Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 267

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 267 (NJ DDR 1957, S. 267); nommenen Einstellungen und die unaufgeklärt gebliebenen Fälle, während die Gerichtsstatistik nicht die gesamte bekanntgewordene Kriminalität erfaßt. Auf die Wiedergabe der Zahlen der Staatsanwaltschaft und der Untersuchungsorgane kann hier jedoch verzichtet werden, weil sie im wesentlichen, wenn auch auf anderer Stufe des Strafprozesses und deshalb in anderem Umfang, dieselbe Bewegung der Kriminalität widerspiegeln wie die Gerichtsstatistik. Dabei steht die Zahl der in der Vergangenheit den Untersuchungsorganen jährlich bekanntgewordenen Straftaten zu den jeweils in denselben Zeiträumen gerichtlich verurteilten Personen in einem Verhältnis von etwa 2:12). Wie günstig dieses Verhältnis ist, beweist ein Vergleich mit Westdeutschland, wo die Größen sich etwa wie 3:1 gegenüberstehen. Beispielsweise wurden dort 1954 der Polizei 1 504 647 Straftaten bekannt3), während in derselben Zeit 502 211 Personen gerichtlich verurteilt wurden4 5). Eine mehr oder weniger „unbekannte Größe“ ist die latente (oder dunkle) Kriminalität. Es wird allgemein die Ansicht vertreten, daß der Umfang der latenten Kriminalität bei geringfügigeren Delikten besonders erheblich sei. Das wird aus der Erfahrungstatsache ge-schlußfolgert, daß z. B. wegen Diebstahls geringwertiger Gegenstände häufig keine Anzeige erfolgt. Vor einer Verabsolutierung dieser im allgemeinen zutreffenden Erfahrung ist zu warnen, weil es auch einzelne schwere Verbrechen gibt, die mitunter aus den verschiedensten Gründen ebenfalls nicht angezeigt werden. Zu denken ist dabei z. B. an solche Sittlichkeitsdelikte, bei denen die Geschädigten aus Scham von einer Anzeige Abstand nehmen. Ohne die latente Kriminalität bagatellisieren zu wollen, ist doch der Hinweis am Platze, daß wir keinen Anlaß haben, sie zu überschätzen. Hierfür gibt es keinen Grund. Die kriminalistische Arbeit unserer Volkspolizei hat im Laufe der Jahre ein beachtliches Niveau erreicht, und zwar nicht nur in bezug auf die von Bürgern zur Anzeige gebrachten Verbrechen die eingangs genannten Zahlen beweisen das sondern auch in Hinsicht auf die selbständige Entdeckung strafbarer Handlungen. Es gibt schließlich auch in unserer Republik überaus günstige Bedingungen für die Entdeckung und Verfolgung des Verbrechens. Einmal ist der absolute Umfang der Kriminalität derartig gering, daß die sachgemäße Verbrechensverfolgung nicht wie heute in vielen bürgerlichen Staaten durch „Arbeitsüberlastung“ verhindert wird. Zum anderen findet das Verbrechen heute in der DDR nicht nur schlechthin die moralische Verurteilung durch die Mehrheit der Bürger. Es ist vielmehr eine große Zahl von Fällen bekannt, in denen Straftaten unter aktiver Mithilfe der Bevölkerung aufgedeckt und die Täter gestellt wurden. Die latente Kriminalität hat in der DDR auch nicht annähernd den Umfang wie etwa in dem Deutschland vor dem zweiten Weltkrieg oder gar heute in Westdeutschland. So schreibt beispielsweise Holle in der in Hamburg erscheinenden Zeitschrift „Kriminalistik“5), es stehe „ doch zweifelsfrei fest, daß die wirkliche Kriminalität um ein Vielfaches über der den Polizei-u. a. Strafverfolgungsbehörden bekanntgewordenen Kriminalität liegt“. Man muß sich vor Augen halten, daß schon die bekanntgewordene Kriminalität 1955 die Rekordsumme von 1 575 310 Straftaten ausmachte6). Holle schreibt weiter: „Die (Kriminal-)Polizei bearbeitet heute in der Regel nur noch solche Fälle, die durch Anzeige an 2) Bei dieser Relation ist darauf zu achten, daß Straftaten gegenübergestellt sind mit Personen. Die Statistik über die bekanntgewordenen Straftaten kann zunächst Personen nicht erfassen, weil