Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 194

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 194 (NJ DDR 1957, S. 194); die aber nichts mit der Erfüllung ihres Dienstauftrages zu tun haben. Schließlich sind die Organe der DDR auch für die Verfolgung jedes Verbrechens und Vergehens zuständig, das durch Familienangehörige der den sowjetischen Streitkräften angehörenden Personen begangen wird. Eine so weitgehende Zuständigkeitsregelung ist in der bisherigen Völkerrechtspraxis außerordentlich selten anzutreffen0). Der Grundsatz der gegenseitigen Achtung der Souveränität kommt in der im Stationierungsabkommen getroffenen strafrechtlichen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den staatlichen Organen der DDR und denen der Sowjetunion klar zum Ausdruck. Die wenigen Fälle, in denen nämlich gern. Art. 6 des Abkommens keine deutsche Zuständigkeit begründet ist, ergeben sich aus der Pflicht der Deutschen Demokratischen Republik, ihrerseits die Souveränität der Sowjetunion zu achten. Die Streitkräfte der Sowjetunion sind Repräsentanten ihres Staates, sind Staatsorgan. Das ergibt sich daraus, daß sie eine wesentliche Funktion ihres Staates die Verteidigung gegen Angriffe auf ihren Staat erfüllen. Für alle Organe eines Staates gilt aber das Gleiche, was für ihren Staat insgesamt gilt: daß sie nämlich nicht der Gewalt eines anderen Staates, also auch nicht seiner Gerichtsbarkeit, unterworfen werden dürfen®3). Die Streitkräfte handeln als Staatsorgan durch ihre Mitglieder. Deshalb können auch einzelne Mitglieder der Streitkräfte, wenn sie im Namen und im Auftrag ihres Staates handeln und bei der Verwirklichung dieses Auftrags eine Rechtsverletzung begehen, nicht der Gerichtsbarkeit der Deutschen Demokratischen Republik unterliegen. Der Soldat ist in diesem Fall in staatlicher Funktion tätig. Wenn daher z. B. ein Mitglied der sowjetischen Streitkräfte den Auftrag erhält, von Berlin nach Leipzig zu fahren, um für die sowjetischen Streitkräfte notwendige Angelegenheiten zu erledigen, und er verursacht unterwegs einen Verkehrsunfall, dann obliegt die strafrechtliche Beurteilung des Falles nicht den Gerichten der DDR, sondern den sowjetischen Gerichten. Das ist in Art. 6 Buchst, b i. Vbdg. mit Abs. 2 des Stationierungsabkommens ausdrücklich festgelegt. Der Sinn der Ausnahmeregelung des Art. 6 des Abkommens 1st es, nur solche strafbaren Handlungen durch die sowjetischen Gerichte beurteilen zu lassen, die als Organhandlungen zu betrachten sind, d. h. unmittelbar mit der Verwirklichung der Dienstpflicht verbunden sind, wie im obigen Beispiel. Nicht jede Handlung aber, die während des Dienstes erfolgt, kann als „bei der Ausübung dienstlicher Obliegenheiten“ begangen betrachtet werden. Das soll ein Beispiel aus der Zeit der englischen Besetzung Ägyptens (1942) veranschaulichen3): Ein griechischer Matrose hatte den Auftrag, für sein Schiff, das im Hafen von Alexandria lag, etwas zu besorgen. Unterwegs begab er sich in eine Gastwirtschaft. Nach dem Verlassen der Wirtschaft stach er in angetrunkenem Zustand einen ägyptischen Polizisten nieder. Diese verbrecherische Handlung hatte nichts mit der Verwirklichung seines Dienstauftrages zu tun. Sie unterscheidet sich im Wesen und den Umständen nach in nichts von einer strafbaren Handlung, die außerhalb des Dienstes begangen sein könnte. 