Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 10

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 10 (NJ DDR 1957, S. 10); eigentlich der Angeklagte gestanden habe, und die z. T. völlig unkritische Einstellung des Gerichts zum Geständnis. Da das Geständnis nicht schon für sich Beweis, sondern nur ein Beweismittel sei, bedürfe es der logischen Nachprüfung, d. h. der äußeren und inneren Folgerichtigkeit, und wegen der zahlreichen Ursachen für ein falsches Geständnis auch in jedem Falle der Feststellung der Motive. Schumann wies darauf hin, daß die Fälle, in denen das Geständnis als einziges Beweismittel vorliege, höchst selten seien, denn fast immer sei es bei genügend sorgfältiger Betrachtung des Geständnisses möglich, es unter Ausschöpfung aller Beweisermittlungsmöglichkeiten auf seinen Wahrheitsgehalt hin eingehend zu prüfen. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen keinerlei Nachprüfung in objektiver und subjektiver Hinsicht möglich sei, erscheine es gerechtfertigt, das Geständnis zur Grundlage der Verurteilung zu machen. Die inhaltliche Prüfung des Geständnisses sei weiterhin auch deshalb geboten, weil man als Richter nicht jeden Widerruf eines Geständnisses akzeptieren könne. Oberrichter Dr. Berger (Stadtgericht von Groß-Berlin) und Prof. P c h a 1 e k (Friedrich-Schiller-Uni-versität Jena) gingen davon aus, daß bestimmte für die Schuldfeststellung erhebliche Tatumstände häufig nicht anders als nur durch den Angeklagten selbst dargetan werden können. Da falsche Geständnisse nicht ausgeschlossen seien, deren Motive z. B. in Wichtigtuerei, Krankheit, in der Absicht, einen anderen Täter oder eine andere Tat zu decken, liegen können, komme es darauf an, den inneren Beweiswert jedes Geständnisses sehr sorgfältig zu prüfen. Hierbei sei z. B. die Persönlichkeit des Angeklagten, der Zeitpunkt des Geständnisses und seine Form, die Art der Fragestellung, die zum Geständnis hinführte, usw. genau zu beachten. Dozent Dr. Hermann und Rechtsanwalt Wolff (Berlin), sprachen sich gegen die Zulässigkeit der Verlesung eines Geständnisses zum Zwecke des Beweises aus. § 209 StPO sei der Feststellung der objektiven Wahrheit hinderlich oder wie Hermann es formulierte § 209 StPO stehe im Widerspruch zur dialektischen Methode der Wahrheitserforschung. Daraus folgerte er, daß ein Geständnis nur zum Zwecke des Vorhalts verlesen werden dürfe, während Wolff verlangte, daß das Gericht denjenigen, der den Angeklagten vernommen habe, als Zeugen laden solle, falls dies zur Wahrheitsfindung erforderlich sei. Sehr oft, meinte Wolff in diesem Zusammenhang, seien Aussagen ungenau und daher irreführend formuliert; sie enthielten nicht selten Formulierungen, über deren genaue Bedeutung sich weder der Vernehmende noch der Beschuldigte klar seien. * Einen breiten Raum in der Diskussion nahmen die mit der konsequenten Verwirklichung des Prinzips der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Strafverfahren zusammenhängenden Fragen ein. Schindler, der in seinem Referat wegen der großen Bedeutung dieses Prinzips für die Erforschung der Wahrheit die Notwendigkeit einer Neufassung und Änderung einiger Bestimmungen der Strafprozeßordnung betont hatte, fand damit die allgemeine Zustimmung, insbesondere der Praktiker. Minister Dr. Benjamin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Arbeit der Kommission zur Überprüfung der Anwendung der StPO abgeschlossen sei und ihre Empfehlungen und Vorschläge demnächst zur Diskussion gestellt werden. Trotz gewisser Schwächen habe sich unsere Strafprozeßordnung im ganzen gesehen gut bewährt. Es sei jedoch richtig, wenn in der Diskussion kritisch festgestellt worden sei, daß einige Bestimmungen, insbesondere die §§ 202 bis 209 StPO, zu weit gefaßt seien, so daß ihre fehlerhafte Anwendung in der Praxis durch das Gesetz nicht verhindert werde. Bei der Beurteilung der fehlerhaften Anwendung einiger Bestimmungen unseres Strafverfahrensrechts müsse man die gleichen ideologischen Wurzeln erkennen, die in der Vergangenheit bei der Anwendung des materiellen Strafrechts in bestimmten Fällen zu überhöhten Strafen geführt haben. Sie liegen auch hier in dem Wirken der fehlerhaften Theorie von der gesetzmäßigen Ver- schärfung des Klassenkampfes. Sorgfältig müsse daher geprüft werden, ob durch eine Änderung einzelner Bestimmungen die richtige Anwendung der Verfahrensvorschriften gewährleistet werden könne. Keinesfalls jedoch könne die Gesetzlichkeit durch eine prinzipienlose Liberalisierung des Strafprozesses verwirklicht werden. Kammergerichtspräsident Ranke, der sich in seinen Ausführungen auch den Thesen und Vorschlägen Schindlers zuwandte, unterstrich ebenfalls die Notwendigkeit, die Bestimmungen