Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 594

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 594 (NJ DDR 1956, S. 594); Die Inventurdifferenzen im staatlichen und genossenschaftlichen Handel Von WALTER FLEISCHMANN, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR Die Inventurdifferenzen im staatlichen und genossenschaftlichen Handel sind nach wie vor ein Problem, das in Strafverfahren und Arbeitsgerichtsverfahren oft erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Von den Verantwortlichen des Handels wird immer wieder Klage darüber geführt, daß sie bei der Bekämpfung der Inventurdifferenzen zu wenig Unterstützung durch die Untersuchungsorgane der Volkspolizei und die Justiz erhalten und daß sowohl in Strafverfahren als auch bei Regreßklagen vor dem Arbeitsgericht hinsichtlich der Beweisführung zu hohe Anforderungen gestellt werden. Um festzustellen, ob diese Klagen berechtigt sind, hat das Ministerium der Justiz, die Oberste Staatsanwaltschaft und das Ministerium für Handel und Versorgung im Juli dieses Jahres eine gemeinsame Kommission gebildet und von dieser einen HO-Lebens-mittel-Kreisbetrieb überprüfen lassen. Zugleich hatte diese Kommission auch die Aufgabe, nach den wichtigsten Ursachen der Inventurdifferenzen zu forschen. Diese Überprüfung ist im Monat August durchgeführt worden und hat ergeben, daß die von den Rechtsvertretern der Handelsbetriebe vorgebrachten Beschwerden bis auf wenige Ausnahmen unbegründet sind. Die Ursachen dafür, daß Strafanzeigen und Regreßklagen, die sich aus der Feststellung von Minusdifferenzen ergeben, nicht zu dem von den Handelsfunktionären gewünschten Erfolg führen, sind nicht bei den Organen der Justiz, sondern fast ausnahmslos in organisatorischen Fehlern und Mängeln des Handels zu suchen. Oberstes Gebot für jeden Justizfunktionär ist die Einhaltung der demokratischen Gesetzlichkeit. Kein Bürger darf verurteilt werden, dessen Schuld nicht durch unwiderlegliche Beweise festgestellt worden ist. Das gilt nicht nur für Strafverfahren, sondern selbstverständlich auch für die Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Hier muß neben dem Schuldbeweis auch der Nachweis des durch das schuldhafte Verhalten verursachten konkreten materiellen Schadens geführt werden. Das ist aber bei Strafverfahren und Regreßklagen, die sich aus festgestellten Inventurdifferenzen ergeben, auf Grund der zur Zeit im Handel herrschenden organisatorischen Mängel nur in den wenigsten Fällen möglich. Von diesen Mängeln sollen hier nur die hauptsächlichsten angeführt werden. Die Warenbuchhaltungen der Betriebe, deren Hauptaufgabe es ist, die Soll- und Istbestände der einzelnen Verkaufsstellen zu überwachen, sind durch die schlechte Organisation des Belegwesens nicht in der Lage, zu irgendeinem Zeitpunkt den Nachweis darüber zu führen, über welche Warenmengen eine Verkaufsstelle verfügen müßte. Hierzu kommen dann noch immer wieder festgestellte Buchungsfehler. Das wirkt sich bei Kontrollinventuren besonders verhängnisvoll aus, da deren Ergebnisse durch wiederholte, oft erst Wochen nach der Inventur erfolgende Berichtigungen stets zweifelhaft bleiben. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor, durch den die Aufklärung von Inventurdifferenzen besonders erschwert wird, tritt bei der Belieferung der Verkaufsstellen mit Waren auf. Zeitmangel und Nachlässigkeit der Verkaufsstellenleiter führen dazu, daß die angelieferten Warenmengen nicht sorgfältig mit den Rechnungen oder Lieferscheinen verglichen werden. Wie wiederholt festgestellt wurde, nutzen Kraftfahrer der Lieferbetriebe dies zu Unredlichkeiten aus. Oft fehlt den Verkaufsstellen aber auch die Möglichkeit einer Kontrolle der Warenanlieferung. Noch immer sind rund 20 Prozent der Verkaufsstellen ohne geeignete Waagen, um die angelieferten Warenmengen gewichtsmäßig überprüfen zu können. Nicht weniger stark macht sich der Mangel an Registrierkassen bemerkbar. Gelddiebstähle und Unterschlagungen sind deshalb in sehr vielen Fällen nur schwer nachweisbar. Selbstverständlich bleiben diese Mängel auf die Dauer den Verkaufsstellenleitern und dem Verkaufspersonal nicht verborgen, und weniger charakterfeste Angestellte werden dadurch zu strafbaren Handlungen und zur Schlamperei verleitet. Diese Mängel erschweren aber auch außerordentlich die Überführung unredlicher Verkaufskräfte und machen es oft unmöglich, nachlässige Verkaufs- stellenleiter für Schlampereien zur Verantwortung zu ziehen. Dafür ist die Tatsache ein Beweis, daß es in der Vergangenheit kaum ein Strafverfahren gab, in dem sich der als veruntreut, unterschlagen oder gestohlen festgestellte Betrag mit der Summe der ursprünglich festgestellten Inventurdifferenz deckte. Ähnlich ist es auch in den Verfahren vor den Arbeitsgerichten. Auch hier wird in den seltensten Fällen der erhobene Regreßanspruch in voller Höhe anerkannt. Wie sehr der Nachweis strafbarer Handlungen durch offensichtliche organisatorische Mängel erschwert oder oft sogar unmöglich gemacht wird, zeigt das folgende Beispiel: In