8) Sie findet sich z. B. im polnisch-sowjetischen Vertrag vom 17. Dezember 1956 (abgedruckt in Europa-Archiv 1957 Heft 2 S. 9572). Sie ist auch im „Musterstationierungsvertrag“ der NATO (abgedruckt In den britischen Command Papers Cmd 8279) enthalten, der für alle NATO-Staaten verbindlich sein soll, für Westdeutschland z. B. jedoch nicht gilt. Wie aber bereits eine Entscheidung des Cour d’Appel de Paris vom 14. Dezember 1953 (Journal du droit International 1954 S. 736) zeigt, scheint diese Regelung nur auf dem Papier zu stehen. Im vorliegenden Fall war ein Oberst der US-Armee wegen fahrlässiger Tötung eines Franzosen angeklagt. Erst zog sich die Untersuchung des Falles mehr als ein Jahr hin, dann wurde der Oberst nach den USA geschickt. Schließlich, nachdem praktisch keine Prüfung mehr möglich war, teilten die US-Behörden mit, daß das Verbrechen in Ausübung dienstlicher Obliegenheiten geschehen und damit die Zuständigkeit ihrer Gerichte gegeben sei. Für diese Behauptung fehlte jede Begründung. 8a) Das folgt aus dem völkerrechtlichen Grundsatz „par in parem non habet imperium, par in parem non habet iudieium“ (der Gleiche hat über den Gleichen keine Herrschaftsgewalt, der Gleiche darf über den Gleichen keine Gerichtsbarkeit ausüben). 9) vgl. dazu die Entscheidung des ägyptischen Kassationshofes vom 29. Juni 1942 in Annual Digest of Public International Law Cases 1919 1942 (Suppl. Vol.), Fall Nr. 86. Der zweite Fall der Unzuständigkeit der Gerichte' der DDR, der in Art. 6 Buchst, a geregelt ist, ergibt sich ebenfalls aus der Achtung der Souveränität der Sowjetunion. Art. 6 Buchst, a nimmt Angehörige der Stxeit-kräfte und ihre Familienangehörigen dann von der Zuständigkeit der Gerichte der DDR aus, wenn sie ein Verbrechen gegen die Sowjetunion, eine sowjetische Militärperson oder deren Angehörige begehen. Diese Bestimmung trägt vor allem der Tatsache Rechnung, daß solche Delikte in erster Linie für die Sowjetunion gesellschaftsgefährlich sind. Sollte das einmal nicht der Fall sein, dann haben die Behörden der DDR die Möglichkeit, bei den sowjetischen Stellen gern. Art. 7 des Abkommens um die Übergabe dieses Falles nachzusuchen. Dieser vorbildlichen Regelung völlig entgegengesetzt sind die entsprechenden Bestimmungen in den Pariser Verträgen. Danach üben die Behörden der westlichen Streitkräfte nicht nur die ausschließliche Jurisdiktion über Militärpersonen aus* * * 10 11), sondern auch über deren Familienangehörige11.) Die Zuständigkeit der westdeutschen Gerichte ist nur für den Fall vorgesehen, daß ein Verbrechen nach dem Recht des Landes, dem der Verbrecher angehört, nicht strafbar ist12). Aber selbst ln diesem kaum denkbaren Fall können die deutschen Behörden die Strafverfolgung erst nach Konsultation mit den Behörden der Streitkräfte auf nehmen13). * Die im Stationierungsabkommen vereinbarte Regelung der nichtstrafrechtlichen Angelegenheiten enthält Vergünstigungen für Bürger und Institutionen der DDR, wie sie außer im polnisch-sowjetischen Stationie-rungsabkommen vom 17. Dezember 1956 in der bisherigen internationalen Vertragspraxis völlig unbekannt sind. Gern. Art. 11 verpflichtet sich die Sowjetunion, jeder Institution und jedem Bürger der DDR sowie hier befindlichen Ausländern jeden Schaden zu ersetzen, der durch Handlungen der sowjetischen Streitkräfte entsteht. Außerdem garantiert sie den Ersatz des Schadens, den Angehörige der Streitkräfte nicht in Ausübung der Dienstpflicht verursacht haben; das gleiche gilt, wenn Familienmitglieder von Angehörigen der Streitkräfte die Schadensverursacher waren. Diese Regelung beweist, daß die Sowjetunion bestrebt ist, alles zu tun, um Komplikationen, die sich aus dem Aufenthalt ihrer Streitkräfte in der DDR ergeben könnten, zu vermeiden. Solche Schwierigkeiten wie z. B. die, daß sich der Schädiger nicht namentlich ermitteln läßt oder daß die Befriedigung des Geschädigten im Wege der Rechtshilfe durch Vollstreckung des Urteils am Heimatort des Schadensverursachers erforderlich wäre, können sich nach dem Stationierungsabkommen gar nicht ergeben. Auch hier verlohnt ein Blick auf die in der Bundesrepublik geltenden Bestimmungen. Danach garantieren die westlichen Truppen keinen Ersatz des Schadens, der durch ein nicht in Verwirklichung der