der §§ 211, 212 StPO daraufhin zu untersuchen, ob sie in ausreichendem Maße die Verwirklichung der Beweisprinzipien gewährleisten. Er wandte sich jedoch gegen die von Schindler vorgeschlagene Neufassung des § 202 StPO mit der Begründung, daß die Einführung solcher Begriffe wie „Unzulässigkeit“ und „Ungeeignetheit“ bei der Ablehnung von Beweisanträgen keine Lösung bringe. Ranke bekannte, daß die Abteilung Prozeßrecht des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft bisher noch nicht genug für die Unterstützung der Praxis geleistet habe; immer noch gebe es weder ein Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, noch einen Kommentar zu den wichtigsten Gesetzesbestimmungen, noch wesentliche Einzelanalysen. Er warnte vor einer Arbeitsmethode, die in vorschneller Verallgemeinerung einzelner Beispiele bestehe, und sagte zu, in der Arbeit der Abteilung mehr als bisher die induktive analytische Methode anzuwenden. Unter Anführung von praktischen Beispielen aus seiner Tätigkeit wies Rechtsanwalt Wolff darauf hin, daß die Fassung des § 202 Abs. 1 Ziff. 1 StPO die Möglichkeit der Beweisantizipation nicht ausschließe und zur Ablehnung begründeter Beweisanträge der Verteidigung führen könne. Auch die Formulierung der Ziff. 2 dieser Bestimmung lasse Unklarheiten zu, so daß sich bei den in § 202 StPO niedergelegten Beweisablehnungsgründen die Frage erhebe, wo denn die Grenzen der Wahrheitserforschungspflicht liegen. Ebenso wie Wolff erörterte auch Oberrichter Dr, Berger im Zusammenhang mit den Ausführungen Schindlers über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und seiner Forderung nach konsequenter Verwirklichung dieses Prinzips im Strafverfahren die Bedeutung des § 230 Abs. 2 StPO für das Verfahren zweiter Instanz. Die Verlesung des Protokolls der Hauptverhandlung erster Instanz als Grundlage für die Beurteilung der tatsächlichen Feststeilungen im ersten Urteil stelle eine Durchbrechung des Prinzips der Unmittelbarkeit dar, eine Auffassung, die auch Wolff unter Hinweis auf eine vielfach unzulängliche Protokollführung unterstrich. * In seinem Schlußwort räumte Weiß ein, daß er zwei wesentliche Gesichtspunkte unvollkommen vorgetragen habe. Dem Richter sei mit der philosophisch zweifellos richtigen These von der Erkennbarkeit der objektiven Welt nicht viel geholfen, wenn er vor den Schwierigkeiten der Beweisbarkeit bestimmter, für die Schuldfeststellung wesentlicher Umstände, stehe. Ein Hauptanliegen seines Referats sei es jedoch gewesen darzulegen, daß die Gesetzlichkeit mit der Wahrheit beginne. Zum zweiten sei die Bedeutung der inneren richterlichen Überzeugung im Prozeß der Wahrheitserforschung zu kurz gekommen. Damit ging Weiß auf eine Diskussionsbemerkung des Ministers der Justiz ein. Viel, sehr viel, sagte Dr. Benjamin, sei in den Referaten von Logik die Rede gewesen. Die Wahrheitsfindung sei jedoch nicht nur eine Sache der Logik, sondern eine menschliche Angelegenheit, die Logik nur eine ihrer Seiten, wenn auch eine sehr wichtige. Daher sei das Problem der Bildung der richterlichen Überzeugung eine für die Wahrheitsfindung wichtige praktische und theoretische Frage. Beweise seien wie einzelne Steine, die erst der Richter zu einer Kette zusammenfügte. Diese Kette aber unlösbar zusammenzuschließen, verlange vom Richter die schwerste menschliche Entscheidung: auf der Grundlage seiner inneren Überzeugung über Schuld oder Unschuld zu urteilen. 10;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 10 (NJ DDR 1957, S. 10) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 10 (NJ DDR 1957, S. 10)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder maoistischer Gruppierungen der im Unter-suchungshaftvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des sozialistischen Staaten. Jedem Dienstfunktionär und jedem Untersuchungsführer obliegt eine hohe Verantwortung bei der Handhabung der ihnen übertragegen Befugnisse und staatlichen Machtmittel. Dabei ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die Sachverhaltsklärung nach Gesetz nicht wie eine Befragung im Rahmen der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung erscheint. So kann mit einer im Sicherungsbereich einer aus-. ländischen Botschaft festgestellten Person auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Das Gesetz kennt diese auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gerichteten Maßnahmen nicht. Solche Maßnahmen können in der Untersuchungsarbeit zwangsweise nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Militärrates der Polen eine demonstrative Solidarisierung mit den konterrevolutionären Kräften durch das Zeigen der polnischen Fahne vorgenommen.

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