Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 248

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 248 (NJ DDR 1957, S. 248); Aus der Praxis für die Praxis Gegen die Einstellung von Privatklageverfahren nach § 153 StPO (alt) In seinen Bemerkungen über die Rechtsprechung in Privatklagesachen (NJ 1957 S. 197) legt Weise dar, daß die Einstellung des Verfahrens gern. § 153 StPO (alt) in Privatklagesachen zwar gesetzlich zulässig sei, die Gerichte aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen sollten. Die Praxis zeigt jedoch, daß die Einstellung des Privatklageverfahrens nach § 153 StPO (alt) nicht selten ist. So stellte beispielsweise erst kürzlich das Kreisgericht Aschersleben in der Privatklagesache Bs 213/56 das Verfahren bei folgendem Sachverhalt ein: Der Beschuldigte hatte Dritten gegenüber behauptet, der bei ihm zur Miete wohnende Privatkläger habe ihm laufend Kohlen entwendet; er war jedoch nicht in der Lage, irgendeinen Beweis für diese vom Privatkläger bestrittene Behauptung vorzubringen. Das Kreisgericht kam zwar zu dem Ergebnis, daß sich der Beschuldigte einer üblen Nachrede gern. § 186 StGB schuldig gemacht habe, stellte aber das Verfahren nach § 153 StPO (alt) mit der Begründung ein, der Beschuldigte sei ein betagter Mensch und es müsse berücksichtigt werden, daß er über die Entwendung seiner Kohlen verärgert war. Man hat den Eindruck, daß das Gericht nicht ganz davon überzeugt war, daß der Privatkläger die Kohlen nicht gestohlen hatte, denn es heißt in dem Beschluß: „Es ist aber etwas unwahrscheinlich, daß der Privatkläger während der strengen Wintermonate außer Braunkohle nur etwa sechs Zentner Briketts verbraucht hat“. Dieses Beispiel zeigt, daß eine Einstellung des Privatklageverfahrens oftmals dann beschlossen wird, wenn die Entscheidung zwischen Verurteilung und Freispruch schwierig ist. In diesem Falle hilft dann die Einstellung des Verfahrens zu einer Kompromißlösung, mit der den Prozeßparteien jedoch wenig gedient ist, weil sie keine klare Entscheidung des Gerichts erhalten haben. Im Gegensatz zu Weise und zu der allgemeinen Praxis der Gerichte bin ich der Auffassung, daß § 153 StPO (alt) im Privatklageverfahren überhaupt nicht anwendbar ist. Nach § 153 Abs. 3 StPO (alt) kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, wenn die Klage bereits erhoben ist. Da eine Mitwirkung des Staatsanwalts im Privatklageverfahren nach der StPO von 1877 nicht vorgesehen war, ergibt sich hieraus, daß auch die Anwendung des § 153 für das Privatklageverfahren früher ausgeschlossen war. Dies ergibt sich aber auch aus Teil 6 Kap. I § 7 der 3. Verordnung des früheren Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931 (RGBl. I S. 537), der folgendes vorsah: „Sind bei einem im Wege der Privatklage verfolgten Vergehen die Schuld des Täters gering und die Folgen der Tat unbedeutend, so kann das Gericht von Erhebung der Privatklage an bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz und, soweit zulässige Berufung eingelegt ist, bis zur Verkündung des Urteils zweiter Instanz das Verfahren durch Beschluß einstellen.“ Zwar bedurfte die Einstellung des Verfahrens auf Grund dieser Notverordnung im Gegensatz zu § 153 Abs. 3 StPO (alt) 'weder der Zustimmung der Staatsanwaltschaft noch der des Privatklägers, noch der des Beschuldigten. Andererseits aber war gegen die Einstellung die sofortige Beschwerde zulässig, während ein nach § 153 Abs. 3 StPO (alt) erlassener Einstellungsbeschluß unanfechtbar war. Bei der Anwendung des § 153 StPO (alt), die nur im Offizialverfahren in Frage kam, bedurfte es einer Beschwerdemöglichkeit auch nicht, weil die Einstellung des Verfahrens nur mit Zustimmung des Staatsanwalts erfolgen konnte und der Beschuldigte durch die Ein- stellung nicht beschwert wurde. Im Privatklageverfahren war demgegenüber die Beschwerde ausdrücklich zugelassen, da das Gericht hier die Verfahrenseinstellung ohne Zustimmung eines Prozeß beteiligten beschließen konnte. Damit war insbesondere dem Privatkläger die Möglichkeit gegeben, eine ihm nicht angemessen erscheinende Einstellung des Verfahrens durch das Beschwerdegericht nachprüfen zu lassen. Weise und die Gerichtspraxis folgern nun aus § 250 StPO, daß § 153 Abs. 3 StPO (alt) in vollem Maße auch im Privatklageverfahren angewendet werden kann, obwohl wie oben dargelegt wurde diese Bestimmung für das Privatklageverfahren nie in Betracht kam. Da aber andererseits durch § 1 Abs. 2 EGStPO die StPO von 1877 zugleich mit allen ihren Änderungen und Ergänzungen außer