Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 762

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 762 (NJ DDR 1956, S. 762); Aus der Praxis für die Praxis Die Urteilstenorierung bei Vollrausch gern. § 330 a StGB In seiner Besprechung der „Materialien zum Strafrecht“ (NJ 1956 S. 362) vertritt Jahn die Meinung, es sei zweckmäßig, bei einer Verurteilung wegen eines Vergehens nach § 330 a StGB im Urteilstenor auch die im Rauschzustand begangene Handlung anzuführen. Da unsere Gerichte in dieser Beziehung möglichst einheitlich verfahren sollten, erscheint es mir erforderlich, zu diesem Vorschlag Stellung zu nehmen. Jahn begründet seine Auffassung vor allem mit praktischen Erwägungen. Er gibt zu bedenken, daß die Gerichte dann bei Vorbestraften an Hand der Strafregisterauszüge jederzeit entnehmen können, ob es sich um einschlägige Delikte handle. Eine Aktenanforderung erübrige sich daher. Diesen Argumenten kann ich mich nicht anschließen. Jahn scheint die Bedeutung seines Vorschlags für die Praxis zu überschätzen. Zunächst ist doch die Frage zu stellen, welche Auskunft der Richter durch den Strafregisterauszug tatsächlich erhält. Dieser gibt naturgemäß nicht etwa den von Jahn vorgeschlagenen Urteilstenor wieder, sondern nur die gesetzliche Grundlage der Verurteilung, also den § 330 a StGB, allenfalls ergänzend eine kurze, allgemein gebräuchliche Bezeichnung dieses Delikts, wobei man allerdings in Zukunft die auch in der Textausgabe des StGB gewählte Bezeichnung „Verbrecherische Trunkenheit“ vermeiden sollte. Um dem praktischen Bedürfnis wirklich Rechnung zu tragen, müßte neben dem § 330a StGB auch der Tatbestand der im Rausch begangenen Tat selbst angeführt werden, so in Jahns. Beispiel § 223 StGB. Das aber wäre falsch. Wie Jahn richtig betont, ist ja der Tatbestand des § 223 StGB gerade nicht erfüllt. Weiterhin muß die Auffassung Jahns, daß erst bei Anführung der Rauschtat im Urteilstenor und bei entsprechender Registrierung im Strafregister sofort festgestellt werden könne, ob der erneut straffällig gewordene Täter einschlägig vorbestraft sei, Unklarheiten erwecken. Ist der Täter bereits einmal wegen einer Zuwiderhandlung gern. § 330 a StGB verurteilt worden und verletzt er später wiederum dieses Strafgesetz, so ist er einschlägig vorbestraft, unabhängig davon, welche mit Strafe bedrohte Handlung er im Rauschzustand jeweils beging. Ist die erneute Handlung dagegen eine Körperverletzung, ohne daß gern. 330a StGB die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 StGB vorliegen, und war die seinerzeit im Rausch begangene Tat eine Gesundheitsbeschädigung, so kann von einer einschlägigen Vorstrafe entgegen der offensichtlichen Meinung Jahns nicht die Rede sein. Hiergegen könnte freilich eingewendet werden, daß das verletzte Objekt das gleiche und damit einschlägig ist, da nach der auch in Heft 6 der „Materialien zum Strafrecht“ (S. 62) vertretenen Auffassung § 330 a StGB das durch die jeweilige Rauschtat angegriffene gesellschaftliche Verhältnis schützt Diese Ansicht scheint mir jedoch nicht richtig zu sein. Das allen Verstößen gegen § 330 a StGB gemeinsame Objekt ist m. E. die allgemeine Sicherheit. Außerdem tritt das jeweils durch die Tat im Rausch angegriffene gesellschaftliche Verhältnis als weiteres geschütztes Objekt dazu. Daraus ergibt sich auch der ganz andere Charakter, die völlig neue Qualität dieses Tatbestandes gegenüber der im zurechnungsfähigen Zustand begangenen Körperverletzung, Notzucht usw. Es ist also in unserem Beispiel völlig gleichgültig, ob bei der ersten Verurteilung, die gern. § 330 a StGB erfolgte, die im Rauschzustand begangene Handlung, d. h. die Körperverletzung, im Urteilstenor erscheint oder nicht: In keinem Falle wird der Richter vor oder nach Anforderung der Akten feststellen können, daß der jetzt wegen einer Vergehens nach § 223 StGB an-geklagte Täter einschlägig vorbestraft ist. Meiner Ansicht nach erliegt Jahn hier selbst wenn auch ungewollt dem Fehler, vor dem er warnt: er legt das Schwergewicht auf die im Rausche begangene Hand- lung, die im Hinblick auf die Frage der Vorstrafe zur ausschlaggebenden Tatsache wird. Von hier bis zu der Meinung, daß die im Rausch begangene Handlung rückfallbegründend (z. B. gern. § 244 StGB) sein könne, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Natürlich wird es zur Findung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren von Bedeutung sein zu wissen, ob jemand, der wegen Körperverletzung angeklagt ist, früher bereits einmal verurteilt wurde, weil er im Rauschzustand einen anderen Bürger körperlich mißhandelte. Diese Ermittlungen zu treffen, gehört zu einer gründlichen Erforschung des Sachverhalts und muß bereits den Organen der Volkspolizei zur Pflicht gemacht werden. Die Anforderung der Akten und die Einsichtnahme in diese wird dabei in vielen Fällen eine unumgängliche Maßnahme sein. Dies muß jedoch schon im Ermittlungsverfahren gern. § 108 StPO beachtet werden. Zuzugeben ist, daß die von Jahn vorgeschlagene Tenorierung einen heute in der Praxis noch häufig anzutreffenden Fehler vermeidet, der darin besteht, den Urteilstenor etwa folgendermaßen zu formulieren: „Der Angeklagte wird wegen eines im Rauschzustand begangenen Notzuchtverbrechens . verurteilt.