Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 209

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 209 (NJ DDR 1957, S. 209); Die Anwaltschaft, das zeigte die Diskussion, wird diesen Standpunkt nicht teilen. Die von verschiedenen Rechtsanwälten vorgetragenen Argumente lassen aber erkennen, daß es ihnen vor allem um ihr Prestige zu gehen scheint. Wie anders soll man sonst den Vorschlag bewerten, auf jeden Pall dem Anwalt ein unmittelbares Fragerecht zu gestatten, während es für den Angeklagten bei der bisherigen Regelung verbleiben könne. Hier wird in der Tat das Parteiprinzip verkannt, daß nämlich nicht der Verteidiger, sondern der Angeklagte Partei des Strafprozesses ist, wobei dem Verteidiger nicht mehr Rechte zustehen können als dem Angeklagten selbst. Warum sollte übrigens ein Angeklagter mit einem Verteidiger insoweit besser gestellt sein als ein solcher ohne Rechtsanwalt? 2. Eine ähnliche Gleichmacherei zwischen Staatsanwalt und Angeklagtem scheint in dem Vorschlag der Kommission zu liegen obgleich dieser allgemein auch hier begrüßt wurde , auch den Protest als offensichtlich unbegründet verwerfen zu können, vorausgesetzt, daß eine solche Verwerfung künftig überhaupt noch für zulässig erachtet wird. Ein Protest ist qualitativ i etwas anderes als eine Berufung; die Befugnis zur Protesterhebung folgt nicht nur aus der Parteirolle des Staatsanwalts im Strafverfahren, sondern und insofern handelt es sich zugleich um eine Verpflichtung aus seiner darüber hinausgehenden Aufgabe, Hüter der sozialistischen Gesetzlichkeit zu sein. Während man vom Angeklagten nicht verlangen kann, daß er stets nur ein begründetes Rechtsmittel einlegt, zumal ihm oftmals hierzu die erforderliche Einsicht fehlen wird, kann und muß dies vom Staatsanwalt erwartet werden und ist dies in der Regel auch der Fall. Gewiß mögen im Einzelfall auch einmal nicht genügend durchdachte Proteste eingelegt werden; dann wird es Aufgabe der übergeordneten Staatsanwaltschaft sein, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Man kann aber sicherlich nicht wie dies in der Diskussion versucht wurde aus dem Verbot, auch den Protest wegen offensichtlicher Unbegründetheit zu verwerfen, schlußfolgern, daß damit unsere Staatsanwälte zu „unsachlichen, nicht genügend durchdachten Protesten“ verleitet würden. Dies hieße wohl, die verantwortungsbewußte Arbeit der Staatsanwaltschaft zu verkennen. Freilich wäre das hier behandelte Problem sofort gelöst und könnte unerörtert bleiben, wenn in Zukunft, dem Vorschlag der Kommission folgend, über ein form-und fristgerecht eingelegtes Rechtsmittel nur noch auf Grund einer Hauptverhandlung zu entscheiden wäre. Dieser Vorschlag ist jedoch nicht bedenkenfrei. Worin soll eigentlich der Unterschied zwischen einem Verwerfungsbeschluß nach § 284 Abs. 1 StPO und einem Urteil, das auf Zurückverweisung eines unbegründeten Rechtsmittels lautet, in der erzieherischen Wirkung liegen und weshalb soll damit dem Ansehen der Justiz geschadet werden? Offensichtlich liegt dieser Begründung eine in der Vergangenheit nicht immer befriedigende Praxis der Instanzgerichte zugrunde, die aber schon heute weitestgehend überwunden ist. Bei richtiger Anwendung des § 284 Abs. 1 StPO wird ebenso wie durch eine Hauptverhandlung das Recht des Angeklagten auf Überprüfung des Urteils durch die zweite Instanz gewährt. Ein überzeugend begründeter Beschluß vermag ebenso wie ein Urteil eine erzieherische Wirkung zu erreichen; darüber hinaus aber wird dadurch dem Prinzip der Beschleunigung und Konzentration erhöht Rechnung getragen. Es ist nicht immer erforderlich, nochmals zu verhandeln, nur um der Forderung nach einer zweiten Hauptverhandlung zu genügen. Bei offensichtlich unbegründet eingelegter Berufung man denke nur an die Beschränkung einer Berufung gegen ein eine Mindeststrafe aussprechendes Urteil würde tatsächlich die zweite Hauptverhandlung zu einer bloßen Formsache. Das aber ist gewiß nicht der Zweck des Abänderungsvorschlags. 