Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 199

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 199 (NJ DDR 1957, S. 199); bringens zugrunde legt, ohne eine ausreichende Begründung dafür vorzunehmen, weshalb das eine für erwiesen angesehen wird und das andere nicht. Oie Schwierigkeiten in der Beweisfrage und in der Erforschung des Sachverhalts sowie die damit verbundene Verzögerung in der Erledigung des Verfahrens bilden den Ausgangspunkt für eine Kritik an der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung, die in der Konsequenz dahin geht, das Privatklageverfahren überhaupt abzuschaffen und eine Bestrafung in Beleidigungssachen zumindest hinsichtlich übler Nachrede und Verleumdung nur auf Anklage des Staatsanwalts vorzunehmen. Die für die Gerichte in der Erforschung der objektiven Wahrheit bestehenden Schwierigkeiten sind tatsächlich nicht zu übersehen. Die Eröffnung des Verfahrens kann an sich nur auf Grund der einseitigen Parteibehauptung erfolgen, was in gewissem Widerspruch zu § 176 Abs. 1 StPO und § 200 StPO steht. Auch eine nachträgliche Einschaltung der Ermittlungsorgane ist nicht möglich, da § 174 StPO wegen des fehlenden Ermittlungsverfahrens nicht anwendbar ist. Die hier verbreitete Praxis der Gerichte, durch Übersenden der Klageschrift an den Beschuldigten und dessen Gegenäußerung an den Privatkläger das fehlende Ermittlungsverfahren zu ersetzen, ist mit dem Gesetz (§ 247 Abs. 2 StPO) ebenfalls nicht zu vereinbaren und führt außerdem zur Nichteinhaltung der Bearbeitungsfristen (§ 181 StPO). Der Forderung, das Privatklageverfahren zugunsten des Offlzialverfahrens einzuschränken, steht als anderes Extrem der Vorschlag gegenüber, das Verfahren völlig als Zivilprozeß auszugestalten. Diese Vorschläge, wie auch die Frage nach der Berechtigung der Bezeichnung „Verbrechen“ für die Be-leidigungsdelikte, berühren ein Problem grundsätzlicher Natur, nämlich die Frage nach dem Wesen, dem materiell-rechtlichen Charakter dieser Deliktsgruppe, die noch der weiteren wissenschaftlichen Klärung bedarf. In der Praxis hat sich jedenfalls gezeigt, daß die Anwendung des Begriffs „Verbrechen“ auf Beleidigungen weder von den Parteien noch von den Zuhörern verstanden wird, die die Handlungen allenfalls als ein Vergehen oder einen groben Verstoß gegen Anstand und Würde des Menschen betrachten. Eine Verbesserung des Verfahrens könnte schon erreicht werden, wenn mehr Wert auf die bisher noch sehr ungenügende Protokollierung gelegt würde. Oft werden die im Urteil getroffenen Feststellungen vom Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht gestützt. In vielen Fällen sind die Protokolle nachlässig verfaßt. Offensichtlich widmen die Vorsitzenden den Protokollen zu wenig Aufmerksamkeit. Bereits bei der Klageaufnahme in der Rechtsantragsstelle müßte auf eine vollständige Sachdarstellung geachtet werden. Eine Reihe von Klagerücknahmen, die notwendig werden, weil sich erst in der Hauptverhandlung herausstellt, daß die Frist nach § 245 StPO versäumt ist, wäre so vermeidbar. Wie wenig sorgfältig noch auf das Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen geachtet wird und welche unerfreuliche Folgen daraus entstehen können, zeigt die Privatklagesache 1 Bs 100/56 des Kreisgerichts Saalfeld. Die Privatklägerin wurde von der Beschuldigten mit einer Sichel am rechten Handgelenk verletzt. Von der Kriminalpolizei, wo sie Anzeige wegen Körperverletzung erstatten wollte, wurde sie auf den Privatklageweg verwiesen (!). Inzwischen hatte die Beschuldigte ihrerseits beim Schiedsmann eine Sühneverhandlung beantragt, zu der die spätere Privatklägerin aber nicht erschien. Das auf die Beschuldigte ausgestellte Sühnezeugnis wurde jedoch entgegen § 18 der Schiedsmannsordnung der Privatklägerin übergeben, die nun, unter Vorlage des ihr an sich nicht zustehenden Sühneattestes die Privatklage erhob. Das Gericht übersah, daß das Attest nicht auf Antrag der Privatklägerin erteilt worden war, und eröffnete das Verfahren. Erst in der Hauptverhandlung wies der Rechtsanwalt der Beschuldigten auf diesen Fehler hin. Nachdem das Gericht der Privatklägerin zugesichert hatte, für die Einleitung eines Offlzialverfahrens zu sorgen, erklärte diese sich bereit, die Klage zurückzunehmen. Das Verfahren wurde aber bei der Staatsanwaltschaft gern. § 153 StPO (alt) eingestellt. Da- mit war zwar die Schuld der Beschuldigten festgestellt, die Verletzte ist jedoch auf Grund der Klagerücknahme verpflichtet, die Auslagen der Beschuldigten (Anwaltskosten) zu tragen ein nicht nur für sie völlig unverständliches Ergebnis. Allgemein ist festzustellen, daß