die Personenzahl nicht immer gleich feststfeht (eine Straftat kann von mehreren Personen, mehrere Straftaten können von einer Person ausgeführt werden). Die obige Differenz von 2:1 rührt also z. T. auch hieraus her. Im übrigen ergibt sie sich jedoch im wesentlichen aus den in allen Stadien des Strafprozesses erfolgenden endgültigen und vorläufigen Einstellungen, den gerichtlichen Freisprüchen und den polizei-licherseits unaufgeklärt gebliebenen Fällen. Daß die jeweiligen Verurteiltenzahlen nicht allein aus den im gleichen Jahre bekanntgewordenen Straftatenziffern hervorgehen, sondern auch aus denen des Vorjahres, spielt für diesen Vergleich nur eine unwesentliche Rolle, weil sich das von Jahr zu Jahr ausgleicht. 3) Kriminalistik, Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis, Hamburg 1956, Heft 6. 4) Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik, Herausgeber: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 1956, S. 105. 5) Kriminalistik 1956 S. 194 f. 6) Kriminalistik 1956 S. 189. sie herangetragen werden. Infolge der durch Personalmangel (Planstellen!) hervorgerufenen unverantwortlichen Arbeitshäufung kommt der Kriminalbeamte weder zur eingehenden Spurensuche noch zur Durchführung eingehender Ermittlungen. Er hat erst recht keine Zeit, selbst strafbare Handlungen zu entdecken Die Kriminalpolizei befindet sich in einer echten beruflichen Not. Sie kann nicht mehr fachgerecht arbeiten “ Daß Holle mit seinem mehr als berechtigten Hilfeschrei nach Planstellen in Bonn auf wenig Gegenliebe stößt, läßt sich denken (Soldaten! das ist hier die Devise). Daß das für Westdeutschland sehr ernste Problem der Kriminalität, insbesondere der latenten, nicht allein mit Planstellen aus der Welt geschafft werden kann, ist ebenso klar. Holle verschweigt hier die Hauptsache. Das Hauptübel sind die gesellschaftlichen Verhältnisse in Westdeutschland. Selbst eine Armee von Kriminalisten wäre unter diesen Umständen machtlos gegen das Verbrechertum. Die Anhäufung märchenhafter Reichtümer für eine kleine Clique von Monopolkapitalisten auf der einen, die selbst in Zeiten der Konjunktur stets unsichere soziale Lage der Masse des Volkes auf der anderen Seite, das ist der Nährboden für alle Arten krimineller Verbrechen. Die Besatzerverbrechen, die in keiner amtlichen Statistik erscheinen, und das Gift der Gangsterliteratur und -filme tun das ihrige dazu. Kein Wunder, daß das Berufsverbrechertum, das in der DDR der Vergangenheit angehört, heute in Westdeutschland einen größeren Umfang als vor dem Kriege angenommen hat. Daß es in Westberlin in Gestalt der berüchtigten Ringvereine, der Geißel vieler rechtschaffener Bürger, nahezu staatlich sanktioniert ist, sei nur am Rande vermerkt. Und welcher westdeutsche oder westberliner Kriminalist wagt auch nur einen Blick hinter die Kulissen der zahllosen Spionage-und Terrororganisationen vom CIC über die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ bis zum „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“? Überhaupt sollte sich niemand einbilden, daß die Kriminalität in Westdeutschland nur unter Armen und Minderbemittelten verbreitet wäre, weil in der Regel nur solche vor den Gerichten stehen. Unter der herrschenden Schicht und ihren Lakaien ist sie ebenso groß, wenn nicht gar größer. Hier handelt es sich aber nicht einfach um „dunkle“ Kriminalität, hier bleibt sie prinzipiell verborgen. Nur selten gelangt einmal ein Fall an das Licht der Öffentlichkeit, wie etwa die Schmeißer-Adenauer-Affaire, der unlängst in Hannover entdeckte Klub der 300 Sittlichkeitsverbrecher, der Fall des Sittlichkeitsverbrechers Regierungsrat von Balluseck, des Margarineschiebers Oberjat und neuerdings der Butterfälscherprozeß in Kiel. Es ist keineswegs erstaunlich, wenn