Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 101

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 101 (NJ DDR 1957, S. 101); von den Interessen der herrschenden Klasse, d. h. also der Bourgeoisie, die in erster Linie den Schutz des Privateigentums ins Auge faßte, diktiert gewesen. Es ist daher notwendig zu betonen, daß sich die Hehlerei abgesehen davon, daß sie die ordnungsmäßige Tätigkeit der staatlichen Organe angreift nicht nur gegen die Eigentumsordnung, sondern gegen jedes beliebige durch die Vortat angegriffene Objekt richten kann. Soweit von Löwenthal zur Frage der „strafbaren Handlung“ im Sinne des § 259 StGB die Ansicht vertreten wird, daß eine Bestrafung wegen Hehlerei dann nicht erfolgen könne, wenn der Vortäter strafrechtlich nicht verantwortlich sei, kann auf die Aus- führungen Hübners und Trochs verwiesen werden. Ihnen gibt es nichts hinzuzufügen. Dabei stimme ich Löwenthal allerdings darin zu, daß die Hehlerei nicht als eine Teilnahme an der Vortat betrachtet werden kann und es infolgedessen fehlerhaft ist, wenn sich das Kammergericht in seiner Entscheidung vom 23. 2. 195412) auf § 50 StGB beruft. Trotzdem gelangt man mit freilich anderer Begründung zu dem gleichen Ergebnis wie das Kammergericht, wenn man sich von der Funktion des Hehlereitatbestandes im System unseres demokratischen Strafrechts leiten läßt. 12) abgedruckt in NJ 1954 S. 424. Über die Abgrenzung der Körperverletzung von der tätlichen Beleidigung Von FRITZ WILKE, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin In der Praxis bereitet immer noch die Tatsache Schwierigkeiten, daß häufig Handlungen zwar äußerlich und dem Anschein nach Körperverletzungen sind, in Wirklichkeit aber gar nicht oder nicht nur das von den Tatbeständen der §§ 223 bis 230 StGB geschützte Objekt verletzen. Der Behandlung dieser Frage kommt große Bedeutung zu, weil die genaue Differenzierung der Verbrechen nach dem Gesetz nicht nur Voraussetzung einer richtigen Bestrafung und wirksamen Erziehung des Täters, sondern auch der erzieherischen Wirkung unserer Rechtsprechung auf andere Menschen ist. Deshalb müssen von den Angriffen auf die Gesundheit des Menschen sehr sorgfältig jene Handlungen unterschieden werden, die zwar in ihrer äußerlichen Begehungsform nicht selten Gemeinsamkeiten mit Körperverletzungen aufweisen, bei denen sich aber der Angriff nicht oder nicht nur gegen die Gesundheit des Menschen, sondern gegen ein anderes von den Strafgesetzen geschütztes Objekt richtet. Solche Verbrechen, die durch Tätlichkeiten begangen werden, können sich richten gegen die Ehre und gegenseitige Achtung der Menschen, gegen die ordnungsmäßige, durch Staatsfunktionäre ausgeübte Tätigkeit der Verwaltung unseres Staates und sogar gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der Staatsmacht und die verfassungsmäßigen Grundrechte der Bürger in der Deutschen Demokratischen Republik. Der Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) unterscheidet zwischen .der körperlichen Mißhandlung und der Gesundheitsschädigung, umfaßt aber beide1). Für die Abgrenzung von der tätlichen Beleidigung gern. § 185 StGB kommt es vor allem auf eine Klärung der Frage an, was unter „körperlicher Mißhandlung“ zu verstehen ist, da die Abgrenzung zum Tatbestandsmerkmal der „Gesundheitsschädigung“ im allgemeinen unproblematisch ist. Dressier und Naundorf definieren die „körperliche Mißhandlung“ i. S. des § 223 StGB als „erhebliche Störung des körperlichen Wohlbefindens“, als „unangemessenes, übles, schlechtes Behandeln, dessen Folge eine nicht unerhebliche Störung des Wohlbefindens sein muß“,1 2) und suchen die Abgrenzung zur tätlichen Beleidigung in der Art und Weise des eingetretenen Erfolgs: „Ist eine erhebliche Störung des körperlichen Wohlbefindens eingetreten, so handelt es sich um eine Körperverletzung. Fehlt es an einem solchen Erfolg, so handelt es sich um eine tätliche Beleidigung.“3) Diese Darlegungen sind zu allgemein, um eine Abgrenzung zu ermöglichen. Hier bleibt völlig unklar, was nun unter einer „erheblichen Störung des körperlichen Wohlbefindens“ zu verstehen ist. Natürlich wird die rechtliche Qualifizierung der Handlung in erster Linie tatsächlich vom eingetretenen Erfolg abhängen. Keine Tat, die als Folge einer körperlichen Mißhandlung zur Schädigung der Gesundheit eines Menschen führte, kann als tätliche Beleidigung angesehen werden. Falsch handelte daher das 1) Daher können die Unterscheidungen, die Durmanow (RID 1956, Heft 11, Sp. 317 ff.) für das sowjetische Recht macht, für das deutsche Recht unbeachtet bleiben. 2) Dressler/Naundorf, Verbrechen gegen die Person, (Materialien zum Strafrecht, Heft 2), Berlin 1955, S. 49. 