Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 608

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 608 (NJ DDR 1956, S. 608); sicht des BGH nach § 86 StGB auch dann eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden können, wenn nach § 97 Abs. 2 StGB keine Ermächtigung vorliegt. Sollte ein öffentliches Interesse an dem Ausspruch von Sicherungsmaßnahmen tatsächlich gesetzlich statuiert werden, so hätte der Gesetzgeber dies dadurch kundtun müssen, daß er die Verunglimpfung von Staatsorganen zu einem Offizialdelikt erklärte. Da dies jedoch nicht der Fall ist, muß angenommen werden, daß kein solches Interesse besteht. Daher können auch Sicherungsmaßnahmen nicht ausgesprochen werden, wenn keine Ermächtigung vorliegt. Die nach § 98 Abs. 2 in Verbindung mit § 86 StGB auszusprechende Einziehung oder Unbrauchbarmachung „mit dem Schutz der Allgemeinheit in Zukunft“ zu begründen, bedeutet bei einem Delikt nach § 97 StGB lediglich eine Fiktion, eine subjektive Unterstellung, für die das Strafgesetz keinen Raum bietet. Wogegen könnten sich weitere Delikte richten, die mit Hilfe von sonst der Einziehung unterliegenden Gegenständen begangen werden? Gegen zwar noch unbestimmte, immerhin aber wiederum einzelne Staatsorgane oder deren Mitglieder, in deren Belieben es dann abermals gestellt ist, eine Ermächtigung zur Strafverfolgung zu stellen oder nicht. Nicht die „Allgemeinheit“ also kann „gefährdet“ werden, sondern höchstens Einzelpersonen oder bestimmte Organe. Zu der Unterstellung, der Schutz der „Allgemeinheit“ verlange eine Einziehung der „staatsgefährdenden“ Gegenstände, kommt der BGH nur darum, weil sich die hier in Frage stehenden Gegenstände in den Händen der Kommunistischen Partei Deutschlands befanden, deren aufklärende Tätigkeit den Bonner Machthabern unbequem ist. Aus all diesen Gründen muß der Entscheidung des LG Bamberg zugestimmt, das Urteil des BGH aber als terroristisch und mit dem Strafgesetz nicht vereinbar bezeichnet werden. III An dritter und letzter Stelle soll auf ein Urteil des BGH vom 23. November 1955 eingegangen werden, dessen Begründung sich eindeutig gegen die sich seit langem anbahnende internationale Entspannung richtet und erneut eine der Methoden der Tatsachenfälschung durch das höchste Gericht der Bundesrepublik demonstriert8). Der Entscheidung liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Während eines Schulungskursus der Kommunistischen Partei Deutschlands wurden die Materialien des XIX. Parteitages der Kommunistischen Partei der Sowjetunion behandelt. Die dazu verwendeten Broschüren des Dietz Verlages wurden sichergestellt. Diese Materialien will der BGH zu „hochverräterischen bzw. verfassungsfeindlichen Schriften“ stempeln, um den Leiter des Schulungskursus nach § 93 StGB verurteilen zu können. Dazu ist erforderlich, daß durch den Inhalt dieser Schriften „Bestrebungen herbeigeführt oder gefördert werden , die darauf gerichtet sind zur Unterdrückung der demokratischen Freiheiten einen der Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben “. Da es im vorliegenden Falle zu offen reaktionär und terroristisch gewesen wäre, dem Angeklagten allein aus der Tatsache des Besitzes der Materialien vom XIX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion „verfassungsfeindliche“ Absichten zu unterschieben, geht der BGH anscheinend dazu über, objektive Tatsachen festzustellen. Deshalb enthält die Entscheidung des BGH auch folgenden Leitsatz: „Die Verfassungsfeindlichkeit einer Druckschrift kann nicht schon (! ??) aus dem Umstand gefolgert werden, daß sie nach dem Willen ihrer Verbreiter verfassungsfeindlichen Zwecken dienen soll, sondern muß sich aus ihrem Inhalt selbst ergeben. Dieser muß wenigstens Anhaltspunkte (von uns gesperrt) für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung im Sinne des § 93 StGB aufweisen, die dann allerdings der Ergänzung durch allgemeinkundige Tatsachen (beides von uns gesperrt) wie die bekannten Ziele der SED fähig sind.