Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 747

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 747 (NJ DDR 1956, S. 747); heiten des von ihm begangenen Verbrechens durch die Ermittlungsorgane in genügendem Maße aufgedeckt wurden. Die Anklageschrift dient keinesfalls dem Zweck, den Gang der Ermittlungen der Untersuchungsorgane und des Staatsanwalts noch einmal zu schildern. Schwierig wird die Darstellung des Sachverhalts zumeist dann, wenn in einer Anklageschrift die Handlungen mehrerer Täter in zahlreichen Tatkomplexen geschildert werden sollen. Es kommt in diesem Fall darauf an, daß sich der Staatsanwalt von vornherein für ein bestimmtes Prinzip der Darstellungsweise entscheidet, das er dann für die Wiedergabe des gesamten Sachverhalts beibehält. Eins dieser Prinzipien ist die Gliederung der Tat nach einzelnen Tatkomplexen, wobei zu jedem Komplex Tatzeit, Tatort, die beteiligten Täter sowie der Grad ihrer Beteiligung, die Begehungsform und der eingetretene Erfolg geschildert werden müssen. Die Schilderung der einzelnen Tatkomplexe ist nach Möglichkeit chronologisch vorzunehmen. Ein anderes Prinzip ist die Gliederung der Darstellung nach den am Gesamtkomplex beteiligten Tätern. Bei einem komplizierten Sachverhalt empfiehlt es sich, den Einzeldarstellungen eine kurze Darstellung des Gesamtgeschehens voranzustellen. Der Leser der Anklageschrift wird so zunächst in das Gesamtgeschehen eingeführt und ist leichter imstande, die Bedeutung der einzelnen Komplexe, die Rolle der einzelnen Täter usw. zu verstehen. Ebenso sind unbekannte Begriffe bzw. Vorgänge mit wenigen Worten einleitend aufzuklären. So ist es z. B. unter Umständen notwendig, bei der Schilderung einer Betriebsstörung Ausführungen über die Organisatonsform des Betriebes zu machen oder bei Währungsschiebungen die Kursverhältnisse darzulegen usw. Bei aller Forderung nach klarer und verständlicher Darstellung des Sachverhalts darf man jedoch andererseits eine zu eingehende Schilderung der Einzelheiten nicht zulassen, da sonst die Übersichtlichkeit des wesentlichen Ermittlungsergebnisses leidet. Nur die wesentlichen Punkte können geschildert werden; iirf übrigen müssen Gericht wie auch Verteidiger auf den Akteninhalt zurückgreifen. c) Würdigung der Beweise Ein bedeutungsvolles Element der Anklageschrift, das allerdings nicht in jedem Ermittlungsergebnis vorhanden zu sein braucht, ist die Beweiswürdigung. Sie muß stets dann Teil des Ermittlungsergebnisses sein, wenn von vornherein feststeht, daß die Überführung des Beschuldigten nur durch einen Indizienbeweis möglich ist. In diesen Fällen ist die Indizienkette kurz zusammengefaßt überzeugend darzustellen. Manche Staatsanwälte sind der Auffassung, daß eine Darstellung der Indizien und eine Auseinandersetzung mit evtl. Gegenindizien in der Anklageschrift überflüssig sei, da der Aufbau der Indizienkette noch in der Hauptverhandlung rechtzeitig vorgenommen werden könne. Dies ist jedoch fehlerhaft, denn der Angeklagte und sein Verteidiger können nur dann das Recht auf Verteidigung wirklich ausnutzen, wenn die Beweismittel, die zur Überführung des Angeklagten notwendig sind, ihnen bereits rechtzeitig bekanntgegeben werden. Die fehlerhafte Auffassung mancher Staatsanwälte beruht vor allem auf der Überlegung, daß es falsch sei, schon bei Anklageerhebung „alles Pulver zu verschießen“. Die Erhebung einer Anklage auf Grund einer Indizienkette darf ohnehin nur dann erfolgen, wenn diese Indizien yöllig eindeutig sind und keine Gefahr ihrer Widerlegung besteht. Es ist deshalb unzulässig, etwa darauf auszugehen, daß man den Angeklagten in der Hauptverhandlung mit bestimmten Indizien überraschen müsse. Wenn auch die Beweiswürdigung in der Anklageschrift nicht mit der Vollständigkeit wie im Plädoyer oder im Urteil zu erfolgen braucht, so muß sie jedoch den eindeutigen Schluß zulassen, daß die angegebenen Indizien zur Feststellung der Tat und des Verschuldens des Täters ausreichen. Eine besondere Würdigung der Beweise ist dann nicht erforderlich, wenn diese eindeutig sind und keine! Zweifel am Tatgeschehen zulassen. d) Angaben über die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat Wie bereits ausgeführt, hat die Anklageschrift nicht zuletzt den Zweck, schon in diesem Stadium des Ver- fahrens durch die Schilderung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat eine erzieherische Wirkung auf den Beschuldigten auszuüben. Das wesentliche Ermittlungsergebnis ist deshalb entsprechend zu gestalten. Darüber, in welcher Weise am besten eine derartige erzieherische Wirkung erreicht werden kann, bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten. In vielen Fällen enthalten die Anklageschriften auch heute noch einen besonderen Abschnitt, die sog. politische oder gesellschaftliche Begründung der Anklage, in welchem versucht wird, die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat allgemein darzustellen. Eine solche Art und Weise der Darstellung erleichtert es dem Staatsanwalt zwar, alle die konkreten Umstände zu schildern, auf denen die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat beruht; eine überzeugende und erzieherische Wirkung auf den Beschuldigten läßt sich jedoch damit zumeist nicht erreichen. Die erzieherische Wirkung der Anklageschrift muß vielmehr schon von der Darstellung des Sachverhalts und der Person des Täters ausgehen. Tatsachen überzeugen bekanntlich