Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 745

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 745 (NJ DDR 1956, S. 745); Bedeutung, Inhalt und Form der Anklageschrift Von RUDI BELL, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin Seit dem Inkrafttreten der StPO von 1952 sind zwar Tausende von Anklageschriften gefertigt worden, jedoch gibt es noch kaum eine theoretische Auseinandersetzung über die Probleme der Anklageschrift. Die Staatsanwälte in der DDR stehen den Richtern insoweit nach, als diese bereits häufig über Bedeutung, Inhalt und Form der Urteile diskutiert haben. Die nachstehenden Überlegungen sollen deshalb Ansatzpunkte für eine Diskussion zu den Fragen der Anklageschrift sein. Die Bedeutung der Anklageschrift Durch die Anklageerhebung bringt der Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren zum Abschluß und überführt die Sache in die Zuständigkeit des Gerichts. Wie sich aus den Bestimmungen des fünften Abschnitts des dritten Kapitels der StPO ergibt, kann das Ermittlungsverfahren durch Maßnahmen der Volkspolizei oder des Staatsanwalts beendet werden. Von den hier vorgesehenen möglichen Maßnahmen ist die Anklageerhebung zweifellos die schwerstwiegende Entscheidung, da durch sie der bis dahin lediglich als Beschuldigter den Maßnahmen des Ermittlungsverfahrens ausgesetzte Täter den erhöhten Belastungen des gerichtlichen Verfahrens unterworfen wird. Bereits aus dem Aufbau des fünften Abschnitts der StPO, daraus, daß die Bestimmungen über die Einstellung (§§ 164, 165 StPO) und über die Rückgabe des Verfahrens an das Untersuchungsorgan (§ 167 StPO) den Bestimmungen über die Anklage §§ 168 und 169 StPO) vorangestellt sind, ergibt sich, daß die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens oder der Rückgabe der Sache zur weiteren Ermittlung ausgeschlossen sein muß, wenn sich der Staatsanwalt zur Anklageerhebung entschieden hat. Durch die Anklageerhebung und Übergabe der Sache an das Gericht begibt sich der Staatsanwalt seiner bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden alleinigen Verantwortung für das Verfahren. Er hat jedoch die Pflicht, sich auch weiterhin um den Fortgang des Verfahrens zu kümmern, wenn er auch die Maßnahmen nicht mehr zu verantworten hat. Mit der Anklageerhebung steht der Staatsanwalt für alle Maßnahmen ein, die im Laufendes Ermittlungsverfahrens durch die U-Organe oder ihn selbst getroffen wurden, insbesondere für die Allseitigkeit der Beweiserhebung und die fehlerfreie Ermittlung der Wahrheit. Er muß deshalb vor Anklageerhebung die Gewißheit haben, daß die Ermittlungen der richterlichen Kritik vor Eröffnung des Hauptverfahrens standhalten. Die Anklageerhebung und die Übergabe der Sache an das Gericht sind unwiderruflich. Der Beschuldigte selbst hat keine Möglichkeit, sie abzuwenden, und muß sich dem gerichtlichen Verfahren unterwerfen. Lediglich das Gericht selbst überprüft vor der Eröffnung des Hauptverfahrens die Angaben der Anklageschrift. Häufig bestehen noch Unklarheiten darüber, welchen Umfang und welche Richtung die sorgfältig prüfende Tätigkeit des Staatsanwalts vor Anklageerhebung haben muß und wann die Voraussetzungen für die Erhebung der Anklage gegeben sind. Das Gesetz selbst gibt hierfür nur recht unvollständige Hinweise. § 168 StPO weist lediglich allgemein an, daß Anklage zu erheben sei, wenn die Ermittlungen genügenden Anlaß hierzu bieten. Unter welchen Voraussetzungen aber ist das der Fall? Die Anklageerhebung erfolgt zu dem Zweck, den Beschuldigten einer gerichtlichen Bestrafung zu unterwerfen. Diese kann jedoch nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gegeben sind, d. h. ein Strafgesetz der DDR verletzt ist und auch nicht mangels Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat die Annahme eines Verbrechens ausgeschlossen ist. Dabei ist besonderes Augenmerk auf die Prüfung der Kausalität und der subjektiven Seite der Tat zu legen. Der Staatsanwalt muß also vor Erhebung der Anklage auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Tatsachenmaterials systematisch die gleichen Prüfungen anstellen wie später das Gericht vor der Urteilsfällung. Ausgenommen sind lediglich die exakten Überlegungen zum Strafmaß. Geht der Staatsanwalt so vor und hat er die Ermittlungen der Untersuchungsorgane ausreichend angeleitet und kritisch. überprüft, so kann es hinsichtlich der Anklageerhebung kaum zu Fehlentscheidungen kommen. Bti der Abfassung der Anklageschrift ist Klarheit über ihre Aufgabe und ihren Zweck erforderlich. Denn nach ihnen bestimmt sich im wesentlichen Inhalt, Form und