Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 157

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 157 (NJ DDR 1957, S. 157); schaftliche Einrichtung ist. Dabei verkennt das Stadtbezirksgericht, daß die Kassen der gegenseitigen Hilfe zwar auf Anregung der Gewerkschaften entstanden sind und entsprechend den für sie ausgearbeiteten Statuten auch grundsätzlich der Kontrolle der Gewerkschaftsleitungen unterliegen, daß darüber hinaus aber grundsätzlich keine finanzielle Beteiligung gesellschaftlicher Institutionen vorgesehen ist. Auch im vorliegenden Fall waren keine Gewerkschaftsgelder in der Kasse der gegenseitigen Hilfe verblieben. Wenn auch in der Kasse der gegenseitigen Hilfe der gesellschaftliche' Solidaritätsgedanke zum Ausdruck kommt, so reicht dies allein nicht aus, um die von den einzelnen Mitgliedern freiwillig gezahlten Beträge insgesamt als gesellschaftliches Eigentum zu bezeichnen. Nicht jeder Zusammenschluß bestimmter Personengruppen hat einen Anspruch auf den besonderen Schutz, den gesellschaftliche Organisationen und sozialistische Genossenschaften nach der VESchVO genießen. Über den bloßen Zusammenschluß hinaus müßten solchen Personengruppen mindestens bestimmte politische, wirtschaftliche oder kulturelle Funktionen übertragen worden sein. Die Kassen der gegenseitigen Hilfe sind aber zu dem Zweck geschaffen worden, den in ihr vereinigten Mitgliedern zu besonderen Anlässen Darlehen zu gewähren, die über den jeweils von dem betreffenden Mitglied eingezahlten Betrag hinausgehen. Bei Ausscheiden eines Mitgliedes aus der Kasse werden die von diesem bisher gezahlten Beiträge wieder zurückerstattet. Daraus ergibt sich, daß diese Beiträge Eigentum des Mitgliedes bleiben. Das Stadtbezirksgericht hat somit die gesellschaftliche Funktion der Kasse der gegenseitigen Hilfe verkannt. Die Anwendung des § 1 VESchVO war also fehlerhaft. Auf den Protest war deshalb im Wege der Selbstentscheidung gern. § 292 StPO der Schuldausspruch dahingehend zu ändern, daß die Angeklagte wegen fortgesetzter Unterschlagung nach § 246 Abs. 1 StGB zu bestrafen war. Gleichzeitig war damit auch der Strafausspruch in der Weise zu ändern, daß an Stelle der erkannten Zuchthausstrafe eine Gefängnisstrafe in der gleichen Höhe auszusprechen war. Anmerkung: Das im Ergebnis zutreffende Urteil enthält in der Begründung einige Mängel, die seine Überzeugungskraft wesentlich beeinträchtigen. Es befremdet zunächst, daß das Stadtgericht den Argumenten des erstinstanzlichen Urteils, die sich auf das Musterstatut der Kassen der gegenseitigen Hilfe1) stützen, lediglich Ausführungen allgemeiner Art entgegensetzt und obendrein die unzutreffende Behauptung aufstellt, es sei „grundsätzlich keine finanzielle Beteiligung gesellschaftlicher Institutionen“ vor-gesehen*)- Demgegenüber sind die Argumente des erstinstanzlichen Urteils dem ersten Anschein nach bestechender. Das Musterstatut bezeichnet die Kassen der gegenseitigen Hilfe ausdrücklich als gewerkschaftliche Einrichtungen (Abschnitt II Ziffer 1), die der Kontrolle der Betriebsgewerkschaftsleitungen und ihrer Revisionskommissionen unterliegen (Abschn. II Ziff. 6). Gerade darum hätte es das Stadtgericht als seine Aufgabe ansehen müssen, die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils an Hand des konkreten Inhalts dieses Statuts nachzuweisen. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß bei Gründung einer Kasse der gegenseitigen Hilfe das Musterstatut in seinen wesentlichen Punkten übernommen wird. Aufgabe der Kasse der gegenseitigen Hilfe ist es, zur schnelleren Verbesserung des Lebensstandards ihrer Mitglieder beizutragen. Das geschieht durch die Gewährung zinsloser Darlehen für bestimmte Zwecke (Abschn. I Ziff. 1). Die Mittel der Kasse setzen sich zusammen aus den Beiträgen der Mitglieder und gegebenenfalls aus betrieblichen oder gewerkschaftlichen 1) vgl. „Handbuch für den Gewerkschaftsfunktionär Im Betrieb“, 2. Aufl., S. 636 ff. Soweit nachfolgend Bestimmungen zitiert werden, handelt es sich um solche des Musterstatuts. 