3) a. a. O. S. 108. Kreisgericht Perleberg, als es in dem Verfahren 4 Bs 107/56 Schläge gegen den Kopf eines Kindes, die zu starker Schwellung sowie zu andauernden Erbrechungsanfällen führten, als Beleidigung ansah und die Sache im Privatklageverfahren durch Vergleich regelte. Noch krasser verkannte das gleiche Gericht die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat im Privatklageverfahren 4 Bs 118/56. Hier hatte die Beschuldigte aus Eifersucht die Privatklägerin unter schweren Beschimpfungen derart mit der Faust auf den Kopf geschlagen und ihr das Haar büschelweise ausgerissen, daß diese das Bewußtsein verlor und später krank geschrieben werden müßte. Die Geschädigte war bei der Erstattung der Strafanzeige von der Volkspolizei auf den Privatklageweg verwiesen worden. Das Gericht ließ auch in diesem Fall eine Erledigung durch Vergleich zu. Solche Fälle, die trotz Eintritts einer Gesundheitsschädigung nicht als Körperverletzung erkannt und strafrechtlich verfolgt werden, dürften jedoch in der Praxis nur vereinzelt Vorkommen1). Wie ist nun aber ein tätlicher Angriff rechtlich zu qualifizieren, der nicht zu einer Schädigung der Gesundheit geführt hat? M. E. ist es falsch, die Abgrenzung zwischen tätlicher Beleidigung und Körperverletzung nur nach dem objektiv eingetretenen Erfolg vorzunehmen und die Anwendung der einen oder der anderen Vorschrift lediglich davon abhängig zu machen, ob eine erhebliche oder eine nicht erhebliche Störung des körperlichen Wohlbefindens eingetreten ist. Eine solche Abgrenzung könnte dazu führen, daß ein Angriff auf die Gesundheit eines Menschen nur deshalb nicht als Körperverletzung, sondern als Beleidigung oder wenn er u. U. keinen Beleidigungscharakter trägt als gar keine strafbare Handlung anzusehen wäre, weil er einen erheblichen Erfolg aus irgendwelchen Ursachen nicht herbeigeführt hat. Als Beleidigung kann man nur eine solche Handlung bezeichnen, die sich gegen die Ehre eines Menschen, gegen die allgemeine Achtung und Gleichberechtigung der Bürger richtet. Die gegenseitige Achtung der werktätigen Menschen ist in unserem Staat von großer Bedeutung für die Interessen der Gesellschaft und wird deshalb auch von den Nonnen des Strafrechts geschützt5). Sie hat jedoch in der Regel nicht die Bedeutung, die dem Schutz der Gesundheit unserer Bürger zukommt. Ein tätlicher Angriff auf einen Menschen wird deshalb nur dann als eine Beleidigung anzusehen sein, wenn in objektiver Hinsicht keine derartige' Einwirkung auf die körperliche Integrität erfolgt ist, daß dadurch eine Schädigung oder Gefährdung der Gesundheit-eines Menschen verursacht wurde, und wenn der Täter mit seiner Handlung nur das Ziel verfolgte, den Geschädigten zu kränken und dessen Ehrgefühl zu verletzen. Bei der Abgrenzung sind also zunächst außer einem etwaigen Erfolg der Tat auch diq Begehungsweise und die sonstigen objektiven Umstände zu berücksichtigen. Lassen diese erkennen, daß die Handlung geeignet war, die Gesundheit des Geschädigten zu verletzen, so wird man die Straftat als Körperverletzung ansehen 4) vgl. Urteil des OG vom 22. Januar 1957 auf S. 123 dieses Heftes. 5) vgl. Krutzsch ln NJ 1954 S. 522. 101;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 101 (NJ DDR 1957, S. 101) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 101 (NJ DDR 1957, S. 101)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Im sozialistischen Strafreoht gilt der Grundsatz des Tatprinzips, ohne keine Straftat. Oie Analyse der Tatbegehung bestirnter Straftaten ist von grundlegender Bedeutung für die Vorbeugung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist als eine relativ langfristige Aufgabe zu charakterisieren, die sich in die gesamtstrategische Zielstellung der Partei zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft unmittelbar einordnet. Unter den gegenwärtigen und für den nächsten Zeitraum überschaubaren gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen kann es nur darum gehen, feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen gegeben sind. Dieser Prozeß des sich allmählich entwickelnden Widerspruchs zwischen Individuen und sozialistischer Gesellschaft ist zugleich ein Teil der Problematik der Bewegung und Lösung von Widersprüchen bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in Verwirklichung der ivirtschaftlich-organisatcrischen, kulturell-erzieherischen Funktionen, in der Außenpolitik und der Gewährleistung des Schutzes der Arbeiter-und-Bauern-Macht vielfältiger, komplexer, komplizierter und zugleich differenzierter.

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