“ Wie sieht hiernach die Untersuchung der „Tatsachen“ aus? Da sich die „Verfassungsfeindlichkeit“ einer Schrift aus ihrem Inhalt „ergeben“ muß, werden objektive Tatsachen einer subjektiven Wertung durch den Richter unterworfen, werden objektiven Tatsachen subjektive Ziele unterstellt, die dann durch weitere subjektive Wertungen („allgemeinkundige Tatsachen“) ergänzungsfähig sein sollen. Um diese Subjektivierung der Tatsachen zu stützen, konstruiert der BGH folgenden „Kausalzusammenhang“: „Würde etwa in einer der hier in Betracht kommenden Schriften die in der Sowjetunion errichtete Staats- und Gesellschaftsordnung verherrlicht und zum Ausdruck gebracht, daß diese Staats- und Gesellschaftsordnung auch für andere Länder vorbildlich sei, so könnte daraus allerdings im Zusammenhang mit der Tatsache der Übersetzung ins Deutsche und der Herausgabe durch einen unter dem Einfluß der SED stehenden Verlag die Folgerung gezogen werden, daß die Schrift für die Einführung gleicher Zustände in ganz Deutschland wirbt und damit der Untergrabung in § 88 Abs. 2 bezeichneter Verfassungsgrundsätze etwa des Rechts auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, dienen soll.“ Mit dieser Entscheidung gibt der BGH den unteren Gerichten erneute Anleitung, in welcher Weise Tatsachenmaterial verfälscht werden kann. Aus der Absicht des BGH spricht nichts weiter als die Furcht, daß durch die Verbreitung der Wahrheit über die Verhältnisse in der Sowjetunion das ganze Lügengebäude der westdeutschen Propaganda zusammenbricht. Den Grundsatz der Nichteinmischung, der charakteristisch für die sowjetische Außenpolitik ist, negiert der BGH bewußt. Es geht ihm einzig und allein darum, eine Mauer gegen die Wahrheit und die Verständigung zwischen den Völkern zu errichten. 8) NJW 1956 S. 230 231. Rechtsprechung Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht § 138 BGB; §§ 139, 323 ZPO. Zur Frage der Nichtigkeit gerichtlicher Vergleiche über den Unterhalt geschiedener Ehegatten, wenn der Unterhaltsverpflichtete auf die Abänderungsmöglichkeit verzichtet hat, OG, Urt. vom 10. August 1956 1 Zz 160/56. Die Parteien waren Eheleute. Ihre Ehe wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts E. vom 31. März 1950 rechtskräftig geschieden. In der letzten mündlichen Verhandlung vor diesem Gericht schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich der Kläger unter Ziffer 3 verpflichtete, der Verklagten von der Rechtskraft des Scheidungsurteils an monatlich 100 DM Unterhalt zu zahlen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Verklagte selbst verdiene oder nicht. Der Kläger verzichtete auch auf die Rechte aus § 323 ZPO für den Fall, daß er wieder heiraten werde und aus dieser Ehe Kinder hervorgehen würden. Lediglich bei Wiederverheiratung der Verklagten sollte die Unterhaltspflicht des Klägers wegfallen. Der Kläger macht mit der Klage geltend, der Vergleich vom 31. März 1950 verstoße gegen die Grundsätze der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Die Verklagte könne für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen, da sie arbeitsfähig sei und tatsächlich auch in einem Arbeitsverhältnis stehe. Im übrigen sei er jetzt wieder verheiratet und habe wesentlich höhere Ausgaben als bei Abschluß des Vergleichs zu leisten. Darin und in der neuen gesellschaftlichen Auffassung über die Verpflichtung zum Unterhalt geschiedener Eheleute liege eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im sinne des § 323 ZPO. Die Verklagte hat Klagabweisung beantragt, sie hält am Bestände des Vergleichs fest. Im übrigen räumte sie ein, daß sie trotz erheblich geminderter Arbeitsfähigkeit seit der Scheidung der Ehe ständig als Bürokraft, Buchhalterin, Verkäuferin 608;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 608 (NJ DDR 1956, S. 608) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 608 (NJ DDR 1956, S. 608)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden sowie zur Aufklärung und Verhinderung feindlicher Handlungen und Wirkungsmöglichkeiten, um Überraschungen durch den Gegner auszuschließen; die zielstrebige Bearbeitung feindlich tätiger oder verdächtiger Personen in Vorgängen mit dem Ziel der Täuschung erfolgen kann. Es ist gesetzlich möglich, diese Rechtslage gegenüber Beschuldigten in Argumentationen des Untersuchungsführers zu verwenden. Eine solche Einwirkung liegt im gesetzlichen Interesse der all-seitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit zu ermöglichen. Bas Ziel der Beweisanträge Beschuldigter wird in der Regel sein, entlastende Fakten festzustellen. Da wir jedoch die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten, seiner Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld und seines Verhaltens vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen.

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