Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 649

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 649 (NJ DDR 1956, S. 649); An dieser Initiative des Obersten Gerichts fehlt es; im Gegenteil muß man sogar sagen, daß das Oberste Gericht in zahlreichen Fällen selbst dann, wenn sich eine Gelegenheit bietet, notwendigen Stellungnahmen, die sich irgend vermeiden lassen, ausweicht. Diese mangelnde Entscheidungsfreudigkeit in grundsätzlichen Fragen widerspiegelt sidi unmittelbar in der Zahl der veröffentlichten Grundsatzentscheidungen. Der Vergleich der drei Bände Entscheidungen in Zivilsachen und der zweieinhalb Bände Entscheidungen in Strafsachen (selbst unter Zurechnung der inzwischen in der NJ veröffentlichten Entscheidungen) mit den 19 bzw. 8 Bänden der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist, wir geben es zu, nur bedingt brauchbar aber ist es gestattet, hier ein persönliches Erlebnis mitzuteilen, das einen besseren Vergleich ermöglicht? Gelegentlich einer Studienreise nach Rumänien im Mai diesen Jahres wurde ich auch vom Präsidium des Obersten Tribunals in Bukarest zu einer mehrstündigen Aussprache empfangen; das Gespräch kam naturgemäß auch auf die Methode der Sammlung von Entscheidungen, und auf eine dahingehende Frage zeigte der Präsident, Herr Dr. Voitinovic, mit einem gewissen Stolz auf eine stattliche Reihe von Büchern, j e etwa 8 10 Bände Entscheidungen des Obersten Tribunals in Zivil- und in Strafsachen, erlassen in der Zeit seit 1948! Man wird verstehen, daß mich die entsprechende Gegenfrage in Verlegenheit brachte Der Vergleich ist vollgültig: Rumänien hat nicht nur dieselbe gesellschaftliche Ordnung, sondern auch nahezu dieselbe Einwohnerzahl wie die Deutsche Demokratische Republik, seine „Rechtsbeschwerde“ entspricht unserer Kassation und die Besetzung des Obersten Tribunals ist nicht stärker als die des Obersten Gerichts; auch dort arbeitet man noch weitgehend mit übernommenen Gesetzen im Zivilrecht z. B. mit dem code civil , und die juristischen Probleme sind, wie immer wieder und auf allen Gebieten festzustellen war, weithin die gleichen wie bei uns. Zu ihrer Bewältigung aber leistet, wie schon die große Anzahl der grundsätzlichen Entscheidungen zeigt, das Oberste Tribunal die wirksamste Hilfe; besonders interessant in diesem Zusammenhang war die Information, daß die Zahl der vom Präsidenten des Obersten Tribunals beantragten Kassationen die Zahl der Kassationsanträge des rumänischen Generalprokurators um etwa das Dreifache übersteigt. Soviel zur Anleitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht; aber auch mit der zweiten Äußerung von Heinrich kann man nicht einverstanden sein. „Selbstverständlich“, meint Heinrich, seien auch Urteile des Obersten Gerichts der wissenschaftlichen Kritik zugänglich, aber wenn es sich um eine „Grundsatzentscheidung“ handele, durch welche „die Einheitlichkeit der Auffassung“ in einer bestimmten Frage hergestellt werde, dann müsse die Kritik, um der Einheitlichkeit der Rechtsentwicklung nicht zu schaden, schon „in jeder Beziehung hieb- und stichfest“ sein. Verweilen wir zunächst einen Augenblick bei der Kennzeichnung des Urteils vom 8. Oktober 1'954 als „Grundsatzentscheidung“. Erinnert man sich, woraus diese „Grundsatzentscheidung“ des Inhalts, daß im Falle der Zurücknahme des Güteantrags eine Kostenerstattung nicht stattfinde, besteht? Aus einem Nebensatz, enthaltend knapp 7 einspaltige Zeilen, nachzulesen in der „Neuen Justiz“ 1956 S. 63, 2. Spalte, vorletzter Absatz. Bei aller gebotenen Konzentration: eine grundsätzliche Entscheidung muß m. E. die Problematik der Rechtsfrage kennzeichnen, muß ihr Für und Wider knapp erörtern (wobei es oft nicht überflüssig ist, die in der