die Zahl der Erledigungen fast ständig hinter der Zahl der Neueingänge zurückbleibt. Wahrend z. B. im Bezirk Rostock die fristgemäße Erledigung bei allgemeinen Strafsachen 90,9 Prozent betrug, waren es bei Privatklagesachen im gleichen Zeitraum nur 64,3 Prozent. Aus den vorliegenden Zahlen über die Verfahrensdauer ist zu entnehmen, daß eine nicht unbeträchtliche Zahl von Fristüberschreitungen besteht, die den tatsächlich auch von verschiedenen Justizverwaltungsstellen gezogenen Schluß zuläßt, daß die Gerichte der Einhaltung der Bearbeitungsfrist in Privatklagesachen nicht die genügende Beachtung schenken. Daß die dem Zivilprozeß entlehnte Methode, vor Eröffnung des Verfahrens erst die Gegenäußerung des Beschuldigten einzuholen, zu Fristversäumnissen führt, wurde bereits erwähnt. Auch die Fristüberschreitungen, die durch Nichteinzahlung der Kostenvorschüsse (jetzt § 4 der StKVO) eintreten, lassen sich vermeiden, wenn in der Regel nur bei gleichzeitiger Kostenvorschußzahlung die Klage in der Rechtsantragsstelle aufgenommen wird. Eine andere Verfahrensweise, die bei nachlässiger Handhabung zu Fristüberschreitungen, wenn nicht zu ärgeren Mängeln führt, besteht darin, daß der bearbeitende Richter, wenn er der Ansicht ist, daß der Sachverhalt den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen könnte, die Akten noch vor der Eröffnung mit einem entsprechenden Vermerk zur Staatsanwaltschaft gibt, damit diese unter Umständen ein Offlzialverfahren einleiten kann. Im Ablehnungsfall soll die Sache wieder zum Gericht zurückkommen. In der Praxis kam es vor, daß solche Akten wochenlang bei der Staatsanwaltschaft lagen, ohne daß etwas veranlaßt wurde. Diese Handhabung ist ungesetzlich; zudem bietet § 252 StPO eine hinreichende und vor allem gesetzlich fixierte Möglichkeit zum Übergang in das Offlzialverfahren. In der rechtlichen Beurteilung eines gegebenen Sachverhalts treten verschiedentlich noch Mängel auf. So macht in der Praxis die Abgrenzung von Kritik und Beleidigung oft Schwierigkeiten. Nicht selten wird eine an sich berechtigte Kritik in einer den Kritisierten beleidigenden Form vorgebracht. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten wird aber nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß er die verletzenden Äußerungen in einer öffentlichen Einwohnerversammlung von sich gab. Der gegenteiligen Auffassung war offenbar die Justizverwaltungsstelle Schwerin, als sie die Kassation in der Privatklagesache Bs 27/56 des Kreisgerichts Hagenow anregte. Hier hatte die Beschuldigte dem Privatkläger eine Reihe von Vorwürfen gemacht und ihn schließlich in einer Gemeindeversammlung als Schweinehund und Mörder bezeichnet. Diese durch nichts gerechtfertigten Beleidigungen hatte sie sogar vor Gericht wiederholt. Ähnlich war der Sachverhalt in zwei anderen, aus den gleichen Gründen zur Kassation vorgeschlagenen Entscheidungen, wobei allerdings zu Recht bemängelt wurde, daß sich das Gericht überhaupt nicht mit der Frage der Kritik auseinandergesetzt hatte. Ein weiterer recht häufig auftretender Mangel ist die Verweisung von Bürgern auf den Weg der Privatklage in Fällen offensichtlicher Körperverletzung. Ein Beispiel hierfür bietet das bereits in anderem Zusammenhang genannte Verfahren Bs 100/56 des Kreisgerichts Saalfeld. In der Privatklagesache Bs 61/56 des Kreisgerichts Zwickau-Mitte hatte der Beschuldigte dem Privatkläger im Verlaufe eines Streites so sehr auf den Kopf geschlagen, daß dieser eine Schädeldachplatzwunde davontrug und etwa 14 Tage arbeitsunfähig geschrieben werden mußte. Der Staatsanwalt lehnte die Übernahme des Verfahrens mit der Begründung ab, daß es sich um einen „Hausklatsch“ handele. Im Kreis Strasburg, Bezirk Neubrandenburg, kam es zwischen zwei Frauen zu einer Auseinandersetzung we- 199;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 199 (NJ DDR 1957, S. 199) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 199 (NJ DDR 1957, S. 199)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung festzulegen. Durch die Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit Auszug aus der Dissertationsschrift Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Schaffer. Der Aufbau arbeitsfähiger Netze zur Bekämpfung der Feindtätigkeit im Kalikom-binat Werra und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Linie und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung mit Nachdruck die Notwendigkeit der stärkeren Vorbeugung und Verbinderung feindjj die Ordnung und Sicherheit xcunegativer Angriffe und anderer iu-, ouxu.

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