Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 286

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 286 (NJ DDR 1957, S. 286); Zivilrecht §§ 305, 823, 847, 536 BGB; §§ 1, 3, 4 Reichsmietengesetz (RMietenG) vom 24. März 1922 in der Fassung vom 20. April 1936 (RGBl. I S. 380). 1. Auf Grund des Mietvertrages ist der Vermieter verpflichtet, für eine ordnungsmäßige Beleuchtung des Treppenhauses zu sorgen. 2. Erleidet ein Mieter infolge mangelhafter Beleuchtung des Treppenhauses einen Unfall, so haftet der Vermieter sowohl aus Vertrag als auch aus unerlaubter Handlung. BG Erfurt, Urt. vom 12. Dezember 1956 4 S 70/56. Die Klägerin ist Mieterin in dem Haus des Verklagten. Der monatliche Mietzins beträgt 24,55 DM. Das Treppenhaus hat keine Beleuchtung, obwohl die Mieter dies mehrfach verlangt und der Verklagte ihnen die Anbringung einer Treppenbeleuchtung auch zugesagt hatte. Die Mieter haben daher vor ihren Wohnungstüren Notbeleuchtungen angebracht. Am 6. Februar 1955 um 20 Uhr wollte die Klägerin die offen-stehende und infolge starken Sturms auf- und zuschlagende Haustür schließen gehen. Da ihr gerade keine Taschenlampe zur Verfügung stand, leuchtete sie sich mit einer Kerze. Auf der letzten der im Erdgeschoß nahe der Haustür befindlichen Stufe erlosch die Kerze. Die Klägerin trat in der Dunkelheit fehl und brach sich einen Fußknochen. Sie hat vorgetragen, daß sie durch den Unfall Lohnausfall von 103,66 DM gehabt habe und zur Zahlung der Miete für März, April und Mai 1955 im Gesamtbeträge von 73,65 DM nicht in der Lage gewesen sei. Mit ihrem Anspruch auf Schadensersatz wegen des Lohnausfalls rechne sie gegen den Anspruch auf Miete, soweit die Forderungen sich decken, auf und verlange Zahlung des Differenzbetrages von 30,01 DM und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Der Verklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat vorgetragen, daß es sich um einen von der Klägerin selbst verschuldeten Unfall handele, mindestens liege Mitverschulden vor. Bei alten Häusern, die keine automatische Treppenbeleuchtung haben, sei es außerdem ortsüblich, daß der Mieter selbst für die Beleuchtung des Treppenhauses sorgen müsse. Er sei vertraglich nicht dazu verpflichtet. Im übrigen habe sich der Unfall nach 20 Uhr ereignet, also zu einem Zeitpunkt, zu dem im allgemeinen eine Verpflichtung des Vermieters zur Beleuchtung des Treppenhauses ohnehin nicht mehr besteht. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung sei ebenfalls nicht gegeben. Infolgedessen könne die Klägerin auch kein Schmerzensgeld verlangen. Das Kreisgericht hat den Verklagten antragsgemäß verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Wenngleich es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits letztlich nicht ausschlaggebend ist, ob der Vermieter zur Anbringung einer Treppenhausbeleuchtung vertraglich verpflichtet ist, hält es der Senat mit Rücksicht auf die von der Verklagten dieser Frage beigemessenen Bedeutung für angebracht, kurz darauf einzugehen. Eine entsprechende vertragliche Verpflichtung ergibt sich zunächst daraus, daß der Verklagte die Behauptung der Klägerin, der Verwalter hätte die Anbringung einer Treppenhausbeleuchtung mehrfach zugesagt und die Nichtanbringung mit finanziellen Schwierigkeiten entschuldigt, nicht bestritten hat. Diese Behauptung gilt deshalb nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und beinhaltet demzufolge eine nach § 305 BGB erfolgte Übernahme der Beleuchtungspflicht. Darüber hinaus besteht eine Haftung aus Vertrag, weil die gesetzliche Miete (§§ 1, 3 RMietenG) zwischen den Parteien vereinbart ist. In diesem Falle hat nach § 4 RMietenG der Vermieter die Betriebskosten und ähnliche Unkosten, die in der von dem Mieter zu entrichtenden gesetzlichen Miete enthalten sind, zu tragen und ist dementsprechend auch zur Anbringung einer Treppenhausbeleuchtung verpflichtet, weil die Kosten für die Treppenhausbeleuchtung zu den „ähnlichen Unkosten“ im Sinne der angeführten Bestimmung zählen. Außerdem ergibt sich eine vertragliche Haftung auch aus der in größeren Städten bestehenden Verkehrssitte, nach der der Hauseigentümer grundsätzlich verpflichtet ist, für die Anbringung einer ordnungsgemäßen Treppenhausbeleuchtung zu sorgen. Da diese ausschließlich dem Schutze der Hausbewohner und auch dritter Personen dient, kann es nach Auffassung des Senats nicht darauf ankommen, ob es sich im Einzelfalle um ein altes oder neues Grundstück handelt, weil das angeführte Schutzbedürfnis im gleichen Maße für alte wie für moderne Häuser gilt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Falle die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche mit Rücksicht auf § 539 BGB noch möglich ist oder nicht, da es auf die Feststellung vertraglicher Schadensersatzansprüche für die Entscheidung dieses Rechtsstreites letztlich nicht ankommt. Wesentlich ist insoweit nur, daß sich die Verpflichtung des Verklagten zur Anbringung ordnungsgemäßer Treppenhausbeleuchtung auch aus Vertrag ergibt, und zwar zumindest aus dem zuerst angeführten Gesichtspunkt. Der Verklagte haftet aber, unabhängig von obigen Ausführungen, aus § 823 Abs. 1 BGB, weil durch sein Verhalten zumindest grob fahrlässig die Gesundheit der Klägerin verletzt wurde. An dieser Stelle sei vorweg bemerkt, daß der von dem Verklagten vorgetragenen Auffassung, die Bestimmungen der §§ 823 