Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 130

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 130 (NJ DDR 1957, S. 130); Jahr, im ganzen gesehen, ausgehend von den Lehren der 3. Parteikonferenz, eine Arbeit geleistet, die eine sichtbare Vorwärtsentwicklung auf dem Wege zu wahren Organen der Arbeiter-und-Bauern-Macht bedeutet. Wir können eine wesentliche Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit im Strafverfahren feststellen; sie ist statistisch meßbar in dem Rückgang ungerechtfertigter Haftbefehle. Wir haben die „Überspitzungen“ in der Rechtsprechung überwunden; Staatsanwaltschaft und Gericht haben in ihrer Strafpolitik wichtige Erfahrungen für die Einführung des neuen Strafensystems gesammelt; die Schöffenarbeit und die Verbindung zwischen der Justiz und den Werktätigen hat sich weiterentwickelt, und schließlich hat sich die Zusammenarbeit der Justizorgarie in den Bezirken und Kreisen erfreulich gefestigt. Die prinzipielle Richtigkeit des Weges, der seit der 3. Parteikonferenz in der Bekämpfung der Verbrechen beschritten wurde, wird auch durch die Analyse der Kriminalität des Jahres 1956, über die demnächst berichtet werden wird, bestätigt. Das beweist, daß die gegebene Linie im Prinzip richtig ist und keiner Änderung bedarf. Sie ist festgelegt im Referat des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik auf der Zentralen Justizkonferenz vom 10. Mai 19561) und wurde auch im Referat des Ministers der Justiz auf der Zentralen Schöffenkonferenz vom 3,/4. November 19561 2) erneut erläutert. Es handelt sich nicht darum, diese Linie zu ändern, sondern sie voll zu verwirklichen. Wir müssen allerdings feststellen, daß diese gegebene Linie bisher zu einseitig verstanden wurde. Wir ändern nichts an unserer Auffassung, daß eine wesentliche Seite der sozialistischen Gesetzlichkeit die Wahrung der Rechte der Bürger ist. Es entspricht jedoch nicht der sozialistischen Gesetzlichkeit, wenn bei Entscheidungen und in Veröffentlichungen nicht selten einseitig der Schutz der Rechte des Bürgers beachtet, der Schutz des Staates aber vernachlässigt wurde. Dabei wurde vergessen, daß die erste Voraussetzung für die Wahrung der Rechte der Bürger der Bestand des volksdemokratischen Staates ist. Wir müssen aber sehen, daß die Ursache dafür, das Hauptgewicht so einseitig auf die Vermeidung von Überspitzungen zu legen, nicht in einem einfachen Verkennen der gegebenen Anleitung liegt. Die Kritik des 30. Plenums, daß die Einschätzung des Klassenkampfes in der DDR, wie sie die 3. Parteikonferenz und die Stellungnahme des Politbüros des ZK der SED „Die leninistische Geschlossenheit unserer Partei“ gaben, mißverstanden wurde, müssen wir auch auf uns beziehen. Diese einseitige Blickrichtung auf das Absehen von Strafen oder die Milderung von Strafen steht in engem Zusammenhang mit Vorstellungen darüber, „als ob in der DDR der Gegensatz zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie verschwinden und der Klassenkampf erlöschen würde“. Die leitenden Justizorgane müssen anerkennen, daß auch von ihrer Seite keine allseitige Erläuterung dieser Fragen gegeben wurde. So konnte sich auch ergeben, daß die Reaktion der Justizorgane auf einzelne Hetz- und Provokationsversuche zu Ende des Jahres 1956 nicht schnell und überzeugend genug war, wobei sich diese Kritik weniger auf die ausgesprochenen Strafen als auf die Schnelligkeit, Durchschlagskraft, Überzeugungswirkung und propagandistische Auswertung der durchgeführten Verfahren bezieht. Es fehlte an Hinweisen und der grundsätzlichen Erkenntnis, daß eine internationale Verschärfung des Klassenkampfes eingetreten war, die auch Auswirkungen auf das Verhalten des Klassengegners in der DDR zeigte. Auf die „reale Gefahr einer Verschärfung des Klassenkampfes“ wurden die Richter und Staatsanwälte nicht mit genügender Eindringlichkeit hingewiesen, so daß die Justizorgane ihrer Aufgabe, die Arbeiter-und-Bauern-Macht zu schützen, nicht genügend vorbereitet gegenüberstanden und in einzelnen Fällen dann auch Schwankungen unterlagen. Die 3. Parteikonferenz hat begrüßenswerterweise dazu geführt, daß auch Fragen des Rechts und der 1) NJ 1956 S. 289. 