Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 621

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 621 (NJ DDR 1956, S. 621); tung fand; kurz vor der Bundestagsdebatte wandte er sich mit einem Schreiben an das Präsidium des Bundestags, in dem er die Freilassung der aus politischen Gründen Inhaftierten und die Einstellung dieser Verfahren forderte. Dieses Schreiben wurde von den Professoren Abendroth, Brill und H u p f e 1 d sowie den Rechtsanwälten Dr. Ammann, Dr. Eisenberg, Dr. Haag, Dr. Koopmann und Dr. P o s s e r unterzeichnet. Auch die Ausschüsse, die sich in den einzelnen Ländern gebildet haben, setzen sich mit Nachdruck für die Einhaltung der bürgerlich-demokratischen Rechtsprinzipien ein und fordern die Durchführung einer Amnestie. Eine gewisse Bedeutung hatte in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahme des CDU-Bundestags-abgeordneten Lemmer, der im Rundfunk erklärte: „Ob begründet oder nur in taktischer Begrenzung die allgemeine Weltlage hat sich entspannt.“ Das könne auch von den Deutschen nicht ignoriert werden, führte er aus und äußerte zum Problem , der politischen Gefangenen, die Bundesregierung dürfe sich zweifellos nicht weigern, für sie die Gefängnistore zu öffnen. Die „Frankfurter Allgemeine“ vom 14. Mai 1956 schrieb dazu: „Der Vorschlag ist jeder Unterstützung wert. Seine Verwirklichung wäre, weil es sich um ein menschliches Anliegen handelt, die beste Voraussetzung für ein psychologisches Klima, das Gedanken über ein erträglicheres Verhältnis zwischen den beiden Teilen Deutschlands ermöglichte. Wurde doch die überwiegende Mehrzahl dieser Gefangenen in einer Phase des Kalten Krieges Opfer der Methoden, die jetzt nach und nach abgebaut werden sollen.“ Nach diesen und ähnlichen Stellungnahmen konnten die Auswirkungen auf die Debatte in der 146. Sitzung des Bundestages vom 30. Mai 1956 nicht ausbleiben. Die Debatte ließ erkennen, daß von der SPD bis zur FDP eine gewisse Bereitschaft vorhanden ist, durch eine Amnestie zur Entspannung beizutragen. So führte der SPD-Abgeordnete Dr. M o m m e r aus, „daß die Erwägung einer Amnestie der Auflockerung, der Entkrampfung und der Entspannung der beiden Teile Deutschlands zueinander dienen würde“. Für die einer Entspannung gegenüber aufgeschlossenen CDU-Abgeordneten erklärte Ernst Lemmer: „Wenn wir also der Meinung sind, daß hier ein Akt politischer Klugheit und zugleich ein Akt der Menschlichkeit geboten wäre, lassen Sie mich, mit der feinen Unterscheidung ich wiederhole es zwischen Ge-sinnungstätem und Kriminellen, meinen Dank an die aussprechen, die mein Anliegen nicht der Person, sondern der Sache wegen in den letzten Wochen so gut unterstützt haben.“ Für die FDP sprach sich Dr. Will aus, „eine Hand des guten Willens“ auszustrecken, und erklärte, wenn durch Freilassung von politischen Gefangenen etwas erreicht werden könnte, „dann sollte kein Weg unbegangen bleiben, der zu einem solchen Ziel führen könnte“. Dem Ziel einer baldigen Verwirklichung der Amnestie und damit einer beschleunigten Entspannungspolitik diente auch die Vorlage eines Gesetzentwurfs „Über die Gewährung von Straffreiheit“ durch die FDP-Bundestagsfraktion am 19. Juni 1956. Diesen Entwurf hatte die FDP mit einem Schreiben dem Vorsitzenden der Volkskammerfraktion der LDPD übermittelt. In dieser ersten Kontaktaufnahme verpflichtete sich die FDP-Fraktion, diesen Entwurf im Bundestag einzubringen, „sobald die LDPD einen den Rechtsgrundlagen der Deutschen Demokratischen Republik entsprechenden Entwurf in der Volkskammer einbringt“. Den Entwurf legte die FDP zur gleichen Zeit in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vor und trug damit zu einer Verstärkung der Amnestie-Diskussion bei. Auch dem Inhalt nach ist dieser Entwurf hinsichtlich des Umfangs der in ihm vorgeschlagenen Amnestie zu begrüßen, denn mit wenigen Ausnahmen umfaßt er alle politisch Verurteilten. Damit wird der Entwurf der in ihm selbst in § 1 gekennzeichneten Aufgabenstellung gerecht und stellt einen „Beitrag zu einer Bereinigung der durch die Aufteilung Deutschlands entstandenen innerdeutschen Spannungen“ dar. Der Entwurf dehnt die Straffreiheit auch auf die Zusatz- strafen und Kosten aus und sieht die Löschung der Strafvermerke im Strafregister vor. Bedenken muß dagegen die Bedingung des Entwurfs auslösen, daß die Straffreiheit davon abhängen soll, daß innerhalb von drei Jahren kein Verfahren politischen Charakters eingeleitet oder abgeschlossen wird. Der FDP-Entwurf fand in der gesamten westdeutschen Presse ein beachtliches Echo, während die Bundesregierung sich trotz der fortschreitenden Entspannung in der gesamten Weit allen Amnestie-Forderungen verschloß. Schließlich sah sich wie