Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 16

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 16 (NJ DDR 1957, S. 16); einer Partei, die von einem Anwalt vertreten wird, nicht zumuten, vorzutreten und einen langen Parteivortrag zu halten. Wenn das Gericht die Tätigkeit des Anwalts im vorbereitenden Verfahren einschränkt, führt das bei der Bevölkerung zu der falschen Auffassung, daß im Eheverfahren die Vertretung durch einen Anwalt überflüssig oder sogar schädlich sei. Zur einstweiligen Anordnung In einem vor dem Kreisgericht F. anhängigen Eherechtsstreit beantragte der die Klage einreichende Anwalt den Erlaß einer einstweiligen Anordnung wegen des erforderlichen Prozeßkostenvorschusses. Die Antragstellerin ist ohne Einkommen. Der Antragsgegner verdient monatlich etwa 450 bis 500 DM netto. Das Kreisgericht entspricht dem Antrag insoweit, als es sich um den an das Gericht zu zahlenden Gerichtskostenvor-schuß handelt. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, zu Händen des Prozeßbevollmächtigten der. Antragstellern einen Prozeßkostenvorschuß von 50 DM unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 2000 DM zu zahlen, weist aber im übrigen den Antrag mit folgender Begründung zurück: „Das Gericht erkennt vorläufig noch keine Veranlassung, daß sich die Klägerin im Eheprozeß durch einen Rechtsanwalt beraten lassen müßte. Nach dem bisherigen Vorbringen ist nicht dargelegt, daß die Frau in ihrer Rechtsverfolgung besonders benachteiligt wäre, hat doch auch die Gegenpartei keinen Rechtsanwalt zur Seite“. Eine solche Entscheidung muß befremden. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß das Gericht zur Begründung der Ablehnung der beantragten einstweiligen Anordnung eine gedankliche „Anleihe“ bei den einschlägigen Bestimmungen der ZPO über die Gewährung einstweiliger Kostenbefreiung aufgenommen hat. Es scheint, als ob bei dieser Entscheidung der Gedanke Pate gestanden habe, den Anwalt als „notwendiges Übel“ zu betrachten. An und für sich besteht wohl heute, reichlich drei Jahre nach der Gründung der ersten Anwaltskollegien, kaum noch Veranlassung, gegenüber der Anwaltschaft derartige wenn auch nur indirekt zum Ausdruck gebrachte Vorbehalte zu machen. Es kann nicht angehen, einerseits den Kollegien der Rechtsanwälte als „dritter Säule der Rechtspflege“ wichtige Aufgaben zu übertragen, auf der anderen Seite aber ihr Tätigkeitsgebiet einzuengen. Soll und darf es in unserem immer mehr in den Sozialismus hin-einwachsenden jungen Staat das Vorrecht des pekuniär Stärkeren sein, die Hilfe eines Anwalts in Anspruch zu nehmen? Die freie Entscheidung des Bürgers, ob er sich durch einen Anwalt vertreten lassen will oder nicht, darf nicht eingeschränkt werden. Prüfungen, ob die Vertretung durch einen Anwalt „geboten“ ist oder nicht, darf das Gericht nicht anstellen. Das einzige Kriterium für den Erlaß der einstweiligen Anordnung wegen des Prozeßkostenvorschusses ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des Antragsgegners als des Unterhaltsverpflichteten Auch die Entscheidung des Obersten Gerichts vom 23. August 1955 (NJ 1955 S. 754) und die Anmerkung von Gold ne r (NJ 1956 S. 545) scheinen uns insofern nicht ganz konsequent zu sein, als sie die Vorschußpflicht davon abhängig machen wollen, daß der Gegner einen Anwalt hat. Direkt anwaltsfeindlichen Charakter hat die Begründung der Ablehnung eines Antrags auf Gewährung einstweiliger Kostenbefreiung des Kreisgerichts Dresden (Stadtbez. 9). Dort heißt es: „Die Klägerin ist in der Lage, den erforderlichen Kostenvorschuß zumindest ratenweise zu entrichten, ohne dadurch ihren oder den Unterhalt ihres Kindes zu gefährden. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, daß es der Klägerin möglich ist, sich einen Rechtsanwalt zu bestellen. Die Klägerin hat auch in ihrem Antrag auf Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung keine genauen Angaben gemacht. Sie hat nicht erklärt, ob und welchen Unterhaltsbetrag sie für ihr außereheliches Kind erhält“. Trotz Fehlens genauer Angaben ist es dem entscheiden- den Richter möglich zu beurteilen, daß der erforderliche Frozeßkostenvorschüß ohne Beeinträchtigung des Lebensunterhalts zumindest ratenweise entrichtet werden könne. Diese Entscheidung wird doch im wesentlichen von der Erwägung getragen: „Wenn du dir einen Anwalt bestellen kannst, so kannst du auch Gerichtskosten bezahlen“. Es ist an der Zeit, über diese Probleme offen zu diskutieren. Es