Literatur vertretenen Auffassungen zu zitieren), um hieraus schließlich eine eigene überzeugende Auffassung zu entwickeln und zu begründen. Eine solche Methode ist nach meiner Meinung deshalb erforderlich, weil ja das Oberste Gericht zu den Instanzgerichten nicht im Verhältnis von Befehlshaber zu Befehlsempfängern steht, sondern mit seinen Entscheidungen Beispiele dafür geben soll, wie man an die Lösung von Zweifelsfragen herangeht, die anderen Gerichte juristisch erziehen, anleiten, belehren soll. Der Leser eines grundsätzlichen Urteils muß in der Lage sein, den Gedankengang der obersten Richter mitzugehen, ihre Gründe zu erfahren, sie selber zu durchdenken und zu überprüfen wie anders sollte er sich von der Richtigkeit des Urteils überzeugen, wie anders sollte er aus ihm lernen können? Die Methode, in einem Nebensatz, ohne Kennzeichnung der Problematik, ohne nähere Begründung auszusprechen, dies oder jenes sei in einer streitigen Frage Rechtens, ist ebenso verfehlt wie auf anderen Gebieten staatlicher Tätigkeit das „Administrieren statt Überzeugen“. Und zugleich sind solche „Grundsatzentscheidungen“ die Parallele zu dem Ausweichen des Obersten Gerichts vor Entscheidungen: wenn es dort darum ging, auch naheliegende Fragen nicht zu beantworten, sofern das nicht die unmittelbare Lösung des konkreten Falles erfordert, so geht es hier darum, bei der Begründung des Urteils auch nicht ein Wort zu verlieren, das über das bloße Verständliche machen der Entscheidung hinausgeht. Heinrich selbst proklamiert das letztere Prinzip; ein Urteil, so sagt er am Schluß seines Artikels, sei „mit wissenschaftlich-theoretischen Erörterungen nur insoweit zu versehen , als dies zu seinem Verständnis erforderlich erscheint“. Das aber bestreite ich: man muß nicht nur verstehen, was das Oberste Gericht will, sondern man muß auch davon überzeugt werden, daß es richtig ist, was das Oberste Gericht will! Der Genauigkeit halber eine Ergänzung: In jenem Nebensatz beruft sich das Oberste Gericht auf eine frühere Entscheidung derselben Frage, die möglicherweise eine Begründung enthält. Aber damit ist nicht das geringste geholfen: die frühere Entscheidung ist nicht veröffentlicht wir kennen sie nicht, vor allem ist und bleibt sie dem Gericht unbekannt, das durch das Urteil doch in erster Linie belehrt werden soll. Das Zitieren unveröffentlichter Entscheidungen ist, soweit die anleitende Aufgabe höchstrichterlicher Entscheidungen in Frage kommt, gänzlich wirkungslos; im vorliegenden Falle war es nicht geeignet, das Gewicht des „Nebensatzes“ zu vergrößern. Nicht ohne Anlaß habe ich mich bei der Kennzeichnung des Begriffs „Grundsatzentscheidung“ aufgehalten. Heinrich erklärt, daß an eine Kritik, soweit sie sich gegen Grundsatzentscheidungen richte, besonders hohe Anforderungen („hieb- und stichfest“) zu stellen seien. Unterstellt zunächst, diese Forderung sei begründet: wie soll man ihr entsprechen, wenn man der Entscheidung nicht ansieht, daß das Oberste Gericht sie als Grundsatzentscheidung zu erlassen beabsichtigt hat? Tatsächlich und damit wird die von Heinrich meinem Artikel erteilte Rüge von vornherein gegenstandslos war dies der Ablauf im konkreten Fall: Die nebensätz-liche Form, in der das Oberste Gericht unsere Rechtsfrage abgetan hatte, führte zu der Meinung, ihm sei die Problematik dieser Frage insonderheit die Tatsache, daß es sich gegen die weitaus überwiegende bisherige Rechtsprechung und alle in unserer Literatur lautgewordenen Auffassungen stelle gar nicht bewußt geworden! Und eben deshalb verfolgte mein Artikel völlig gutgläubig die Linie, erst von sich aus „die Frage grundsätzlich zu stellen“, so, wie das auch früher schon in dem einen oder anderen entsprechenden Falle geschehen ist. Wie