einer Meldung der „Frankfurter Rundschau“ vom 23. Juni 1956 entnommen werden kann der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser, gezwungen zu erklären, er werde „den Vorschlag der Exil-CDU, die sog. politischen Gesinnungstäter, mit Ausnahme der wegen Menschenraubes Belangten, zu amnestieren, bei nächster Gelegenheit im Kabinett vertreten“. Von besonderer Bedeutung war auch die im SPD-Pressedienst vom 23. August 1956 veröffentlichte Stellungnahme des SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Arndt, der seine Forderung auf Erlaß eines Amnestiegesetzes mit den Worten unterstrich: „Worauf es ankommt ist, den Kalten Krieg auch im Justizbereich zu beenden. Es muß gerade im Interesse des Richter-tums Schluß damit sein, die Gerichte als Instrument der Politik einzusetzen.“ Diese Erklärung eines bekannten Vertreters der SPD, der Gesetzentwurf der FDP für eine politische Amnestie, die Haltung der evangelischen Kirche und die Stellungnahme des Amnestie-Ausschusses zeigen, daß ernstliche Bemühungen zur Beendigung der Gesinnungsverfolgung in der Bundesrepublik im Gange sind. Auch die Parteiführung der CDU/CSU kann sich diesen Forderungen nicht mehr völlig verschließen. Sie ist allerdings bemüht, die Entwicklung in eine andere Bahn zu lenken. Das ergibt sich aus der Haltung des Bundesinnenministers Dr. Schröder, der wie „Die Welt“ vom 22. August 1958 bekanntgab erklärte: „Meiner Meinung nach ist es nicht erforderlich, ein Amnestiegesetz zu erlassen. Alle weniger wichtigen Fälle können sowohl beim Bund wie bei den Ländern dahin überprüft werden, ob bedingte Strafaussetzung oder Begnadigung möglich erscheint“. Solche Maßnahmen sind nicht geeignet, die Entspannung und Auflockerung des Verhältnisses zwischen den beiden deutschen Staaten wesentlich zu fördern. Einige wenige bedingte Strafaussetzungen oder „Begnadigungen“ können keinesfalls davon überzeugen, daß eine konsequente Abwendung von der bisherigen Praxis erfolgen wird. Wenn der Erlaß eines Amnestie-Gesetzes und nicht etwa nur vereinzelte Begnadigungen gefordert werden, dann vor allem deshalb, weil es nicht allein auf die Rehabilitierung unschuldig verurteilter Menschen ankommt. Zur Liquidierung der Politik des Kalten Krieges ist es vor allem notwendig, den durch den westdeutschen Staatsapparat ständig geübten psychologischen Druck auf politisch Andersdenkende zu beseitigen. Die Unterdrückung der politischen Tätigkeit solcher Bürger durch die Organe der Bundesrepublik erfolgte in den letzten Jahren hauptsächlich durch die Einleitung Zehntausender politischer Ermittlungsverfahren, die bei weitem nicht nur Kommunisten erfassen. Mit diesen Verfahren, die sich teilweise über mehrere Jahre erstrecken und in der Mehrzahl der Fälle nicht zur Anklageerhebung führen, sollen Bürger, die eine den regierenden Kreisen unerwünschte politische Tätigkeit ausüben, unter dauerndem Druck gehalten werden. Vernehmungen, Haussuchungen, Anfragen der Kriminalpolizei beim Arbeitgeber, Schwierigkeiten bei Bewerbungen, Verlust des Arbeitsplatzes bei Behörden usw. waren die Folgen solcher Ermittlungsverfahren. Ermittlungsverfahren wurden sogar gegen einen Bundestagsabgeordneten der SPD und einen Abgeordneten der CDU eingeleitet, wie Dr. M o m m e r in der 146. Sitzung des Bundestages bekanntgab. Der Grund für die Einleitung der beiden Verfahren bestand lediglich darin, daß den Betreffenden Literatur aus der Deutschen Demokratischen Republik zugeschickt worden war. 62/;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 621 (NJ DDR 1956, S. 621) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 621 (NJ DDR 1956, S. 621)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. die Feststellung der Wahrheit als ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens. Sie ist notwendige Voraussetzung gerechter und gesetzlicher Entscheidungen. Die grundlegenden Aufgaben des Strafverfahrens sind in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für jeden ergebenden Anforderungen sind der Lage im Verantwortungsbereich entsprechend differenziert,zu immen. Die Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als gesamtgesellschaftliches Anliegen erfordert, die in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel persönlich zu erfolgen, wobei die Mentalität Gesichtspunkte des jeweiligen Inoffiziellen Mitarbeiters berücksichtigt werden müssen. Der Abbruch der Zusammenarbeit. Ein Abbrechen der Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsführer diesen ständig zur erforderlichen, auf die kritische .,-ertung erzielter Untersuchungsergebnisse und der eigenen Leistung gerichteten Selbstkontrolle zu erziehen. uc-n.

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