Neue Justiz (NJ) 1957, Jahrgang 11, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, Deutsche Demokratische Republik (DDR)Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 438 (NJ DDR 1957, S. 438); ?Auseinanderfallen dieserParteien verhindert und darueber hinaus ihr Zusammenschluss erzwungen werden. Eine Analyse der Parteiverhaeltnisse in der Bundesrepublik zeigt, dass die Verfechter der Sperrklausel in erster Linie das Ziel verfolgen, alle die kleineren Parteien aus dem Parlament zu verdraengen, die in Opposition zur Politik der CDU/CSU stehen. Eine solche Funktion hatten die Splitterparteienbestimmungen die ja auch in der Hoehe des Quorums in keiner Weise mit den heutigen Sperrklauseln vergleichbar sind in der Weimarer Zeit nicht und konnten sie auch infolge voellig anders gearteter Parteiverhaeltnisse nicht haben. Eine Partei wie die KPD z. B. haette man zu der Zeit, als diese Bestimmungen auftauchten, durch eine Sperrklausel nicht aus dem Parlament ausschliessen koennen. Darueber hinaus ist der Sperrklausel aber auch gegenwaertig die Funktion zugedacht, die Einheit aller Parteien, welche die herrschende Klasse allerdings verschiedene Interessengruppen innerhalb dieser Klasse repraesentieren, zu wahren bzw. herzustellen. Die Sperrklausel ist dabei speziell darauf gerichtet, den absoluten. Fuehrungsanspruch der das vorherrschende Monopolkapital repraesentierenden Partei, der CDU/ CSU, gegenueber allen anderen Parteien, die bestimmte Interessengruppen der Bourgeoisie vertreten, zu sichern. Also: Zusammenschluss aller buergerlichen Parteien unter christlich-demokratischer Fuehrung das ist die integrierende Wirkung, welche die CDU/CSU mit der Sperrklausel erstrebt. Durch die Gefahr, mittels der Sperrklausel aus dem Parlament ausgeschlossen zu werden, sollen einmal Abspaltungen von den buergerlichen Parteien verhindert werden, und zum anderen sollen die kleinen buergerlichen Parteien veranlasst werden, sich in die Obhut ihres grossen Bruders zu begeben. Der Beweis fuer die Richtigkeit dieser Thesen ueber die Funktion der Sperrklausel liefert die Wahlrechtspolitik der CDU/CSU. * Der CDU/CSU dienen die von ihr vorgebrachten ?Argumente fuer die Einfuehrung der Sperrklausel? insbesondere auch der Hinweis auf angebliche ?Erfahrungen? in der Weimarer Republik nur zu dem Zweck, die wirklichen mit der Sperrklausel verfolgten politischen Ziele zu verschleiern. Die Haltung der CDU/CSU in dieser Frage gibt eindeutig zu erkennen, welche Ziele sie mit der Sperrklausel erreichen wollte. Es geht der CDU/CSU nicht generell um die Ausschaltung der kleinen Parteien der sog. Splitterparteien , sondern darum, insbesondere die kleinen Parteien vom Parlament fernzuhalten, die die von ihr verfolgte Politik der Remilitarisierung und Refaschisierung auf das schaerfste bekaempfen, und auch die Parteien, die diese Politik nicht bedingungslos unterstuetzen. Der Nachweis der Richtigkeit dieser Feststellung laesst sich schon anhand des 1953 vorgelegten Regierungsentwurfs fuehren. Im Regierungsentwurf war, wie schon bemerkt, die spaeter auch in das Wahlgesetz aufgenommene 5-Prozent-Klausel auf Bundesebene enthalten. Andererseits war aber auf Grund des ? 10 Abs. 1 und 2 die Moeglichkeit vorgesehen, dass verschiedene Parteien ihre Listen verbinden13. Eine solche Listenverbindung sollte bei der Mandatsverteilung nur dann unberuecksichtigt bleiben, wenn keine der beteiligten Parteien mindestens in einem Wahlkreis einen Sitz errungen oder 5 v. H. der im Bundesgebiet abgegebenen gueltigen Stimmen erreicht hat. Das bedeutet, wenn eine kleinere Partei eine Listenverbindung mit einer groesseren Partei eingeht und sich damit faktisch in deren Abhaengigkeit und Fahrwasser begibt, dann braucht sie bei weitem nicht 5 Prozent der Waehlerstimmen aufzubringen, um bei der Sitzverteilung beruecksichtigt zu werden14. !3 vgl. Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode, 1949, Drucksache Nr. 4090. n Heiland (SPD) aeussert sich folgendermassen hierzu: Die CDU/CSU hat also ?mit diesem internen Proporz bei jeder kleinen Partei, die sich diesen Listenverbindungen anschliesst, die letzte Stimme verwertbar machen wollen, selbst wenn sie unter 1 Prozent sind?. 1. Deutscher Bundestag, 272. Sitzung vom 17. Juni 1953, Protokoll S. 13471. Im Interesse der Sicherung der bestehenden Machtverhaeltnisse sollten also alle Parteien auch die kleinsten in den Bundestag gebracht werden, die die Politik der herrschenden Kraefte vorbehaltlos unterstuetzen. Die CDU/CSU und auch die DP waren bereit, ?den Kampf gegen die sog. Splitterparteien in dem Augenblick aufzugeben und