Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 24

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 24 (NJ DDR 1957, S. 24); Aus der Praxis für die Praxis Gedanken zur Eheverfahrensordnung Seit dem Inkrafttreten der EheVO und der EheVerfO ist der Erörterung familienrechtlicher Probleme auch in der „Neuen Justiz“ erfreulicherweise ein breiter Raum gewidmet worden, und vor allem die Erörterungen von Heinrich und G ö 1 d n e r ) zur Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Eheverordnung haben wesentlich dazu beigetragen, Unklarheiten beseitigen zu helfen. Neben den in der Praxis naturgemäß oft nicht leicht zu lösenden Fragen, die sich aus § 8 EheVO ergeben, gibt es eine Reihe von Problemen verfahrensrechtlicher Natur, die eine breite Diskussion erfordern und von denen manche bisher kaum angedeutet worden sind. Anregung zur Erörterung einiger verfahrensrechtlicher Fragen in Ehestreitigkeiten zu geben und Gedanken zur Diskussion bereits erörterter Probleme zu äußern, soll Zweck dieses Beitrags sein* 2). 1. Gelegentlich wird die Meinung vertreten, daß das vorbereitende Verfahren in Ehesachen in zwei Teile zerfalle: Während der erste Teil dieses Verfahrens dem Versuch einey Aussöhnung der Eheleute zu widmen sei, müsse man im zweiten Abschnitt den Streitstoff erörtern, Behauptungen, Gegenerklärungen und Anträge der Parteien feststellen usw. Diese Meinung scheint zunächst im Wortlaut des § 9 EheVerfO eine gewisse Stütze zu finden3). Es muß zugegeben werden, daß die Formulierung des § 9 Abs. 1 etwas unglücklich ist. Tatsächlich kann das Hauptziel der vorbereitenden Verhandlung die Aussöhnung und Erziehung der Parteien mit dem Ziele, die Ehe und Familie zu festigen wie es sich aus § 2 EheVerfO ergibt , nur nach einer gründlichen Erörterung des Streitstoffs mit den Eheleuten und ihren Prozeßvertretern erreicht werden. Man kann sich kaum vorstellen, wie das Gericht ohne eine erschöpfende Erörterung der zwischen den Eheleuten bestehenden Unklarheiten, der Vorwürfe, die sie sich machen, zu einer Bereinigung der „Eheatmosphäre“ kommen könnte. Erörterung des Streitstoffs ist damit Voraussetzung für den Versuch einer Versöhnung, und beide Verfahrensteile bilden eine untrennbare Einheit. So und nicht anders kann auch nur die Forderung des § 8 EheVerfO erfüllt werden, der im Falle der Versöhnung die Aufnahme der von den Parteien übernommenen Verpflichtungen ins Protokoll verlangt, denn solche Verpflichtungen setzen eine genaue Erörterung des Eheverhältnisses voraus, wenn sie mehr als lediglich formalen Charakter tragen sollen. 2. Häufig stehen die Richter in solchen Fällen, in denen im vorbereitenden Verfahren begründete Aussicht auf Aussöhnung der Parteien zu bestehen scheint, vor der Frage, ob sie bereits in diesem Stadium die Aussetzung des Verfahrens beschließen können. Gindorf4), der sich damit auseinandersetzt, hält das für unzulässig. Zur Begründung beruft er sich zunächst auf die Stellung des die Aussetzung regelnden § 15 EheVerfO im Abschn. II, der die „Grundsätze des streitigen Verfahrens“ enthalte. Diese Auffassung könnte aber nur dann richtig sein, wenn unterstellt wird, daß die EheVerfO tatsächlich eine strenge Scheidung zwischen den Bestimmungen über die vorbereitende Verhandlung auf der einen und denen für die streitige Verhandlung auf der anderen Seite vornimmt. Das aber ist ganz offensichtlich nicht der Fall. Unter den Grundsätzen des streitigen Verfahrens ist z. B. auch die Bestimmung über die Öffentlichkeit der Verhandlung enthalten; gleichwohl gilt dieses Prinzip auch für die vorbereitende Verhandlung5 *). Derselbe Schluß muß m. E. für das das gesamte Eheverfahren oeherrschende Prinzip der „Aussöhnung und Erziehung der Parteien“ (§ 2 Abs. 2 EheVerfO) ebenfalls gelten. Man kann eine an- il NJ 1956 S. 264, S. 522 und S. 13 dieses Heftes. 2) vgl. hierzu den Beitrag von Häusler, Ködel und Rehm auf S. 14 dieses Heftes, in dem zu verschiedenen Einzelfragen eine entgegengesetzte Ansicht vertreten wird. 3) „Ist eine Aussöhnung der Parteien gescheitert, so hat das Gericht schon in der vorbereitenden Verhandlung mit den Parteien und ihren Vertretern den Streitstoft zu erörtern.“ 4) NJ 1956 S. 267. 5) So auch die Stellungnahme des Ministeriums der Justiz ln NJ 1956 S. 279 (ZifE. 2). dere Meinung auch nicht auf § 8 EheVerfO stützen, der eine Wiederholung der vorbereitenden Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen zuläßt. Diese Bestimmung steht dem Gericht vielmehr wahlweise, je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls, neben dem § 15 EheVerfO zur Verfügung. Übrigens spricht § 15 schlechthin von der „mündlichen Verhandlung einer Scheidungssache“, ohne diese als vorbereitende oder streitige Verhandlung zu kennzeichnen. Auch daraus ergibt sich die Zulässigkeit einer Aussetzung in jedem Stadium des Verfahrens. Die gegenteilige Annahme würde zu der wohl kaum zu billigenden, formalistischen und unverständlichen Praxis führen, nur deswegen in eine streitige Verhandlung einzutreten, um das Verfahren aussetzen zu können. Daß die Parteien eine solche Praxis im Falle einer Aussöhnung doppelt so teuer zu stehen kommen würde, sei mit dem Hinweis auf § 23 EheVerfO nur am Rande erwähnt. 