Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 31

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 31 (NJ DDR 1957, S. 31); diese unmittelbar dem Gesetz zu entnehmende Tendenz läßt erkennen, daß eine Anwendung des § 61 KRG Nr. 16 auch in Sachen, die noch unter dem alten Rechtszustand anhängig geworden sind, nicht mehr möglich ist. Es kann also keine Rede davon sein, daß hier eine besondere Ubergangsregelung notwendig gewesen und vom Gesetzgeber übersehen worden wäre. Abschließend muß noch auf eine weitere Problematik des Falles hingewiesen werden, die der Senat offenbar gar nicht gesehen hat, und die das oben Gesagte unterstreicht. Aus dem Tatbestand ist ersichtlich, daß die Unterhaltsklage erst nach Erlaß' des Scheidungsurteils erhoben wurde. Nach neuem Recht § 13 Abs. 3 EheVO kann jedoch der Anspruch des Ehegatten auf Unterhalt nach der Scheidung nur im Scheidungsverfahren selbst geltend gemacht werden. Es erhebt sich also die Frage, ob die gesonderte Unterhaltsklage nach neuem Recht überhaupt noch zulässig war. Wäre wirklich das alte Gesetz mit seiner Aufhebung vollständig ■ wirkungslos und' als Gesetz unanwendbar geworden, dann hätte das Gericht konsequenterweise die Klage abweisen müssen. Tatsächlich aber zeigt sich hier, daß eine einmal nach altem Recht eingetretene Wirkung erhalten bleibt. Die Klage war nach altem Recht als selbständige Klage zulässig; der im neuen Recht enthaltene V erbindungszwang ist eine grundsätzliche Neuerung, die nicht dazu führen kann, die zulässigerweise selbständig erhobene Klage nachträglich unzulässig zu machen. In diesem Falle liegt die Divergenz zwischen altem und neuem Recht auf der verfahrensrechtlichen Ebene, und für das Verfahrensrecht gilt der Grundsatz, daß zumindest die unter der Herrschaft des alten Rechts vorgenommenen Prozeßhandlungen wirksam bleiben. Indem das Bezirksgericht ein seiner Form nach dem neuen Recht nicht mehr entsprechendes Urteil erließ, hat es in dieser Frage bedenkenlos das aufgehobene Gesetz angewendet und nach den obigen Ausführungen ist ihm darin zuzustimmen, wenn auch im übrigen nach § 26 EheVerfO für die Durchführung anhängiger Prozesse die neuen Verfahrensbestimmungen anzuwenden sind. prQf Df Hflns Nathan § 23 EheVerfO.' Bedeutet die Festlegung von 40 DM als Mindestbetrag einer Gebühr im Ehescheidungsverfahren, daß der Streitwert nicht unter 1500 DM festgesetzt werden darf? BG Schwerin, Beschi. vom 12, Oktober 1956 T Ra 72/56), Das Kreisgericht hatte den Streitwert für das Ehescheidungsverfahren der Parteien auf 900 DM festgesetzt. Gegen diesen Beschluß hatte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten aus eigenem Recht Beschwerde mit der Begründung eingeleet, daß gern. § 23 EheVerfO stets ein Mindeststreitwert von 1500 DM festgesetzt werden müsse. Dies ergebe sich aus der Berechnung von 40 DM als Mindestbetrag einer Gerichtsgebühr. Im übrigen rechtfertige auch das Bruttoeinkommen der Parteien nicht einen so niedrigeren Streitwert. Das Bezirksgericht hat den Streitwert anderweitig auf 1200 DM bis 1300 DM festgesetzt und im übrigen die Beschwerde zurückgewiesen. Aus den Gründen: Die Beschwerde ist" nach § 12 RAGebO zulässig, aber nur zum Teil begründet. Die Vorschriften des § 23 EheVerfO bedeuten, daß der Streitwert zwar nach dem vierfachen monatlichen Bruttoeinkommen beider Ehegatten zu berechnen ist. daß aber in jedem Falle keine niedrigere Gerichtsgebühr als 40 DM in Ansatz gebracht werden kann. Es folgt jedoch nicht daraus, daß der Streitwert stets auf mindestens 1500 DM festzusetzen ist. Wenn dies mit der Festsetzung eines Mindestbetrages für die Gerichtsgebühr bezweckt worden wäre, so wäre ein solcher Grundsatz auch klar im Gesetz ausgedrückt worden. Dem Beschwerdeführer muß jedoch darin zugestimmt werden, daß das Bruttoeinkommen der Ehegatten einen Streitwert von 900 DM nicht rechtfertigt. Beide Parteien haben ein monatliches Gesamteinkommen von etwas mehr als 300 DM brutto. Infolgedessen mußte der Streitwert auf 1200 DM bis 1300 DM festgesetzt werden. Nach diesem Wert sind gern. § 11 RAGebO mangels einer dem § 23 Abs. 1 Satz 2 EheverfO entsprechenden Regelung die Gebühren der Rechtsanwälte zu berechnen. *) Vgl. hierzu auch Heiland auf S. 25 dieses Heftes. §§ 226, 242 BGB. Ist die Rechtsausübung unzulässig und ein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückgegeben werden muß? BG Potsdam, Urt. vom 16. Oktober 1956 3 S 133/56. Der Verklagte ist Mieter im Hause der Klägerin. Der monatliche Mietzins beträgt 80 DM. In seiner Wohnung wurden vor längerer Zeit zwei Öfen von der Feuerschutzpolizei beanstandet. Trotz mehrfacher Mahnung ließ die Klägerin sie gleichwohl nicht instandsetzen. Daraufhin