Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 88

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 88 (NJ DDR 1956, S. 88); 1. Ist im Verfahren in Ehesachen noch eine Widerklage des verklagten Ehegatten zulässig? Diese Frage wurde in der Direktorentagung des Bezirks Magdeburgs am 28. Dezember 1955 behandelt und folgendermaßen geklärt: „Die Richter sind der Auffassung, daß eine Widerklage nicht mehr zulässig ist. Wohl ist es möglich, daß die verklagte Partei nach erhobener Klage ebenfalls einen Antrag auf Scheidung der Ehe stellt, jedoch kann dieser Antrag nicht mehr als Widerklage bezeichnet werden. Dies ergibt sich daraus, daß beide Klageanträge das gleiche Ziel, nämlich die Scheidung der Ehe, erstreben. Die Widerklage hat wegen des Wegfalls eines Schuldausspruchs bei der Scheidung keine Daseinsberechtigung mehr. Eine gemeinsame Klage beider Ehepartner in einem Schriftsatz ist jedoch nicht zulässig, und zwar einerseits weil sie in der VO nicht ausdrücklich vorgesehen ist, andererseits weil dadurch die Parteirollen verwischt werden. Eine derartige übereinstimmende Klage deutet auch auf eine leichtfertige Einstellung zur Ehe hin. Das Gericht muß aber das gesamte Eheverhältnis untersuchen, und das kann nicht losgelöst von Klagantrag und „Widerklage“-Vortrag erfolgen. Die Zulassung einer Widerklage im alten Sinne würde schließlich dazu führen, daß theoretisch der Klage stattgegeben, die Widerklage aber unter Umständen abgewiesen werden könnte. Das wäre jedoch sinnwidrig, wenn beide Parteien Scheidung der Ehe erstrebten. Die weitere Frage, ob der gleichlautende Scheidungsantrag der verklagten Partei als ein Widerklageantrag im kostenrechtlichen Sinne aufzufassen ist, wird verneint. Für das Kostenrecht ergibt sich folgendes: Jede Partei wird zunächst Kostenschuldner je zur Hälfte. Bei Abweichung vom Normalfall des § 19 Abs. 1 Satz 1 EheVO ist im Falle der Vermögenslosigkeit des Kostenschuldners jeweils die andere Partei Zweitschuldner im kostenrechtlichen Sinne.“ Dieser Auffassung der Magdeburger Richter schließt sich das Ministerium der Justiz in vollem Umfange an. Ergänzend sei dazu bemerkt, daß gegen eine Scheidungsklage die Widerklage auf Nichtigkeit der Ehe bzw. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe und umgekehrt erhoben werden kann. Darüber hinaus können nach wie vor auch Ansprüche über den Unterhalt eines Ehegatten sowie Vermögensansprüche der Ehegatten gegeneinander, die sich aus der Ehe ergeben, im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. 2 2. Ist § 622 Abs. 2 ZPO für das neue Eheverfahren noch anwendbar? In § 622 Abs. 2 ZPO heißt es, daß das Gericht gegen den Widerspruch der die Auflösung der Ehe begehrenden oder eine Wiederherstellung verweigernden Partei Tatsachen, die von den Parteien nicht vorgebracht sind, nur insoweit berücksichtigen kann, als sie geeignet sind, der Aufrechterhaltung der Ehe zu dienen. Diese Bestimmung entspricht nicht dem Inhalt und Wesen des neuen materiellen Rechts. § 8 EheVO verpflichtet das Gericht eine Ehe nur dann zu scheiden, wenn es durch eine e i n g e h e md e Untersuchung festgestellt hat, daß die Ehe ihren Sinn für die Eheleute, für die Kinder und für die Gesellschaft verloren hat. Das Gericht ist also verpflichtet, die objektive Wahrheit in bezug auf den Zustand der betreffenden Ehe zu erforschen und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 2 EheVO seine Entscheidung zu treffen. Dieser Grundsatz des neuen Ehescheidungsrechts verlangt von dem Gericht, bei der Entscheidung alle festgestellten Tatsachen gebührend zu berücksichtigen ohne Rücksicht darauf, ob sie zunächst für oder gegen die Aufrechterhaltung der Ehe sprechen. Mit den Grundsätzen der Erforschung der objektiven Wahrheit ließe es sich nicht vereinbaren, wollte das Gericht bei seiner Entscheidung nur solche Tatsachen berücksichtigen, die geeignet wären, eine Aufrechterhaltung der Ehe zu bewirken, obwohl auf Grund anderer Tatsachen nicht damit gerechnet werden kann, daß die Ehe wieder in vollem Umfange hergestellt wird. Für eine Anwendung des § 622 Abs. 2 im Verfahren in Ehesachen ist daher kein Raum mehr.1) Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß diese Bestimmung im Verfahren in Entmündigungssachen auch weiterhin im bisherigen Umfange anzuwenden ist (vgl. § 670 ZPO). 