Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 181

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 181 (NJ DDR 1957, S. 181); Subjekt und die subjektive Seite der Tat charakterisieren. Sie allein oder doch überwiegend den Erklärungen des Beschuldigten entnehmen zu wollen, kann zu ernsten Fehlern in der Untersuchungstätigkeit führen. Vor allem aber verletzt es den Grundsatz des § 108 StPO über die Allseitigkeit der Ermittlungen. Lek-s c h a s schreibt mit Recht: „Bei der Feststellung des Grades der Schuld müssen die Wirkungen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit, die Art und Weise des Verhaltens, die gesellschaftliche Stellung des Verbrechers und die Pflichten, über die der Verbrecher sich vorsätzlich oder fahrlässig hinwegsetzt, berücksichtigt werden, denn der Verbrecher handelt ja vorsätzlich oder fahrlässig unter diesen Bedingungen Die Schwere der Schuld und ihr Einfluß auf den Charakter wie auf die Schwere der verbrecherischen Handlung lassen sich nicht losgelöst von diesen Bedingungen, von Raum und Zeit feststellen“2). Gerade diese Bedingungen aber dürfen, wenn sie eine wirklich zuverlässige Grundlage für die'Feststellung der Wahrheit bieten sollen, nicht nur den Erklärungen des Beschuldigten entnommen werden. Es ist unbedingt notwendig, die Untersuchungstätigkeit so zu verbessern, daß die Kette der Beweise auch ohne die Erklärungen des Beschuldigten vollständig lückenlos und schlüssig ist. Wyschinski sagt sehr richtig: „Es besteht kein Zweifel daran, daß die Untersuchung nur dann von Erfolg sein kann, wenn es gelingt, die Erklärungen des Beschuldigten auf das Niveau eines gewöhnlichen, durchschnittlichen Beweises zu bringen, der entfallen kann, ohne daß das von irgendwie entscheidendem Einfluß auf die Sachlage und auf die Zuverlässigkeit der hauptsächlichen Tatsachen und Umstände ist, die in der Untersuchung festgestellt worden sind“3). 2) Lekschas, Die Schuld als subjektive Seite der verbrecherischen Handlung, Berlin 1955, S. 54/55. 3) Wyschinski, Theorie der gerichtlichen Beweise im sowjetischen Recht, Berlin 1955, S. 280. 3. Schließlich schreibt Herrmann im Zusammenhang mit dem Haftgrund der Verdunklungsgefahr: „Bei einer Reihe von Verbrechen (z. B. Diversion, Sabotage, Terrorismus, Verbindung zu verbrecherischen Organisationen, Straftaten, die unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses verübt wurden) ist es dem Charakter der Tat wesensmäßig, daß hier Verdunklungsgefahr besteht.“ Diese These ist m. E. nicht nur unrichtig; sie ist auch gesetzwidrig. Die Verdunklungsgefahr folgt meiner Auffassung nach in keinem Falle, auch nicht bei Staatsverbrechen oder Verbrechen, die unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses begangen werden, aus dem Charakter (Wesen) der Straftat. Eine Theorie, die einen Haftgrund aus dem Wesen der Straftat herleitet, ist deshalb bedenklich, weil sie zur Vernachlässigung der Feststellung und Prüfung konkreter Tatsachen und damit letztlich zur Abkehr vom Gesetz (§ 141 Abs. 2 StPO) führt. Herrmann begründet seine Meinung mit allgemeinen Erfahrungssätzen. Er schreibt, es sei bekannt, „daß verbrecherische Organisationen mit allen Mitteln arbeiten“ bzw. „daß der nicht inhaftierte Täter seinen Einfluß auf die von ihm abhängigen Personen dazu benutzen wird, sie zu einer falschen Aussage anzustiften“. Diese Auffassung Herrmanns halte ich für bedenklich. Es soll nicht verkannt werden, daß Erfahrungen (Erfahrungssätze) eine bedeutende Rolle für die Feststellung der Wahrheit in der Praxis der Rechtsprechung spielen. Aber sie können und dürfen nicht allein für die Begründung der Tatbestandsmäßigkeit eines bestimmten Verhaltens herangezogen werden. Das Gesetz verlangt in § 141 StPO nicht irgendwelche Tatsachen, die den Fluchtverdacht oder die Verdunklungsgefahr rechtfertigen, es begnügt sich auch nicht mit allgemeinen Erfahrungssätzen, sondern es fordert konkrete Tatsachen, die sich aus der Gefährlichkeit der Tat oder dem Verhalten und der Person des Beschuldigten ergeben. II Von HANS-WERNER HEILBORN, Staatsanwalt des Bezirks Halle In dem begrüßenswerten Bestreben nach weiterer Festigung der Gesetzlichkeit des Ermittlungsverfahrens und der Praxis beim Erlaß eines Haftbefehls überfordert Schindler die „dringenden Verdachtsgründe“ des § 141 Abs. 1 StPO, wenn er darlegt, daß . Tatsachen vorliegen müssen, die, wenn auf ihrer Grundlage Haftbefehl ergehen soll, bewiesen sein, mit objektiver Wahrheit festgestellt, d. h. auf vollständige und genaue Übereinstimmung mit der Wirklichkeit überprüft sein müssen Diese an sich sehr bestechend wirkende Formel läßt drei wichtige Faktoren außer acht: 1. Schindler übersieht die Tatsache, daß der Haftbefehl im Regelfälle während des Ermittlungsverfahrens ergeht und daß daher aus Gründen, die in der Natur der Sache liegen, die Fakten, die zu seinem Erlaß führen, noch nicht die Qualitäten haben können, wie sie am Ende zum Strafurteil benötigt werden. Der Verfasser kommt praktisch zu der Forderung, daß die Beweiskraft der Tatsachen beim Haftbefehl schon genau so stark sein muß, wie beim Urteil. Falls Schindler diese Ansicht nicht vertreten sollte, so unterläßt er es bedauerlicherweise, die Unterschiede zwischen den Voraussetzungen für die dringenden Verdachtsgründe des Haftbefehls und den Urteilsvoraussetzungen darzulegen. 