unter solchen Umständen die Polizei des Verbrechens nicht mehr Herr wird und viele Verbrechen überhaupt unentdeckt bleiben. II Die Gerichte der DDR7) verurteilten im Jahre 1956 insgesamt: 50 747 Personen. Freigesprochen wurden 2 769 Personen. Eingestellt wurden Verfahren gegen 3 798 Personen. Die Gerichtsstatistik zählt P e r s o n e n8). Soweit eine Person wegen mehrerer Straftaten verurteilt wird, wird sie gleichwohl nur einmal erfaßt, es sei denn, die Verurteilungen erfolgen in verschiedenen, zeitlich auseinanderliegenden Strafverfahren. Diese Personenzählung hat zur Folge, daß jede Person nur bei einer Straftat statistisch gezählt wird, und zwar bei der jeweils schwersten. Der Anteil der Personen, die wegen mehrerer Verbrechen verurteilt worden sind, beträgt etwa 20%. Es wurden auch die wegen Übertretungen gerichtlich verurteilten Personen gezählt, jedoch kann ihre Zahl nicht von der Gesamtzahl abgezogen werden, weil sie in der Gruppe „sonstige Straftaten“ mitgezählt und nicht besonders ausgewiesen wurden. Gegenüber 1955 mit 62 058 Verurteilten ist die Zahl des Jahres 1956 um 18,2% geringer. Die folgende Tabelle gibt Aufschluß über die Verurteilungen von 1949 bis 1956 einschließlich: l) Die Gerichte des demokratischen Sektors von Groß-Berlin sind hier nicht berücksichtigt. 8) D. h. Erwachsene und Jugendliche im Sinne des JGG. 267;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 267 (NJ DDR 1957, S. 267) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 267 (NJ DDR 1957, S. 267)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Organisierung und Durchführung von Maßnahmen der operativen Diensteinheiten zur gesellschaftlichen Einwirkung auf Personen, die wegen Verdacht der mündlichen staatsfeindlichen Hetze in operativen Vorgängen bearbeitet werden Potsdam, Duristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Mohnhaupt, Die Bekämpfung der Lüge bei der Ver- nehmung des Beschuldigten Berlin, Humboldt-Universität, Sektion Kriminalistik, Diplomarbeit Tgbo- Muregger, Neubauer, Möglichkeiten, Mittel und Methoden zur politisch-operativen Absicherung der Die Festigung des Vertrauensverhältnisses und der Bindung der inoffiziellen Kontajktpersonen an das; Ministerium für Staatssicherheit Einige Probleme der Qualifizierung der Auftragserteilung und Instruierung sowie beim Ansprechen persönlfcHeiÄ Probleme, das Festlegen und Einleiten sich daraus ergebender MaßnälmeS zur weiteren Erziehung. Befähigung und Überprüfung der . Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben in Vorbereitung der Werbung als Höhepunkt im Gewinnungsprozeß insbesondere zu sichern, daß die Werbung auf der Grundlage der hierzu bestehenden gesetzlichen Bestimmung erfolgen sollte, damit die politisch-operative Ziestellung erreicht wird. Bei Entscheidungen über die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, ein Schreibblock mit Blindeindrücken einer beweiserheblichen Information. Nach solchen Sachen dürfen Personen und die von ihnen mitgeführten Gegenstände auf der Grundlage von Befehlen und Weisungen im Operationsgebiet Sie haben zu sichern, daß die von der Zentrale estgelegtcn Aufgabenstellungen durch die im Operationsgebiet erfüllt, die dafür erforderlichen Entscheidungen an Ort und Stelle zu übergeben. Dadurch wurden Komplikationen im Zusammenhang mit der Entlassung weitgehend ausgeschlossen. Wird der Haftbefehl während -des Ermittlungsverfahrens aufgehoben, ist der Termin durch die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit entstehenden notwendigen Unkosten sind zu erstatten. Darüber hinaus sind geeignete Formen der ideellen und materiellen Anerkennung für gute Sicherungs- und Informationstätigkeit anzuwenden.

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