Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 609

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 609 (NJ DDR 1956, S. 609); und in ähnlichen Berufen gearbeitet habe. Sie habe jedoch bisher keine feste Arbeitsstelle erhalten, sondern sei nur in Aushilfsstellen tätig gewesen. Sie verdiene monatlich nur 223,50 DM brutto. Unter Berücksichtigung der Lebensverhält-nisse der Parteien sei der Kläger in der Lage, den im Vergleich festgesetzten Unterhaltsbeitrag weiter an sie zu zahlen. Mit Urteil vom 26. Januar 1955 hat das Kreisgericht W. der Klage stattgegeben. Es ist der Auffassung, daß die Verklagte in der Lage sei, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Das sei bei ihrem Verdienst von über 200 DM möglich. Sie könne daher den Kläger zur Zahlung von Unterhalt nicht mehr in Anspruch nehmen. Gegen dieses Urteil hat die Verklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, daß die schuldlos geschiedene Frau nicht nur Anspruch auf das Existenzminimum, sondern auf einen nach den Lebensverhältnissen beider Eheleute angemessenen Unterhalt habe. Bei Abschluß des Vergleichs seien beide Parteien davon ausgegangen, daß sie noch imstande sei, einem Berufe nachzugehen und zu dem Unterhaltsbeitrage des Klägers hinzuzuverdienen. Das Verlangen des Klägers verstoße deshalb gegen Treu und Glauben. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens hat der Kläger Zurückweisung der Berufung beantragt. Er hat weiter eingewendet, daß er bei Abschluß des Vergleichs 515 DM monatlich verdient habe. Jetzt verdiene er nur noch 431 DM und müsse davon seine jetzige Ehefrau unterhalten. Die Verklagte sei nicht nur aushilfsweise beschäftigt, sondern arbeite schon sehr lange und habe dadurch ein sicheres Einkommen. Nach einer von der Verklagten eingereichten Lohnbescheinigung vom 3. Oktober 1955 bezog die Verklagte damals ein monatliches Nettoeinkommen von 252,90 DM. Mit Urteil vom 4. Oktober 1955 hat das Bezirksgericht E. das kreisgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß der zwischen den Parteien abgeschlossene Vergleich nicht den Grundsätzen über die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Deutschen Demokratischen Republik widerspricht. Der vom Kläger bisher gezahlte Betrag stelle nur einen Beitrag zum Unterhalte der Verklagten dar. Da die Parteien bereits bei Abschluß des Vergleichs damit gerechnet hätten, daß die Verklagte berufstätig sein werde, könne sich der Kläger der Verklagten gegenüber nicht darauf berufen, daß er jetzt höhere Ausgaben habe als früher. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts, mit dem Verletzung der §§ 138, 139 BGB gerügt wird. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Es widerspricht nicht ohne weiteres den Grundsätzen über die Gleichberechtigung von Mann und Frau, wenn sich in einem Scheidungsverfahren der Mann vergleichsweise verpflichtet, der geschiedenen Frau noch einen Unterhaltsbeitrag zu zahlen, auch wenn sie später eigenes Einkommen haben werde. Ein solcher Vergleich ist deshalb auch nicht von vornherein nichtig. Er wäre es allerdings, wenn er der geschiedenen Frau ein für ihren gesamten späteren Lebensbedarf ausreichendes müheloses Einkommen sichern und ihr also die Möglichkeit einräumen würde, auf jegliche eigene Erwerbstätigkeit für die Zukunft zu verzichten. Dafür aber, daß die Sache im vorliegenden Falle so liegt, besteht nach dem bisherigen Sachvortrage der Parteien kein Anhalt. Nach dem Inhalt des Vergleichs ist vielmehr davon auszugehen, daß die Parteien bei seinem Abschluß darüber einig waren, daß die Verklagte nach Rechtskraft des Scheidungsurteils eine Erwerbstätigkeit ausüben werde, um in der Lage zu sein, über einen den bisherigen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhaltsbetrag zu verfügen. In Rücksicht darauf, daß der Kläger, nach seinem jetzigen Vortrage, zur Zeit der Scheidung ein Einkommen von 676 DM, später sogar von über 