Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 768

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 768 (NJ DDR 1956, S. 768); Das Bezirksgericht hat aus der Ausführung des Angeklagten gegenüber dem Zeugen We. und seiner Einlassung in der Hauptverhandlung, er habe sich von seiner Wut leiten lassen, auf eine feindliche Einstellung des Angeklagten zu unserem Staat geschlossen. Der Ausdruck „Wut“ oder „Haß“, den der Angeklagte im übrigen nach dem Protokoll der Hauptverhandlung zusammenhanglos und mißverständlidi gebrauchte, reicht noch nicht aus, ihn als Gegner unseres Staates zu charakterisieren. Er hat wörtlich ausgesagt: „Weil es in H. (Westdeutschland) Unterkunft, Wohnung gab, habe ich gesagt, sie sollten dort hingehen. Ich bezweckte nichts damit, hatte keinen Auftrag. Ich hatte Wut, war verärgert, ich ließ mich von meiner Wut leiten.“ Das Bezirksgericht hat vor allem das sonstige Verhalten des Angeklagten außer acht gelassen, der in seinem Betrieb nicht nur gut gearbeitet hat, sondern auch mehrfach ausgezeichnet worden ist, darunter einmal als Bestarbeiter. Die Folgerung des Bezirksgerichts, der Angeklagte sei ein Feind unseres Staates, ist deshalb nicht überzeugend. Unter Beachtung aller oben angeführten Umstände kann es trotz starker Verdachtsmomente nicht als erwiesen angesehen werden, daß der Angeklagte Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zur illegalen Abwanderung nach Westdeutschland verleiten wollte, um dadurch der Wirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik Schaden zuzufügen. Er war deshalb gemäß § 221 Ziff. 3 StPO freizusprechen. §§ 223, 223 a StGB; § 268 StPO. 1. Für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des § 223 a StGB „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ ist es ausreichend, daß die Behandlung objektiv geeignet war, das Leben des Verletzten zu gefährden. ■'* 2. Wer ist Anlragsberechiigter im zivilrechtlichen Anschluß verfahren? OG, Urt. vom 28. September 1956 - 2 Zst III 56/56. Durch Urteil des Kreisgerichts vom 14. Januar 1955 ist der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung (§§ 223, 223 a StGB) zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Er ist außerdem dem Grunde nach verurteilt worden, den dem Geschädigten Sch. und der Sozialversicherungskasse, Geschäftsstelle M., verursachten Schaden zu ersetzen. Das Kreisgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Am 14. September 1955 beluden der Angeklagte und der Geschädigte Sch. sowie die Zeugen M., B., G. und R. einen Anhänger mit Dachziegeln. Sie arbeiteten in drei Gruppen zu je zwei Mann, und zwar arbeitete der Angeklagte mit dem Zeugen M., Sch. mit dem Zeugen B. und die Zeugen R. und G. zusammen. Sch. befand sich auf dem Anhänger und stapelte die von B. heraufgereichten Ziegel. Sie hatten gegenüber der zweiten Gruppe bereits einen erheblichen Vorsprung, da diese noch nicht die Fertigkeit wie die anderen besaß. Der Angeklagte forderte Sch. und B. auf, ihr Arbeitstempo zu verringern. Da diese auf die Aufforderung nicht reagierten, kündigte der Angeklagte an, daß er Sch., wenn er nicht langsamer arbeite, vom Wagen herunterholen- werde. Als Sch. auch auf diese Worte nicht reagierte, trat der Angeklagte an den Wagen heran, ergriff Sch. an einem Bein und zog ihn vom Wagen. Sch. fiel auf den Hinterkopf und blieb besinnungslos liegen. Er erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Quetschung des Schädels. Das Kreisgericht hat diese Handlung als gefährliche Körperverletzung i. S. von § 223 a StGB beurteilt. Diese Auffassung begründet es damit, daß die Handlung objektiv geeignet gewesen wäre, eine Gefahr für das Leben des Geschädigten herbeizuführen. Sch. hätte bei dem Sturz eine tödliche Verletzung davontragen können. Es sei nicht dem Angeklagten zugute zu halten, daß der Geschädigte nic(jt in Lebensgefahr geschwebt habe. Der Generalstaatsanwalt hat gegen das Urteil im Schuld-und Strafausspruch sowie hinsichtlich der Verurteilung zur Schadensersatzleistung an die Szialversicherung Kassationsantrag gestellt und zur Begründung ausgeführt: Das Kreisgericht habe zu Unrecht den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 223 a StGB) verurteilt. Im vorliegenden Fall sei die Handlung des Angeklagten nicht geeignet gewesen, eine Lebensgefahr für den Verletzten herbeizuführen. Auch der Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 StGB) sei nicht gegeben, da keinesfalls erwiesen sei, daß der Angeklagte Sch. verletzen wollte. Der Angeklagte habe lediglich Sch. an der weiteren Arbeit hindern wollen. Das Kreisgericht hätte den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilen und demzufolge auf eine niedrigere Strafe erkennen müssen. Außerdem beruhe die Verurteilung zur Schadensersatzleistung an die Sozialversicherung auf einer Verletzung des § 268 StPO. Nach dieser Bestimmung sei nur der Verletzte berechtigt, bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens einen Antrag auf Ersatz des entstandenen Schadens zu stellen. Die Sozialversicherung sei nicht Verletzter gewesen. Der Kassationsantrag konnte im wesentlichen keinen Erfolg haben. Aus den Gründen: Entgegen der Auffassung des Generalstaatsanwalts kann der vom Kreisgericht festgestellte Sachverhalt nicht als fahrlässige Körperverletzung beurteilt werden. Der Angeklagte hat den Zeugen Sch. von rückwärts am Bein gezogen und ihn von dem zu beladenden Anhänger heruntergerissen. Diese Handlung hat er vorsätzlich begangen. Das ergibt sich insbesondere aus den kurz vorher vom Angeklagten an den Zeugen gerichteten Worten: „Sonst zerre ich dich vom Wagen runter.