Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 89

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 89 (NJ DDR 1956, S. 89); dann ist weiter zu prüfen, ob die Folgen einer Scheidung für den anderen Teil eine unzumutbare Härte bedeuten und ob das Wohl der minderjährigen Kinder einer Scheidung entgegensteht. Nur wenn eine sorgfältige Untersuchung und Überprüfung nach allen Richtungen stattgefunden hat, kann das Gericht über den weiteren Bestand der Ehe entscheiden. Da sich herausgestellt hat, daß einige Gerichte dazu neigen, die Ehen zu scheiden, ohne gewissenhaft zu prüfen, ob die Folgen der Scheidung für den anderen Ehegatten (vor allem bei älteren Ehen) eine unzumutbare Härte darstellen oder ob die Scheidung dem Wohl der minderjährigen Kinder entgegensteht, besteht Veranlassung, hier auf die Prüfungspflicht des Gerichts hinzuweisen. * 5. Darf die Fortdauer der Unterhaltszahlung auch dann angeordnet werden, wenn die Frau aus gesundheitlichen oder anderen Gründen lediglich einen Erwerb schaffen konnte, der ihren Unterhalt nur teilweise deckt? Die EheVO geht bei der Frage des Unterhalts nach der Ehescheidung davon aus, daß entsprechend dem Wesen und dem neuen Inhalt der Ehe in der Deutschen Demokratischen Republik grundsätzlich jeder Ehegatte nach der Ehescheidung für seinen weiteren Lebensunterhalt selbst zu sorgen hat. In den Fällen, in denen ein Ehegatte nicht in der Lage ist, sofort nach der Scheidung seinen Unterhalt ganz oder teilweise aus eigener Arbeit oder sonstigem Vermögen zu bestreiten, sieht § 13 einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von zwei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung vor. Ist der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach Ablauf der zweijährigen Unterhaltsfrist weiterhin unterhaltsbedürftig, so kann das Gericht in diesen Fällen nach Prüfung und Berücksichtigung aller Umstände die Fortdauer der Unterhaltszahlung aussprechen, wenn eine Klage auf weiteren Unterhalt erhoben wird. Die Regelung des § 14 dient zur Beseitigung von etwaigen Härten und findet nur in besonderen Ausnahmefällen Anwendung. Stellt sich heraus, daß der unterhaltsbedürftige Ehegatte durchaus bemüht ist, seinen Lebensunterhalt durch eigenen Verdienst zu bestreiten, und daß ihm dies jedoch infolge einer Erwerbsbeschränkung nicht völlig gelingt, so kann ihm der Unterhalt, den er unter Berücksichtigung seines eigenen Einkommens noch zur Führung seines Lebensunterhalts benötigt, zugesprochen werden, natürlich nur dann, wenn dem anderen Teil eine weitere Unterhaltszahlung zugemutet werden kann. Die Anwendung des § 14 verlangt in jedem Falle vom Gericht eine gründliche und gewissenhafte Untersuchung der Verhältnisse beider Ehegatten. GERHARD DILLHÖFER und HERBERT WÄCHTLER, Hauptreferenten im Ministerium der Justiz II Bei einer Besprechung der Berliner Richter wurde eine Anzahl Fragen zur EheVO aufgeworfen, die einer weiteren Diskussion wert erscheinen. Im folgenden seien einige dieser Vorschläge bzw. Fragen skizziert. 1. § 9 EheVO sieht eine gleichzeitige Regelung des Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder der Parteien vor, die nach vorheriger Anhörung des Rates des Kreises zu erfolgen hat. Der Anhörung ist im Regelfall Genüge geleistet, wenn eine schriftliche Stellungnahme des Referats Jugendhilfe/Heimerziehung als Ergebnis eingehender Ermittlungen vorliegt. Die Anwesenheit eines Beauftragten des Referats Jugendhilf e/Heimerziehung ist nur in Ausnahmefällen erforderlich; in diesen Fällen ist der Vertreter des Referats Jugend-hilfe/Heimerziehung vom Gericht besonders zu laden. Wichtig ist es, eine fristgerechte Fertigstellung des Berichts zu erreichen. Es darf keine Verzögerung des Verfahrens in Ehesachen eintreten, nur weil der Rat des Kreises dem Gericht nicht rechtzeitig seine Vorschläge für die Sorgerechtsregelung unterbreiten kann. Es ist deshalb erforderlich, dem Referat Jugendhilfe/ Heimerziehung frühzeitig von dem Verfahren Mitteilung zu machen, damit es genügend Zeit hat, die erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Gegen den hierzu gemachten Vorschlag, dem Referat sofort nach Eingang der Klage eine Abschrift zu übersenden, spricht entscheidend, daß zunächst im Sühne- termin die Verhältnisse in der Ehe der Parteien zu klären sind. In nicht wenigen Fällen gelingt es dem Gericht, in diesem vorbereitenden Verfahren eine Aussöhnung der Parteien zustande zu bringen. Vorherige Ermittlungen des Referats Jugendhilf e/Heimerziehung wären also nicht gerechtfertigt und würden überflüssige