Kraft gesetzt wurde und damit auch die Notverordnung vom 6. Oktober 1931 insoweit weggefallen ist, wird die Beschwerde gegen einen Einstellungsbeschluß nicht zugelassen. Eine solche Praxis erscheint nicht nur rechtlich, sondern vor allem auch rechtspolitisch bedenklich. Die Grundsätze des demokratischen Rechts lassen die Beschwerde des Bürgers gegen gerichtliche oder staatliche Entscheidungen zu. Auch für den Strafprozeß ist grundsätzlich die Beschwerde gegen alle von den Gerichten in Verfahren erster Instanz erlassenen Beschlüsse zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht (§ 296 StPO). Es ist jedem Betroffenen hierdurch das Recht eingeräumt, auch gegen Beschlüsse, die durchaus nicht schwerwiegend in sein Dasein eingreifen, ein Rechtsmittel einzulegen; beispielsweise ist in § 296 Abs. 2 StPO eine solche Beschwerdemöglichkeit auch für dritte Personen vorgesehen. Es erscheint gerade deshalb sehr unbillig, dem Privatkläger im Falle der Einstellung des Privatklageverfahrens unter Hinweis auf § 153 Abs. 3 Halbsatz 2 StPO (alt) die Möglichkeit der Beschwerdeeinlegung zu versagen. Naclrmeinem Dafürhalten gibt es zwei Möglichkeiten, um diesen Mangel zu beseitigen: 1. § 153 StPO (alt) wird im Privatklageverfahren nicht mehr angewendet, weil er für dieses Verfahren nicht zutrifft. Diese Handhabung ist m. E. rechtlich einwandfrei. Die durch die 2. DB zur StPO geschaffene Möglichkeit, das Privatklageverfahren durch einen Vergleich zu beenden, dürfte überdies den Fällen gerecht werden, in denen bisher nach § 153 StPO (alt) eingestellt wurde. Gelingt aber dem Gericht die Herbeiführung eines Vergleichs nicht, dann dürfte eine Verurteilung oder ein Freispruch sachdienlicher sein als ein Einstellungsbeschluß. 2. Wenn trotz der vorgetragenen Bedenken die Anwendung des § 153 StPO (alt) auch im Privatklageverfahren als gesetzlich zulässig erachtet wird, dann sollte gegen den Einstellungsbeschluß die Beschwerde vorgesehen werden. Da die Einstellung des Privatklageverfahrens nicht von der Zustimmung des Privatklägers abhängt, muß ihm folgerichtig eine Beschwerdemöglichkeit offengehalten werden. Gleichwohl sollten die Gerichte bei der Anwendung des § 153 StPO (alt) sehr zurückhaltend sein, weil sie den praktischen Bedürfnissen wenig dient. Rechtsanwalt KRAFFT-DIETRICH MOST, Aschersleben Zum zivilrechtlichen Amschlußverfahren Daß der durch eine Straftat Verletzte, welcher entsprechend den Bestimmungen des § 268 StPO beantragt hat, den Angeklagten zum Ersatz des entstandenen Schadens zu verurteilen, zur Hauptverhandlung geladen wird, bedarf keiner weiteren Erörterung. Er kann, und insoweit wird auf § 269 StPO verwiesen, seinen Antrag selbständig neben dem Staatsanwalt vertreten und sachdienliche Anträge stellen. In der Praxis muß leider die Feststellung gemacht werden, daß die Geschädigten in den meisten Fällen nicht zum Hauptverhandlungstermin erscheinen. Dann 248;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 248 (NJ DDR 1957, S. 248) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 248 (NJ DDR 1957, S. 248)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Strafverfahrens als auch für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu garantieren. Das bedeutet daß auch gegenüber Inhaftierten, die selbst während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Rostock, Schwerin, Potsdam, Dresden, Leipzig und Halle geführt. Der Untersuchungszeitraum umfaßte die Jahie bis Darüber hinaus fanden Aussprachen und Konsultationen mit Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Abteilung Staatssicherheit und der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwal-tungen für Staatssicherheit folgende Anweisung erlassen: Grundsätze zur Durchführung von Gefangenentransporten und der Vorführungen. Mit der Durchführung und Absicherung von Trans- porten und Prozessen bis zu Fluchtversuchen, dem verstärkten auftragsgemäßen Wirken von Angehörigen der ausländischen Vertretungen in der speziell der Ständigen Vertretung der in der als psychisch belastend qualifiziert und mit zum Gegenstand von Beschwerden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten sowie zu verleumderischen Angriffen gegen den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit genommen. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der Abteilung und dem Staatsanwalt vorzunehmen. Zur Ausübung einer kulturellen Selbstbetätigung ist weiterhin die Ausgabe von Unterhaltungsspielen an Verhaftete möglich.

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