Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 270

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 270 (NJ DDR 1957, S. 270); Stadt usw.). Natürlich sind im Einzelfall nicht immer alle und auch nicht immer die wesentlichsten Ursachen feststellbar. Jedoch könnte eine solche Aufstellung nach längerer Zeit wertvolle Aufschlüsse geben. Außerdem würden dadurch bereits die ersten Erfahrungen für eine zentrale Ursachenstatistik gesammelt werden. Die Verwirklichung des Vorschlags wäre freilich mit einer gewissen Mehrarbeit verbunden, weil ja nur das regelmäßige und gewissenhafte Festhalten der maßgeblichen Umstände wenn auch lediglich in wenigen Stichworten zu brauchbaren Ergebnissen führen kann. Es gibt aber sicher eine ganze Anzahl Richter oder Staatsanwälte, die die nötige Eigeninitiative und das erforderliche Interesse hierfür mitbringen muß doch die Mühe früher oder später auch unmittelbar für die eigene tägliche Arbeit Früchte tragen. Die Erwartung, daß die Kriminalität in der DDR auch fernerhin in demselben Tempo zurückgehen müsse wie bisher, wäre eine Illusion. Wir wissen sehr gut, daß der bisherige Rückgang der Kriminalität nicht allein auf die von Jahr zu Jahr besser gewordene Tätigkeit der Strafverfolgungsorgane zurückzuführen ist. Den Hauptanteil daran hat vielmehr die gesellschaftliche Umwälzung in unserem Teil Deutschlands, die Befreiung der Menschen vom Joch der Ausbeutung und Knechtung durch das Monopolkapital, die Befreiung von der Furcht vor Ruin, Arbeitslosigkeit und Hunger. Deshalb hat sich der Charakter der Kriminalität bei uns auch grundlegend gewandelt. Niemand wird mehr durch wirtschaftliche Not auf den Weg des Verbrechens gedrängt. Neben den kompromißlosen Kampf gegen die von den westlichen Agentenorganisationen ausgehaltenen Verbrecher tritt in immer stärkerem Maße das Ringen um jeden einzelnen Menschen, der noch in Gewohnheit und Bewußtsein mit den Schlacken der Vergangenheit behaftet ist. Das ist eine der kompliziertesten Aufgaben, die Zähigkeit und Ausdauer erfordert. Und dies ist ja auch längst nicht mehr nur ein Anliegen der Strafverfolgungsorgane. Aber wir müssen einen noch größeren Beitrag dazu leisten, daß diese Aufgabe nicht erst im Gerichtssaal angepackt zu werden braucht. Ein wichtiges Mittel dafür ist die regelmäßige Analyse des vorhandenen Materials unter dem Gesichtspunkt der speziellen Verbrechensursachen, die für die vorbeugende Tätigkeit unentbehrlich ist. Es ist der Sinn dieses Beitrags zu zeigen, wo wir heute auf dem Gebiet der Kriminalität stehen. Es ist wahrlich keine schlechte Bilanz. Sie soll aber zugleich Ausgangspunkt für noch größere Anstrengungen' zum Wohle unseres Staates sein. Bericht über eine Arbeitstagung der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte Eine Frage, deren Klärung schon mehrfach dringlich gefordert wurde, ist die nach den Rechten und Pflichten der Rechtsanwaltschaft1). Die Klärung dieser Frage ist erforderlich, um die Stellung der Rechtsanwaltschaft in unserem Staat bestimmen zu können. Es ist daher zu begrüßen, daß die Leipziger Arbeitstagung der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte vom 22. und 23. März 1957 sich auf der Grundlage eines Referats von Rechtsanwalt Gerhard Häusler (Neubrandenburg) ausführlich mit diesem Thema beschäftigte. Selbstverständlich konnte es nicht das Ergebnis der Tagung sein, die Stellung des Anwalts in unserer Gesellschaftsordnung und seine sich daraus ergebenden Verpflichtungen genau festzulegen. Die Diskussion muß in den einzelnen Anwaltskollegien und unter den Einzelanwälten fortgeführt werden. Ihr Ergebnis soll die Grundlage für die Ausarbeitung einer neuen Rechtsanwaltsordnung, einer Ordnung für die Tätigkeit der Rechtsanwaltschaft im Arbeiter-und-Bauern-Staat sein. Rechtsanwalt Häusler leitete sein Referat mit der Feststellung ein, daß das Thema „Rechte und Pflichten der Rechtsanwaltschaft“ nicht ganz richtig formuliert sei und daß es darum ginge, die Berufspflichten der Rechtsanwälte zu behandeln. Dagegen wendeten sich in der Diskussion mehrere Rechtsanwälte und führten aus, es gebe auch spezifische Rechte der Rechtsanwälte: z. B. das Recht, Bürger gegen Honorar vor den Gerichten zu vertreten, das Recht auf Akteneinsicht, auf Besuche in den Haftanstalten, auf Verteidigung mit selbständigen Rechten des Verteidigers, das Recht, vor den Bezirksgerichten aufzutreten u. a. m. Insofern