3. Sind im Scheidungsprozeß noch gerichtliche Vergleiche über das Sorgerecht und den Unterhalt der Kinder zulässig? Dem Ergebnis der Dienstbesprechung der Richter des Bezirks Karl-Marx-Stadt zu dieser Frage Unzulässigkeit derartiger Vergleiche schlechthin ist nur teilweise zuzustimmen. Nach § 9 Abs. 1 EheVO hat das Gericht im Scheidungsurteil zu bestimmen, welchem Ehegatten das Sorgerecht für die Kinder zu übertragen ist und wer für den Unterhalt der Kinder aufkommen muß. Soweit es sich um die Übertragung des Sorgerechts handelt, ist ein Vergleich zwischen den Ehegatten nicht zulässig, vielmehr hat das Gericht von sich aus eine Entscheidung zu treffen, für die einzig und allein das Interesse des minderjährigen Kindes maßgebend sein darf. Dieser Entscheidung kann selbstverständlich ein Vorschlag der Ehegatten zugrunde gelegt werden, wenn das Gericht nach eingehender Prüfung festgestellt hat, daß er dem Interesse des Kindes entspricht. Die Regelung des Unterhalts der minderjährigen Kinder ist dagegen im Wege des Vergleichs möglich. Ein solcher Vergleich darf jedoch nicht dazu führen, daß einer der Ehegatten oder gar das minderjährige Kind übervorteilt wird; er muß den finanziellen Möglichkeiten beider Ehegatten entsprechen und die Interessen des Kindes wahren. Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann das Gericht an Stelle einer besonderen Entscheidung über die Unterhaltsregelung für das minderjährige Kind dem Vergleichsvorschlag zustimmen. Dies entspricht auch der in Kürze zu erwartenden Anpassung der Verfahrensvorschriften an das materielle Recht. Das Gericht muß sich dabei darüber im klaren sein, daß ein solcher Vergleich mit seiner Bestätigung die gleiche Wirkung erlangt wie ein Unterhaltsurteil (z. B. für die Pfändung des Arbeitseinkommens). Es muß deshalb gewissenhaft prüfen, ob die genannten Voraussetzungen für den Vergleich vorliegen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß Unterhaltsvergleiche bisher überwiegend aus kostenrechtlichen Gründen abgeschlossen wurden. Da die in Vorbereitung befindliche gesetzliche Anpassung der Verfahrensvorschriften an das materielle Recht auch hinsichtlich der Kostenregelung Änderungen vorsieht, ist damit zu rechnen, daß künftig ein Vergleich nur aus kostenrechtlichen Gründen nicht mehr erforderlich sein wird. Es ist beabsichtigt, für den Teil des Eheverfahrens keine gesonderten Kosten zu berechnen, in dem die Nebenansprüche, die mit der Klage verbunden werden müssen oder können, behandelt werden. 4. Ist die Klage eines Ehegatten auf Scheidung der Ehe, der die ernstlichen Gründe allein und bewußt selbst geschaffen hat, grundsätzlich abzuweisen? Diese Frage, die von den Richtern des Bezirks Karl-Marx-Stadt gestellt und auch bejaht wurde, zeigt, daß die Grundsätze der EheVO noch nicht richtig erkannt wurden. Im Vordergrund steht die hohe gesellschaftliche Bedeutung von Ehe und Familie, die das Gericht verpflichtet, das Verfahren entsprechend dieser Bedeutung durchzuführen. Deshalb stellt auch § 8 der EheVO dem Gericht für die Aufklärung und Entscheidung des Einzelfalls ganz bestimmte Aufgaben. Wenn das Gericht die Klage auf Scheidung abweist, ohne sich mit den ernstlichen Gründen, die u. U. zu einer Zerstörung der Ehe führten, auseinanderzusetzen, kann es seine erzieherische Funktion nicht erfüllen. Das Gericht ist vielmehr verpflichtet, die in der Klage enthaltenen Gründe eingehend und gewissenhaft zu untersuchen. Nur durch eine gründliche Untersuchung sowohl in der vorbereitenden als auch in der streitigen Verhandlung wird das Gericht feststellen, ob die Ehe ihren Sinn für die Eheleute, für die Kinder und für die Gesellschaft verloren hat. Hat es diese Feststellungen getroffen, l) l) vgl. Nathan, NJ 1954 S. 362 (Anm. 7); Staat und Recht 1954 S. 5861 88;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 88 (NJ DDR 1956, S. 88) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 88 (NJ DDR 1956, S. 88)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung Staatssicherheit zur Sicherung Inhaftierter bol den Verführungen zu gerieht liehen Haupt Verhandlungen durch Angehörige der Abteilungen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Sicherheit des Dienstobjektes sowie der Maßnahmen des. politisch-operativen Unter-suchungshaftVollzuges, Der Refeiatsleiter hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können die Notwendigkeit der Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlunge gemäß oder die Notwendigkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründen. Bei allen derartigen Handlungen besteht das Erfordernis, die im Zusammenhang mit strafbaren HandLungen von Bürgern im sozialistischen Ausland von den Sicherheitsorganen sichergestellt wurden, in die Die durch die Gesamtheit der politisch-operativen Maßnahmen Staatssicherheit erreichten Erfolge im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes und zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft bei jenem Personenkreis, dem Arbeit als isolierter Broterwerb gilt, Elemente freier Selbstbetätigung zu schaffen, und somit persönlichkeitsfördernde Aktivität zu stimulieren.

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