ff. BGB könnten im Verhältnis unter den Parteien nicht zur Anwendung kommen, nicht beigetreten werden kann. Die Ansicht des Verklagten wird auch teilweise in der Literatur vertreten. Diese Auffassung schließt die Anwendung der Deliktsvorschriften deshalb aus, weil sie darauf zugeschnitten sind, daß außerhalb einer bereits bestehenden vertraglichen Beziehung ein fremdes Recht verletzt wird und daß die Nichterfüllung vertraglich übernommener Pflichten ihrem Wesen nach ein anderer Sachverhalt als der einer Deliktshandlung ist. Demgegenüber ist die Rechtsprechung zu anderen Ergebnissen gelangt. Van ihr wird zwar ebenfalls bejaht, daß die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung einer Vertragspflicht als solche keine unerlaubte Handlung ist. Sie geht aber zur Vermeidung unbefriedigender Ergebnisse (Schadensersatzansprüche aus Vertrag schließen grundsätzlich die Geltendmachung von Schmerzensgeld nach § 847 BGB aus) davon aus, daß sie dann auch eine unerlaubte Handlung darstellt und eine Haftung nach den für diese maßgebenden Rechtssätzen begründet, wenn sie zugleich den Tatbestand einer unerlaubten Handlung i. S. der §§ 823 ff. BGB erfüllt. Im Verhältnis der Parteien zueinander kommen somit hinsichtlich der Schadensersatzpflicht sowohl die vertraglichen Bestimmungen als auch die über imerlaubte Handlung zur Anwendung. Dritte können demgegenüber nur Ansprüche nach §§ 823 ff. BGB geltend machen. Aus den weiter obenstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Verklagte auf Grund seiner Zusage, zumindest aber auf Grund der auch als Vertragsinhalt geltenden Ortssitte verpflichtet war und ist, für eine ordnungsgemäße Beleuchtung der Flure und Treppen zu sorgen. Diese Verpflichtung besteht darüber hinaus nach dem allgemeinen Grundsatz der Verkehrssicherung. Eine Verkehrssicherungspflicht trifft jeden, der Anlagen unterhält, deren Benutzung allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen mit Gefahren für die Benutzer verbunden' ist. Treppenhäuser und Hausflure bilden aber nach Eintritt der Dunkelheit Gefahrenquellen für die Benutzer. Deshalb entspricht es der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, daß nicht nur ein besonderer verkehrsgefährlicher Zustand (z. B. bei ungünstigen Treppenaufgängen) beseitigt wird, sondern daß schlechthin durch Anbringung einer Treppenbeleuchtung die bestehenden Gefahren beseitigt bzw. weitestgehend ausgeschaltet werden. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung zur Anbringung einer elektrischen oder anderen ordnungsgemäßen Treppenbeleuchtung. Dieser aus dem angeführten allgemeinen Grundsatz der Verkehrssicherungspflicht sich ergebenden Verpflichtung ist der Verklagte nicht nachgekommen. Auf Grund der Unterlassung einer Rechtspflicht war das Haus am 6. Februar 1955 in den Fluren und Treppenaufgängen unbeleuchtet. Dieser Zustand ist ursächlich dafür, daß die Klägerin an diesem Tage gegen 20 Uhr, als sie die letzten vier unbeleuchteten Stufen im Erdgeschoß des Hauses betrat, einen Unfall erlitt. Nach der ebenfalls unbestritten gebliebenen Erklärung der Klägerin ist sie in dem Augenblick ausgeglitten und zu Fall gekommen, als sie die erloschene Kerze wieder anzünden wollte. Zu dieser Erklärung der Klägerin kommen die insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Kreisgerichts, nach denen die Klägerin vorgetragen hat, daß sie beim Ausgehen der Kerze im Dunkeln stehen geblieben ist, ein Streichholz anzünden wollte und durch Dunkelheit und Sturm den Halt verlor. Aus diesen Feststellungen insgesamt ergibt sich, daß das Fehlen einer ordnungsgemäßen Beleuchtung ursächlich für den Unfall der Klägerin war. Diese Ursächlichkeit hat der Verklagte zu vertreten. Das ergibt 286;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 286 (NJ DDR 1957, S. 286) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 286 (NJ DDR 1957, S. 286)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage der umfassenden politischen, politisch-operativen und straf rechtlichen Einschätzung ist die mit der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung anzustrebende politischoperative Zielstellung, die den wirkungsvollsten Beitrag zur Erfüllung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit , wie das prinzipiell bereits im Abschnitt der Arbeit dargestellt wurde. Zu : Der Schutz der inoffiziellen Mitarbeiter und die Gewährleistung der Geheimhaltung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere die Herausarbeitung und Beweisführung des dringenden Verdachts, wird wesentlich mit davon beeinflußt, wie es gelingt, die Möglichkeiten und Potenzen zur vorgangsbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet und ist auch in allen anderen Bezirksverwaltungen Verwaltungen konsequent durchzusetzen. In diesem Zusammenhang einige weitere Bemerkungen zur Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Schadens verursachender Handlungen. Die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit verlangt den zielgerichteten Einsatz der dem Staatssicherheit zur Verfügung stehenden spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf sozialen Ebene der Vorbeugung feindlich-nega und Handlungen der allgemein tiver Cinsteilun-. Das Staatssicherheit trägt auf beiden Hauptebenen der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung.

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