung der berufstätigen Frau und Mutter. Kinder unter 10 Jahren gehörten im allgemeinen zur Mutter, weil diese meist eine engere und innigere Bindung zu ihnen habe als der Vater. Es wurde festgestellt, daß allein das Wohl der Kinder für die Sorgerechtsentscheidung maßgebend sein müsse. Derselbe Fall wurde in einem anderen Schöffenzirkel erörtert. Auch hier wurde die Entscheidung der Berufungsinstanz einstimmig für richtig gehalten. In diesem Zusammenhang haben die Schöffen außerdem übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, daß man sich bei einer Sorgerechtsentscheidung stets davor hüten müsse, die Belange der Kinder mit denen eines Elternteils zu verwechseln, z. B. dürfe man Geschwister nicht trennen, nur damit keiner der geschiedenen Ehegatten ganz allein sei. Ein anderer Fall eine Entscheidung führte zu einer besonders regen Diskussion im Schöffenzirkel von Bad Salzungen. Hier hatte ein Funktionär die Scheidung beantragt und vorgetragen, daß seine Ehe in der Hauptsache deswegen zerrüttet sei, weil seine Frau für seine gesellschaftliche Tätigkeit wenig Interesse aufbringe. Die Tatsache, daß er viel unterwegs sei, habe zu ständigen Mißhelligkeiten zwischen ihnen geführt. Das Kreisgericht hatte die Ehe geschieden. Die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Die Schöffen erklärten hierzu, daß es ein Versäumnis des Ehemannes sei, wenn er mit seiner propagandistischen Tätigkeit für unsere Gesellschaft nicht in der eigenen Familie begonnen und seine Ehefrau weitergebildet habe. Allgemein war man der Meinung, daß diese Ehe nicht hätte geschieden werden dürfen. Das Gericht hätte auf den Ehemann einwirken müssen, damit er sich bemüht, seine Frau zu einem fortschrittlichen Menschen zu erziehen. Dann würde sie auch seine Arbeit verstehen. Soweit in den einzelnen Zirkeln Strafsachen behandelt wurden, konnte festgestellt werden, daß die Schöffen lediglich zum Strafmaß diskutierten und soweit sie Kritik übten mit Art und Höhe der ausgesprochenen Strafe einverstanden waren. Allerdings forderten sie allgemein, daß man bei Diebstahl, Unterschlagung und Veruntreuung von Volkseigentum stets auch diejenigen zur Verantwortung ziehen müßte, die ihre Aufsichts- und Kontroll-pflicht nicht gewissenhaft ausgeübt haben. Die Schöffen haben kein Verständnis für derartige Nachlässigkeiten, weil sie wissen, daß es sich in jedem Falle um Werte handelt, die von den Arbeitern erst geschaffen werden müssen. Im Schöffenzirkel von Suhl konnten wir die aufschlußreiche Feststellung machen, daß die Schöffen die Begriffe Vorsatz und Fahrlässigkeit sehr gut auseinander halten können und anhand einzelner vom Zirkelleiter vorgetragenen Beispiele die subjektive Seite stets richtig beurteilten Im Schöffenzirkel Hildburghausen wurde u. a. auch eine Strafsache gegen eine junge Bürgerin aus dem Kreis ausgewertet, die vom Bezirksgericht wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung zum Nachteil von staatlichem Eigentum zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Angeklagte war Sachbearbeiterin in der Konsumgenossenschaft und hatte ihre Funktion dazu benutzt, umfangreiche Unterschlagungen zu begehen. Sie hatte ein intimes Verhältnis zu einem Verkaufsstellenprüfer des Konsums, der sich öfter in Geldschwierigkeiten befand und den sie mit den unterschlagenen Geldern unterstützte. Dieser Fall wurde von den Schöffen sehr lebhaft diskutiert, wobei die Meinungen aufeinander prallten. Ein Teil hielt die Strafe für unangemessen hoch, der andere Teil für gerecht. Die einen führten aus, daß die Angeklagte unter dem Einfluß des Verkaufsstellenprüfers gestanden habe und ohne ihn nicht straffällig geworden wäre. Man hätte diesen Mann auf die Anklagebank setzen müssen. Die anderen wiesen darauf hin, daß die Angeklagte zur Zeit der Straftaten 19 Jahre alt gewesen sei und wissen mußte, was sie tat. In der Schöffenkonferenz am 22. Februar 1957 haben die Schöffen diese Auswertung von Urteilen lebhaft begrüßt; die Kollegin V. aus Meiningen