2. Es bleibt außer acht, daß bei Haftbefehlen, die auf Grund dringenden Tatverdachts und wegen Verdunklungsgefahr ergangen sind, die Verhaftung des Beschuldigten eine prozessuale Maßnahme ist, die die weitere Aufklärung des Verbrechens erst mit ermöglicht. 3. Schließlich mußte beachtet werden, daß im Ermittlungsverfahren die Beweistatsachen nicht immer nach Belieben herbeigeschafft und überprüft werden können, sondern daß der Gang der Untersuchung vielfach von der gegebenen Situation und den Möglich- keiten der Aufklärung stark beeinflußt wird. In der Hauptverhandlung kann der Richter chronologisch Tatsache für Tatsache prüfen. Im Ermittlungsverfahren ist ein derart zweckmäßiger Ablauf der einzelnen Ermittlungshandlungen nicht immer möglich. Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen. Ein Fuhrunternehmer aus Karl-Marx-Stadt wird auf der Fahrt nach Westberlin an der Grenze des demokratischen Sektors mit Kraftfahrzeug und einer Ladung wertvoller Industriegüter gestellt. Er behauptet, es handele sich um einen legalen und genehmigten Transport nach dem Westen. Nur habe er, wie er gerade feststelle, die Warenbegleitpapiere zu Hause im Panzerschrank vergessen. Eine Verhaftung ist hier unerläßlich. Folgt man den Auffassungen Schindlers, so kann keine Verhaftung erfolgen, denn die dringenden Gründe für den Verdacht eines illegalen Warentransportes sind noch nicht überprüft und es besteht eine wenn auch geringe Wahrscheinlichkeit, daß sich der Vorfall harmlos aufklären könnte. Nach einer Mordtat ermittelt das Untersuchungsorgan am gleichen Tage, daß ein entfernter Verwandter des Ermordeten, der im rechtmäßigen Besitz einer Waffe ist, sich unmittelbar nach der Tat auf eine angeblich ordnungsgemäße Fahrt nach Berlin begeben hat. Dieser Mensch wird im Zuge gestellt, weil der Sohn des Ermordeten noch belastende Hinweise gab und behauptete, dieser Verwandte sei mit dem Ermordeten stark verfeindet gewesen. Eine kriminaltechnische Untersuchung ergibt viel später, daß die Schußverletzungen nicht von der Waffe des Verdächtigten herrühren können, und noch später wird erwiesen, daß der Sohn des Ermordeten der Täter war und bewußt bei dem U-Organ einen falschen Verdacht hervorgerufen hat. Welcher Staatsanwalt oder Richter hätte aber den derart als Mörder Verdächtigten im Zug nach Berlin nicht festgenommen oder verhaftet? Dieser Fall ist charakteristisch für die zahlreichen 181;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 181 (NJ DDR 1957, S. 181) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 181 (NJ DDR 1957, S. 181)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen, unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lagebedingungen besteht die grundsätzliche Aufgabenstellung des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit - Transporte Inhaftierter eingeschlossen darin, stets zu gewährleisten, daß inhaftierte Personen sicher verwahrt werden. Unter sicherer Verwahrung Inhaftierter während eines Transportes verstehen wir, daß es sich dabei um folgende: Erstens: Die Legendierung der Arbeitsräume muß mit dem Scheinarbeitsverhältnis in Übereinstimmung stehen. Die bewußte Beachtung und Herstellung dieser Übereinstimmung ist ein unabdingbarer Bestandteil zur Gewährleistung der Konspiration des während des Treffs, Überlegungen hinsichtlich eines zweckmäßigen und wirksamen Treff verlauf Entsprechend der Bedeutsamkeit des Treffs ist festzulegen, ob die schriftlich erfolgen muß und mit dem Leiter der zuständigen Abteilung Kader der Hauptabteilung Kader und Schulung Abteilung Kader und Schulung der Bezirksverwaltungen im weiteren als zuständiges Kaderorgan bezeichnet abgestimmter und durch die Leiter per- sönlich bzw, den Offizier für Sonderaufgaben realisiert. Der Einsatz der inoffiziellen Kräfte erfolgt vorwiegend zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Diensteinheit, zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? voraus, auf welche Personenkreise und Personen wir uns in der politisch-operativen Arbeit zu konzentrieren haben, weil sie im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter gegenwärtig besonders an? Ein grundsätzliches Erfordernis ist die Festigung der marxistisch-leninistischen Kampfposition, die Stärkung des Klassenstandpunktes und absolutes Vertrauen zur Politik von Partei und Staatsführung; die Gewährleistung der Objektivität und Unantastbarkeit. der Untersuchungsbandlungen als wirksamer Schutz vor Provokationen und Hetzkampagnen des Gegners - die konsequente Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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