“ Danach würde die Verurteilung wegen Notzucht erfolgen, während die schuldhafte Herbeiführung des Rauschzustandes zu einem reinen Anhängsel geworden ist und in seiner Bedeutung für die Verurteilung fast gänzlich negiert wird. Trotz des in der Formulierung zweifellos besseren Vorschlages von Jahn, der diese offensichtlich fehlerhafte Tenorierung vermeidet, halte ich es dennoch aus theoretischen Erwägungen für richtig, die im Rauschzustand begangene Handlung nicht in den Urteilstenor aufzunehmen. Gerade mit Rücksicht auf die Klarheit im Schuldspruch und zur Vermeidung falscher Vorstellungen über das Verhältnis von der schuldhaften Herbeiführung des Rauschzustandes zu der in diesem Zustand begangenen, mit Strafe bedrohten Handlung halte ich die von Dreßler und Naundorf in Heft 6 der „Materialien zum Strafrecht“ (S. 68) geäußerte Auffassung für zutreffend. Die gegenteilige Auffassung führt dagegen zu Unsicherheiten und Ungenauigkeiten, die bereits in den Ausführungen Jahns zu finden sind. Dem können keine „Zweckmäßigkeitserwägungen“ der Praxis entgegengehalten werden. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die von Jahn vorgeschlagene Tenorierung aus erzieherischen Gründen besser sein soll. Beim Vorliegen eines strafbaren Verhaltens i. S. des § 330 a StGB hat der Täter im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit, den er schuldhafterweise durch den Genuß geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel herbeiführte, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen. Wegen dieser im Rausch begangenen Handlung wird er nicht bestraft und kann er nach dem Gesetz nicht bestraft werden, weil insoweit die Strafe den Täter nicht zu besserer Einsicht erziehen kann, die er unter den gegebenen Umständen zur Zeit der Tat gar nicht haben konnte. Erzieherisch wirkt in erster Linie, wenn dem Angeklagten im entscheidenden Teil des Urteils die Wurzel des Übels, nämlich der übermäßige Alkoholgenuß, vor Augen geführt wird. Hier ist auch die Schuld des Täters zu suchen, ohne die eine Verurteilung überhaupt nicht möglich wäre. Nur die dem Angeklagten objektiv und subjektiv zuzurechnenden Handlungen haben aber überhaupt etwas im Schuldspruch als einem Teil des Urteilstenors zu suchen. Alles andere, insbesondere das, was zur Begründung der Tatbestandsmäßigkeit des Handelns des Angeklagten anzuführen ist, also auch die im Rausch begangene, mit Strafe bedrohte Handlung, gehört in die Urteilsgründe. Diese Darlegungen sollen natürlich auch in einer für den Täter erzieherischen Weise erfolgen, was hier dadurch geschehen kann, daß dem Verurteilten gezeigt wird, welche Folgen sich aus seinem unbeherrschten Verhalten ergeben können. EKKEHARD KERMANN, Institut für Strafrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ 762;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 762 (NJ DDR 1956, S. 762) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 762 (NJ DDR 1956, S. 762)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zur Verwirklichung dieser Zielstellungen die sich für ihren Verantwortungsbereich ergebenden Aufgaben und Maßnahmen ausgehend von der generellen Aufgabenstellung der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben die für sie verbindlichen Vorgaben und die ihnen gegebenen Orientierungen schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Maßnahmen der operativen Diensteinheiten zur gesellschaftlichen Einwirkung auf Personen, die wegen Verdacht der mündlichen staatsfeindlichen Hetze in operativen Vorgängen bearbeitet werden Potsdam, Duristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Mohnhaupt, Die Bekämpfung der Lüge bei der Ver- nehmung des Beschuldigten Berlin, Humboldt-Universität, Sektion Kriminalistik, Diplomarbeit Tgbo- Muregger, Neubauer, Möglichkeiten, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft beizutragen. Dazu sind durch die Leiter der nachgenannten Diensteinheiten insbesondere folgende Aufgaben zu lösen: Diensteinheiten der Linie - Übermittlung der für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X