erklärte dies im Namen aller anwesenden Schöffen. Sie wies darauf hin, daß der Blick der Schöffen dadurch erweitert wird und sie auch die Ansichten anderer Schöffen und Richter kennen lernen. Die Auswertung von Urteilen in der Schöffenschulung hat dem Bezirksgericht den Beweis erbracht, daß dies sehr fruchtbringend auch für die Richter ist. Die Schöffen erkennen schnell, ob eine Entscheidung das Verständnis der werktätigen Bevölkerung findet, und gerade das ist für die Berufsrichter von größtem Wert; sie erkennen daraus, ob ihre Entscheidungen parteilich sind; denn die Werktätigen unserer Republik sehen das Verhalten ihrer Mitmenschen vom Standpunkt der herrschenden Klasse aus. KARL KRAUPE, Direktor des Bezirksgerichts Suhl in Meiningen II An den Berliner Gerichten werden z. Z. noch die ersten Erfahrungen mit der Kontrolle der Rechtsprechung durch die Schöffen gesammelt. Eine Aussprache über dieses Thema in einer Direktorenbesprechung warf vor allem folgende Fragen auf, die nur zum Teil gelöst wurden: Sind die Schöffen zu einer Kontrolle von Urteilen befähigt bzw. halten sie sich selbst dazu für qualifiziert? Welchen Inhalt, welches Ziel hat überhaupt diese Kontrolle? Was darf und was muß man von ihr erwarten? Und weiter; Wie ist eine solche Kontrolle „zu organisieren“? Wer wählt die zu überprüfenden Urteile aus und unter welchen Gesichtspunkten? Weniger diskutiert wurden die Möglichkeiten, eine von den Schöffen geübte Kritik auszuwerten, vielleicht deshalb, weil es eben noch an breiteren Erfahrungen mit dieser Kritik fehlt. Wenn Minister Dr. Benjamin bereits auf der Zentralen Schöffenkonferenz in Leipzig davor gewarnt hat, die „zarte Pflanze“ Kontrolle durch die Schöffen nicht durch Überorganisation zu ersticken, so zeigte die Berliner Beratung, daß man diese „zarte Pflanze“ auch durch übermäßige und vor allem dürch abwegige Anforderungen am Wachstum hindern kann. Was mögen sich die Schöffen des Stadtbezirksgerichts Berlin-Mitte wohl unter dieser Kontrolle vorgestellt haben, als sie sie, wie der Direktor dieses Gerichts berichtete, mit der Begründung ablehnten, daß sie „keine zweite Instanz seien“? Allerdings kann man kaum von den Schöffen richtige Vorstellungen von dieser neuen Aufgabe erwarten, wenn man gleichzeitig erfährt, daß die Richter dieses Gerichts es „bisher vergessen“ hätten, den bei ihnen tätigen Schöffen die Urteile der vorangegangenen Periode vorzulegen. Das erweckt doch den Eindruck, als ob auch die Richter dieses Gerichts nicht wirklich vom Sinn dieser Aufgabe überzeugt seien. Demgegenüber gibt es in Köpenick schon recht präzise Erfahrungen. Hier prüfen die Schöffen. jeder Kammer nicht nur die Urteile dieser Kammer aus der letzten Schöffenperiode, sondern sie legen ihre Meinung 310;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 310 (NJ DDR 1957, S. 310) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 310 (NJ DDR 1957, S. 310)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie Untersuchung als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und staatliche Untersuchungsorgane ist unter diesen Bedingungen konsequent durchzusetzen. Anforderungen zur eiteren Erhöhung dor Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung ist zu gewährleisten ständig darauf hinzuwirken, daß das sozialistische Recht - von den Normen der Staatsverbrechen und der Straftaten gegen die staatliche Ordnung der DDR. Bei der Aufklärung dieser politisch-operativ relevanten Erscheinungen und aktionsbezogener Straftaten, die Ausdruck des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher sind, zu gewährleisten, daß unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen im Referat. Bei Abwesenheit des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit nicht beseitigt werden kann. Auch diese spezifischen Formen diszipliniertenden Zwanges sind nur so lange aufrechtzuerhalten, wie sie zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit notwendig sind.

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