Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 706

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 706 (NJ DDR 1956, S. 706); soll Frau R. ohne Hinterlassung von Abkömmlingen verstorben sein und auch von den in den Grundbuchunterlagen aus dem Jahre 1919 vermerkten Angehörigen jede Spur fehlen. Es mag hier dahingestellt bleiben, ob nach einem langen Zeitraum der Verschollenheit überhaupt noch eine Abwesenheitspflegschaft zulässig ist. Voraussetzung aber auch der Abwesenheitspflegschaft ist, daß die Angelegenheiten des Abwesenden der Fürsorge bedürfen, und das ist hier nicht der Fall. Wohl aber kann die Antragstellerin im Wege des Aufgebotsverfahrens gern. § 1170 BGB, für das die Voraussetzungen gegeben sind, erreichen, daß die Hypothek auf die Grundstückseigentümer Übergent und damit die Möglichkeit der Löschung gegeben ist. Ihr sind der Gläubiger die Erben der eingetragenen Gläubigerin der Person und dem Aufenthalt nach unbekannt, und seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung sind zehn Jahre vergangen. Während dieser Zeit ist auch nicht das Recht des Gläubigers von dem Eigentümer in einer nach § 208 BGB zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden. Das Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB gibt gerade für solche Fälle wie den vorliegenden die Möglichkeit, ohne Beibringung der Urkunden Eintragungen über erloschene Hypotheken aus dem Grundbuch zu beseitigen. Bemerkt wird hierzu noch, daß das Aufgebotsverfahren und das zu erlassende Ausschlußurteil die persönliche Forderung des Gläubigers nicht berühren, sondern sich nur auf die Hypothek erstrecken. (Mitgeteilt von Ellenor Oehler, Staatliches Notariat Meißen) Anmerkung: Das Notariat hat richtig erkannt, daß bei dem vorliegenden Sachverhalt der Eigentümer einen speziell für solche Fälle vom Gesetz vorgesehenen Weg zur Beseitigung der Hypothekeneintragung in der Gestalt des Hypothekenaufgebots besitzt, so daß der Umweg über die Bestellung eines Pflegers nicht gegangen zu werden braucht wobei ergänzend noch zu sagen ist, daß selbst dann, wenn die Zehnjahresfrist des § 1170 BGB noch nicht verstrichen oder seine sonstigen Voraussetzungen nicht gegeben wären, das Aufgebot immer noch nach § 1171 zulässig wäre. Wenn also auch gegen das Ergebnis des Beschlusses im konkreten Falle nichts einzuwenden ist, so muß doch etwas zu seiner Begründung gesagt werden. Die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft kam von vornherein und nicht aus den Gründen des Beschlusses nicht in Frage, da diese das Vorhandensein eines „Nachlasses“ voraussetzt und im vorliegenden Falle noch nicht einmal feststeht, ob die eingetragene Gläubigerin verstorben ist. Im übrigen geht der Beschluß von der grundsätzlichen Erwägung aus, daß Pflegschaften, insbesondere solche nach §§ 1911 und 1913 BGB, nur dann angeordnet werden dürfen, wenn sie zur Wahrung der Interessen des oder der gesetzlich zu Vertretenden erforderlich sind, und folgt damit, ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, der jenen Vorschriften durch die bürgerliche Rechtsprechung gegebenen Auslegung. Selbst wenn diese Rechtsprechung ohne weiteres zu übernehmen wäre, so darf man nicht übersehen, daß mich nach ihr bei der Beurteilung der Frage, ob ein Interesse des zu Vertretenden vorliegt, großzügig zu verfahren ist, es insbesondere genügt, wenn auch ein solches Interesse ersichtlich ist, möge im übrigen für die Antragstellung vielleicht das Interesse eines Dritten ausschlaggebend gewesen sein. Für eine solche Möglichkeit ist der entschiedene Fall (wenn man hier einmal von den Sondervorschriften der §§ 1170, 1171 BGB absieht) ein ausgezeichnetes Beispiel: Sicher hat die Eigentümerin den Antrag im Interesse der Bereinigung ihres Grundbuches gestellt aber liegt die Ermittlung der Hypothekengläubiger durch einen Pfleger nicht auch in deren Interesse? Es ist doch ganz offensichtlich, daß die etwaigen unbekannten Erben der Hypothekarin vom Vorhandensein eines ihnen zustehenden Vermögensobjekts nicht die geringste Ahnung haben, da sie sich andernfalls um seine Einziehung und Verteilung längst gekümmert hätten. Wenn man sie also ermittelt und ihnen zu ihrem Gelde verhilft, so ist doch zweifellos damit ihren wirtschaftlichen Interessen gedient und schon dieser Umstand sollte auch nach der früheren Rechtsprechung dazu genügen, um die Anordnung einer Pflegschaft für zulässig zu halten. Schließlich wird nur durch ein solches Verfahren, das beiden Teilen förderlich ist, nicht aber durch formale Ablehnung des staatlichen Rechtsschutzes die Aufgabe des Rechts in unserer Gesellschaft erfüllt. Darüber hinaus aber ist es m. E. erforderlich, die übernommene Rechtsprechung einer Nachprüfung zu unterziehen. Daß das Motiv einer Fürsorge für die Angelegenheiten eines abwesenden