Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 281

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 281 (NJ DDR 1957, S. 281); Strafaussetzung die Möglichkeit der Bewährung zu geben, für die nach unserer Überzeugung bestimmte Anhaltspunkte vorhanden sind. Eine Überbewertung des Subjekts wäre es dagegen unserer Meinung nach gewesen, wenn das Gericht in folgendem Fall dem Antrag der Verteidigung gefolgt wäre: Ein 55jähriger Angeklagter mit einer positiven Vergangenheit er war Mitglied der SED, Parteisekretär, Leiter einer Kampfgruppe und hatte sich auch am 17. Juni 1953 bewährt vergriff sich in verbrecherischer Weise an einem noch nicht 14jährigen Mädchen. Das ärztliche Gutachten verneinte das Vorliegen der Strafausschließungs- oder -milderungsgründe des § 51 Abs. 1 und 2 StGB, bescheinigte ihm aber, daß er früh gealtert sei und an einer beginnenden Gehirnverkalkung leide. Es kam zu dem m. E. merkwürdigen Schluß, daß das 14jährige Mädchen zwar den 55jährigen nicht direkt verführt habe, aber immerhin seine Partnerin gewesen sei. Der Verteidiger des Angeklagten war der Meinung, daß die erlittene Untersuchungshaft von sieben Monaten (einschließlich eines längere.? Aufenthalts in der Heilanstalt) angesichts der Verdienste des Täters in der Vergangenheit, seiner beginnenden Verkalkung und der Partnerschaft des Mädchens ausreiche, um den Strafzweck zu erfüllen, während das Gericht entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine Zuchthausstrafe von einem Jahr und drei Monaten erkannte. Bei diesem Strafmaß stand aber die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat im Vordergrund, erst an zweiter Stelle die Persönlichkeit des Täters, die genügend berücksichtigt wurde. Das Bezirksgericht teilte diese Auffassung und verwarf die vom Verteidiger eingelegte Berufung als offensichtlich unbegründet. Wir haben uns auch mit dem materiellen Verbrechensbegriff beschäftigt und sind mit Renneberg, Hübner und Weber (NJ 1957 S. 33) der Meinung, daß die Frage nach der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat nur in Ausnahmefällen zu stellen ist, wenn besondere Umstände, z. B. der äußerst geringe Wert einer gestohlenen Sache, zu einer solchen Fragestellung zwingen. Wir sind aber im Gegensatz zu ihnen der Auffassung, daß eine Gesellschaftsgefährlichkeit auch dann vorliegt, wenn jemand vor Gericht über Dinge falsch aussagt, die für die Sachentscheidung völlig nebensächlich sind und deshalb die Entscheidung des Gerichts überhaupt nicht beeinflussen können. Abgesehen davon, daß § 153 StGB es nicht darauf abstellt, daß die uneidliche, vorsätzlich falsche Aussage für die Entscheidung des Gerichts von Bedeutung sein muß, bedeutet doch das straflose Hinnehmen einer falschen Aussage eine Schwächung der Autorität des Gerichts. Angeklagte, Parteien, Zuhörer und andere, die von dieser falschen Aussage Kenntnis haben oder bekommen, werden daraus schließen, daß man das Gericht ungestraft belügen kann und daß das gerichtliche Urteil, welches diese Aussage als wahrheitsgemäß und für die Entscheidung maßgeblich verwertet, ebenfalls in Widerspruch zur Wahrheit steht. Die in dem genannten Artikel vorgenommene Differenzierung ist aber auch lebensfremd, denn sie verkennt die Tatsache, daß es den Zeugen wie den Parteien im Zivilprozeß, falls sie ohne Anwälte auftreten, und häufig selbst den Angeklagten im Strafprozeß durchaus nicht immer klar ist, worauf es für die Sachentscheidung des Gerichts ankommt. Wir können uns auch nicht mit der von Lekschas und Renneberg auf der im November 1956 in Berlin durchgeführten Tagung des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft aufgestellten These einverstanden erklären, daß das Verbrechen in der DDR letzten Endes Ausdruck des Klassenkampfes sei. Ihre Begründung (nach M. Benjamins Bericht in NJ 1956 S. 717), das Verbrechen „sei objektiv schädlich für die Entwicklung der Arbeiter-und-Bauem-Macht in der DDR und werde in letzter Instanz durch den politischen, ökonomischen oder ideologischen Klassenkampf hervorgebrachf, erscheint uns ohne daß wir selbstverständlich die objektive Schädlichkeit jedes Verbrechens für unseren Staat verneinen nicht stichhaltig. Es gibt bestimmte Verbrechen am deutlichsten ist dies erkennbar bei Sittlichkeitsverbrechen , die ihre Ursache z. B. in psychischen Veränderungen des Menschen haben, ohne daß man diese wiederum auf den politischen, ökono- mischen oder ideologischen Klassenkampf zurückführen kann. Im übrigen ist auch von anderen Teünehmern dieser Tagung, darunter von Melsheimer, hervorgehoben worden, daß die These vom Verbrechen als Klassenkampf in ihrer Absolutheit falsch sei und zu einer falschen Auslegung durch Richter und Staatsanwälte geführt habe. Die gesamte Frage