Mehrarbeit bedeuten, wenn der Sühneversuch gelingt. Hinzu kommt, daß Ermittlungen eines staatlichen Organs, die naturgemäß den Parteien nicht verborgen bleiben, in diesem frühen Stadium des Verfahrens u. U. zusätzliche Spannungen erzeugen können, durch die der Sühneversuch in Frage gestellt wird. Schließlich zeigt die Praxis in Ehescheidungsverfahren, daß die Parteien in den meisten Fällen nach erfolglosem Sühneversuch einen dem Wohle der Kinder entsprechenden Vorschlag für die künftige Regelung der elterlichen Sorge machen. Es sollte deshalb Aufgabe des Gerichts im Sühnetermin sein, den Vorschlag der Eltern ins Protokoll aufzunehmen, ihn durch einige Hinweise (z. B. Ort der Schule, Name des Klassenlehrers usw.) zu ergänzen und dieses Terminprotokoll nach Scheitern des Sühneversuchs dem Referat Jugendhilfe/Heimerziehung zu übermitteln. Zu erwägen ist, ob eine Frist für die Fertigstellung und Übersendung- des Ermittlungsberichts gesetzt werden soll oder ob der Hinweis auf das Datum des Termins genügt1). 2. § 19 Abs. 1 EheVO bestimmt, daß grundsätzlich die Parteien die Gerichtskosten je zur Hälfte, die Anwaltskosten jedoch jeder für sich zu tragen haben. § 19 Abs. 1 Satz 2 läßt außerdem die Möglichkeit einer von diesem Grundsatz abweichenden Entscheidung des Gerichts zu. Hier besteht m. E. die Gefahr einer Wiederbelebung des Verschuldenprinzips durch die Kostenentscheidung, In dieser Richtung wird nämlich verschiedentlich die Bedeutung der „Kann“-Bestimmung des § 19 Abs. 1 Satz 2 erblickt. Ich halte es für zweckmäßig, von der bisher geübten Praxis der quotenmäßigen Verteilung der Kosten nach Dritteln, Vierteln oder noch geringeren Bruchteilen abzugehen. Wohl läßt die Verordnung eine solche Möglichkeit zu, die jedoch Ausnahme bleiben sollte. Das Gericht kann sich m. E. darauf beschränken, in eklatanten Fällen die Kosten des Verfahrens dem einen Partner ganz aufzuerlegen. Eine solche Maßnahme muß dann auch von den Urteilsgründen getragen werden. Dieser Vorschlag steht aber offenbar nicht in Einklang mit der Regelung im sowjetischen Familienrecht. ,1m Lehrbuch des sowjetischen Zivilrechts heißt es: „Bei der Entscheidung dieser Frage läßt sich das Gericht davon leiten, wie die materielle Lage der Beteiligten ist und wer die Scheidung verschuldet hat (aber nicht davon, wer die Ehescheidung beantragt hat). Deshalb können beide Ehegatten verpflichtet werden, bestimmte gleiche oder verschieden hohe Beträge an das Gericht zu zahlen; es ist aber auch möglich, daß ein Ehegatte allein den Betrag zu entrichten hat.“2) Die volle Durchsetzung der neuen Prinzipien der EheVO erfordert aber m. E., auch bei der Frage der Kostenentscheidung zunächst die grundsätzliche Regelung zu betonen und von der Möglichkeit der „Kann“-Bestimmung sparsam Gebrauch zu machen. Nur am Rande sei erwähnt, daß die Kostensachbearbeiter mit einer solchen Praxis sehr einverstanden wären. 3. Zum Abschluß soll noch kurz auf die Frage des Streitwerts und der Kostenberechnung eingegangen werden. Nunmehr' kann sich der Gesamtstreitwert aus vier Einzelpositionen zusammensetzen: a) Scheidungsverfahren, b) Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem anderen ' Ehepartner, 1 2 1) Nach einer Vereinbarung des Ministeriums der Justiz mit dem Ministerium für Volksbildung sollen die Referate Jugendhilfe/Heimerziehung ihre Ermittlungen regelmäßig in einem Zeitraum von 2 bis 3 Wochen vornehmen und dann den Gerichten mitteilen. Es ist nicht zulässig, daß die Gerichte den Räten der Kreise von sich aus bestimmte Fristen zur Erledigung ihrer Aufgaben stellen. Die Redaktion. 2) Sowjetisches Zivilrecht, Berlin 1953, Bd. II S. 474. Aus dieser Regelung der Kostentragung ergibt sich jedoch nicht, daß im sowjetischen Familienrecht bei der Ehescheidung ein Schuldspruch erfolgt. Auch hier gilt vielmehr das Zerrüttungsprinzip (vgl. Bd. II S. 471 ff.).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 89 (NJ DDR 1956, S. 89) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 89 (NJ DDR 1956, S. 89)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - die Gemeinsamen Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung des Ministeriums für Staats Sicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermittlungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, der Versicherung von Unterstützung beim ungesetzlichen Verlassen der unter anderem durch Versprechen von Ausschleusungen, sowie in Form von Aufforderungen zur Beteiligung an Widerstandshandlungen, wirksam.

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