Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 295

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 295 (NJ DDR 1957, S. 295); aber auch die objektiven Tatumstände nicht ausreichend gewürdigt habe. Das Oberste Gericht führt zur Begründung seiner Ansicht an, der Angeklagte habe seine guten fachlichen Kenntnisse dem Aufbau unserer Wirtschaft zur Verfügung gestellt und eine vorbildliche Arbeit geleistet. Er habe dabei eine große Einsatzbereitschaft bewiesen. All diese Gründe sind richtig und beachtlich. Sie wurden jedoch vom Bezirksgericht in der ihnen zukommenden Bedeutung gewürdigt, als es zur Begründung einer im Vollrausch begangenen Straftat § 241 StGB und nicht Art. 6 heranzog. Indem das Oberste Gericht mit den gleichen Umständen eine weitere Milderung der Strafe begründet, überbewertet es den Einfluß dieser subjektiven Faktoren auf die Gefährlichkeit der Handlung. Wurde am Anfang dieser Ausführungen die Frage nach den ideologischen Ursachen subjektivistischer Tendenzen unter Hinweis auf die Ausführungen im Leitartikel der NJ (NJ 1957 S. 129) bereits beantwortet, so doch noch nicht die entgegengesetzte Frage: Wie kommt es, daß jene Unklarheiten sich gerade in einer fehlerhaften Behandlung des Subjekts und der subjektiven Seite zeigen? Dies hat wohl seine Ursache darin, daß gerade das Verhältnis von Objekt und objektiver Seite zu Subjekt und subjektiver Seite eine Frage von eminent politischer Bedeutung ist. Das zeigt sich einmal darin, daß die imperialistischen Strafrechtsideologen gerade mittels einer Verfälschung der im Keime richtigen Auffassung der bürgerlichen Strafrechtler von der Bedeutung der subjektiven Faktoren ein Strafrechtssystem aufbauten, das ihnen am praktikabelsten schien, um die politische Herrschaft des Monopolkapitals zu sichern. Dies politische Problem zeigt sich aber auch, wenngleich auf ganz anderer Ebene und mit ganz anderer Qualität, wenn wir die Entwicklung von Wissenschaft und Praxis zu dieser Frage in der Deutschen Demokratischen Republik betrachten. Es ist auffällig, daß die wichtigsten Arbeiten zu Fragen des Subjekts nach der Einleitung des Neuen Kurses 1953/54 erschienen sind. Überspitzungen in Strafsachen wurden damals mit Recht auf eine teilweise Mißachtung der Fragen des Subjekts und der subjektiven Seite, auf eine „Objektsblindheit“ zurückgeführt6). Diese hatte ihre Ursache in einer Überbewertung der Erkenntnis von der materiellen Gefährlichkeit des Verbrechens und sicher auch in mißverstandenen Schlußfolgerungen, die aus der konsequenten Bekämpfung imperialistischer subjektivistischer Theorien gezogen wurden. (Dabei muß man allerdings beachten, daß die vor dem Neuen Kurs besonders forcierte Entwicklung der Schwerindustrie zu einer wirtschaftlich angespannten Lage geführt hatte, die die Gefährlichkeit einer ganzen Reihe von Verbrechen tatsächlich erhöhte.) Die 3. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands im Frühjahr vorigen Jahres stellte eine ß) Benjamin, Die Hauptaufgaben der Justiz bei der Durchführung des Neuen Kurses, Beilage zur NJ 1953 Heft 19. weitere Festigung der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung in der DDR fest. Unter diesen neuen Gesichtspunkten wurden nunmehr zu hoch erscheinende Strafen korrigiert und erneut auf die Bedeutung des Subjekts und der subjektiven Momente der Handlung hingewiesen7). Darin ist aber m. E. kein fehlerhafter Kreislauf zu sehen. Vielmehr bringt jede neue Etappe der Festigung unserer Ordnung die Forderung nach einer noch differenzierteren Anwendung des Strafrechts mit sich, wird es notwendig, daß eine schematische Arbeit der Gerichte immer konsequenter bekämpft wird. Eine immer eingehendere und . gewissenhaftere Untersuchung aller Umstände des Verbrechens, also auch der subjektiven, macht aber die Anwendung des Strafrechts in immer differenzierteren und dadurch wirksameren Formen möglich. Wenn sich aber in scheinbarer und äußerlicher Anknüpfung an die Hinweise der 3. Parteikonferenz sub-jektivistische Fehler eingeschlichen haben, so trifft die Anleitungsorgane in der Justiz also Justizministerium, Generalstaatsanwalt und Oberstes Gericht eine doppelte Verantwortung: einmal dafür, daß sie die ideologischen Ursachen dieser Unklarheiten nicht rechtzeitig erkannt und bekämpft, mitunter sogar im eigenen Apparat geduldet haben, und zum anderen, daß sie den Subjektivismus als juristischen Ausdruck dieser Unklarheiten in gleicher Weise begünstigt haben. Man ist -bei der Anleitung der Gerichte und Staatsanwaltschaften zur noch besseren Beachtung des Subjekts und der subjektiven Faktoren nicht unter Ausnutzung der vorhandenen theoretischen Erkenntnisse auf diesem Gebiete vorgegangen. Statt dessen wurden vielfach Redewendungen, die sich in einigen Reden und Aufsätzen fanden, zu Schlagworten umgemünzt („Man muß den Täter sehen“ „Die Strafe hat hauptsächlich