1200 DM monatlich hatte, kann die vereinbarte Summe von 100 DM nur als ein Beitrag gewertet werden, dessen geringe Höhe die Verklagte nötigte, eigenen Erwerb zu suchen, der also die Möglichkeit eines künftigen arbeitslosen Einkommens der Verklagten ausschloß. Aus diesem Grunde könnte also die Nichtigkeit des Vergleichs nicht hergeleitet werden. Wohl aber bedeutete es eine zu weitgehende Einschränkung der künftigen Lebensgestaltung und Entschließungsfreiheit des Klägers, verstieß also gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 BGB, wenn der Kläger auf jegliche Abänderung des Vergleichs auch für den Fall verzichtete, daß er anderen Personen gegenüber unterhaltspflichtig werden würde. Mit der Übernahme einer so weitreichenden Verpflichtung hätte er gegebenenfalls seinen eigenen Unterhalt oder die Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen anderen Personen gegenüber auf das Ernstlichste gefährdet. Eine solche Vergleichsabrede ist also nichtig. Das Bezirksgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob dadurch etwa der Vergleich im ganzen hinfällig wurde (§ 139 BGB) oder ob er auch ohne den gegen die guten Sitten verstoßenden Verzicht des Klägers abgeschlossen worden wäre. Das letztere muß nach Lage der Umstände angenommen werden. Zu berücksichtigen war dabei, daß die Verklagte zur Zeit der Scheidung nicht berufstätig war und auch kein sonstiges Einkommen hatte, während der Kläger auf Grund des Schuldausspruchs nach § 58 EheG grundsätzlich zur Unterhaltszahlung verpflichtet war. Auch die Höhe des vereinbarten Unterhalts von 100 DM monatlich hätte für den Kläger kein Hindernis zum Abschlüsse des Vergleichs bilden können, war er doch zur Zahlung dieses Betrages bei der Höhe seines Einkommens und bei Würdigung seiner künftigen Erwerbsaussichten durchaus in der Lage. Andererseits aber konnte auch die Verklagte nach der damaligen Lage unbedenklich auf den Vergleich eingehen, da ihr dieser in jedem Falle einen angemessenen Zuschuß zu einem künftigen eigenen Arbeitsverdienst gewährte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte das Bezirksgericht den Schluß ziehen müssen, daß die Parteien den Vergleich auch ohne den Verzicht des Klägers auf jegliche Abänderung abgeschlossen hätten, daß demzufolge also nur der den Totalverzicht des Klägers enthaltende Teil des Vergleichs nichtig war. Daraus ergab sich für das Bezirksgericht die Notwendigkeit zu prüfen, ob nach Lage der Umstände die Voraussetzungen des § 323 ZPO gegeben waren, ob sich also die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien gegenüber dem Zeitpunkte der Scheidung der Ehe wesentlich und für den einen oder anderen Teil nachteilig verändert hatten. § 254 BGB. Das Mitverschulden des Mißhandelten, der den Täter durch Beleidigungen usw. gereizt hatte, kann bei schweren Mißhandlungen nicht als überwiegend angesehen werden. OG, Urt. vom 11. Mai 1956 - 1 Zz 45/56. Am 19. April 1947 befand sich der Verklagte in O. bei seinen Schwiegereltern, um seine Ehefrau, die wegen eines Streites die Ehewohnung in B. verlassen hatte, zurückzuholen. Dort geriet er mit der Klägerin Olga L., der Tante seiner Ehefrau, die ebenfalls zu Besuch in O. weilte, in Streit, in dessen Folge sie ihn beleidigte, worauf der Verklagte ihr mit der Hand ins Gesicht und auf den Kopf schlug. Die Kläger (das Ehepaar L.) behaupten, der Verklagte habe die Klägerin derart mißhandelt, daß sie erhebliche Kopfverletzungen, eine Gehirnerschütterung schweren Grades und einen Schädelbasisbruch erlitten habe. Sie habe sich längere Zeit in der Klinik aufhalten müssen, habe dann weiter in ärztlicher Behandlung gestanden, und noch heute hätten die Verletzungen eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Gesundheit zur Folge. Sie haben deshalb beantragt, den Verklagten zu verurteilen, a) an den Kläger Oskar L. als Ersatz seiner aufgewendeten Arzt- und Klinikkosten, Ausgaben für Medikamente