Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 18

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 18 (NJ DDR 1957, S. 18); der nicht sorgeberechtigte Elternteil aus offensichtlich bösem Willen seine Zustimmung verweigert. Diese gesetzliche Regelung entspricht den mehrfach geäußerten Wünschen der Bevölkerung. Nicht selten ist der Fall, daß sich der Vater um sein Kind aus geschiedener Ehe nicht mehr, kümmert, ihm dessen Wohl völlig gleichgültig geworden ist, ja, er sogar versucht, sich der Unterhaltspflicht dem Kinde gegenüber zu entziehen, aber im Falle einer Wiederverheiratung der Mutter, die bestrebt ist, dem Kind ein neues Elternhaus zu geben, seine Einwilligung zur Adoption des Kindes aus Feindseligkeit ihr gegenüber verweigert. Auch hier schützt die Verordnung ausschließlich das Wohl und das Interesse des Kindes, das in allen Fällen der Adoption ausschlaggebend ist. Der abgeschlossene Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Bestätigung des Rates des Kreises, Abteilung Volksbildung. Dieser hat hierbei erneut, unabhängig von seiner bisherigen beratenden Stellungnahme, zu prüfen, ob die Eitern ihre Erklärung frei und unbeeinflußt abgegeben haben und sich ihrer Bedeutung bewußt sind. Jür hat weiterhin zu untersuchen, ob der Annehmende nach seiner Persönlichkeit in der Lage ist, die sich aus der elterlichen Sorge ergebenden Pflichten in vollem Umfange zu erfüllen. Diese Entscheidung stellt die Mitarbeiter der Abteilung Volksbildung, Referat Jugendhilfe/Heimerziehung, vor eine verantwortungsvolle Aufgabe, die nur dann richtig erfüllt werden kann, wenn dabei der Grundsatz beachtet wird, daß die Annahme an Kindes Statt in erster Linie dem Wohl und den Interessen des Kindes zu dienen hat. Ein ohne die erforderliche Einwilligung der Eltern bzw. der Mutter des Kindes abgeschlossener und vom Rat des Kreises bestätigter Vertrag ist unwirksam. Das gleiche gilt, wenn die Zustimmung des Kindes, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, nicht vorliegt. Wirkung des Annahmevertrages Mit der Annahme an Kindes Statt erlangt das Kind die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber dem Annehmenden und dessen Verwandten, wie sie zwischen leiblichen Verwandten bestehen. Dagegen erlöschen alle aus dem Verhältnis zwischen dem Kind und seinen leiblichen Verwandten sich ergebenden Rechte und Pflichten mit Ausnahme der Fälle von Adoption durch Stiefvater oder Stiefmutter. Das Kind scheidet demnach aus der Fatnilie seiner leiblichen Eltern aus und tritt mit allen Rechten und Pflichten in die Familie des Annehmenden und dessen Verwandten ein. Mit dieser Regelung verschafft die Annahme an Kindes Statt erstmalig dem Kind die gleiche Stellung, wie sie ein eheliches Kind hat. Obwohl § 1757 BGB bereits den Grundsatz ausspricht, daß das Kind mit der Annahme an Kindes Statt die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erhalten sollte, schränkten die nachfolgenden Bestimmungen des BGB diesen Grundsatz wieder derartig ein, daß von einer gleichberechtigten Stellung des angenommenen Kindes im Vergleich zu dem leiblichen ehelichen Kind nicht mehr gesprochen werden konnte. Auch die im Entwurf des Familiengesetzbuchs vorgesehene Regelung war in dieser Hinsicht noch nicht zufriedenstellend. Verlor doch danach das Kind zwar einerseits mit der Adoption seine leiblichen Eltern' und Verwandten; andererseits erstreckten sich aber die Wirkungen der Adoption nicht auf die Verwandten des Annehmenden, so daß das Kind nur noch die Adoptiveltern als Verwandte hatte. Es bestand die Gefahr, daß es nach deren Tode allein stand. Die damals noch vorherrschende Auffassung, daß die durch Vertrag begründeten Wirkungen sich nur auf die Vertragschließenden und nicht auf die Verwandten des Annehmenden erstrecken können, ist abzulehnen, da mit der Schaffung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses eben nicht nur rechtliche, sondern moralische und gesellschaftliche Beziehungen mannigfaltiger Art begründet werden, wie sie in einer Familie bestehen. Selbstverständlich gibt es keine blutsverwandtschaftlichen Bindungen zwischen dem Kinde und den Verwandten des Annehmenden sowie zwischen den Abkömmlingen des Kindes und dem Annehmenden und seinen Verwandten; daher wird auch kein Eheverbot zwischen ihnen begründet. Dagegen ist eine Eheschließung zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen nicht zulässig (vgl. § 3 Ziff. 3 EheVO). Damit, daß infolge dieser Regelung