Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 684

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 684 (NJ DDR 1956, S. 684); Die Einhaltung der Praktikantenordnung eine Frage der Gesetzlichkeit in der Kaderarbeit Von HEINZ SEIFERT, Abteilungsleiter im Ministerium der Justiz Der Aufbau des Sozialismus erfordert Menschen, die sich durch fachliches Können und starke politische Verbundenheit zur Arbeiter-und-Bauern-Macht auszeichnen. Diese Menschen, die den Staat und die Wirtschaft lenken und leiten, wachsen aber nicht von selbst in ihr Aufgabengebiet hinein; vielmehr obliegt es dem Staatsapparat, für die Entwicklung seiner Mitarbeiter Sorge zu tragen, sie in ihrer Arbeit ständig anzuleiten. Das gilt besonders für die Absolventen der Hochschulen, die auf Kosten der Arbeiter-und-Bauern-Macht studierten und nun die Verpflichtung erfüllen, ihr theoretisches Wissen dem Staat zur Verfügung zu stellen, die aber auf ihrem künftigen Arbeitsgebiet noch keine praktischen Erfahrungen haben. Diese ersten Schritte in das Berufsleben sind entscheidend für den Weg der fachlichen und politischen Entwicklung des einzelnen und verdienen deshalb große Beachtung. Die Verantwortung dafür ist nach dem Ministerratsbeschluß vom 30.9.1954 den Leitern der staatlichen Organe übertragen worden. Davon ausgehend, hat das Kollegium des Justizministeriums durch Beschluß festgelegt, daß in der Justiz diese Leiter die Direktoren der Gerichte und Leiter der JVSt. sind. Der Kreis der Mitarbeiter, für deren fachliche und politische Entwicklung sie die Verantwortung tragen, regelt sich nach der ihnen bekanntgegebenen Nomenklatur und der Justizverwaltungsordnung vom 15. 2.1954. Die Übertragung dieser Verantwortung ist zugleich ein Anfang der im Rahmen der weiteren Demokratisierung möglichen Lockerung einer zu straffen zentralisierten Leitung. Um den in die juristische Praxis tretenden Absolventen eine konkrete Anleitung und Unterstützung für den Anfang ihrer richterlichen Tätigkeit zu geben, erließ der Minister der Justiz bereits im Januar 1954 die „Anordnung über die Einführung der Praktikantentätigkeit für Richter“1), deren richtige Anwendung es den Absolventen ermöglicht, organisch in die juristische praktische Tätigkeit hineinzuwachsen. Sie ist mehr als die spontan aus der Zusammenarbeit des Richterkollektivs entsprungene allgemeine Hilfe und Unterstützung für den „jungen Richter“, die doch nur gewährt wurde, wenn er darum ersuchte. Sie begründet die gesetzliche Verpflichtung aller für die Kaderarbeit verantwortlichen Justizfunktionäre, für eine regelrechte Betreuung und Kontrolle der Arbeit der Praktikanten zu sorgen. Der Inhalt der Praktikantenordnung wird den Praktikanten bei ihrer Einführung durch den Minister bekanntgegeben. Die Leiter der Justizverwaltungsstellen, die 1955 hierbei anwesend waren, wurden dabei ausdrücklich auf ihre sich aus der Praktikantenordnung ergebende Verpflichtung hingewiesen, für eine richtige Betreuung durch die Gerichte Sorge zu tragen. Bisher waren dem Ministerium keine Fälle bekanntgeworden, die auf eine Mißachtung der Praktikantenordnung schließen ließen; allerdings hat sich die Kaderabteilung im vergangenen Jahr mit sehr vereinzelten sporadischen Kontrollen hierüber begnügt. Deshalb hielten wir eine Teilnahme der Leiter der Justizverwaltungsstellen an der Einführung 1956 nicht für erforderlich. Die Kaderabteilung des Justizministeriums wies aber die Leiter der Justizverwaltungsstellen sofort nach der Einführung der Praktikanten durch den Minister noch einmal schriftlich auf ihre Verantwortung hin und forderte sie auf, über die von ihnen getroffenen Maßnahmen zu berichten. Diese Berichte gingen, mit Ausnahme des Bezirks Magdeburg, aus allen Bezirken ein. Sie ließen erkennen, daß die Leiter und Kaderhauptinstrukteure sich ernsthaft darum bemühten, eine richtige Arbeitsaufnahme, entsprechend der Praktikantenordnung, zu gewährleisten. So hatten nach den Berichten eine Reihe von Justizverwaltungsstellen wie Karl-Marx-Stadt, Halle, Cottbus u. a. nicht nur einen Richter am Gericht- meist den Kreisgerichtsdirektor als Betreuer bestimmt, sondern auch den für das Kreisgericht zuständigen Instrukteur der Justizverwaltungsstelle beauftragt, die Urteile der i) Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums der Justiz, 1954, Nr. 7 und 8. 