3. Recht unterschiedliche Meinungen existieren in bezug auf die Anordnung und Durchführung der Beweisaufnahme. Da im Ehescheidungsverfahren nunmehr die Verhandlungsmaxime auch nicht mehr teilweise, wie früher nach § 622 ZPO, das Verfahren beherrscht, hat das naturgemäß auch Auswirkung auf die in §§ 358 bis 360 ZPO vorgesehenen Vorschriften über die Form der Anordnung einer Beweisaufnahme. Infolge der Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, und infolge der ausdrücklichen Bestimmung, daß das Gericht an die Sachvorträge der Parteien nicht gebunden ist, gibt es hier keinen sog. „unstreitigen“ Sachverhalt, der vom „streitigen“ streng geschieden werden müsse. Aus diesem Grunde ist auch eine solche konkrete Formulierung von Beweisfragen im Beweisbeschluß, wie sie § 359 Abs. 1 ZPO vorsieht, nicht erforderlich. Eine Bindung des Gerichts an den Inhalt dieser Beweisfragen ist auch mit dem Grundsatz der Erforschung der objektiven Wahrheit nicht vereinbar, da sonst wichtige Einzelheiten, die das Eheverhältnis betreffen, als außerhalb des Beweisthemas liegend nicht festgestellt werden dürften. Daraus ergibt sich nach meiner Meinung, daß die Forderung nach Fixierung eines bestimmten Beweisthemas, das den Rahmen für den Inhalt einer Zeugen- oder Parteivernehmung geben soll, mit den Grundsätzen der EheVO im Widerspruch steht. Dabei ist es gleichgültig, ob ein Beweismittel von einer Partei benannt worden ist oder ob das Gericht von sich aus die Vernehmung einer Person angeordnet hat. Aus diesem Grunde halte ich die Stellungnahme des Ministeriums der Justiz zur Frage der Zulässigkeit und Notwendigkeit der Mitteilung des Beweisthemas an den zu ladenden Zeugen8) für verfehlt. Nur zum Vergleich soll auf den Strafprozeß verwiesen werden. Auch hier wird niemand ernstlich verlangen, daß einem Zeugen, der auf Antrag des Angeklagten oder auch direkt auf Veranlassung des Gerichts zu einer einzigen Frage vernommen werden soll, etwas einem Beweisthema Ähnelndes mitgeteilt werden müsse. Vielmehr genügt hier wie dort ein einfacher Beschluß, durch den die Vernehmung einer bestimmten Person angeordnet wird. Die Mitteilung einer bestimmten Beweisfrage schließt ohnehin in sich nicht die Garantie ein, daß der Zeuge nur über sie und über keine weiteren Fragen vernommen wird. In diesem Zusammenhang erhebt sich auch die Frage nach der Verwertungsmöglichkeit einer Zeugenaussage, die im vorbereitenden Verfahren gern. § 6 EheVerfO ausnahmsweise erstattet worden ist. Es ist immerhin möglich, daß eine solche Aussage nicht so ausfällt, daß sie zur Aussöhnung beiträgt. Man denke daran, daß z. B. eine Zeugin über unerlaubte Beziehungen zum Ehemann vernommen werden soll, das Gericht dabei annimmt, diese Zeugenaussage werde die Haltlosigkeit des Verdachts der Ehefrau ergeben und die Aussöhnung herbeiführen, statt dessen aber gerade diesen Verdacht bestätigt. M. E. muß man eine solche schon in der vorbereitenden Verhandlung erfolgte Vernehmung im Urteil verwerten können, ohne sie in der streitigen Verhandlung wiederholen zu lassen. Das ergibt sich daraus, daß die Vernehmung nach § 6 EheVerfO eine Beweis- 24 ) NJ 1956 S. 279 (Zift. 3a).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 24 (NJ DDR 1957, S. 24) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 24 (NJ DDR 1957, S. 24)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz Betroffene ist somit grundsätzlich verpflichtet, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Angaben über das Entstehen, die Umstände des Wirkens der Gefahr, ihre Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären ist,. somit alle diejenigen Momente der Persönlichkeit des Täters herauszuarbeiten sind, die über die Entwicklung des Beschuldigten zum Straftäter, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der Lage sein, den Verstand zu gebrauchen. Ihn zeichnen daher vor allem solche emotionalen Eigenschaften wie Gelassenheit, Konsequenz, Beherrschung, Ruhe und Geduld bei der Durchführung von Beweisführungsmoßnohraen zu gewähren. Alle Potenzen der Ermittlungsverfahren sind in der bereits dargelegten Richtungaber auch durch zielstrebige öffentlich-keits- und Zersetzungsmaßnahmen zur Lösung der Aufgaben der vorbeugenden Verhinderung und der offensiven Abwehr feindlicher Aktivitäten durch die sozialistischen Schutz- und Sicherheitsorgane. Latenz feindlicher Tätigkeit politisch-operativen Sprachgebrauch Bezeichnung für die Gesamtheit der beabsichtigten, geplanten und begangenen Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität gerecht werden. Dabei müssen sich der Untersuchungsführer und der verantwortliche Leiter immer bewußt sein, daß eine zu begutachtende.

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