das angenommene Kind die voll gleichberechtigte Steliung eines ehelichen Kindes erlangt, kommt der Annahme an Kindes Statt eine weit größere Bedeutung zu als der Adoption nach dem BGB. Ein nichteheliches Kind, das von seinem Vater an Kindes Statt angenommen wird, erlangt dadurch gegenüber dem Vater und auch gegenüber dessen Verwandten die volle Rechtsstellung eines ehelichen Kindes. Der Vater übernimmt mit der Adoption seines nichtehelichen Kindes alle Pflichten, die aus der elterlichen Sorge erwachsen. Erwähnt sei schließlich, daß die VO in einer Übergangsvorschrift auch den Frauen die Möglichkeit gibt, einem Kind, das sie nach dem 6. October 1949 an Kindes Statt angenommen haben und das noch nicht den Namen erhalten hat, den die Frau bei der Annahme des Rindes führte, diesen Namen zu erteilen. Der Antrag ist bei dem für den Wohnsitz des Kindes zuständigen Rat des Kreises, Abt. Innere Angelegenheiten, bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten der VO einzureichen. Aufhebung des Annahmevertrages Während das BGB die Aufhebung der Adoption durch Vertrag zwischen den Beteiligten zuließ, sah der Entwurf des Familiengesetzbuchs keine Aufhebung der Annahme an Kindes Statt vor. Nach der jetzigen Verordnung ist eine solche Aufhebung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, die im folgenden kurz behandelt werden. Wie die Erfahrungen der Praxis gezeigt haben, entspricht eine völlige Versagung dt-;r Aufhebung der Adoption nicht in allen Fällen dem Wohle des Kindes, sie kann sich sogar nachteilig gegen das Kind auswirken. Andererseits darf dem Annehmenden keinesfalls die Möglichkeit gegeben werden, sich einseitig von dem Kind loszusagen. Nach den Grundsätzen der VO sind die Adoptiveltern ebenso wie leibliche Eltern mit dem Kind verbunden und bleiben es auch, solange das Kind noch minderjährig ist. Die Adoption kann bei Minderjährigkeit des Kindes nur in zwei Fällen aufgehoben werden: Zunächst dann, wenn der Annehmende die ihm kraft der elterlichen Sorge obliegende Pflicht so schwer verletzt, daß das Wohl des Kindes dadurch gefährdet ist. Hier genügt nicht die nach § 1666 BGB zulässige Entziehung des Sorgerechts, denn es wäre sinnlos und würde das Wohl des Kindes gefährden, wollte man trotzdem das Adoptionsverhältnis fortbestehen lassen. Die Aufhebung der Annahme an Kindes Statt erfolgt in diesen Fällen auf Klage des Kindes durch das Gericht. Da die Eltern in diesem Falle von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind, ist dem Kinde vom Rat des Kreises ein Pfleger zu bestellen, der es in diesem Aufhebungsverfahren vertritt. Das Gericht hat vor seiner Entscheidung den Rat des Kreises, Abteilung Volksbildung, zu hören. Ferner läßt die VO dann die Aufhebung zu, wenn der Annahmevertrag ohne die erforderliche elterliche Einwilligung abgeschlossen oder vom Rat des Kreises, Abt. Volksbildung, bestätigt wurde, weil der Aufenthalt der Eltern nicht ermittelt werden konnte oder diese zur Abgabe einer Erklärung außerstande waren. Um die Rechte der genannten Beteiligten in solchen Fällen zu wahren, kann das Gericht auf Klage eines Elternteiles innerhalb eines Jahres se;t dessen Kenntnis von der Annahme an Kindes Statt diese aufheben, jedoch auch nur dann, wenn dies dem Interesse des Kindes entspricht. Die VO berücksichtigt hier das berechtigte Interesse der leiblichen Eltern, die evtl, auf Grund des Hitlerkrieges noch keine Kenntnis von dem Aufenthalt ihres Kindes haben, dann aber die Möglichkeit erhalten sollen, dieses wieder zu sich zu nehmen. Wenn auch diese Bestimmung von den Adoptiveltern in gewissen Fällen als sehr hart empfunden werden mag, insbesondere dann, wenn sie sich von dem Kind nach jahrelanger Pflege und Betreuung wieder trennen müssen, ist sie doch moralisch und gesellschaftlich vertretbar, solange das Kind noch minderjährig ist. Hier muß das Recht der leiblichen Eltern, ihr Kind zu erziehen, dem Interesse der Adoptiveltern Vorgehen. Dagegen ist nach Volljährigkeit des angenommenen Kindes, das dann die 18;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 18 (NJ DDR 1957, S. 18) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 18 (NJ DDR 1957, S. 18)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie mit der Deutschen Volkspolizei hat in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit zu erfolgen. Bezogen auf die Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein.

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