stets mehr als abstrakte Erwägungen, selbst wenn sie an sich zutreffend sind und fehlerfrei begründet werden. Die Aufgabe besteht deshalb darin, die Überlegungen, die für die Kennzeichnung der gesellschaftsgefährlichen Folgen und für die Verdeutlichung der Strafwürdigkeit der Tat maßgebend sind, in die Darstellung des Sachverhalts und evtl, auch der Person des Täters einzuarbeiten. Jedoch kann dies nicht uneingeschränkt gelten. Man wird etwa bei Wirtschaftsverbrechen und ähnlich komplizierten Sachverhalten eine besondere Darstellung der Gesellschaftsgefährlichkeit nicht entbehren können, weil es häufig notwendig ist, allgemein politische oder wirtschaftliche Erwägungen, die nicht unbedingt zum konkreten Sachverhalt gehören, in einem besonderen Teil der Anklageschrift darzustellen. So sind z. B. bei Waren- und Geldverschiebungen Ausführungen über das Zustandekommen des Kurses der Westberliner Wechselstuben usw. zu machen. Man sollte sich aber davor hüten, lange allgemeine Ausführungen über die Gesellschaftsgefährlichkeit von Verbrechen in das wesentliche Ermittlungsergebnis aufzunehmen, ohne sie auf die Sache selbst zu beziehen. Wird dieser Grundsatz nicht eingehalten, so wirken derartige Darlegungen häufig abstrakt, ermüdend und sogar unernst. Auf keinen Fall erzielen sie eine erzieherische Wirkung. Die Gefahr des Schematismus bei der Anklageerhebung Ungeachtet der Tatsache, daß zu den Prinzipien der StPO das Prinzip der Beschleunigung des Verfahrens gehört, gibt es noch hin und wieder Prozesse, die sich endlos hinschleppen, bei denen das Verfahren ein oder mehrere Male an den Staatsanwalt zur Nachermittlung zurückgegeben wird und die schließlich mit einem Freispruch enden. Prüft man diese Verfahren nach, so stellt sich häufig heraus, daß die unzureichende und unkritische Bearbeitung des Verfahrens vor Erhebung der Anklage die Ursache für den Mißerfolg war. Solche unkritische Arbeitsweise, insbesondere die ungenügende Überprüfung des Ermittlungsergebnisses durch den Staatsanwalt, sind zumeist eine Auswirkung des routinemäßigen Arbeitens bei der Abfassung der Anklageschrift. Schablonenhaft erhebt der Staatsanwalt die Anklage auf Grund des Schlußberichtes, ohne zuvor das von der Volkspolizei festgestellte Ergebnis der Ermittlungen sorgfältig geprüft zu haben. Ja, es kommt auch heute noch vor, daß der Staatsanwalt Teile des Schlußberichts in die Anklageschrift übernimmt. Statt selbst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anklageerhebung gegeben sind, verläßt sich der Staatsanwalt in solchen Fällen auf die Arbeit, die die Ermittlungsorgane bereits geleistet haben. Das Ergebnis einer solchen Arbeitsweise ist nicht selten eine Anklageerhebung auf Grund unvollständiger oder nicht den Kern der Sache treffender Beweise oder aber von einem falschen rechtlichen Standpunkt aus. Routinemäßige Arbeit gibt es zwar auch noch auf anderen Gebieten der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit, sie wirkt sich jedoch bei der Anklageerhebung besonders schädlich aus, und zwar sowohl in der Form als auch im Inhalt der Anklageschriften. So wird immer noch vereinzelt der Tenor der Anklageschrift lediglich durch Zitierung des Gesetzes- 747;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 747 (NJ DDR 1956, S. 747) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 747 (NJ DDR 1956, S. 747)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Zusammenarbeit mit den Werktätigen zum Schutz des entwickelten gesell- schaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist getragen von dem Vertrauen der Werktätigen in die Richtigkeit der Politik von Partei und Regierung in Frage gestellt und Argumente, die der Gegner ständig in der politisch-ideologischen Diversion gebraucht, übernommen und verbreitet werden sowie ständige negative politische Diskussionen auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz Betroffene ist somit grundsätzlich verpflichtet, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Angaben über das Entstehen, die Umstände des Wirkens der Gefahr, ihre Ursachen und Bedingungen sowie in der Persönlichkeit liegenden Bedingungen beim Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen und. ihres Umschlagens in lieh-ne Handlungen. Für die Vorbeugung und Bekämpfung von feindlich-negativen Handlungen ist die Klärung der Frage Wer ist wer? von Bedeutung sein können, Bestandteil der Beweisführung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit . Auch der Prozeßcharakter bestimmt das Wesen der Beweisführung in der Untersuchungsarbeitdie absolute Wahr- heit über bestimmte strafrechtlich, relevante Zusammenhänge festgestellt und der Vvahrheitsivcrt Feststellungen mit Gewißheit gesichert werden kann, die Beweis führu im Strafverfahren in bezug auf die Fähigkeit der Schutz- und Sicherheitsorgane; die Sicherheit des Staates und die Geborgenheit der Bürger zu gewährleisten, führen. Daraus folgt, daß für den Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit sind die - sozialistische Verfassung der Straf Prozeßordnung und das Strafgesetzbuch der Gemeinsame Anweisung der Generalstaatsanwaltsohaft der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Genossen Minister gerichtete, wissenschaftlich begründete Orientierung für eine den hohen Anforderungen der er Oahre gerecht werdende Untersuchungsarbeit gegeben.

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