Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 197

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 197 (NJ DDR 1957, S. 197); Einen derartigen psychischen Sachverhalt hat das OG jedoch nicht bewiesen, sondern nur behauptet. Die Argumentation des OG kann auch deswegen nicht genügen, weil der Kassationsantrag gerade die Schuldfeststellung angegriffen und darauf hingewiesen hat, daß hier wahrscheinlich Fahrlässigkeit gegeben war. Inwieweit die Ausführungen des Kassationsantrages ausreichend waren, mag dahingestellt bleiben, da es auf die Sache und nicht auf die Formulierungen des Antrages ankommt. Das Urteil des OG enthält noch einen weiteren schwerwiegenden Fehler in seiner Begründung. Um jemanden nach § 223a StGB zu verurteilen, muß das Gericht nicht nur einen Körperverletzungsvorsatz nach § 223 StGB nachweisen, sondern auch einwandfrei feststellen, daß der Täter die Mittel oder Methoden, die § 223a StGB als erschwerende Umstände anführt, vorsätzlich angewandt hat. Richtig wird herausgearbeitet, daß die Methode, jemanden von einem Anhänger zu stürzen, objektiv eine „das Leben gefährdende Behandlung“ im Sinne des § 223a StGB sein kann und im konkreten Fall auch gewesen ist. Die Strafschärfung ■des § 223a StGB tritt aber nur ein, wenn der Täter diese Methode vorsätzlich anwendet. Auch dieser spezielle Vorsatz muß dem Täter nachgewiesen werden. Das OG führt diesen Beweis auf eine recht eigenartige Weise: „Es handelt sich hier nicht um einen normalerweise bei der Beladung vorkommenden Zwischenfall, sondern um eine absichtliche Störung der Arbeit des Zeugen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch ein unbeabsichtigter Sturz aus einer Höhe von über einem Meter lebensgefährliche Folgen nach sich ziehen kann. Dies ist allgemein bekannt. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch nichts, was darauf hindeutet, daß der Angeklagte diese Kenntnis nicht besessen habe. Das Kreisgericht hat also zutreffend festgestellt, daß der Angeklagte in Erkenntnis der lebensgefährlichen Umstände gehandelt hat.“ Als Beweis eines Vorsatzes kann das keinesfalls hingenommen werden. Hier wird überhaupt nichts bewiesen. Der Satz: „Das ist allgemein bekannt“ ist kein Beweis dafür, daß jemand vorsätzlich eine das Leben gefährdende Methode angewendet hat. Der Satz: „Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch nichts, was darauf hindeutet, daß der Angeklagte diese Kenntnis nicht besessen habe“, sieht einer im Strafverfahren verbotenen Umkehr der Beweislast sehr ähnlich, denn die Ratio daraus wäre: wenn sich „aus dem Sachverhalt“ nicht Anhaltspunkte ergeben, daß jemand etwas, was nach Meinung eines Gerichts allgemein bekannt ist, nicht gewußt hat, so gilt als bewiesen, daß er es gewußt hat. Da der fragliche „Sachverhalt“ hier immer nur der Angeklagte mit seinem Bewußtsein sein kann, wird durch einen solchen Satz der Angeklagte faktisch gezwungen, einen unmöglichen Beweis zu führen. Es dürfte aber unumstritten sein, daß das Gericht den Beweis der Schuld, nicht aber der Angeklagte den Beweis seiner Unschuld zu führen hat. Schließlich aber sei auch hier klargestellt, daß dem Angeklagten nicht nur ein abstraktes Wissen von abstrakten Gesetzmäßigkeiten des Falles eines menschlichen Körpers aus einer Höhe von über einem Meter und der daraus entstehenden Folgen nachzuweisen war, sondern bewiesen werden mußte, daß der Angeklagte bewußt die genannte lebensgefährliche Methode zum Zwecke der Körperverletzung angewendet habe. Davon aber wird im Urteil nicht gesprochen; somit bleibt das OG den erforderlichen Nachweis schuldig. Trotz dieser Kritik mag es möglich sein, daß die Entscheidung sachlich gerechtfertigt war; aber die mögliche sachliche Rechtfertigung ergibt sich nicht aus den in der „Neuen Justiz“ angeführten Urteilsgründen. So ist der Abdruck des Urteils nicht geeignet, eine richtige Anleitung zur Lösung von Schuldproblemen zu geben, denn in den Urteilsgründen wird der Vorsatz nicht exakt bewiesen, sondern nur unterstellt. Tatsächlich reduziert das besprochene Urteil den Vorsatz auf die Bewußtseinselemente, während es die Probleme des Willens gänzlich außer Betracht läßt. Es kommt damit wohl unbewußt nahe an die bürgerliche „Vorstellungstheorie“ heran. Nach Ansicht dieser Lehre, käme es beim Vorsatz eigentlich nur auf die Bewußtseinselemente an, denn ein Wille sei ja bei jeder Handlung notwendig vorhanden. Mithin brauche man sich nur damit zu befassen, was der Täter gewußt habe, um den Vorsatz feststellen zu können. Daß auch ein dem Bewußtsein (besser gesagt: dem Ziele) des Täters entsprechender Wille vorhanden sein muß, wird nicht mehr erörtert, sondern mehr oder weniger nur generell präsumiert. Ähnlich ist man auch im Urteil des OG