kann kaum Zweifel darüber bestehen, daß die Verwirklichung unserer Forderung nach Festigung der demokratischen Gesetzlichkeit eine starke und selbstbewußte Anwaltschaft verlangt. Diese kann aber nicht entwickelt werden, wenn sie mit Worten gefördert, mit Taten aber behindert wird. Zu einigen materieilrechtlichen Fragen Der Mandant verlangt mit Recht vom Anwalt, daß dieser im konkreten Fall die Aussichten der erforderlichen Anträge annähernd richtig beurteilt, wenn auch nicht verkannt werden soll, daß es im Eheverfahren außerordentlich schwierig und im Grunde unangebracht ist, auf Vergleiche mit anderen Verfahren zurückzugreifen. Dennoch ist die Herausbildung und Beachtung allgemeiner Prinzipien für eine einheitliche Rechtsprechung unerläßlich. Eine einheitliche Anwendung des § 8 EheVO hat sich bisher in der Republik nicht entwickelt. Schon aus den bisherigen Veröffentlichungen ergeben sich verschiedenste Ansichten darüber, wann eine Ehe geschieden werden soll bzw. wann die Klage abzuweisen ist1). Die Hauptschwierigkeit liegt auf dem Gebiet der Scheidung sog. alter Ehen und hier wieder in der Beurteilung „unzumutbarer Härten“. Immer wieder kommt es vor, daß Ehen nicht geschieden werden, obwohl die Parteien seit fünf oder noch mehr Jahren getrennt leben, die Männer inzwischen Beziehungen zu anderen Frauen aufgenommen haben und aus diesen Verbindungen ein oder mehrere Kinder hervorgegangen sind. Die Scheidung wird deshalb nicht ausgesprochen, weil die Folgen der Scheidung für die gealterte Ehefrau eine „unzumutbare Härte“ bedeuten würden. Das Urteil des Obersten Gerichts vom 31. August 1956 (NJ 1956 S. 736) spricht die wesentlichen Grundsätze hierfür noch einmal in aller Deutlichkeit aus, und es ist zu erwarten, daß auf Grund dieser Entscheidung die Rechtsprechung gerade hinsichtlich der Scheidung alter Ehen und der Prüfung der Frage der unzumutbaren Härte einheitlicher wird. Aber auch die genannte Entscheidung löst das Grundproblem nicht, das bei der Scheidung alter Ehen die meisten Schwierigkeiten bereitet: das Problem der Unterhaltsregelung. Dem erwähnten Urteil, durch welches die Ehe geschieden wurde, kann man nur zustimmen. Wenn sich der Ehemann einer anderen Frau zugewandt hat, und wenn aus dieser Verbindung schon ein oder mehrere Kinder hervorgegangen sind, ist trotz Klageabweisung nicht zu erwarten, daß es zu einer Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft kommt. Wir haben es vielfach erlebt, daß nach einer langjährigen Trennung die Ehefrauen selbst innerlich von der Zerrüttung ihrer Ehe überzeugt waren. Das einzige, was sie an der Ehe hielt, war ihr Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann. Soweit Gerichte in solchen Fällen die Ehe aufrechterhalten, ist im allgemeinen die Unterhaltsregelung maßgebend, auch wenn dies nicht mit aller Deutlichkeit im Urteil ausgesprochen wird. Auch bei dem vom Obersten Gericht entschiedenen Fall war für das Kreisgericht der Hauptgrund, diese Ehe aufrechtzuerhalten, die Erkenntnis, daß der Unterhalt der Frau nach der Scheidung ernstlich gefährdet sein wird. In dem Fall hatte die zu 30% erwerbsunfähige 57jährige Frau ein monatliches Nettoeinkommen von 120 DM. Wie lange wird sie es haben? Gerade in diesem Alter verschlechtert sich die Erwerbsfähigkeit zusehends. Es kommt hinzu, daß für die Frauen nicht genügend Arbeitsplätze mit entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, vor allem nicht in der Landwirtschaft. Häufig wird die Frau kurze Zeit nach der Ehescheidung tatsächlich unterhaltsbedürftig, kann dann aber keinen Unterhalt mehr verlangen. l) vgl. hierzu BG Dresden in NJ 1956 S. 284 ff.; KrG Stadtroda in NJ 1956 S. 224; BG Halle in NJ 1956 S. 287; „Neues Deutschland“ vom 26. Mai 1956. i 16;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 16 (NJ DDR 1957, S. 16) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 16 (NJ DDR 1957, S. 16)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität - dringend verdächtigt gemacht haben. Die Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit bedeutet für alle Angehörigen der Linie den politisch-operativen Untersuchungshaft Vollzug auf der Grundlage der Weisungen des Staatsanwaltes über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen können konkrete Aktionen und Handlungen oes Gegners voiausgesehen oder runzeitig erkannt und vorbeugend unwirksam gemacht in ihren Wirkungen eingeschränkt werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X