steht es nun aber objektiv mit der Forderung Heinrichs hinsichtlich der Kritik an Grundsatzentscheidungen? Ich stimme ihm dahin zu, daß eine solche Kritik von höchstem Verantwortungsbewußtsein getragen sein muß. Das gilt übrigens für jede Kritik, aber es gilt in der Tat für die Kritik an einer sorgfältig begründeten grundsätzlichen Entscheidung des Obersten Gerichts in besonders hohem Maße. Denn bei ihr darf der Kritiker nicht nur an seine juristische Argumentation denken, sondern er muß auch die rechtspolitische Erwägung anstellen, ob der Fall es rechtfertigt, daß er mit seiner Kritik wieder Unsicherheit in die Rechtsprechung trägt. (Man kann nicht sagen, daß in unserer Literatur bisher verantwortungslos kritisiert worden wäre; im Gegenteil dürfte die Seltenheit einer Kritik an der Rechtsprechung des Obersten Gerichts auf eine allzu sorgfältige Beachtung jenes rechtspolitischen Gesichtspunkts zurückzuführen sein.) Aber über den hier gezeigten Rahmen hinaus kann keine Einschränkung der Kritik anerkannt werden, auch nicht gegenüber Grundsatzentscheidungen des Obersten Gerichts sie verstieße gegen elementarste Prinzipien der Entwicklung unserer Gesellschaft und unserer Wissenschaft. Insbesondere ist die Heinrich’sche Forderung, die Kritik müsse „hieb- und stichfest“ sein, kein brauch- 649;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 649 (NJ DDR 1956, S. 649) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 649 (NJ DDR 1956, S. 649)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zun subversiven Mißbrauch Jugendlicher auszuwerten und zu verallgemeinern. Dabei sind insbesondere weiterführende Erkenntnisse zur möglichst schadensverhütenden und die gesellschaftsgemäße Entwicklung Jugendlicher fördernde Verhinderung und Bekämpfung der Versuche dee Feindes zum Mißbrauch der Kirche für die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anlage zur Durehführungsbestimmung zur Dienstanweisung zur operativen Meldetätigkeit über die Bewegung, den Aufenthalt und die Handlungen der Angehörigen der drei westlichen in der BdL Anweisung des Leiters der Hauptabteilung zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Dienstobjekt Berlin-Hohenschönhausen, Ereienwalder Straße des Wachregimentes Peliks Dziersynski Lehrmaterial der Juristischen Hochschule Vertrauliche Verschlußsache Vertrauliche Verschlußsache Studienmaterial, Erfordernisse und Wege der Vervollkommnung der Leitungstätigkeit der Leiter unter-suchungsführender Referate der Linie Seite Vertrauliche Verschlußsache Lehrbuch, Vorkommnisuntersuchung - Anforderungen, Aufgaben und Wege zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Untersuchungsarbeit gelang es der Befehl mmni sunter Mehrzahl der Spezialkommissionen und den gemäß gebildeten Referaten die Wirksamkeit der Vor-uchung zu erhöhen und die Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten und das Zusammenwirken mit den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Organen und Einrichtungen, die Präzisierung oder Neufestlegung der Kontrollziele der und die sich daraus ergebenden Maßnahmen durch eine kontinuierliche und überzeugende politisch-ideologische Erziehungsarbeit zu bestimmen. Wir müssen uns dessen stets bewußt sein, daß gerade die im und nach dem Operationsgebiet zur rechtzeitigen Aufdeckung der durch imperialistische Geheimdienste und anderen feindlichen, insbesondere terroristischen und anderer extremistischer Zentren, Organisationen, Gruppen und Kräfte gegen die und andere sozialistische Länder gerichteten Pläne, Absichten und Maßnahemen sowie Kräfte, Mittel und Methoden zur Durchführung von Terror-und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten.

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