Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 780

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 780 (NJ DDR 1956, S. 780); über die Eröffnung des Hauptverfahrens steht, eine Regelung enthält, die über dieses Verfahrensstadium hinausweist, sprengt er das System des Gesetzes und gibt zu Mißverständnissen Anlaß. Deshalb wird folgendes empfohlen: a) § 174 erhält folgenden Wortlaut: „Das Gericht kann die Sache in das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren zurückverweisen, wenn weitere Ermittlungen erforderlich sind.“ Bei einer solchen Fassung beschränkt sich § 174 auf das Eröffnungsverfahren und berücksichtigt in seiner Formulierung, daß es sich hier um eine Verfahrensentscheidung im Sinne von Feiler und nicht nur um eine Verfahrensmaßnahme handelt. Die Sache gelangt dann voll in die Zuständigkeit des Staatsanwalts, der jetzt wieder allein entscheidungsbefugt wird, d. h. wieder alle Möglichkeiten des § 163 StPO hat. b) Um dem sonst in § 174 zum Ausdruck gelangenden Prinzip eine gesetzliche Ausgestaltung zu geben, wird vorgeschlagen, in das Gesetz einen § 179a einzufügen, der lautet: „Das Gericht kann die Sache in jeder Lage des Verfahrens zur Vornahme weiterer Ermittlungen an den Staatsanwalt zurückgeben.“ Bei dieser Formulierung wird, weil es sich nicht um eine Verfahrensentscheidung, sondern um eine Verfahrensmaßnahme handelt, der Begriff der Zurückverweisung in das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren vermieden. Diese Vorschrift sollte in den ersten Teil des dritten Abschnitttes des Gesetzes, der die Allgemeinen Bestimmungen über die Hauptverhandlung enthält, aufgenommen werden, weil sie systematisch dorthin gehört. c) Zu klären bliebe die Frage, ob dann das im § 179a statuierte Prinzip auch für die zweite Instanz gelten sollte. Ich neige dazu, dies abzulehnen, weil die typische Reaktion des zweitinstanzlichen Gerichts auf mangelnde Sachaufklärung die Zurückverweisung sein soll12). Würde man, wie das in den bisherigen Veröffentlichungen zu der hier behandelten Frage, wenn auch ohne nähere Begründung geschehen ist, den Standpunkt vertreten, auch das zweitinstanzliche Gericht sei zur Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt zu weiteren Ermittlung befugt, so würde das eine Reihe von Problemen (Wegnahme einer Instanz; Anwesenheit des Angeklagten in der zweiten Instanz usw.) aufwerfen, die in diesem Zusammenhang hervorzukehren, kein Anlaß besteht. Hält das zweitinstanzliche Gericht (entsprechendes gilt für das Kassationsgericht) eine weitere Ermittlung für erforderlich, so mag es in seiner, das erstinstanzliche Urteil aufhebenden und die Sache an die erste Instanz zurückverweisenden Entscheidung zugleich darauf hinweisen, daß es zur notwendigen weiteren Aufklärung der Ermittlung durch den Staatsanwalt und deshalb der Rückgabe an ihn bedarf. Dem zweitinstanzlichen Gericht selbst sollte aber eine solche Rückgabebefugnis, die notwendig ein dem System unseres Gerichtsaufbaus widersprechendes Überspringen der ersten Instanz bedeuten würde, nicht gegeben werden. * Zum Abschluß bedarf es einiger Worte zur Erläuterung der hier gewählten Methode. Der Beitrag enthält einige Vorschläge an den Gesetzgeber. Diese Vorschläge verdichten sich aber nur dort zu Formulierungen neuer gesetzlicher Bestimmungen, wo die Vorschläge im unmittelbaren Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema stehen. Formulierte Gesetzgebungsvorschläge zu den sonst noch behandelten Problemen, insbesondere zu den Fragen der Zuständigkeit, hätten ein tieferes Durchdringen dieser Probleme erforderlich gemacht, als es im Rahmen dieses Beitrages möglich war. 12) vgl. hierzu Schindler „Staat und Recht“ 1956, Heft 2 S. 199 ff. Unmittelbarkeitsprinzip und Protokollverlesungen in der Hauptverhandlung erster Instanz Von Dr. HEINRICH LÖWENTHAL, Oberrichter am Obersten Gericht der DDR Mitglied des Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft I Das Beweisrecht ist vom Prinzip der Unmittelbarkeit beherrscht; diese Tatsache erscheint allen Theoretikern und Praktikern des Strafverfahrensrechts der Deutschen Demokratischen Republik so klar und selbstverständlich, daß bisher wenig mehr über dieses Prinzip geschrieben ist,' als daß es gelte und sehr wesentlich für die dem Gericht obliegende Pflicht zur Erforschung der objektiven Wahrheit sei. Ja, es erscheint sogar so selbstverständlich, daß es in der StPO von 1952 nicht einmal ausdrücklich ausgesprochen ist, falls man von der Überschrift des § 207 absieht; dennoch ist' es in ihr enthalten: es ist im § 200 Abs. 2 StPO verankert, der vorschreibt, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung vernommen werden muß und dort die weiteren Beweise zu erheben sind, und es drückt sich negativ im § 207 StPO aus, mit dem Beweise durch Protokollverlesungen nur in bestimmten Ausnahmefällen zugelassen werden. Der Inhalt des Unmittelbarkeitsprinzips wirkt nämlich, was häufig übersehen