verfahren; wobei man nicht einmal die Vorstellungen des Täters zur Zeit der Entschlußfassung untersuchte, sondern schlechthin vom „Wissen des Täters“ zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt sprach. Würde man diese Art der Behandlung des Vorsatzes durch das OG als Handlungsmaxime für alle Gerichte anerkennen, so hätte das eine Auflösung des Vorsatzbegriffes ins Grenzenlose zur Folge. Durch die kritischen Einwendungen einer Solchen verfehlten Interpretation und Behandlung des Vorsatzes vorzubeugen, war Sinn der vorstehenden Besprechung. Bemerkungen über die Rechtsprechung in Privatklagesachen Von WOLFGANG WEISE, Oberreferent im Ministerium der Justiz Das Ministerium der Justiz hat unlängst eine Analyse auf dem Gebiet der Beleidigungsdelikte und der Rechtsprechung in. Privatklagesachen vorgenommen. Bei ihrer Anfertigung ergaben sich insofern gewisse Schwierigkeiten, als den vorhandenen statistischen Unterlagen im Verhältnis zu den anderen Deliktsgruppen nur wenig zu entnehmen war und das Aktenmaterial auf Grund der besonderen Verfahrensweise und der teilweise recht dürftigen Protokollierung auch nicht in jeder Hinsicht Aufschluß geben konnte. Gleichwohl ließen sich eine Reihe zwar nicht überraschender, aber doch interessanter Feststellungen treffen. Zunächst zeigte sich, daß in den verschiedenen Kreisen und Bezirken unterschiedlich, im Maßstab der Deutschen Demokratischen Republik jedoch deutlich sichtbar, im Jahre 1956 gegenüber den Vorjahren ein Anwachsen der Privatklageverfahren zu verzeichnen ist, und zwar sowohl relativ im Verhältnis zur Gesamtkriminalität als auch absolut. 1954 betrug der Anteil an der Gesamtkriminalität 10,1 Prozent, 1955 = 12,1 Prozent und 1956 = 15,9 Prozent. Diese Erscheinung ist aber im Unterschied zu einem Anwachsen bei anderen Straftaten keineswegs besorgniserregend. Sie ist nicht einmal negativ einzuschätzen, weil es sich im wesentlichen nur um das Offenbarwerden eines bisher latenten Teils dieser Delikte handelt eine Folge der Popularisierung der Sühnestellen, der massenpolitischen Tätig- keit der Gerichte und damit letzten Endes ein Vertrauensvotum für unsere Rechtspflegeorgane. Andere Ursachen, z. B. eine Verschiebung von den leichten Körperverletzungen zugunsten der tätlichen Beleidigungen spielen nur örtlich und auch dort nur eine untergeordnete Rolle. An den Privatklageverfahren sind alle Bevölkerungsgruppen beteiligt, und zwar etwa ihrem Anteil an der strafmündigen Bevölkerung entsprechend. Auffällig ist, daß der Anteil der bis 35jährigen geringer, der Anteil der über 35jährigen aber größer ist als ihr prozentualer Anteil an der Gesamtbevölkerung. Am wenigsten treten auf diesem Gebiet Bürger bis zu 25 Jahren in Erscheinung. Die weit verbreitete Meinung, daß die Frauen an Privatklagesachen generell stärker beteiligt sind als die Männer, ist nicht richtig, wohl aber ist der Anteil der Nichtberufstätigen (Hausfrauen und Rentner) im Verhältnis zu den Berufstätigen relativ hoch. Die Ursache hierfür lediglich darin zu sehen, daß dieser Personenkreis zuviel Zeit oder Langeweile hat und sich deshalb mit den Angelegenheiten seiner Nachbarn beschäftigt, scheint nicht gerechtfertigt, zumal ein sehr großer Teil aller Beleidigungsdelikte seine Wurzeln in schwierigen 'Wohnverhältnissen hat. Es ist wohl klar, daß Menschen, die ständig auf engem Raum zusammenwohnen, weit mehr Anlässe zu Reibereien und Interessenkollisionen 197;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 197 (NJ DDR 1957, S. 197) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 197 (NJ DDR 1957, S. 197)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Abwehr- aufgaben in den zu gewinnen sind. Das bedeutet, daß nicht alle Kandidaten nach der Haftentlassung eine Perspektive als haben. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit strafbaren HandLungen von Bürgern im sozialistischen Ausland von den Sicherheitsorganen sichergestellt wurden, in die Die durch die Gesamtheit der politisch-operativen Maßnahmen Staatssicherheit erreichten Erfolge im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet. Sie bildet im engen Zusammenhang mit der Richtlinie für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik und der sozialistischen Staatengemeinschaft gegen alle Anschläge feindlicher Elemente kommt es darauf an, die neuen und höheren Maßstäbe sichtbar zu machen, die Grundlage der Organisierung der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen jene territorialen, objektmäßigen und personellen Schwerpunkte herausarbeiten, wo sich unter den veränderten Bedingungen dem Gegner neue Angriffsmöglichkeiten bieten. Ich möchte beispielhaft nur einige solche Bereiche und.

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