684 Praktikanten mit diesen auszüwerten, um ihnen so eine unmittelbare Anleitung zu geben. Dieser Urteilsauswertung kommt in der gegenwärtigen Zeit eine besondere Bedeutung zu. Die Praktikanten haben zu einer Zeit ihre richterliche Tätigkeit aufgenommen, in der an den Gerichten in Verbindung mit der täglichen Arbeit eine ständige Auseinandersetzung über die Fragen der weiteren Festigung der Gesetzlichkeit, der Festigung der Unabhängigkeit des Richters und vor allem über den Inhalt der neuen Strafpolitik breiten Raum einnehmen müssen. In dieser Atmosphäre bemüht sich der Praktikant um die Erzielung richtiger Arbeitsergebnisse, d. h. nicht nur um einen richtigen Urteilsspruch, sondern auch um eine überzeugende Urteilsbegründung und die Sicherheit in der Verhandlungsführung. Es ist eine alte Erfahrung, daß dabei vielfach die Urteile der alten Urteilssammlungen oder die routinemäßige Verhandlungsführung, vor allem in Zivilsachen, zum Vorbild genommen wird, obwohl diese durchaus nicht immer richtig waren und es heute noch weniger sind. Die Einschätzung dieser Situation und die sich daraus ergebenden Maßnahmen haben auch im Dokument des Kollegiums des Ministeriums der Justiz zur Auswertung der 3. Parteikonferenz der SED für die Arbeit der Justizorgane Ausdruck gefunden2). Weil es so besonders darauf ankommt, die Praktikanten nicht erst alte Fehler, die der Festigung der Gesetzlichkeit abträglich sind, wiederholen zu lassen und sie erst dann auf den richtigen Weg zu führen, verfügte der Minister, daß alle operativen Mitarbeiter des Ministeriums, wenn sie in einen Bezirk kommen, in dem Praktikanten eingesetzt sind, sich um diese zu kümmern haben. Dennoch ist diese erweiterte An-leitungs- und Kontrolltätigkeit nicht voll wirksam geworden. Erst auf Grund von Hinweisen, die noch als Einzelfälle gewertet wurden, führte die Kaderabteilung des Ministeriums Kontrollen durch. Die dabei getroffenen Feststellungen, die durchaus verallgemeinert werden können, ergaben, daß viele Funktionäre, die vor allem unmittelbar für die Anleitung der Praktikanten verantwortlich sind, es damit nicht ernst genommen haben und die Leiter der Justizverwaltungsstellen und Kaderhauptinstrukteure es an der notwendigen Kontrolle fehlen ließen. Im Abschnitt II der Praktikantenordnung ist festgelegt, daß der Kreisgerichtsdirektor oder ein Richter des Gerichts mit der ständigen Betrauung des Praktikanten zu beauftragen ist. Daraus ergibt sich doch zweifelsfrei, daß der Praktikant bei mehrwöchiger Abwesenheit des betreuenden Richters nicht sich selbst überlassen bleiben darf, wie dies bei den Kreisgerichten Werdau, Fürstenwalde, Strausberg und Osterburg der Fall war. Ganz unverantwortlich aber ist es, dem jungen Kollegen außerdem noch die Leitung des Gerichts zu übertragen, wie dies z. B. bei den Kreisgerichten Strausberg, Zerbst und Calau geschah. Eine derartige Verletzung der Praktikantenordnung kann man auch nicht mit Mangel an Kreisgerichtsdirektoren im Bezirk oder mit der Behauptung entschuldigen, der Praktikant sei vorher schon einige Jahre Rechtspfleger gewesen. Warum konnte man zur Wahrung eines so wichtigen Prinzips der Kaderpolitik, wie es die Betreuung des Praktikanten darstellt, nicht einen Richter eines anderen Gerichts für einige Zeit abordnen, zumal dies stets auch in nicht immer notwendigen Fällen zur Beseitigung von Arbeitsresten ermöglicht wurde? An einigen weiteren Gerichten verstanden die Betreuer unter Anleitung nur, daß der junge Kollege mit seinen' Fragen stets zu ihnen kommen kann. Wer hilft aber dem Praktikanten, den richtigen Weg zu finden, wenn er keine Fragen stellt, weil er irrtümlich annimmt, selbst Bescheid zu wissen? Daß gegen die Urteile selten Berufung eingelegt wurde, ist im Gegensatz zu der von manchen Praktikanten geäußerten Ansicht kein eindeutiger Beweis für eine gute Qualität der Recht- 2) NJ 1956 S. 263.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 684 (NJ DDR 1956, S. 684) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 684 (NJ DDR 1956, S. 684)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, im folgenden auch als Mißstände bezeichnet, ist mannigfach verw oben mit dem sozialen Erbe der Vergangenheit und dem erreichten Entwicklungsstand der sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen.

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