3. Zustimmung, besonders seitens der Staatsanwaltschaft, fand der Vorschlag der Kommission, die Bestimmungen über die Hauptverhandlung gegen einen ausgebliebenen Angeklagten (§ 195 ff. StPO) ersatzlos zu streichen, allerdings nur dann, wenn gleichzeitig unter entsprechender Abänderung des § 14 StPO die Möglichkeit geschaffen wird, bei Wohnsitzwechsel des Angeklagten nach Anklageerhebung die Sache auch bei Gericht des neuen Wohnsitzes verhandeln zu können. Ich persönlich kann mich neuerdings weder mit dem Vorschlag der Kommission befreunden noch erscheint mir die Anregung der Vertreter der Staatsanwaltschaft geeignet zu sein, das Problem zu lösen. Die Strafprozeßordnung kennt genügend Garantien, die dem Angeklagten die Teilnahme an der Hauptverhandlung ermöglichen (vgl. z. B. §§ 183, 184 StPO). Dem Recht des Angeklagten auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung entspricht aber auch seine Verpflichtung zur Teilnahme. Ignoriert er diese Verpflichtung und erscheint er trotz des Hinweises auf die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens nicht, dann kann wohl schwerlich von einer Beeinträchtigung des Rechts auf Verteidigung die Rede sein. Die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens hat sich der Angeklagte selbst zuzuschreiben, während § 196 StPO gewährleistet, daß derjenige, der an der Hauptverhandlung infolge unabwendbaren Zufalls nicht teilnehmen konnte, von diesen nachteiligen Folgen nicht betroffen wird. Vor allem aber ist es Sache des richterlichen Ermessens, ob die Hauptverhandlung gegen einen Ausgebliebenen durchgeführt oder neuer Termin anberaumt wird. Daneben bestehen die weiteren Möglichkeiten des § 194 Abs. 2 StPO. Will man dagegen, wie die Bezirksstaatsanwaltschaft vorschlug, bei einem Wohnsitzwechsel des Angeklagten nach Anklageerhebung die Möglichkeit schaffen, die Sache auch am Gericht des neuen Wohnsitzes zu verhandeln, so besteht einmal die Gefahr, daß bei ständigem Wohnsitzwechsel des Angeklagten das Verfahren verzögert wird und die Akten dem Angeklagten immer wieder hinterher geschickt werden müssen. Zum anderen könnten sich aber auch bei der Vernehmung von Zeugen Schwierigkeiten ergeben. Ist beispielsweise der Angeklagte nach Anklageerhebung von Plauen nach Rostock verzogen, dann dürfte ein Erscheinen der in Plauen wohnhaften Zeugen beim Gericht in Rostock mit ziemlich viel Zeitaufwand und Kosten verbunden sein, und die Zeugen müßten nunmehr die Beschwernis der Reise auf sich nehmen, die man offensichtlich dem Angeklagten ersparen wollte. (Einen anderen Grund, weshalb die Sache bei Wohnsitzwechsel nach Anklageerhebung abgegeben werden soll, vermag ich nicht zu erkennen.) Will man aber in einem solchen Fall von dem Erscheinen der Zeugen in der Hauptverhandlung absehen, dann müßten deren frühere Aussagen in der Hauptverhandlung verlesen werden. Das Ergebnis wäre sodann folgendes: In einem Verfahren nach § 195 StPO stützt sich das Urteil auf die verlesene Aussage des nichterschienenen Angeklagten und auf die Aussagen der in der Hauptverhandlung anwesenden Zeugen. Im anderen Fall ergibt sich der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt aus der Aussage des anwesenden Angeklagten und den verlesenen Aussagen der nichterschienenen Zeugen. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen diesen beiden Arten der Beweisaufnahme besteht mithin nicht. HANS NEUMANN, Oberinstrukteur bei der Justizverwaltungsstelle des Bezirks Karl-Marx-Stadt Zur Sachaufklärung in Unterhaltsprozessen Die Ausführungen von Kutschke1) und Hintze1 2) zu diesem Fragenkomplex bedürfen m. E. gewisser Ergänzungen und kritischer Betrachtung, zumal Kutschke zutreffend auf Unklarheiten in der Prozeßführung bei vielen Gerichten hinweist, die auf falscher Anwendung 1) NJ 1956 S. 538. 2) NJ 1954 S. 200, 579. der Richtlinie Nr. 6 des Obersten Gerichts vom 29. Juni 1955 (GBl. II S. 264) entsprechend Richtlinie des Kammergerichts Nr. 7 vom 24. September 1955 (VOB1. für Groß-Berlin II S. 257) beruhen. Ein Hauptfehler ist nach seiner Auffassung die Unterlassung der sorgfältigen Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Beiziehung von Blutgruppengutachten. Dazu sei folgendes bemerkt: 209;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 209 (NJ DDR 1957, S. 209) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 209 (NJ DDR 1957, S. 209)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

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