Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 794

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 794 (NJ DDR 1956, S. 794); ausgeschlossene Sachverständigenbeweis ebenso wie die Zeugenvernehmung zugelassen werden. Dagegen ist die Kommission der Ansicht, daß der Grundsatz des § 289 Abs. 4, daß nur ausnahmsweise die dort aufgeführten Beweise in zweiter Instanz erhoben werden sollen, beizubehalten ist. Denn bei allgemeiner Zulassung einer eignen Beweisaufnahme würde der Charakter des Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich geändert werden. Aufgabe der Praxis muß es bleiben, die Voraussetzung der Sachdienlichkeit in § 289 Abs. 4 näher zu "konkretisieren; eine gesetzliche Fixierung dieses Begriffs wird nicht für zweckmäßig gehalten. c) Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluß. Die Nachteile, die mit der allzu häufigen Anwendung der Möglichkeit, die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit durch Beschluß zu verwerfen, sind hinreichend bekannt10). Obwohl durch die zentralen Justizorgane eine weitgehende Einschränkung der Beschlußverwerfungen bereits erreicht worden ist, hält die Kommission es für richtig, durch eine Änderung des § 284 diese Form der Entscheidung über die Berufung ganz zu beseitigen. Denn sie kann zu einer Schwächung der Kontrollfunktion der zweiten Instanz führen und die erzieherische Wirkung des Strafprozesses beeinträchtigen, da bei dem Angeklagten leicht der Eindruck entstehen wird, daß sein Verteidigungsvorbringen nicht gründlich beachtet worden sei. Die Bedenken gegen die bisherige Regelung werden noch dadurch verstärkt, daß nur die Berufung, nicht aber der Protest als offensichtlich unbegründet verworfen werden kann. Diese verschiedenartige Behandlung sollte nach Ansicht der Mehrheit der Kommission auch dann beseitigt werden, wenn obigem Vorschlag nicht zugestimmt wird. d) Die Weisungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts. Die mit den Vorschriften der §§ 293 Abs. 3 und 315 StPO zusammenhängenden Fragen16 17 18) können hier nur angedeutet werden. Mit ihnen hat sich die Kommission eingehend beschäftigt. Die Ergebnisse der Diskussion werden in einem Aufsatz von Löwenthal im nächsten Heft von „Staat und Recht“ ausführlich behandelt werden. Die Weisungsbefugnis folgt aus der Kontrollfunktion der zweiten Instanz. Während sie hinsichtlich der materiellrechtlichen und prozeßrechtlichen Behandlung der Sache nicht zweifelhaft sein kann, dürfen bindende Weisungen für die Strafzumessung nur unter Beachtung der übrigen Bestimmungen des Rechtsmittelverfahrens erteilt werden. Sie dürfen vor allem nicht den Charakter der Zurückverweisung zunichte machen und eine Umgehung des Verbots der Selbstentscheidung enthalten. Die Kommission hat außer der wissenschaftlichen Erörterung dieses Problems die Anleitung durch eine Richtlinie des Obersten Gerichts empfohlen. e) Die Kassation. Die Überprüfung der Regelung des Kassationsverfahrens hat gezeigt, daß dieses sich in der Praxis des Obersten Gerichts als ein Mittel zur Festigung der Gesetzlichkeit bewährt hat. Eine Aufhebung der zeitlichen Begrenzung des Kassationsantrages könnte nach Ansicht der Kommission nur mit der Maßgabe in Betracht gezogen werden, daß eine Straferhöhung nach Ablauf einer kurz zu bemessenden Frist nicht mehr eintreten dürfte. Eine wissenschaftliche Untersuchung dieses Rechtsinstituts im ganzen, besonders in rechtsvergleichender Hinsicht, und speziell der Stellung des Präsidenten des Obersten Gerichts bei der Verhandlung über eine von ihm beantragte Kassation wird für wünschenswert gehalten. In den Rahmen dieser Untersuchungen wurde auch die Frage nach den Wirkungen des Rechtsmittel- und Kassationsurteils auf Mitverurteilte nach § 294 StPO einbezogen10). Dieses Problem wird demnächst eingehend von Ranke in einem Aufsatz in „Staat und Recht“ behandelt werden, so daß sich hier weitere Erörterungen erübrigen. 16) Vgl. z. B. Buchholz, NJ 1956 S. 631; Wolff, NJ 1956 S. 435. 17) vgl. Berger, NJ 1956 S. 496; Mühlberger, NJ 1956 S. 564. 18) vgl. Buchholz, NJ 1956 S. 630; Hahn, NJ 1956 S. 665. 5. Besondere Verfahrensarten a) Richterlicher Strafbefehl. Da das Strafbefehlsverfahren in der Praxis schon jetzt kaum noch eine Rolle spielt, ist die Mehrheit der Kommission zu dem Vorschlag gekommen, die §§ 254 bis 259 StPO in Wegfall zu bringen. Der Hauptgrund dafür liegt darin, daß dieses weitgehend schriftliche Verfahren die Prinzipien der Öffentlichkeit, der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit verletzt. Die Regelung des § 254 Abs. 2, wonach der Antrag auch dann gestellt werden kann, wenn noch gewisse Zweifel an der Tat und an der Schuld des Täters bestehen, widerspricht, besonders in Verbindung mit §§ 257 und 259, dem Prinzip der Erforschung der Wahrheit. Vor allem gewährleistet dieses Verfahren nicht die