einer HO-Lebensmittelverkaufsstelle, die mit sieben Verkäuferinnen besetzt war, wird eine Minusdifferenz von rund 800 DM festgestellt. Alle Bemühungen, diese Differenz zu klären, schlugen fehl. Die einzig mögliche Erklärung war die Annahme, daß der Fehlbetrag durch Gelddiebstähle der Verkäuferinnen entstanden sei. Die Berechtigung dieser Annahme ergab sich aus der Tatsache, daß alle sieben Verkäuferinnen in eine gemeinsame Schublade kassierten und keine von ihnen einen Nachweis über den von ihr vereinnahmten Gesamtbetrag zu führen brauchte. Wenige Tage nach der Kon-trollinventur wurde auch tatsächlich eine der Verkäuferinnen bei dem Diebstahl eines 50-DM-Scheines gestellt. Die Ertappte behauptete wie auch nicht anders zu erwarten war , daß dies ihr erster Diebstahl gewesen sei, und sie wies entschieden zurück, auch die 800 DM entwendet zu haben. Das Gegenteil konnte ihr nicht bewiesen werden, da die Möglichkeit nicht auszuschließen war, daß sich auch die übrigen Verkäuferinnen auf die gleiche Weise Geldbeträge angeeignet hatten. Die des Diebstahls überführte Angestellte konnte nur wegen der gestohlenen 50 DM strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, die Minusdifferenz blieb ungeklärt und die übrigen sechs Verkäuferinnen stehen weiter in dem wahrscheinlich unbegründeten Verdacht, Diebstähle begangen zu haben. Das alles wäre vermieden worden, wenn diese Verkaufsstelle über eine Registrierkasse verfügt hätte oder eine der Verkäuferinnen als ständige Kassiererin eingesetzt gewesen wäre. Bei Regreßklagen vor dem Arbeitsgericht ist die Beweisführung oft noch schwieriger als in Strafverfahren. Wie bereits gesagt, sind die Inventurergebnisse in den seltensten Fällen endgültige; vielmehr erfahren sie in der Regel mehrfache Berichtigungen zugunsten oder zuungunsten der kontrollierten Verkaufsstelle. Zum Teil erfolgen diese Berichtigungen erst Wochen nach der Inventur. Es ist verständlich, daß solch ein mehrfach geändertes Inventurergebnis, wenn es als Grundlage für einen Regreßanspruch dienen soll, von den Arbeitsgerichten mit großer Skepsis betrachtet wird. Deshalb ist die Forderung der Arbeitsgerichte auf Spezifizierung des Regreßanspruchs durchaus berechtigt. Der Nachweis, daß ein Verkaufsstellenleiter beispielsweise seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist oder bei der Annahme von Waren nachlässig gehandelt hat, wird in den meisten Fällen vor dem Arbeitsgericht ausreichend geführt. Das genügt aber nicht, um diesen Verkaufsstellenleiter für die gesamte, in seiner Verkaufsstelle festgestellte Minusdifferenz verantwortlich zu machen, da nur in den wenigsten Fällen ausgeschlossen werden kann, daß diese Differenz nicht zu einem größeren oder kleineren Teil auch durch die bereits erwähnten organisatorischen Mängel entstanden ist. Neben dem Nachweis der Pflichtverletzung muß deshalb auch der durch diese verursachte konkrete Schaden festgestellt werden. Aus der Tatsache, daß ein Verkaufsstellenleiter das ihm unterstellte Verkaufspersonal nicht pflichtgemäß kontrolliert hat, kann zwar der Schluß gezogen werden, daß diese Unterlassung Diebstähle ermöglicht hat, sie ist aber kein Beweis dafür, daß tatsächlich gestohlen wurde. Deshalb kann dieser Verkaufsstellenleiter auch nicht für eine Minusdifferenz verantwortlich gemacht werden, von der, mangels einer anderen Erklärung, angenommen wird, daß sie auf diese vermuteten aber nicht bewiesenen Diebstähle zurückzuführen ist. Außer der Möglich- 594;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 594 (NJ DDR 1956, S. 594) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 594 (NJ DDR 1956, S. 594)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und im Bereich der Untersuchungsabteilung. Zu einigen Fragen der Zusnroenarbeit bei der Gewährleistung der Rechtg der Verhafteten auf Besuche oder postalische Verbindungen. Die Zusammenare? zwischen den Abteilungen und die sich in der Praxis herausgebildet haben und durch die neuen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen nicht erfaßt worden, exakt zu fixieren. Alle Leiter der Abteilungen der Hauptabteilung und der Abteilung strikt zu gewährleisten ist. Über die Aufnahme des BeSucherVerkehrs von Strafgefangenen, deren Freiheitsstrafe im Verantwortungsbereich der Abteilung vollzogen wird, entscheidet der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen Grundfragen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Kapitel. Das Wirken der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen ist die genaue Kenntnis der innergesellschaftlichen Situation der von erstrangiger Bedeutung für die Be-Stimmung der Schwerpunkte, Aufgaben und Maßnahmen der vorbeugenden Tätigkeit. Aus der innergesellschaftlichen Situation und unter Beachtung der mit dem Vorgang zu erreichenden politisch-operativen Zielstellung wird in der abschließenden Einschätzung der Linie die Abschlußvariante des operativen Ausgongsmaterials in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht.

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