sollte unserer Meinung nach nochmals gründlich erörtert werden, aber nicht auf großen Konferenzen, sondern in Arbeitsgemeinschaften, in denen das Für und Wider besser ausdiskutiert werden kann*). Noch ein Wort zu der vorgesehenen neuen Strafart, der bedingten Verurteilung. In der Zeitschrift „Der Schöffe“ 1956 Heft 6 S. 177 heißt es hierzu: „Die bedingte Verurteilung kann bei einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren ausgesprochen werden, wenn der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat, die gegebenen Umstände und das Verhalten des Täters vor und nach Begehung der Straftat dies gerechtfertigt erscheinen lassen“. Zwar wurden die vorgesehenen neuen Strafarten, auch der öffentliche Tadel, bisher mit den Praktikern nicht sehr eingehend diskutiert, doch erscheint mir die bedingte Verurteilung bei einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren eine allzu einseitige Betonung des Charakters der Strafe als Erziehungsmittel und eine Unterschätzung der Schwere der Tat, des Grades ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit. Ich kann mir bei fahrlässig begangenen Verbrechen, die unter besonders tragischen Umständen vor sich gegangen sind oder besonders tragische Folgen für den Täter gehabt haben, z. B. wenn eine Mutter aus Fahrlässigkeit den Verbrennungstod ihres eigenen Kindes verursacht hat, vorstellen, daß man der Mutter in einem solchen Falle bedingte Strafaussetzung gewährt. Schwerlich wird man aber hier eine Gefängnisstrafe von mehr als einem Jahr aussprechen. In meiner nunmehr über zehnjährigen Praxis ist mir noch kein Angeklagter begegnet, den ich bei voller Berücksichtigung aller persönlichen Umstände angesichts der Schwere seiner Tat zu mehr als einem Jahr Gefängnis verurteilt habe und ihm dann mit gutem Gewissen für die ganze Zeit hätte bedingte Strafaussetzung gewähren können. Wir wären schlechte Marxisten, schlechte Dialektiker, wenn wir im Kampf um die Durchsetzung neuer Maßstäbe in der Sträfpolitik im Schwingen des Pendels nach rechts wie man etwa den oben genannten Artikel von Schulze bezeichnen könnte nicht zugleich einen Prozeß der Entwicklung sähen, der nun einmal nicht in Form einer harmonischen Entfaltung der Erscheinungen verläuft, sondern im Kampf der Widersprüche, die den Dingen und Erscheinungen eigen sind, in Form eines Kampfes gegensätzlicher Tendenzen, die auf der Grundlage dieser Widersprüche wirksam sind. Aus diesem Kampf der Widersprüche kann und darf nur eine den Forderungen des 30. Plenums des ZK der SED und damit dem politischen und gesellschaftlichen Stand unserer Deutschen Demokratischen Republik gerecht werdende neue, höhere Qualität unseres Rechts und unserer Rechtsprechung hervorgehen. HELLMUTH REHSE, Direktor des Kreisgerichts Oranienburg *) Das Protokoll der Konferenz der DIR wird in Kürze unter dem Titel „Verbrechen und Klassenkampf** im VEB Deutscher Zentralverlag erscheinen. Es sollte weiteren Diskussionen zugrunde gelegt werden. D. Red. Kritik eines Schöffen an der Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Eheverfahren Den kritischen Hinweisen von K r ö n i n g zur Tätigkeit der Rechtanwälte im Eheverfähren (NJ 1957 S. 25) kann man nur zustimmen. Der Rechtsanwalt hat im Eheverfahren neben der Parteivertretung auch die Aufgabe, die Bemühungen des Gerichts zu unterstützen, die auf die Aussöhnung der Ehegatten gerichtet sind. Dies entspricht den Grundsätzen der neuen Eheverordnung und den Rechtsanschauungen unserer Werktätigen. Diese Aufgabe wird aber von den Rechtsanwälten noch nicht immer richtig erkannt. Hierzu ein Beispiel: 281;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 281 (NJ DDR 1957, S. 281) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 281 (NJ DDR 1957, S. 281)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie mit der Staatsanwaltschaft, den Gerichten und dem Mdl Verwaltung Strafvollzug zur Gewährleistung eines abgestimmten und Vorgehens zur Realisierung gemeinsamer Aufgaben unter besonderer Beachtung der Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung. Das politisch-operative Zusammenwirken mit dem Mdl Verwaltung Strafvollzug hat in Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie zu erfolgen. Der Rahmen des politisch-operativen Zusammenwirkens mit dem Staatsanwalt und den Gerichten wird durch die in der sozialistischen Rechtsordnung arbeitsteilig festgelegten spezifischen Aufgaben, Pflichten und Rechte in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung des HfS, unter Siff der Dienst antfeisungbedeutet nicht die einfach Fest Schreibung der bisherigen Praxis der quaiifisierten Anleitung, Unterstützung und Kontrolle gegenüber den Bienstein-heitsn.

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