erzieherische Wirkung der Strafe und die sorgfältige Abwägung nach dem neuen Strafensystem. b) Das beschleunigte Verfahren. Das beschleunigte Verfahren soll beibehalten werden. Es ist zur Bekämpfung von plötzlich auftretenden Schwerpunkten der Kriminalität unentbehrlich. Seine Anwendung muß jedoch die Ausnahme bleiben, weil es mit einer Einschränkung der Rechte des Angeklagten verbunden ist. Eine grundsätzliche Entscheidung des Obersten Gerichts über die Voraussetzungen dieses Verfahrens wurde befürwortet. c) Privatklageverfahren. Die vielfach erörterten Fragen des Privatklageverfahrens haben in der zweiten Durchführungsbestimmung zur StPO eine Beantwortung gefunden19). Es erscheint richtig, diese Regelung in die StPO aufzunehmen. d) Schadensersatzansprüche im Strafprozeß. Bei der Anwendung der §§ 268 ff. StPO ist noch eine Reihe von Zweifelsfragen zu klären. Da aus der bisherigen Formulierung des § 268 geschlossen wird, daß eine Feststellungsklage nicht möglich sei, wird vorgeschlagen, diese Bedenken durch den Wegfall des Wortes „entstandenen“ auszuräumen; denn eine solche Klage ist vor allem in Verkehrssachen oft geboten. Außerdem sollte in § 172 Abs. 2 klargestellt werden, daß der Verletzte stets in vollem Umfange, der Angeklagte aber nur gegen die Festsetzung der Höhe des Schadensersatzes Beschwerde einlegen kann. Die Klärung weiterer im Verlaufe der bisherigen Diskussion aufgeworfener Fragen kann durch eine Richtlinie des Obersten Gerichts erreicht werden. 6. Bedingte Strafaussetzung Die Bestimmung des § 346 wurde vor allem in Vergleich mit der bedingten Verurteilung überprüft. Eine Änderung wird nur insoweit angeregt, als der Wegfall der zeitlichen Beschränkung durch § 346 Abs. 2 zu erwägen ist. III. Ausblick auf die weitere Diskussion Mit diesem Überblick über die Arbeiten der Kommission soll in Verbindung mit den in diesem Heft enthaltenen Aufsätzen und den sonstigen bereits erschienenen Einzeluntersuchungen der Fragenkomplex zusammengefaßt und der Zusammenhang der verschiedenen Diskussionsbeiträge mit der Gesamtüberprüfung des Strafverfahrens dargestellt werden, um eine isolierte Behandlung von Einzelfragen zu vermeiden. Einige der hier dargestellten Vorschläge werden geeignet sein, die Erörterung einzelner bisher viel behandelter Fragen, wie z. B. die des § 335 StPO, abzukürzen. Dagegen werden viele der hier nur in der gebotenen Kürze angedeuteten Probleme noch einer gründlichen, besonders die praktischen Erfahrungen verwertenden Diskussion bedürfen. Ein vollständiger Bericht über die Ergebnisse der Arbeit der Kommission ist den Leitern der zentralen Justizorgane erstattet. Sie werden diesen Bericht, bevor über die in ihm enthaltenen Vorschläge eine Entscheidung getroffen wird, der Wissenschaft und den Praktikern zur umfassenden Prüfung und Diskussion übermitteln. Hierzu und zur Fortführung der bisherigen Diskussion dient diese informatorische Übersicht. 19) vgl. Ullmann, NJ 1956 S. 342; Neumann, NJ 1956 S. 595; Eberhard, NJ 1956 S. 569. 794;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 794 (NJ DDR 1956, S. 794) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 794 (NJ DDR 1956, S. 794)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Leitungstätigkeit gestellt werden. Das erfordert : klare Zielstellungen. exakte Planung. planmäßige Durchführung der Arbeit durch jeden Leitungskader entsprechend seiner Verantwortung. Auch die Arbeit ist in die Lösung der Aufgaben zur Einschätzung der Wiei den einzubeziehen. Den Auswertungsorganen, aufgabenstellung insbesondere Aufgaben zu über der Gewährleistung einer ständigen Übersi Aufwand über die Ergebnisse der zu gewährleisten und sind verantwortlich, daß beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen zum Anlegen Operativer Vorgänge getroffen werden. Die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien und die ständige Information des Leiters der Diensteinheit über den erreichten Stand der Bearbeitung. Die Einleitung und Nutzung der operativen Personenkontrolle zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge genutzt angewandt und in diesen Prozeß eingeordnet wird. Ausgehend von der Analyse der operativ bedeutsamen Anhaltspunkte zu Personen und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die G-rößenordnur. der Systeme im einzelnen spielen verschiedene Bedingungen eine Rolle. So zum Beispiel die Größe und Bedeutung des speziellen Sicherungsbereiches, die politisch-operativen Schwerpunkte, die Kompliziertheit der zu lösenden politisch-operativen Auf-Isgäben, den damit verbundenen Gefahren für den Schulz, die Konspiration. lind Sicherheit der von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter zur Lösung aller Aufgaben im Raloraen der Linie - die Formung und EntjfidEluhg eines tschekistisehen Kanyko elltive.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X