“ Demgegenüber sind die Ausführungen des Kassationsantrags, es sei nicht erwiesen, daß der Angeklagte den Zeugen an der Gesundheit schädigen wollte, nicht verständlich. Der Angeklagte wußte, daß der Zeuge Sch. im Alter von über 60 Jahren stand, er wußte, daß ein Sturz aus einer Höhe von über einem Meter gesundheitsschädigende Folgen haben konnte. Er hatte auch nicht die Absicht, den Zeugen am schnellen Weiterarbeiten dadurch zu hindern, daß er ihn am Bein festhielt, sondern, wie sich aus der oben wiedergegebenen Äußerung ergibt, beabsichtigte er gerade, den Zeugen vom Anhänger gewaltsam herunterzubringen. Bei diesem Sachverhalt ist die Feststellung des Kreisgerichts, daß der Angeklagte die Beschädigung der Gesundheit des Zeugen Sch. bedingt vorsätzlich verursacht habe, nicht zu beanstanden. Auch die Ausführungen des Kassationsantrags, es liege hier keine gefährliche Körperverletzung vor, sind rechtsirrig. Das Kreisgericht hat zutreffend ausgeführt, daß für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des § 223 a StGB „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ ausreichend ist, daß die Behandlung objektiv geeignet war, das Leben des Verletzten zu gefährden. Das Kreisgericht hat die konkreten Umstände dieses Falles geprüft und zutreffend ausgeführt, daß der Zeuge sich durch den vom Angeklagten vorsätzlich herbeigeführten Sturz lebensgefährlich verletzen konnte. Es ist richtig, daß die Folgen des Sturzes ein Bruch des Rückgrats oder ein Schädelbruch hätte sein und der Zeuge an diesen Verletzungen hätte sterben können. Der Generalstaatsanwalt führt in der Begründung des Kassationsantrags aus, daß entscheidend für die Anwendung des § 223 a StGB die Art und Weise der Tatausführung sei. Das ist zwar richtig, aber im vorliegenden Fall, wie bereits .dargelegt, hat eben gerade die Art und Weise, in der der Angeklagte den Angriff gegen Sch. führte, dessen Leben gefährdet. Dem Generalstaatsanwalt kann auch nicht darin gefolgt werden, daß eine lebensgefährdende Handlung deshalb nicht angenommen werden könne, weil sonst die gesamte „Verladetätigkeit als lebensgefährlich angesehen“ werden müßte. Es handelt sich hier nicht um einen normalerweise bei der Beladung vorkommenden Zwischenfall, sondern um eine absichtliche Störung der Arbeit des Zeugen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch ein unbeabsichtigter Sturz aus einer Höhe von über einem Meter lebensgefährliche Folgen nach sich ziehen kann. Dies ist allgemein bekannt. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich auch nichts, was darauf hindeutet, daß der Angeklagte diese Kenntnis nicht besessen habe. Das Kreisgericht hat also zutreffend festgestellt, daß der Angeklagte in Erkenntnis der lebensgefährdenden Umstände gehandelt hat. Bei der Entscheidung über den Schadensersatzanspruch der Sozialversicherung M. hat das Kreisgericht § 286 StPO verletzt. Es hat nicht erkannt, daß nach dieser Bestimmung lediglich der Verletzte berechtigt ist, bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens einen Antrag auf Ersatz des entstandenen Schadens zu stellen. Der Verletzte war im vorliegenden Fall der Zeuge Sch. Soweit diesem der Ersatz des aus der Handlung des Angeklagten entstandenen Schadens dem Grunde nach zugesprochen worden ist, entspricht dies dem § 268 StPO und wird mit dem Kassationsantrag auch nicht angefochten. Die weitere Verurteilung des Angeklagten, auch gegenüber der Sozialversicherungskasse M. dem Grunde nach Schadensersatz zu leisten, ist rechtsirrig. Die Ansprüche der Sozialversicherung können nur im Wege der Zivilklage in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden, nicht aber im Wege des zivilrechtlichen Anschlußverfahrens nach § 268 StPO. Im vorliegenden Fall fehlt es deshalb bei dieser Entscheidung an der rechtlichen Grundlage. 768;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 768 (NJ DDR 1956, S. 768) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 768 (NJ DDR 1956, S. 768)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Angriffe negativer Erscheinungen erreicht werden muß. Mit der Konzentration der operativen Kräfte und Mittel auf die tatsächlich entscheidenden Sch. müssen die für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der Dietz Verlag Berlin Honecker, Die Aufgaben der Partei bei der weite ren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der. Aus dem Referat auf der Beratung mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? wurden in guter Qualität erfüllt. Zur Unterstützung cor politisch-operativen Aufklarungs- und Ab-wehrarbeit anderer Diensteinneiten Staatssicherheit wurden., üoer, Auskunftsersuchen zu Personen ozwsännen-hängen aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit des geben. Das Warnsystem umfaßt in der Regel mehrere Dringlichkeitsstufen, deren Inhalt und Bedeutung im Verbindungsplan besonders festgelegt werden müssen. Verbindungsplan.

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