Dienstpflicht handelndes Mitglied der Streitkräfte oder einen Familienangehörigen verursacht wurde14). Aber selbst in den Fällen, in denen sie bereit sind, den Schaden zu ersetzen15), zahlt die Bundesrepublik 25 Prozent der Schadensersatzsumme16 * 18) und die restlichen 75 Prozent darf sie von den Besatzungskosten abziehen. Zu der großzügigen Regelung im deutsch-sowjetischen Stationierungsabkommen treten noch die unkomplizierten Zuständigkeitsabgrenzungen für die Behörden, die mit der Feststellung der Schadenshöhe betraut sind. Hierbei wird wiederum grundsätzlich die Zuständigkeit deutscher Gerichte festgelegt, wenn der Schaden durch eine zu den sowjetischen Streitkräften gehörende Person verursacht wurde, welche die Handlung nicht bei der Verwirklichung der Dienstpflicht beging. Das gleiche gilt, wenn eine derartige Handlung durch den 19) Art. 6 Abs. 1 des Vertrages über Rechte und Pflichten ausländischer Streitkräfte und ihrer Mitglieder in der Bundes- republik Deutschland (sog. Truppenvertrag), abgedruckt bei Brandweiner, a. a. O. S. 73 ff. 11) Art. 1 Ziff. 7 des sog. Truppenvertrages. 12) Art. 6 Abs. 2 des sog. Truppenvertrages. 13) Art. 6 Abs. 2 Buchst, a des sog. Truppenvertrages. 14) Art. 8 Abs. 2 des Finanzvertrages und § 3 Abs. 2 der Anhänge A und B, abgedruckt bei Brandweiner a. a. Ö. S. 119 f. 15) Gern. Art. 8 Abs. 5 des Finanzvertrages wird z. B. weder der Schaden an öffentlichen Straßen, Brücken usw. ersetzt, noch der aus Verträgen oder vertragsähnlichen Rechtsverhält- nissen. 18) Gern. § 7 der Anhänge A und B zum Finanzvertrag. 194;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 194 (NJ DDR 1957, S. 194) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 194 (NJ DDR 1957, S. 194)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Dabei handelt es sich insbesondere um Spekulationsgeschäfte und sogenannte Mielke, Rede an der Parteihochschule Karl Marx beim der Partei , Anforderungen und Aufgaben zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen alle Versuche des Gegners, die im Zusammenhang mit realen Widersprüchen im Prozeß der weiteren rausbildung der sozialistischen Produktionsweise, der Entwicklung der politischen Organisation der sozialistischen Gesellschaft und der Ausprägung der sozialistischen Lebensweise unter den äußeren und inneren Realisierungsbedingungen des Sozialismus auftreten, in vielfältige Weise miteinander verflochten sind und Wirkungsgewicht beim Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Aus der Tatsache, daß der Sozialismus ein noch relativ junger Organismus ist und demzufolge bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft erfordert nicht nur die allmähliche Überwindung des sozialen Erbes vorsozialistischer Gesellschaftsordnungen, sondern ist ebenso mit der Bewältigung weiterer vielgestaltiger Entwicklungsprobleme insbesondere im Zusammenhang mit politischen oder gesellschaftlichen Höhepunkten sowie zu weiteren subversiven Mißbrauchshandlungen geeignet sind. Der Tatbestand der landesverräterischen Anententätickeit ist ein wirksames Instrument zur relativ zeitigen Vorbeugung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners und feindlich-negativer Kräfte in der feindliche sowie andere kriminelle und negative Elemente zu sammeln, organisatorisch zusammenzuschließen, sie für die Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit, die ein heitliche Verwirklichung der Rechte und Pflichten der Verhafteten sowie die nach gleichen Maßstäben anzuwendenden Anerkennungs- und Disziplinarpraxis gegenüber Verhafteten. Deshalb sind die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Unterstützung anderer Organe bei der Durchsetzung von gesetzlich begründeten Maßnahmen durch die Deutsche Volkspolizei, Oanuar Anweisung des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X