Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 682

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 682 (NJ DDR 1956, S. 682); Strafgesetze ihre erzieherischen Aufgaben nicht mehr voll verwirklichen können. In dieser Beziehung brachte auch die Bekanntmachung vom 20. März 1954 mit der Liste der wirtschaftsregelnden Anordnungen, deren Strafdrohungen aufrechterhalten werden (GBl. S. 316), nicht die notwendige Klarheit, da sie die Gesetze der Volkskammer, die Verordnungen des Ministerrates und die in dieser Hinsicht besonders überprüfungsbedürftigen Verordnungen und Anordnungen der früheren Deutschen Wirtschaftskommission unberührt ließ. Zur Charakterisierung des geltenden Rechtszustandes ist noch folgender Umstand zu nennen: Neben den Strafbestimmungen zum Schutze unserer Volkswirtschaft mit selbständiger Strafdrohung, z. B. § 24 des Gebrauchsmustergesetzes vom 18. Januar 1956 (GBl. I S. 105) und § 19 des Gesetzes vom 8. Februar 1956 über Devisenverkehr und Devisenkontrolle (GBl. I S. 321), steht eine Reihe von Rechtsnormen unter der Strafdrohung von Blankettgesetzen, die zum Teil von unserem Staat sanktioniert worden sind. Ein großer Teil von Strafbestimmungen verweist auf § 9 WStVO, z. B. § 13 des Gesetzes vom 26. September 1955 über den Verkehr mit Edelmetallen, seltenen Metallen, Edelsteinen und echten Perlen sowie Erzeugnissen aus Edelmetallen, seltenen Metallen und Edelsteinen (GBl. I S. 654) und § 8 der VO vom 22. Dezember 1955 über die Regelung der vertraglichen Verpflichtungen der privaten Industriebetriebe als Lieferer (GBl. 1956 I S. 7). Praktische Bedeutung hat weiter das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) in der Fassung vom 17. Januar 1936 (RGBl. I S. 17) und der VO vom 14. August 1943 (RGBl. I S. 488), nach dem z. B. Zuwiderhandlungen gegen die AO vom 20. September 1955 über die Verwendung von Polyphosphaten als Quellsalze bei der Herstellung von Brüh- und Kochwürsten (GBl. I S. 651) strafbar sind. Die AO vom 21. November 1955 zur Bekämpfung der Myxomatose der Kaninchen (GBl. I S. 846) bezieht sich in der Strafbestimmung des § 10 auf das Viehseuchengesetz vom 28. Juni 1909 (RGBl. S. ,519). Außerdem findet u. a. noch die Abgabenordnung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161) Anwendung; vgl. z. B. § 15 der StÄVO vom 23. Juli 1953 (GBl. S. 889) und § 21 des Devisengesetzes vom 8. Februar 1956 (GBl. I S. 321). Es sollte deshalb geprüft werden, inwieweit der in der Neufassung des § 9 WStVO zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, nur noch Zuwiderhandlungen gegen Gesetze der Volkskammer und Verordnungen des Ministerrates unter den Strafschutz dieser Bestimmung zu stellen, auch bei anderen Blankettgesetzen, z. B. dem Lebensmittelgesetz und dem Viehssuchengesetz, berücksichtigt werden kann. Allgemein müssen die geltenden Strafbestimmungen bei einer zukünftigen Neuregelung auch in der Richtung überprüft werden, ob und in welchem Umfang die Strafbarkeit einzelner Handlungen als Verbrechen noch notwendig ist, wobei die neuen Erfordernisse unserer gesellschaftlichen Entwicklung zu berücksichtigen sind. 4. In den Strafrechtsnormen sind die Merkmale der Ausführungshand1ung des Verbrechens so konkret zu beschreiben, daß sich die Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eindeutig aus dem gesetzlichen Tatbestand ergeben. Nur dann kann man zwischen der grundsätzlich straflosen Vorbereitung eines Verbrechens und der strafbaren Ausführung unterscheiden. Nur dann besteht auch die Möglichkeit, bei einem versuchten Verbrechen die Strafe innerhalb der gesetzlichen Grenzen zu mildern und außerdem, wenn die gesetzlichen Verletzungen vorliegen, die persönlichen Strafaufhebungsgründe des Rücktritts und der tätigen Reue gern. § 46 StGB anzuwenden, was aus rechtspolitischen Erwägungen nicht eingeengt werden sollte. Bei einer Neuregelung der Strafbestimmungen zum Schutze des innerdeutschen Handels sollte geprüft werden, ob die Ausfuhr von Waren nach Westdeutschland oder Westberlin entgegen der geltenden Regelung des innerdeutschen Handels unter Strafe gestellt werden kann (mit ausdrücklicher Strafbarkeitserklärung des Versuchs) oder ob die bestehende Regelung der Strafbarkeit des Unternehmens wegen der besonderen Gesellschaftsgefährlichkeit dieser Verbrechen beizubehalten ist; dann sollte man allerdings für den Fall der freiwilligen Aufgabe des Transports vor der Ausfuhr einen persönlichen Strafaufhebungsgrund in Erwägung ziehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die' Auslegung des Begriffs „ausführen“ nach der AO vom 23. März 1949 über die Ein- und Ausfuhr von Zahlungsmitteln (ZVOB1. S. 211), wie sie das Bezirksgericht Erfurt in seinem Urteil vom 3. Juni 1955 (NJ 1956 S. 30) vornimmt, falsch ist. Wenn die AO die „Ausfuhr“ von Zahlungsmitteln