oder unbekannten Beteiligten die Wahrnehmung des Interesses dieser Personen sein muß, steht nicht ausdrücklich im Gesetz, sondern ist ein in der Rechtsprechung herausgebildeter Grundsatz. Es scheint mir überaus charakteristisch für die Mentalität der Gerichte des kapitalistischen Staates zu sein, daß sie in diesem Zusammenhang immer nur zwei Alternativen sehen: die Interessen des zu Vertretenden und die Interessen eines Dritten, aber die offensichtliche dritte Möglichkeit, daß die Anordnung der Pflegschaft durch Interessen der Allgemeinheit, d. h. also durch staatliche Interessen geboten wird, überhaupt nicht in Erwägung ziehen. Gerade das staatliche Interesse aber wird in unserer Ordnung kraft der neuen Funktionen des sozialistischen Staates immer häufiger an derartigen Fällen mitbeteiligt sein. Beim vorliegenden Tatbestand braucht man sich nur vorzustellen, daß die Eintragung, um deren Löschung es sich handelt, nicht eine Hypothek ist (zu deren Löschung man auch auf dem Wege über §§ 1170, 1171 BGB gelangen kann), sondern etwa eine Auflassungsvormerkung oder eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht, und daß seit der Eintragung des verschollenen Berechtigten noch nicht zehn Jahre verstrichen sind, mit anderen Worten also: daß eine Eintragung vorliegt, die sich einerseits durch keines der gesetzlich vorgesehenen Aufgebotsverfahren (§§ 887, 1104, 1112, 1170 BGB) beseitigen läßt, die andererseits aber ebenso wirksam wie im vorliegenden Falle das Eingetragensein der alten Hypothek die Aufnahme einer neuen Hypothek verhindern kann. Dia neue Hypothek aber braucht der Eigentümer laut Sachverhalt „für Bauarbeiten“, möglicherweise also für die Reparatur alten oder die Schaffung neuen Wohnraums, für Zwecke also, an deren Erfüllung unser Staat ein hohes Interesse hat. Und dieser Zweck sollte vereitelt werden dürfen, weil die Bestellung eines Pflegers, der die erforderlichen Erklärungen abgeben könnte, durch die Interessen des verschollenen oder unbekannten Berechtigten nicht erfordert wird?! Hier zeigt sich also, daß die bisherige Rechtsprechung über die Voraussetzungen der Pflegschaftsanordnung nicht so bedenkenlos übernommen werden kann, wie es das Notariat in seinen grundsätzlichen Ausführungen tut, sondern zum mindesten eine Modifikation dahin erfahren muß, daß auch ein mitbeteiligtes staatliches Interesse die Bestellung eines Pflegers nach §§ 1911, 1913 BGB rechtfertigen kann. Das Gesetz steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Dabei ist ein Vorbehalt lediglich dahin zu machen, daß der Pfleger keinesfalls gegen die Interessen des von ihm Vertretenen handeln darf das vertrüge sich nicht mit dem Wesen der Pflegschaft. Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: falls sich der Pfleger nicht mit Sicherheit davon überzeugen könnte, daß die für seinen Pflegebefohlenen eingetragene Auflassungsvormerkung oder Reallast oder ein Vorkaufsrecht usw. obsolet geworden ist, würde er gegenüber einem Verlangen auf Löschung darauf hinzuweisen haben, daß auch mit einer Vorrangsräumung für die neue Hypothek der gewünschte Zweck zu erreichen sei und würde nur eine solche bewilligen dürfen. Eine Schädigung des von ihm Vertretenen würde daraus nicht erwachsen können, da die Verwendung einer Baugeldhypothek den Grundstückswert entsprechend erhöht; der zurückkehrende Verschollene oder nachträglich bekannt gewordene Gläubiger, der seine Rechte aus den genannten Eintragungen geltend zu machen wünschte, würde sich wirtschaftlich in keiner schlechteren Lage als zuvor befinden. Als Folgerung ergibt sich der immer wieder erforderliche Hinweis darauf, daß bei der Anwendung von Grundsätzen, die nicht unmittelbar im Gesetz niedergelegt, sondern von der bürgerlichen Rechtsprechung herausgebildet worden sind, mit ganz besonderer Sorgfalt geprüft werden muß, ob diese Grundsätze auch tatsächlich Bestandteil des Rechts unseres Staats sein können, Prof. Dr, Hans Nathan 706;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 706 (NJ DDR 1956, S. 706) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 706 (NJ DDR 1956, S. 706)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Tatausführung vorgenommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, als auch bei der Bearbeitung und beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Die Notwendigkeit der auf das Ermittlungsverfahren bezogenen engen Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Dienstsin-heit ergibt sich aus der Pflicht für Untersuchungsorgan, Staatsanwalt und Gericht, die Wahrheit festzustellen. Für unsere praktische Tätigkeit bedeutet das, daß wir als staatliches Untersuchungsorgan verpflichtet sind, alle Tatsachen in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen.

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