Grenzen der Anklageschrift. In erster Linie erfüllt die Anklageschrift die Funktion eines Berichts des Staatsanwalts über die wesentlichen Ergebnisse der Ermittlungen an das Gericht. Der Richter soll möglichst kurz, aber doch umfassend einen Überblick über die tatsächlichen Geschehnisse erhalten. Gleichzeitig soll die Anklageschrift das Gerieht mit der rechtlichen Auffassung des Staatsanwalts und mit den evtl, zu beachtenden besonderen Umständen, die die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat kennzeichnen, bekanntmachen. Die Anklageschrift soll darüber hinaus dem Gericht durch Sammlung der Beweismittel die weitere Führung des Verfahrens erleichtern. Die Anklageschrift wendet sich aber gleichzeitig an den Täter und ist insoweit in erster Linie ein gegen ihn gerichteter Vorwurf. Der Täter ist nicht nur mit den Handlungen, die ihm zur Last gelegt werden (und die er ohnehin am besten kennt), vertraut zu machen. Er muß vielmehr bereits aus der Anklageschrift erfahren, inwieweit die von ihm begangene Handlung gesetzwidrig, gesellschaftsgefährlich, moralisch-politisch verwerflich und deswegen strafbar ist. Man muß dabei davon ausgehen, daß die Anklageschrift wesentlich intensiver als jedes andere Schriftstück gelesen wird, das der Beschuldigte während des Verfahrens in die Hand bekommt. Die erzieherische Wirkung, die von einer gut aufgebauten Anklageschrift ausgehen kann, ist deshalb besonders groß. Ihre erzieherische Wirkung ist wesentlich davon abhängig, inwieweit eine enge Sachbezogenheit der Ausführungen vorliegt. Daneben hat die Anklageschrift auch für den Beschuldigten den Zweck, ihn mit den Einzelheiten der gegen ihn erhobenen Vorwürfe vertraut zu machen und ihm gleichzeitig die gegen ihn gerichteten Beweise zu benennen, damit er ausreichend Gelegenheit für die Vorbereitung seiner Verteidigung erhält. Die Schwierigkeit bei der Abfassung der Anklageschrift besteht darin, den Inhalt des wesentlichen Ermittlungsergebnisses auf diese beiden Aufgaben der Anklage richtig abzustimmen. Weder darf die Form des nüchternen Berichts überbetont werden, da sonst die erzieherische Aufgabe gegenüber dem Täter zu kurz kommt, noch darf man die politisch-moralischen Ausführungen zu stark in den Mittelpunkt stellen. Die konkrete Gestaltung hängt naturgemäß sehr stark von dem Inhalt des zu behandelnden Verbrechens ab. Auf jeden Fall muß man sich der doppelten Aufgabe der Anklageschrift stets bewußt sein. Gliederung und Inhalt der Anklageschrift Gliederung und Inhalt der Anklageschrift müssen ihrer Aufgabe und ihrem Zweck angepaßt sein. § 169 StPO enthält keine vollständige Bestimmung des Inhalts der Anklageschrift. In der Praxis hat sich seit langem folgende Gliederung herausgebildet: Rubrum, Tenor, Beweismittel, wesentliches Ermittlungsergebnis und Antrag. In dieser Reihenfolge wird die Anklageschrift auch nach der StPO von 1952 aufgebaut, obwohl § 169 ihre einzelnen Elemente in anderer Reihenfolge aufzählt. Da sich jedoch diese Gliederung als zweckmäßig erwiesen hat, ist es überflüssig, hierüber weitere Erörterungen anzustellen. Dagegen soll hier eine Reihe von Fragen behandelt werden, die sich in der Praxis zu den einzelnen Teilen der Anklageschrift ergeben haben. 1. Das Rubrum Das Rubrum der Anklageschrift (dieser Teil wird so bezeichnet, weil er früher einmal mit Rotstift ge- 745;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 745 (NJ DDR 1956, S. 745) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 745 (NJ DDR 1956, S. 745)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Einschätzung von Sachverhalten die Gesetzwidrig-keit des verfolgten Ziels eindeutig zu bestimmen und unumstößlich zu beweisen. Weitere Potenzen zur verbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von subversiven Handlungen feindlich tätiger Personen im Innern der Organisierung der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen sowie mit den Werktätigen insgesamt, die gesellschaftlichen Kräfte des Sozialismus insbesondere zur vorbeugenden und zielgerichteten Bekämpfung der zersetzenden Einflüsse der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung enthalten sind, kann jedoch nicht ohne weitere gründliche Prüfung auf das Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise der Unterscheidung wahrer und falscher Untersuchungsergebnisse detailliert untersucht und erläutert. An dieser Stelle sollen diese praktisch bedeutsamen Fragen deshalb nur vom Grundsätzlichen her beantwortet werden. Die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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