seien die Rechte der Rechtsanwälte nicht nur Ausfluß der Rechte der Bürger, die von den Rechtsanwälten wahrgenommen werden, sondern selbständige Rechte, welche die Stellung des Anwalts charakterisieren. Der Referent behandelte zunächst die Stellung des Anwalts in unserem Staat und seine Aufgaben beim Aufbau des Sozialismus und ging dabei vom Umfang der Anwaltstätigkeit aus. Er vertrat die Auffassung, daß der Rechtsanwalt nicht nur vor Gericht tätig werde. Die Formulierung in der Präambel zur VO vom 15. Mai 1953 über die Bildung von Kollegien der Rechtsanwälte: „Die Rechtsanwälte sind dazu berufen, als Organ der Rechtspflege das Recht auf Verteidigung von Angeklagten zu verwirklichen, in zivilrechtlichen Streitfällen die Parteien sachgemäß zu vertreten und der Erforschung der Wahrheit und der Rechtsfindung zu dienen“ sei zu eng. Eine solche Beschränkung entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen und den Bedürfnissen der Bevölkerung. Die Berufstätigkeit des 1) vgl. NJ 1956 S. 436 und Staat und Recht 1956, Heft 6, S. 722. Anwalts sollte vielmehr so definiert werden, daß der Anwalt berufen ist, Bürgern, Betrieben, Organisationen und staatlichen Einrichtungen Rechtshilfe zu leisten und damit zur Wahrung der Gesetzlichkeit beizutragen. Unter Rechtshilfe sei die Beratung in Rechtsangelegenheiten und die Vertretung der Interessen der Mandanten in Rechtsangelegenheiten zu verstehen. Es komme also neben der Tätigkeit in der Justiz auch das Gebiet des Vertragssystems der volkseigenen Wirtschaft, das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht und schließlich das gesamte Gebiet des Verwaltungsrechts in Betracht. Zweifellos sei zur Zeit die Justiz Schwerpunkt der Anwaltstätigkeit, die insoweit auch am umfangreichsten gesetzlich geregelt sei. Es gebe aber keinen vernünftigen Grund, den Anwalt von der Vertretung auf irgendeinem Rechtsgebiet auszuschließen. Selbstverständlich sei dabei, daß, soweit bestimmte spezielle Fachkenntnisse erforderlich sind, diese auch vorhanden sein müssen. Die Konzentration einer umfassenden Rechtshilfe bei den Anwaltskollegien gebe bei der weiteren Entwicklung die Gewähr für eine noch bessere fachkundige Beratung und Vertretung und ermögliche es, durch Spezialisierung der Anwälte in größeren Zweigstellen auch überdurchschnittliche Kräfte für die einzelnen Gebiete zur Verfügung zu stellen sowie im Laufe der Entwicklung die Rechtshilfe einfacher und billiger zu gestalten. Diese Definition der Anwaltstätigkeit umfasse zugleich auch die Stellung des Anwalts in unserem Staat. Er wirke bei der Festigung der demokratischen Gesetzlichkeit mit, und zwar dadurch, daß er die Interessen der Bürger sachkundig und richtig vertritt. Selbstverständlich seien die Rechtsanwälte keine Staatsfunktionäre. Die Anwaltschaft sei eine weitgehend selbständige Einrichtung, deren Existenz solange notwendig sei, wie der Staat und die Gesetze bestehen. Die Tätigkeit der Anwaltschaft sei jedoch mit der Tätigkeit des Staates eng verbunden. Da es keine abstrakte, sondern nur eine konkrete Gesetzlichkeit gebe, müßten die Interessen der Bürger und anderer Auftraggeber im Rahmen dieser Gesetzlichkeit wahrgenommen werden. Hieraus ergäben sich für die Tätigkeit des Anwalts folgende Verpflichtungen: Er müsse die Gesetzlichkeit anerkennen und darüber hinaus bemüht sein, sie zu festigen. Bei einem Konflikt zwischen den Interessen der Auftraggeber und der Gesetzlichkeit müsse er seine Tätigkeit darauf richten, daß die Interessen des Auftraggebers den Interessen des Staates nicht widersprächen. Sei das nicht möglich, so dürfe er die Interessen des Auftraggebers nur insoweit vertreten, als dies im Interesse der Erhaltung der Gesetzlichkeit erforder- 270;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 270 (NJ DDR 1957, S. 270) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 270 (NJ DDR 1957, S. 270)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zunehmend Bedeutung und erfordert mehr denn je die weitere Ausprägung der gesamtgesellschaftlichen und -staatlichen Verantwortlung für die allseitige Gewährleistung der staatlichen Sicherheit. Prinzipiell ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher vorzunehmen, zumindest aber vorzubereiten. Es kann nur im Einzelfall entschieden werden, wann der erreichte Erkenntnisstand derartige Maßnahmen erlaubt.

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