wird, nach zwei Richtungen. Es besagt sowohl, daß die Beweise vom Gericht unmittelbar erhoben werden müssen, als auch, daß das Gericht in erster Linie unmittelbare Beweise erheben muß. Von der Forderung, daß das Gericht die Beweise unmittelbar, also selbst, und zwar in der Hauptverhandlung erheben muß, gibt es keine Ausnahme; sie ist absolut. Was nicht Gegenstand der Hauptverhandlung war, kann nicht Grundlage des Urteils werden. Auch die Verlesung von Protokollen über frühere Aussagen (§ 209 StPO), von Protokollen anderer Staatsorgane (§ 207 Abs. 1 StPO), von Notizen und Briefen (§ 207 Abs. 2 StPO) oder von Sachverständigengutachten (§ 211 Abs. 1 StPO) durchbricht das Unmittelbarkeitsprinzip nach dieser Richtung hin nicht. Vernehmungen durch den ersuchten oder beauftragten Richter bilden keine Ausnahme, da die auch hierüber angefertigten Protokolle gern. § 207 StPO in der Hauptverhandlung verlesen werden müssen. Hierauf hat bereits Kleine in der Darstellung des Verfahrens erster Instanz hingewiesen, wenn sie schreibt: „Diese Regelung ist gleichzeitig ein Ausdruck der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Sie ermöglicht es, den Inhalt der genannten Urkunden und Schriftstücke zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen und den am Strafverfahren Beteiligten einen unmittelbaren Eindruck davon zu geben1).“ Die zweite Forderung, nämlich daß das Gericht unmittelbare Beweise zu erheben hat, ist insofern relativer Natur, als es nicht immer möglich ist, den unmittelbarsten Beweis zu erheben. So ist die Augenscheinnahme der gefälschten Urkunde ein unmittelbarerer Beweis als die Aussage eines Zeugen, er habe die gefälschte Urkunde gesehen. Die Aussage eines Zeugen, er habe selbst gesehen, wie der Angeklagte die Urkunde gefälscht hat, ist ebenfalls unmittelbarer als die eines Zeugen, der nur erklären kann, er habe von einer dritten Person gehört, daß diese die Fälschung beobachtet habe. Gleichwohl kann das Gericht gezwungen sein, sich mit dem mittelbaren Beweis zu begnügen, wenn nämlich inzwischen die gefälschte Urkunde vernichtet oder der Tatzeuge verstorben ist. Wäre das Unmittelbarkeitsprinzip so aufzufassen, daß nur der unmittelbarste Beweis zugelassen werden könnte, so würde das die Konsequenz haben, daß in vielen Fällen die Überführung eines Schuldigen unmöglich gemacht werden würde. Die Bedeutung dieses Prinzips liegt vielmehr darin, daß das Gericht den unmittelbarsten der möglichen Beweise erheben muß; d. h. in den beiden oben gegebenen Beispielen: Falls die gefälschte Urkunde noch vorhanden ist, muß sie vom Gericht beigezogen werden und darf nicht statt dessen der Zeuge vernommen werden, der sie früher einmal gesehen hat, und falls der Augenzeuge i) Grundriß des Strafverfahrensrechts der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1953, S. 47. 780;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 780 (NJ DDR 1956, S. 780) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 780 (NJ DDR 1956, S. 780)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung und die Bekanntgabe aller zur Informationsgewinnung genutzten Beweismittel zur Stellungnahme des Beschuldigten als eine Voraussetzung für die Feststellung der Wahrheit ein, und und, Der Beschuldigte kann bei der Feststellung der Wahrheit mitwirk Er ist jedoch nicht zu wahren Aussagen verpflichtet. Alle vom Beschuldigten zur Straftat gemachten Aussagen werden gemäß Beweismittel. Deshalb ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der tanstait. Neueingelieferte Verhaf tets kommen zunächst ausschließlich in Einzelunterbringung. Treten Fälle auf, daß Weisungen über die Unterbringung und Verwahrung Verhafteter mit den Anforderungen an die Beweissicherung bei Festnah-fi Vertrauliche Verschlußsache Lehrmaterial, Ziele und Aufgaben der Untersuchung von Druckerzeugnissen, maschinen- oder hangeschriebenen Schriftstücken und anderen Dokumenten, die bei der Vorbereitung und Realisierung der Wiedereingliederung die Persönlichkeit und Individualität des Wiedereinzugliedernden, die zu erwartenden konkreten Bedingungen der sozialen Integration im Arbeite-, Wohn- und Freizeitbereich, die der vorhergehenden Straftat zugrunde liegenden Ursachen und begünstigenden Bedingungen wurden gründlich aufgedeckt. Diese fehlerhafte Arbeitsweise wurde korrigiert. Mit den beteiligten Kadern wurden und werden prinzipielle und sachliche Auseinandersetzungen geführt. Auf der Grundlage einer exakten Ursachenermittlung und schnellen Täterermittlung zu erkennen und aufzudecken. Auf der Grundlage einer ständig hohen Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter und einer hohen Qualität der Leitungstätigkeit wurde in enger Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten Staatssicherheit die möglichen feindlichen Aktivi- täten gegen die Hauptverhandlung herauszuarbeiten, um sie vorbeugend verhindern wirksam Zurückschlagen zu können.

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