2) Unter 5 e im Abschn. rt des Musterstatuts heißt es ausdrücklich: „Zur Bildung eines Grundstocks für die Kasse der gegenseitigen Hilfe können Zuschüsse aus dem Direktorfonds, aus dem Sozial- und Kulturfonds der Privatbetriebe und aus der Gewerkschaftskasse geleistet werden.? Zuschüssen (Abschn. II Ziff 5). Die Kasse unterhält ein eigenes Konto bei der Sparkasse (Abschn. III Ziff. 11). Dem ausscheidenden Mitglied werden die eingezahlten Beträge zurückerstattet (ebenda Ziff. 12). Weiter heißt es im Musterstatut: Organe der Kasse der gegenseitigen Hilfe sind die Mitgliederversammlung oder die Delegiertenkonferenz (hierunter sind nicht die gewerkschaftlichen Mitgliederversammlungen oder Delegiertenkonferenzen zu verstehen H. H.) und die Kassenleitung (Abschn. II Ziff. 4). Die Kassenleitung wird von den Mitgliedern der Kasse gewählt (Abschn. Ill Ziff. 1). Sie führt die Geschäfte der Kasse und entscheidet insbesondere über Darlehensanträge der Mitglieder (Abschn. III Ziff. 5). Verfügungs-, Besitz-und Nutzungsbefugnis stehen demnach allein den Kassenmitgliedern zu, die diese durch die genannten Organe ausüben. Soweit ein Vertreter der Betriebsgewerkschaftsleitung an den Sitzungen der Kassenleitung teilnimmt, hat er lediglich beratende Stimme (Abschn. III Ziff 5). Erst die Gesamtheit dieser Festlegungen des Musterstatuts läßt erkennen, daß die Mittel der Kasse der gegenseitigen Hilfe nicht Teil des Gewerkschaftsvermögens sind, zufolgedessen ihre Unterschlagung auch nicht zum Nachteil dieses Vermögens geht. Wenn die Kassen der gegenseitigen Hilfe als von der Gewerkschaft geschaffene Einrichtung der Kontrolle der Betriebsgewerkschaftsleitung unterstehen, so vor allem deshalb, weil die Gewerkschaft ein natürliches Interesse daran hat, daß die im Statut festgelegten Ziele verwirklicht, insbesondere die zum Teil recht beträchtlichen finanziellen Mittel nicht für statutenfremde Zwecke verwendet werden. Das Stadtgericht untersucht auch die Frage, ob die Mittel der Kasse der gegenseitigen Hilfe, wenn sie schon nicht Vermögensteil der Gewerkschaft sind, etwa selbständig gesellschaftliches Eigentum im Sinne des VESchG darstellen. Das wird mit Recht verneint. Jedoch ist die Begründung unzulänglich, daß zu dem bloßen personellen Zusammenschluß „mindestens bestimmte politische, wirtschaftliche oder kulturelle Funktionen“ hinzutreten müßten. Es läßt sich wohl kaum bestreiten, daß die Kasse der gegenseitigen Hilfe zumindest für ihre Mitglieder u. a. auch eine wirtschaftliche Funktion erfüllt (Darlehensgewährung). Überdies wird man vergebens nach einer Personenvereinigung suchen, die nicht wenigstens eines der genannten Merkmale auf weist. M. E. muß man bei der Beantwortung dieser Frage zunächst wie auch in cler Präambel des VESchG geschehen zwischen genossenschaftlichem Eigentum Und Eigentum gesellschaftlicher Organisationen unterscheiden. Selbst wenn man unterstellt, daß es in unserer Republik genossenschaftliches sozialistisches Eigentum im Sinne des VESchG auch außerhalb der Rechtsform „Genossenschaft“ gibt, was ich für zweifelhaft halte, ist im vorliegenden Falle solches Eigentum nicht- verletzt. Die sozialistische Genossenschaft zeichnet sich in erster Linie durch kollektive Produktion und kollektive Aneignung aus. „Eine Genossenschaft ist insbesondere dann Träger gesellschaftlichen Eigentums, wenn in ihr gesellschaftlich produziert und angeeignet wird oder wenn große Teile der Werktätigen in ihr organisiert sind, wie z. B. in der Konsumgenossenschaft oder in der VdgB (BHG)“1 2 3). Die Mittel der Kasse der gegenseitigen Hilfe stammen jedoch aus dem persönlichen Eigentum der Mitglieder und erhalten auch durch die Zusammenfassung in der Kasse keine andere Qualität, da sie ausschließlich zum Zwecke der Verbesserung der persönlichen Lage der Mitglieder Verwendung finden. Ferner beschränkt sich die Mitgliedschaft immer nur auf die Angehörigen des jeweiligen Betriebes, so daß man auch nicht sagen kann, in der Kasse seien „große Teile der Werktätigen“ organisiert. Schon aus dem zuletzt genannten Grunde kann es sich auch nicht um eine gesellschaftliche Organisation handeln, da hierunter demokratische Parteien und Organisationen zu verstehen sind*), deren Mitgliedschaft nicht auf die Angehörigen eines bestimmten Betriebes beschränkt ist. ) Entscheidung des Obersten Gerichts vom 5. Dezember 1952, NJ 1953 S. 114. ) ebenda. 157;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

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