2) vgl. „Die gegenwärtigen Aufgaben der Schöffen“, Berlin 1957. Rechtspraxis neu und offensiv gestellt wurden. Das ist ein großer Fortschritt, und wir müssen diese Entwicklung weiter fördern. Wir können jedoch andererseits nicht daran Vorbeigehen, daß die Richter und Staatsanwälte auch gewissen verwirrenden Einflüssen ausgesetzt waren, die nicht schnell oder nicht verständlich und offensiv genug geklärt wurden. Es wurden Fragen aufgeworfen und Forderungen erhoben, die in einer gewissen inneren Beziehung zu den auf dem 30. Plenum aufgedeckten falschen ideologischen Auffassungen stehen. Sie zeigen sich aus verschiedenen Wurzeln erwachsend und miteinander verflochten in Erscheinungen der Subjektivierung, des Liberalismus und in Forderungen, die auch auf dem Gebiet der Justiz ein gewisses Einschränken staatlicher Funktionen bedeuten würden. Dabei muß man feststellen, daß diese Auffassungen nicht konzentriert in geschlossenen wissenschaftlichen Abhandlungen erschienen sind, sondern sich in der verschiedensten Weise in der einen oder anderen Bemerkung in einem Artikel, in einzelnen, kommentarlos veröffentlichten gerichtlichen Entscheidungen usw. finden. Der Aufsatz von Schulze „Neue Maßstäbe“3) ist nur eine besondere Zusammenfassung der solcherart „in der Luft liegenden“ Auffassungen. Manche dieser Probleme sind nicht neu, sie wurden auch schon früher behandelt. Auffallend ist aber, daß sie gerade in den vergangenen Monaten und mit besonderer Betonung, wie z. B. die Frage der Betriebsgerichtsbarkeit, aufgeworfen wurden. Die Subjektivierung, die sich in unserem Strafrecht andeutet, hat vor allem zwei Wurzeln: die aus der einseitigen Betonung des Schutzes der Rechte des Bürgers folgende Überbetonung des Subjekts und der subjektiven Seite des Verbrechens und, damit zusammenhängend, die Tendenz, den materiellen Verbrechensbegriff zugunsten des Täters auszuweiten. Ihren ausgeprägtesten Ausdruck doch keineswegs von ihm allein vertreten fand diese Auffassung in dem bereits zitierten Artikel von Schulze. Es ist sehr erfreulich, daß nicht nur sehr schnell Praktiker, wie die Staatsanwälte Herzberg und Szalek, sich dagegen wehrten4), sondern daß auch Wissenschaftler sich schnell und gründlich mit der Frage auseinandersetzten. Durch den Artikel von Renneberg, Hübner und Weber5) wurde die Hauptgefahr deutlich gekennzeichnet: die bevorzugte Orientierung auf die Persönlichkeit des Täters und die damit verbundene Tendenz zu einem Gesinnungsstrafrecht wenn dies bei der gegenwärtigen Konzeption auch stets zugunsten des Täters wirkt. Dagegen verlangt die sozialistische Gesetzlichkeit objektive Maßstäbe der Gesellschaftsgefährlichkeit einer Handlung auch bei der Beurteilung des Subjekts des Verbrechens. Subjektivierende Formulierungen finden sich in Urteilen der Kreis- und Bezirksgerichte, wenn auch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die ausgesprochenen Strafen selbst richtig sind. Auch Entscheidungen des Obersten Gerichts sind nicht frei von solchen Erwägungen. Dabei muß man darauf hinweisen, daß sich hinter dieser Überbetonung des Subjekts, die anscheinend der Forderung der Gesetzlichkeit, die Rechte des Bürgers zu schützen, dient, leicht mangelnde Parteilichkeit verbergen kann. Es fällt auch auf, daß Gerichte sich bisweilen ausschließlich auf das verlassen, was die Angeklagten -ihnen gegenüber als ihren „Willen“ angeben, ohne daß sie auch die Gesamtheit der objektiven Umstände bei der Bildung ihrer Überzeugung einbeziehen. Eine andere Seite der Subjektivierung zeigt sich darin, daß die Strafe einseitig als Erziehungsmittel gesehen und nach Art und Höhe, zum mindesten nach der Begründung in einer Reihe von Urteilen, ausschließlich danach bemessen wird, wie die Erziehung des Verurteilten erreicht werden kann. Formulierungen wie: „Bei der Findung des Strafmaßes war zu berücksichtigen, daß die Dauer der Freiheitsentziehung unter allen Umständen die Gewähr bietet, eine Umerziehung bei dem Angeklagten zu erreichen“, erwecken den Anschein, als ob die Schwere der Tat bei der Bemessung der Strafe nur eine untergeordnete Rolle spielt. 3) NJ 1956 S. 645. 4) NJ 1956 S. 758 und 764. 5) NJ 1957 S. 33. 130;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 130 (NJ DDR 1957, S. 130) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 130 (NJ DDR 1957, S. 130)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer. Bestandteil der Grundaufgabe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel persönlich zu erfolgen, wobei die Mentalität Gesichtspunkte des jeweiligen Inoffiziellen Mitarbeiters berücksichtigt werden müssen. Der Abbruch der Zusammenarbeit. Ein Abbrechen der Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsführer diesen ständig zur erforderlichen, auf die kritische .,-ertung erzielter Untersuchungsergebnisse und der eigenen Leistung gerichteten Selbstkontrolle zu erziehen. uc-n.

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