unter Strafe stellt, so ist das Verbrechen erst dann vollendet, wenn der Täter tatsächlich „ausgeführt“ hat, d. h. wenn er die Zahlungsmittel aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verbracht hat. Man kann den Begriff „Ausfuhr“ nicht im Sinne des Unternehmens der Ausfuhr als „Mitführen von Zahlungsmitteln bei der Ausreise nach Westdeutschland oder Westberlin“ verstehen. Ähnlich verlangt z. B. der Begriff des Tötens nach § 212 StGB die Verursachung des Todes eines anderen Menschen und nicht nur die Tätigkeit des Tötens. Es ist nicht einzusehen, welche grundsätzlichen Bedenken in der von dem BG Erfurt entschiedenen Strafsache gegen die Annahme eines versuchten Verbrechens, das gern. § 12 der AO vom 23. März 1949 in Verbindung mit §§ 9, 12 WStVO strafbar ist, bestehen sollten. 5. In einer Reihe von Strafbestimmungen wird ein bestimmter Gegenstand des Verbrechens bezeichnet. Es entspricht der demokratischen Gesetzlichkeit, den Gegenstand des Verbrechens durch eine gesetzliche Begriffsbestimmung genau zu beschreiben und damit die Gefahr eines Mißverstehens und einer fehlerhaften Auslegung des Begriffs auszuschließen. Aber auch hier ist klar, daß eine derartige exakte Begriffsbestimmung, wie sie allgemein angestrebt werden sollte, eine Reihe Erfahrungen voraussetzt. In letzter Zeit hat die Gesetzgebung bereits diese Notwendigkeit einer Legaldefinition immer stärker erkannt. So erklärt § 1 der VO vom 5. August 1954 über den Geschenkpaket- und -päckchenverkehr auf dem Postwege mit Westdeutschland, Westberlin und dem Ausland (GBl. S. 727) den Begriff „Geschenksendungen“, § 1 des Gesetzes vom 26. September 1955 über den Verkehr mit Edelmetallen, seltenen Metallen, Edelsteinen und echten Perlen (GBl. I S. 654) die Begriffe „Edelmetalle, seltene Metalle und Edelsteine“ und § 6 des Devisengesetzes vom 8. Februar 1956 (GBl. I S. 321) den Begriff „Devisenwerte“. Bei einer künftigen Neuregelung sollte der Gesetzgeber unter Verwertung der bisherigen Erfahrungen z. B. auch den Begriff der Ware im Sinne der heutigen Regelung des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels näher definieren, damit Unklarheiten bei der Anwendung des Gesetzes weitgehend ausgeschaltet sind. 6. Ein weiteres Problem ist die Kennzeichnung der schweren, besonders schweren, minderschweren und leichten Fälle, die im Vergleich zum Grundtatbestand mit einer relativ höheren oder niedrigeren Strafdrohung verbunden werden. Dabei besteht die Aufgabe der Gesetzgebung darin, einen Normaltatbestand zu schaffen und, davon ausgehend, die schweren und weniger schweren Fälle möglichst durch zusätzliche, speziellere Tatbestandsmerkmale zu beschreiben. Die Lösung dieser Aufgabe setzt eine ausreichende praktische Erfahrung voraus, um das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen zu können und so jede bedenkliche Kasuistik zu vermeiden. Es werden z. B. in § 63 Abs. 1 der VO vom 10. November 1955 über die Pflichtablieferung und den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse (GBl. I S. 801) eine Reihe von Handlungen als Verbrechen mit den Strafen des § 9 WStVO bedroht. In Abs. 2 wird für leichte Fälle eine bestimmte Ordnungsstrafe angedroht. Dieser Aufbau steht in Einklang mit der Systematik der WStVO, die grundsätzlich zwischen dem Normalfall, dem schweren und dem leichten Fall unterscheidet (vgl. z. B. § 3 Abs. 1; § 3 Abs. 2 i. V. mit § 11; § 20 WStVO). Etwas anders verhält es sich mit der VO vom 22. Dezember 1955 über die Regelung der vertraglichen 682;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 682 (NJ DDR 1956, S. 682) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 682 (NJ DDR 1956, S. 682)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen. Die Ergebnisse der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz Betroffene ist somit grundsätzlich verpflichtet, die zur Gefahrenabwehr notwendigen Angaben über das Entstehen, die Umstände des Wirkens der Gefahr, ihre Ursachen und Bedingungen sowie der Täterpersönlichkeit als Voraussetzung dafür, daß jeder Schuldige konsequent und differenziert strafrechtlich zur Voran twortvmg gezogen werden kann, aber kein Unschuldiger verfolgt wird, die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis. Die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht: ihre effektive Nutzung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat erfolgten Eröffnung der Befragung,sind alle weiteren Maßnahmen auf der. Grundlage der durchzuführen und abzuschließen. Bei der Durchführung der Sachverhaltsklärung nach Gesetz ist zu beachten, daß die in den entsprechenden Vorschriften der geforderten tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind und welche rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sind.

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