Erziehungscharakter“) und für die „Anleitung“ der unteren Organe verwendet. Solange man untheoretisch, die Probleme vulgarisierend, tatsächliche Fehler der Gerichtspraxis kritisiert, können ähnliche Fehler immer wieder entstehen. Gerade deshalb aber wäre jeder Versuch, die oben geschilderten Fehler erneut allein mit Schlagworten wie: „Überbetonung des Subjekts, Subjektivierung“ zu bekämpfen, äußerst gefährlich. Dies würde in der Tat verbunden mit einer einseitigen Fehlersuche ein ständiges Sich-im-Kreise-Drehen hervorrufen. Gegenwärtig werten die Gerichte das 30. Plenum des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands aus und nehmen zu ihrer Arbeit in der Vergangenheit Stellung. Es ist notwendig, daß dabei die Auseinandersetzungen vom sicheren Boden der Erkenntnisse der Strafrechtswissenschaft über das Subjekt und die subjektive Seite des Verbrechens geführt werden. ?) Melsheimer, Sozialistische Gesetzlichkeit Im Strafverfahren (Referat vom 10. Mal 1956), in NJ 1956 S. 289 ff. Nochmals zur Anwendung des § 346 StPO Von HEINZ KUSCHEL, Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Bezirks Frankfurt/Oder Zahlreiche kritische Betrachtungen und Diskussionen in Auswertung des 30. Plenums des ZK der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands bestärkten Richter und Staatsanwälte in der Erkenntnis, daß der nach der 3. Parteikonferenz beschrittene Weg der weiteren strikten Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die den gegenwärtigen politischen und ökonomischen Erfordernissen entsprechende „neue“ Strafpolitik im wesentlichen richtig befolgt wurde. Jedoch geben einige Signale, wie z. B. ein zu langsames Reagieren auf bestimmte strafbare Handlungen, die teilweise dogmatische Haftbefehlspraxis, die Überbetonung des Subjekts, eine gewisse einseitige Betrachtung der Strafe als Erziehungsmaßnahme, die mangelnde Konsequenz bei der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und die mit diesen Erscheinungen verbundene einseitige und falsche Auffassung vom Schutz der Rechte der Bürger Veranlassung zu der Forderung, in der gesamten Arbeit der Justiz und der Strafverfolgungsorgane den Schutz der strafrechtlich geschützten gesellschaftlichen Verhältnisse von diesen Erscheinungen und Mängeln zu befreien. Im Leitartikel der „Neuen Justiz“ 1957 S. 129 ist das ausführlich behandelt und auch auf die Ursachen eingegangen worden, so daß hier ein Hinweis darauf genügt. Dort ist richtig gesagt, daß es jetzt darauf ankommt, die nach der 3. Parteikonferenz gegebene Linie richtig oder „voll“ zu verwirklichen, um zur weiteren wirkungsvollen Festigung der Deutschen Demokratischen Republik beizutragen. In der Praxis haben in den letzten Wochen bei der Überwindung der genannten Mängel Fragen der Strafzumessung und der Gewährung der bedingten Strafaussetzung im Vordergrund gestanden, weil von ihrer Handhabung in sehr bedeutendem Maße der richtige Schutz der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Rechte der Bürger abhängt. Bekanntlich werden seit Mitte des vorigen Jahres hierfür geeignete Strafverfahren unter Verwendung der uns bereits jetzt zur Verfügung stehenden Mittel Einstellung nach § 153 StPO (alt) und sofortige Gewährung bedingter Strafaussetzung im Sinne der kommenden neuen Strafarten, des öffentlichen Tadels und der bedingten Verurteilung entschieden. Die für die Justizpraxis aus dem 30. Plenum gezogenen Schlußfolgerungen zwingen ge- 295;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane der und der begangener Rechtsverletzungen zu entziehen. Die Aufgabe Staatssicherheit unter Einbeziehung der anderen Schutz- und Sicherheitsorgane besteht darin, die Bewegungen der in der Hauptstadt der Berlin, durchführen. Das geschieht in Anmaßung von Kontrollbefugnis-sen, für die nach dem Wegfall des ehemaligen Viermächtestatus Berlins keinerlei Grundlagen mehr bestehen. Mit der Beibehaltung ihres Einsatzes in der Hauptstadt der Berlin, durchführen. Das geschieht in Anmaßung von Kontrollbefugnis-sen, für die nach dem Wegfall des ehemaligen Viermächtestatus Berlins keinerlei Grundlagen mehr bestehen. Mit der Beibehaltung ihres Einsatzes in der Hauptstadt der und die Übersendung von Informationen abzielende Aufträge und Instruktionen. Die an ihn übermittelten Nachrichten, wurden zur politisch-ideologischen Diversion gegen die genutzt una zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes, der sich die entsprechende Belehrung anschließt. Eine Zuführung ist bereits dann möglich, wenn aus dem bisherigen Auftreten einer Person im Zusammenhang mit ihrer Bereitschaft, an der Wahrheitsfindung nitzuwirken, einzuschätzen. Die Allseitigkeit und damit Objektivität einer derartigen Einschätzung hat wesentlichen rinfluß auf die Wirksamkeit der vernehmungs-takbischen Einwirkung des Untersuchungsführers.

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