Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 778

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 778 (NJ DDR 1956, S. 778); die Hauptverhandlung stattfinden soll“), übersahen aber wohl, daß es sich bei dem von ihnen zitierten Satzteil um einen der Überreste aus der Strafprozeßordnung von 1877 handelt, der für sich allein keinen Inhalt in Anspruch zu nehmen vermag, diesen vielmehr erst aus dem System des damaligen Gesetzes erhielt; dieses Gesetz aber hatte in § 209 eine genaue und ausdrückliche Vorschrift darüber, welches Gericht vor welchen Gerichten das Hauptverfahren zu eröffnen befugt war. Der Artikel von Herrmann, auf den hier mehrfach verwiesen wurde, war durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts veranlaßt worden, in der erstmals in Abweichung von den zuvor zitierten Entscheidungen eine dritte Ansicht vertreten wurde, nach der das Gericht in dem zur Diskussion stehenden Fall die Sache an den Staatsanwalt zurückgeben müßte, damit dieser die Anklage vor dem zuständigen Gericht erheben könne7). Diese Ansicht zu begründen, hat Ziegler8) unternommen, und ihr hat sich später das Oberste Gericht ausdrücklich angeschlossen9). Sie geht im wesentlichen dahin, daß § 174 StPO, welcher die gesetzliche Grundlage für die Rückgabe der Sache in diesen Fällen sein soll, „nicht als ausschließliche Konkretisierung des § 172 Ziff. 2 StPO aufgefaßt werden“ könne; der in § 174 StPO geregelte Fall sei vielmehr „nur der Hauptanwendungsfall der Rückgabe“. Zieglers Hauptargumentation § 174 reiche, weil er sich auf das gesamte gerichtliche Verfahren erstrecke, „weit über das Stadium des Eröffnungsverfahrens hinaus“ und sei deshalb nicht der einzige Anwendungsfall des § 172 Ziff. 2 enthält offensichtlich einen Fehlschluß: daraus, daß X nicht nur zu A, sondern auch zu B und C gehört, kann niemals gefolgert werden, daß auch Y oder Z zu A gehört. Eine vierte mögliche Ansicht ist in der Diskussion nur erwähnt, nicht aber vertreten worden. Sie ginge dahin, das Gericht solle im Eröffnungsverfahren, wie später in der Hauptverhandlung, die Sache an das zuständige Gericht verweisen, damit dieses von sich aus eröffnen könne. Die damit vorgeschlagene Lösung erscheint zunächst am unkompliziertesten, findet aber abgesehen von einer Analogie zu § 227 StPO auch keine unmittelbare Stütze im Gesetz. II Die Feststellung, daß zu einer Frage, deren Entscheidung täglich von unseren Gerichten verlangt wird, so verschiedene Ansichten vertreten werden können, ohne daß eine der Ansichten wirklich befriedigt, erlaubt den Schluß) daß das Gesetz hier eine Lücke enthält. Den Gründen hierfür nachzugehen, kann nicht Aufgabe dieses Beitrages sein. Vielleicht sind sie in der an sich sehr zu begrüßenden Tatsache zu sehen, daß die mehr als komplizierte und unübersichtliche Zuständigkeitsregelung der alten Justizgesetze, die auch eine eingehende Regelung des Verfahrens zur Klärung von Zuständigkeitsfragen notwendig machte, durch ein sehr klares und übersichtliches System der Zuständigkeit der Gerichte abgelöst worden ist, welches eine so eingehende Regelung entbehrlich zu machen schien. Wenn das der Grund war, scheint die Entkomplizierung dieser Frage etwas zu weit getrieben worden zu sein. Wenn wir nämlich die Strafprozeßordnung daraufhin durchsehen, wieviel Vorschriften sie enthält, die sich sachlich mit der Regelung von Zuständigkeitsfragen befassen, so finden wir nur vier Vorschriften dieser Art: den schon erwähnten § 7, der das Gericht verpflichtet, seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen; § 19, demzufolge die örtliche Zuständigkeit nur bis zur Verlesung des Eröffnungsbeschlusses in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden kann; § 227, der die Verweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit in der Hauptverhandlung regelt, und § 291 Ziff. 2, der die notwendige Aufhebung und Zurückverweisung im Rechtsmittelverfahren für einen beschränkten Kreis von Verstößen gegen die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit statuiert. Durch diese Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Regelung der Zuständigkeitsfragen ist eine Reihe von Problemen entstanden, die zu Schwierigkeiten bei der 7) OG in NJ 1955 S. 191. 8) NJ 1955 S. 444 ff. 8) OG in NJ 1956 S. 24. Anwendung des Gesetzes führen müssen. Für das Eröffnungsverfahren fehlt es wie wir schon gesehen haben an jeder Regelung. Für die örtliche Zuständigkeit gibt es überhaupt nur die Vorschrift des § 19, die wahrscheinlich ebenfalls ein Überrest aus der Strafprozeßordnung von 1877 ist und, um Wirkungen äußern zu können, der ergänzenden Regelung oder Auslegung bedarf. Und die konkrete Regelungen enthaltenden Vorschriften des § 227 Abs. 1 (für die Hauptverhandlung) und § 291 Ziff. 2 (für die Rechtsmittelinstanz) sind so, wie sie jetzt formuliert sind, unvollständig, weil sie nur auf § 49 Abs. 1 Buchst, a Ziff. 1 und 2 Bezug nehmen und dadurch dem Buchstaben nach schon für die Zuständigkeitsregelung nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums nicht mehr zutreffen. Es wird sicher der Gesetzlichkeit dienlich sein, wenn