hat der Verklagte die erforderlichen Arbeiten zum Preise von 440 DM selbst ausführen lassen. Er zahlte nach Erteilung der Rechnung 11 Monate nur 50% seiner Miete. Sodann beglich er die Rechnung. Die Klägerin hat nunmehr Klage auf Zahlung von 440 DM eingereicht. Der Verklagte hat wegen seines angeblichen Ersatzanspruchs Aufrechnung geltend gemacht und Klageabweisung beantragt. Das Kreisgericht hatte den Verklagten antragsgemäß verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: Richtig ist zunächst der Vorderrichter davon ausgegangen, daß dem Verklagten eine Gegenforderung in Geld erst seit dem 11. November 1955 zustand, da eierst an diesem Tage seinen Töpfermeister bezahlt hat. Ein Recht zur Aufrechnung und zur Kürzung der Miete für die Monate Januar bis November 1955 hatte also der Verklagte nicht. Der Klägerin steht für diese Zeit der volle Mietzins zu und damit der Mehrbetrag in Höhe von 440 DM. Zu prüfen ist aber, ob dem Verklagten jetzt eine Gegenforderung in Höhe von 440 DM zusteht, wobei zu bemerken ist, daß diese Gegenforderung mit jetzigen Mietforderungen nicht mehr verrechnet werden kann, da die Klägerin ihr Grundstück im November 1955 veräußert hat. Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung aus § 536 BGB nicht nachgekommen. Das wiegt um so schwerer, als die Brandschutzehörde anläßlich der Revision sie bereits im Jahre 1951 auf den schlechten Zustand der Öfen, vor allem des in Frage kommenden Ofens, hingewiesen hatte. Die Klägerin war auch spätestens durch das Schreiben des Verklagten vom 18. November 1954 gemahnt worden; wenn sie sich erst am 24. Januar 1955 zu einer unbefriedigenden Antwort bequemte und unstreitig durch ihren Töpfermeister L. bis Mitte Januar 1955 den Ofen nicht setzen ließ, so befand sie sich bereits im Verzug (§ 284 BGB). Sie hat dies auch zu vertreten. Ihr ganzes Verhalten muß als nachlässig bezeichnet Werden (§ 285 BGB), und zwar um so mehr, als sie bestrebt sein mußte, noch vor Anbruch der Kälteperiode den Ofen neu setzen zu lassen. Sie hätte ihren Töpfermeister L. mahnen, notfalls einen anderen Töpfermeister beauftragen müssen, der die Arbeiten schneller ausführen konnte. Daß der Ofen neu gesetzt werden mußte, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ferner geht aus dem Revisionsbericht der Brandschutzbehörde hervor, daß der Ofen schon 1951 schadhaft war. Also konnte der Verklagte gemäß § 538 Abs. 2 BGB durch seinen Töpfermeister W. den Ofen neu setzen lassen. Er kann daher die Bezahlung dieser Gegenforderung jedenfalls jetzt verlangen, hilfsweise audi gestützt auf §§ 677, 679, 683 BGB. Daß der von W. gesetzte Ofen nicht teurer war als der, den L. gesetzt hätte, ergibt sich aus dem Kostenanschlag des Töpfermeisters L. Es ist richtig, daß ein Aufrechnungsrecht gern. § 28 MSchG hier nicht in Betracht kommt, und zwar aus den Gründen, die der Vorderrichter ausführte. Geprüft werden muß aber, ob die Einrede der allgemeinen Arglist oder der Einwand schikanöser Rechtsausübung durchdringen. Im Gegensatz zur Auffassung des Vorderrichters ist dies zu bejahen. Wie oben ausgeführt, besteht die Gegenforderung des Verklagten zu Recht. Es ist ein feststehender, wenn auch ungeschriebener Rechtssatz, daß niemand eine Leistung fordern kann, die er alsbald wieder zurückgeben muß. Es läßt sich kein wie immer gearteter vernünftiger Grund dafür finden, eine solche Leistung einzuklagen. Eine derartige Klage muß vielmehr als schikanös bezeichnet werden, denn eigene schutzwürdige Interessen des jeweiligen Klägers zur Führung eines solchen Prozesses sind nich* zu erblicken. Wegen dieses Einwandes der schikanösen Rechtsausübung und der Einrede der allgemeinen Arglist war daher die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. 31;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 31 (NJ DDR 1957, S. 31) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 31 (NJ DDR 1957, S. 31)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat gemäß des neuen Entwurfs unter besonderer Berücksichtigung von Strafgesetzbuch von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen werden soll wenn sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigte oder wenn es an Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt. Darüber hinausgehend und anknüpfend an die Darstellungen zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sollte in der Untersuchungs-arbeit Staatssicherheit auch von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, schnell bei bestimmten Personenkreisen Anschluß zu finden. Günstig ist, wenn der einzusetzende Geheime Mitarbeiter am Auftragsort über bestimmte Verbindungen verfügt.

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