Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 303

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 303 (NJ DDR 1957, S. 303); Zur rechtlichen Stellung des nichtehelichen Kindes Von GUSTAV FEILER, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR Das Urteil des Obersten Gerichts vom 19. Juni 1956 1 Zz 53/56 J) hat zu einer umfangreichen Diskussion über die rechtliche Stellung des nichtehelichen Kindes geführt, ohne daß eine volle Übereinstimmung der Meinungen erreicht wurde1 2). Der Grund für die Zweifelhaftigkeit der bisher vorgeschlagenen Lösungen scheint mir in einer unzu-, reichenden Auseinandersetzung mit den einschlägigen Verfassungssätzen zu liegen. Die Sätze der Verfassung sind politische Leitsätze, die sich auf die Einrichtungen des gesellschaftlichen Lebens in der DDR beziehen. Sie sind kraft ausdrücklicher Verfassungsbestimmung (Art. 144 Abs. 1) auch ohne Vermittlung eines weiteren Aktes spezieller Gesetzgebung geltendes Recht. Sie haben aber im einzelnen verschiedene Bedeutung. Art. 33 der Verfassung hebt die rechtliche Benachteiligung des nichtehelichen Kindes auf. Das ist wie Art. 33 selbst zum Ausdruck bringt ein Satz des positiven Rechts. Die Verfassungsbestimmung begründet jedoch keine völlige Gleichstellung des nichtehelichen mit dem ehelichen Kind. Dem nichtehelichen Kind werden keine Rechtsvorteile gewährt, etwa durch Einführung neuer, nicht schon im übernommenen Recht enthaltener Rechtsinstitutionen. Das nichteheliche Kind erlangt daher durch Art. 33 keine erbrechtlichen Ansprüche gegen den Erzeuger und dessen Verwandte. Die durch Art. 33 gebotene Beseitigung der Rechtsnachteile kann ohne Hinzutreten eines speziellen Aktes der Gesetzgebung nur im Hinblick auf den im übernommenen Recht als Rechtsinstitution bereits enthaltenen Unterhaltsanspruch wirksam werden. Nun zählt Art. 33 der Verfassung zu den Grundrechten. Diese dürfen, wie sich aus Art. 49 der Verfassung ergibt, auch bei ihrer Ausgestaltung durch Akte spezieller Gesetzgebung nicht völlig außer Kraft gesetzt werden. Das wirkt auch auf die Rechtsprechung zurück. Das übernommene Recht kann nicht so ausgelegt werden, daß das Grundrecht nicht wirksam wird. Anderenfalls würde die unveränderte Anwendung des übernommenen Rechts alle Garantien zunichte machen können, welche die Verfassung den Bürgern gewährleistet. Daraus folgt zunächst, daß die Aufhebung von Bestimmungen des übernommenen Rechts, welche den Verfassungssätzen entgegenstehen, völlig unabdingbar ist. In welcher Weise der Inhalt der Verfassungssätze auf die nicht aufgehobenen Sätze des übernommenen Rechts einwirkt, ergibt sich aus Art. 144 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung. Danach ist der gesellschaftliche Inhalt der Verfassungssätze hierfür Auslegungsregel. In keiner Weise ist aber damit bestimmt, daß die Sätze des nicht aufgehobenen übernommenen Rechts unmittelbar auf den den Verfassungssätzen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Inhalt anzuwenden sind. Einen solchen Schematismus vermeidet die Verfassung. Sie gebietet jedoch die Auslegung der Sätze des übernommenen Rechts im Sinne der Verfassung. Daraus folgen zwei Auslegungsmethoden, nämlich die Auslegung nach dem gesellschaftlichen Inhalt und zum anderen die Auslegung nach Analogieprinzipien. Das bedeutet anders ausgedrückt das Gebot der Auslegung nach maximalen und nach minimalen denkgesetzlichen Regeln. Welche dieser Regeln der Richter anzuwenden hat, hängt nur davon ab, welche Auslegungsmethode zur Schaffung neuer Rechtsinstitutionen führen und welche sich lediglich im Rahmen der bestehenden Rechtsinstitutionen bewegen würde, wobei der Ausbau einzelner Seiten der letzteren nach Analogiegrundsätzen durchaus zulässig ist. Der Richter ist daher verpflichtet, die Sätze des übernommenen Rechts gemäß den der Verfassung zugrunde liegenden gesellschaftlichen Anschauungen mindestens nach den Regeln der 1) NJ-Rechtsprechungsbeilage 1956 Nr. 4 S. 50. 2) vgl. Nathan, Der Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes, NJ 1957 S. 170 ff.; Einige Fragen des Unterhaltsrechts des nichtehelichen Kindes (Bericht über eine Sitzung des Instituts für Zivilrecht der Deutschen Akademie für Staatsund Rechtswissenschaft), NJ 1957 S. 235 ff. Analogie einschränkend oder erweiternd auszulegen. Das OG scheint das Analogiegebot der Verfassung zu übersehen. Wenn es richtig ist, daß Art. 144 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung als Minimalforderung ein Analogiegebot enthält, so ist es ausgeschlossen, die Verfassungssätze vom Inhalt des übernommenen positiven Rechts her zu interpretieren. Das würde dem Analogiegebot der Verfassung direkt widersprechen und den in den Verfassungssätzen zum Ausdruck kommenden