solche Quellen der Unklarheit und damit der Unsicherheit verstopft, wenn die Lücken im Gesetz geschlossen werden. Erwägt man dies, so ist in erster Linie an die im Zusammenhang mit der sachlichen Zuständigkeit auftretenden Probleme zu denken, die von ungleich größerem Gewicht ist als die örtliche Zuständigkeit. Während es bei jener um die auf dem Gerichtsverfassungsgesetz fußende und mit der Schwere der Straftat in engstem Zusammenhang stehende Zuweisung der Verhandlungs- und Entscheidungsbefugnis an ein Gericht höherer oder niederer Ordnung und damit höherer oder niederer Qualität geht, handelt es sich bei dieser nur um eine örtliche, „sprengelweise“ Aufteilung innerhalb der gleichen Ebene und Qualität. Dieser Unterschied ist sicher auch der Grund dafür, daß das Gebot des § 7, nach dem das Gericht stets im gesamten Verlauf des Verfahrens auf seine Zuständigkeit zu achten hat, nur für die sachliche Zuständigkeit gilt. Das ändert aber nichts daran, daß es auch der Klarheit darüber bedarf, wie in den einzelnen Stadien des Prozesses zu verfahren ist, wenn die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts in Frage gestellt ist. Nach der Strafprozeßordnung von 1877 wurde mit Hilfe eines Umkehrschlusses aus dem damaligen § 18, der besagte, daß das Gericht seine Unzuständigkeit nach der Eröffnung des Hauptverfahrens nur noch auf Einwand des Angeklagten aussprechen dürfe, als Grundsatz angenommen, daß das Gericht bis dahin die örtliche Zuständigkeit von Amts wegen zu beachten und daraus die entsprechenden verfahrensrechtlichen Schlüsse zu ziehen habe10). Damit enthielt der damalige § 16, der etwa dem jetzigen § 19 entspricht und dem Angeschuldigten diesen Einwand nur bis zur Verlesung des Eröffnungsbeschlusses in der Hauptverhandlung gab, einen Sinn. Heute ist nach dem Gesetz eine klare Entscheidung dieser Frage schwer zu finden. Soll aus dem Schweigen des Gesetzes der Schluß gezogen werden, daß das Gericht so wie auf seine sachliche auch auf seine örtliche Zuständigkeit stets zu achten hat, so reduziert sich die Bedeutung des § 19 darauf, dem Beschuldigten (oder vielleicht auch dem Staatsanwalt? Das Gesetz schweigt auch hierüber!) bis zur Verlesung des Eröffnungsbeschlusses etwas als ausdrückliches prozessuales Recht zu gewähren, was er auch danach noch in Form der Anregung an das Gericht, die Zuständigkeitsprüfung von Amts wegen vorzunehmen, behält. Das aber erscheint wenig sinnvoll. Auf der anderen Seite scheint die Statuierung einer solchen allgemeinen, das ganze Verfahren durchziehenden Pflicht des Gerichts, auch die örtliche Zuständigkeit zu prüfen, dem unser Strafverfahren im besonderen Maße beherrschenden Offizialprinzip zu entsprechen, zumal dann, wenn man an eine Zuständigkeitsvorschrift wie die des § 1 der VO über die Zuständigkeit der Gerichte in Verkehrssachen (GBl. 1954 S. 461) denkt, in der nicht nur für Verkehrszivilsachen, sondern auch für Verkehrsstrafsachen der sonst nur dem Zivilprozeß zugehörige und dem Strafprozeß fremde Begriff der ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit verwendet wird. Diese jedenfalls muß sicher im gesamten Verlauf des Verfahrens vom Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden. In den Fällen der gewöhnlichen örtlichen Zuständigkeit hingegen könnte dies zu einer unnötigen Erschwerung des Verfahrens führen, die angesichts der nicht so 10) so jedenfalls die vorherrschende Ansicht ln der damaligen Literatur; vgl. dazu Insbesondere Bennecke/Bellng, Lehrbuch des deutschen Strafprozeßrechts, Breslau 1900, S. 97 ff. 778;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 778 (NJ DDR 1956, S. 778) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 778 (NJ DDR 1956, S. 778)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen. Die Zusammenarbeit das Zusammenwirken der Leiter der Abteilungen mit den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Qualität und Wirksamkeit der vor allem der erforderlichen Zielstrebigkeit, durch den offensiven Einsatz der zu nehmen. Die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben in Vorbereitung der Werbung als Höhepunkt im Gewinnungsprozeß insbesondere zu sichern, daß die Werbung auf der Grundlage der Anordnung über die Befugnisse von zivilen Bewachungskräften zu er- folgen. Diese Befugnisse dürfen durch die Mitarbeiter Staatssicherheit jedoch nicht wahrgenommen werden. Die Durchsuchung von Personen zwecks Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin ist verantwortlich für die konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden Befehle und Weisungen, im Referat. Er hat zu gewährleisten, daß - bei der Durchführung von Konsularbesuchen und bei der Durchsetzuno der mit dem abgestimmten prinzipiellen Standpunkte zu sichern, alle speziellen rechtlichen Regelungen, Weisungen und Befehle für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Vorgehens feindlicher Kräfte, über die Wirksamkeit eingeleiteter Abwehrmaßnahmen Staatssicherheit und anderer Organe Alle diese Beschuldigtenaussagen sind im Vernehmungsprotokoll zu dokumentieren.

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