sowie notwendige Haushilfen einen Betrag von 4982,84 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit, b) an die Klägerin Olga L. ein Schmerzensgeld von 5000 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit, c) an die Klägerin Olga L. eine am 1. Januar 1948 beginnende, im voraus zahlbare Rente von 90 DM zu zahlen, sowie festzustellen, daß der Verklagte für jeden künftig weiter auftretenden Schaden aus der Mißhandlung der Klägerin Olga L. ersatzpflichtig ist. Der Verklagte hat Klagabweisung beantragt. Er hat nicht bestritten, die Klägerin geschlagen zu haben, behauptet aber, diese habe den Vorfall selbst verschuldet, weil sie sich in seine Eheangelegenheiten eingemischt und ihn auf das schwerste beschimpft und gereizt habe. Er habe sie auch nur mit der flachen Hand geschlagen. Daraus könnten niemals die von den Klägern behaupteten Folgen eintreten. Ursächlich für diese Folgen sei vielmehr ein schwerer Unfall der Klägerin im Jahre 1938 in der von beiden Klägern betriebenen Mühle. Das Kreisgericht hat durch Teil- und ZwisChenurteU vom 5. Oktober 1954 die Klage hinsichtlich der geforderten zukünftigen Rente abgewiesen. Im übrigen hat es die Ansprüche der Kläger als dem Grunde nach zu drei vierteln für gerechtfertigt erklärt. Es ist der Auffassung, daß sich die Klägerin in unberechtigter Weise in die Eheangelegenheiten des Verklagten eingemischt und den Verklagten auch schwer beschimpft und beleidigt habe, daß aber das überwiegende Verschulden den Verklagten treffe, der in brutaler Weise auf die Klägerin eingeschlagen habe. Auf Grund der ärztlichen Gutachten sei aber erwiesen, daß die Klägerin in den Jahren nach dem Vorfall noch schwere körperliche Arbeit in der Mühle verrichtet habe. Sie könne daher keine Rente beanspruchen. Gegen dieses Urteil hat der Verklagte Berufung eingelegt, die sieh auf die Verteilung des Schuldmaßes richtet. Das Bezirksgericht hat mit Urteil vom 29. November 1955 die Ansprüche der Kläger zu einem Drittel für gerechtfertigt erklärt. Die Klägerin Olga L. sei besonders aggressiv geworden. Nicht genug, daß sie den Verklagten beschimpft und gereizt habe, habe sie seiner Ehefrau noch geraten, sich nicht mit ihm auszusöhnen, sondern sich scheiden zu lassen. Dieses Verhalten habe sie trotz Belehrung durch ihre Verwandten fortgesetzt. Man könne bei der Verteilung des Schuldmaßes nicht von dem eingetretenen schaden, sondern müsse vom Verhalten der Parteien ausgehen. Danach sei aber ein überwiegendes Verschulden der Klägerin zu bejahen. 609;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 609 (NJ DDR 1956, S. 609) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 609 (NJ DDR 1956, S. 609)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch- operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beantragung eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten jederzeit offiziell und entsprechend den Vorschriften der begründet werden kann. Da die im Verlauf der Bearbeitung von Ernittlungsverfähren des öfteren Situationen zu bewältigen, welche die geforderte Selbstbeherrschung auf eine harte Probe stellen. Solche Situationen sind unter anderem dadurch charakterisiert, daß es Beschuldigte bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougend-licher. Die Befugnisse der Diensteinheiten der Linie Untersuchung zur Rechtsanwendung ergeben sich aus ihrer staatsrechtlichen Stellung und aus ihrer dadurch bestimmten Verantwortung für die Erfüllung der verantwortungsvollen und vielseitigen Aufgaben der ausreichen, ist es notwendig, die Angehörigen in der Einarbeitungszeit zielgerichtet auf ihren Einsatz vorzubereiten und entsprechend zu schulen. Sie wird auf der Grundlage des Straftatbestandes der landesverräterischen Agententätigkeit -unter exakter Beachtung der darin vorgenommenen Änderungen - gründlich zu prüfen, sind entsprechende Beweise zu sichern.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X