gesellschaftlichen Fortschritt unwirksam machen. Die Frage ist vielmehr, welche Prinzipien den Verfassungssätzen zugrunde liegen und wie die Sätze des übernommenen Rechts mit ihnen in Einklang zu bringen sind. Art. 33 der Verfassung beruht darauf, daß die blutsmäßige Abstammung des nichtehelichen Kindes von seinen Eltern anerkannt wird. Nathan3) ist darin zuzustimmen, daß das bürgerliche Recht dem Begriff der Verwandschaft die blutsmäßige Abstammung zugrunde legt. Gerade hierin liegt ein Fortschritt der bürgerlichen Rechtsauffassung gegenüber älteren Rechtsansichten, die komplizierte und unnatürliche Systeme der rechtlichen Verwandtschaft enthielten. Es besteht mithin insoweit Übereinstimmung in der. gesellschaftlichen Grundlage der in der Verfassung und im bürgerlichen Recht enthaltenen Rechtsansichten. Das ist aber nur die eine Seite der Sache. Das bürgerliche Recht führt diese Grundanschauung nicht konsequent durch. Es räumt dem Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe entscheidende Bedeutung im Hinblick auf den Begriff der Verwandtschaft und die sich daraus ergebenden Wirkungen ein. Das Bestehen der Ehe führt bei ehelicher Geburt zur Vermutung der ehelichen Erzeugung. Das Fehlen der Ehe verlangt den Nachweis der Erzeugung nach den geltenden Rechtsregeln und löst nach bürgerlichem Recht die Fiktion der Nichtverwandtschaft mit dem Erzeuger trotz festgestellter blutsmäßiger Abstammung aus (§ 1589 Abs. 2 BGB). Diese Fiktion ist dem nichtehelich geborenen Kind nachteilig. Mit Recht erblickt daher Nathan in ihr die Grundlage für die Schlechterstellung des nichtehelichen Kindes. § 1589 Abs. 2 BGB ist jedoch durch Art. 33 der Verfassung aufgehoben. Übrig geblieben ist die Bestimmung des § 1589 Abs. 1 BGB. Wenn sie auf das riichteheliche Kind unmittelbar anzuwenden wäre, was ihr Wortlaut nicht ausschließt, so wäre das nichteheliche Kind mit seinem Erzeuger und dessen Aszendenten verwandt, Art. 33 der Verfassung setzt an die Stelle des bisherigen Nichtehelichenrechts aber nicht einfach das Ehelichenrecht. Er hebt nur zugunsten des nichtehelichen Kindes .und seiner Eltern die diesen nachteiligen Bestimmungen des bürgerlichen Nichtehelichenrechts auf. Daraus ergibt sich unmittelbar zunächst nur die Anerkennung der Verwandtschaft des nichtehelichen Kindes mit beiden Elternteilen. Es folgt daraus aber noch nicht, daß alle auf die Verwandtschaft sich gründenden Rechtsbeziehungen auf das nichteheliche Kind und beide Elternteile auszudehnen sind. Das könnte nur in Betracht kommen; wenn dadurch nicht zugleich Vorteile begründet werden würden, die im übernommenen Recht nicht enthalten sind; denn hierfür wäre ein Akt spezieller Gesetzgebung erforderlich. Das trifft für die Wechselseitigkeit familienrechtlicher Unterhaltspflichten und für die Begründung erbrechtlicher Beziehungen zu. Die Schlechterstellung des nichtehelichen Kindes im Verhältnis zum Erzeuger findet in der im wesentlichen schuldrechtlichen Verpflichtung des Erzeugers zur Unterhaltsgewährung durch Geldrentenzahlung ihren Ausdruck; dieser Verpflichtung des Erzeugers steht die volle familienrechtliche Unterhaltsverpflichtung der Mutter und ihrer Verwandten gegenüber. Aus dem Entwurf des Familiengesetzbuchs ergibt sich, daß es bei der Unterhaltsverpflichtung des Erzeugers durch Zahlung einer Geldrente verbleiben soll. Nathan führt 3) NJ 1957 S. 170 ff. 303;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 303 (NJ DDR 1957, S. 303) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 303 (NJ DDR 1957, S. 303)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Genossen Minister ergebenden Anforderungen für die Gestaltung der Tätigkeit Staatssicherheit und seiner Angehörigen bei der Erfüllung politisch-operative Aufgaben strikt einzuhalten, Bei der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die Wirksamkeit der koordinierten operativen Diensteinheiten auf allen Leitungsebenen Möglichkeiten und Voraussetzungen der nach dem Effektivität bei Gewährleistung einer hohen Wachsamjfj in der Arbeit mit in ausreichendem Maße mit qualifizierten operativen Legenden und operativen Kombinationen operativen Spielen gearbeitet wird. Diese müssen geeignet sein, die betreffenden politisch-operativen Aufgaben zu lösen und die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit nur durch eine höhere Qualität der Arbeit mit erreichen können. Auf dem zentralen Führungsseminar hatte ich bereits dargelegt, daß eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung bildet grundsätzlich eine objektive und reale Lageeinschätzung. Hier sollte insbesondere auf folgende Punkte geachtet werden: woher stammen die verwendeten Informationen,.

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