einzustellen, in dem diese kleinen Parteien bereit waren, sich der Regierungskoalition anzuschliessen?15. Auch die bei der zweiten Bundestagswahl von der CDU/CSU geuebte Wahlpraxis zeigt unmissverstaendlich, dass sie mit der Sperrklausel nicht alln, sondern nur bestimmten kleinen Parteien den Zugang zum Parlament versperren wollte. Mit einer Reihe von ?befreundeten? Parteien traf die CDU/CSU sogar Wahlabkommen, um ihnen ueber die Sperrklausel hinwegzuhelfen. So verzichtete sie im Wahlkreis 87 (Oberhausen) auf die Nominierung eines Wahlkreiskandidaten und liess ihre Erststimmen dem Zentrumskandidaten zufliessen16. Dadurch erhielt dieser mit 47,2 Prozent der Erststimmen das Mandat zugesprochen; das Zentrum erhielt demgegenueber nur 11,9 Prozent der Zweitstimmen der Waehler dieses Wahlkreises. Die 40,8 Prozent fuer die C1JU/CSU abgegebenen Zweitstimmen gingen dieser aber nicht verloren, sondern verhalten ihr zu Mandaten ueber die Landesliste. Als Gegenleistung fuer diese Unterstuetzung beim Ueberspringen der Sperrklausel verzichtete das Zentrum in allen anderen Wahlkreisen auf die Nominierung von Wahlkreiskandidaten und setzte ausserdem an die Spitze seiner Landesliste einen CDU/CSU-Mann. Auf diese Weise kam das Zentrum mit nur 217 342 Zweitstimmen mit drei Abgeordneten in den Bundestag, waehrend z. B. die KPD mit 607 413 Zweitstimmen kein Mandat erhielt17. Auf demselben Weg wie das Zentrum sollte auch die Bayempartei in den Bundestag gebracht werden, aber dieser Versuch missglueckte. Im Wahlkreis 220 (Bayreuth) stellten die CSU und .die FDP keine Kandidaten auf; der Kandidat der Bayempartei erhielt dadurch 37,9 Prozent der Erststimmen, denen 10,9 Prozent Zweitstimmen fuer die Bayempartei gegenueberstehen. Hier siegte aber der Kandidat der SPD mit 40 Prozent der Zweitstimmen ? knapp vor dem Kandidaten der Bayernpartei18. Ausserdem war zwischen der Bayernpartei und der CSU in Muenchen ein Wahlabkommen geplant19 20. In den vier Wahlkreisen in Muenchen wurden je zwei Kandidaten der BP und der CSU aufgestellt. Der Muenchner BP-Vorsitzende Lallinger weigerte sich jedoch anfangs, diesem Wahlabkommen zuzustimmen; nach seiner Zusage hatten sich aber die beiden BP-Kandidaten auf den Vorschlag der CSU bereits entschlossen, auf der CSU-Landesliste zu kandidieren, und so wunde dieses Abkommen nicht realisiert. Wegen dieser beiden Pannen kam die BP nicht in den Bundestag, obwohl sie von ihrem Vorsitzenden Besold ?mit dem Schlachtruf ,Fuer Adenauer1 in den Wahlkampf gefuehrt?-0 wurde. Des weiteren wurde auch der DP von der CDU/CSU Unterstuetzung zuteil. Von den zehn Wahlkreismandaten, welche die DP in Niedersachsen und Hamburg erhielt, wurden acht in den Wahlkreisen 17, 19, 32, 33, 34, 36, 37, 46 mit Hilfe der CDU/CSU-Erststimmen errungen. Nur in zwei Wahlkreisen bekam die DP die relative Mehrheit, obwohl die CDU/CSU und auch die FDP eigene Kandidaten nominiert hatten. So ist es im wesentlichen der Assistenz der CDU/CSU zu verdanken, dass die faschistische DP, die stets bedingungslos der CDU/CSU folgte und die mit 3,3 Prozent der Zweitstimmen weit unter der 5-Prozent-Klau-sel blieb, mit 15 Abgeordneten in den Bundestag einziehen konnte. 15 Dr. Menzel (SED), 1. Deutscher Bundestag, 276. Sitzung vom 25. Juni 1953, Protokoll S. 13763. 18 vgl. Trossmann, Der 2. Deutsche Bundestag, Bonn 1954, S. 275. !7 vgl. Dokumentation der Zelt 1953, Heft 55 Sp. 3137. 18 vgl. Trossmann, Der 2. Deutsche Bundestag, Bonn 1954, S. 308. 19 vgl. Baer-Faul, Das deutsche Wahlwunder, Frankfurt 1953, S. 76. 20 ebenda, S. 73. 438;
Dokument Seite 438 Dokument Seite 438

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Inforraationsbedarfs-kompiezen mid der richtigen Bewertung der Informationen. Grundanforderungen an den Einsatz aller? - zur Erarbeitung und Verdichtung von Ersthinweisen, Der zielgerichtete Einsatz der und anderer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit. Das betrifft auch die Konspirierung des operativen Bear-be ungsze raumes. In dieser Hinsicht kommt es vor allem darauf an, die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum bestehenden engen persönlichen Kontakt zwischen diesen Kontaktpartnern in der den Kenntnissen des über die konkreten Lebens-umstände, Einstellungene Interessen, Neigungen sowie anderweitigen Eigenschaften der Personen in der und den sich daraus ergebenden Erfordernissen des sofortigen und differenzierten frühzeitigen Reagierens auf sich vollziehende Prozesse und Erscheinungen von Feindtätigkeit gewinnt die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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