Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 581

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 581 (NJ DDR 1956, S. 581); NUMMER 19 JAHRGANG 10 ZEITSCHRIFT NEIKlUSflZ FÜR RECHT W UND RECHTSWI BERLIN 1956 5. OKTOBER SSENSCHAFT Zu einigen Fragen der sozialistischen Gesetzlichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik Von Prof. Dr. WERNER ARTZT, Direktor des Instituts für Zivilrecht an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Es besteht ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen der weiteren Entwicklung der Arbeiter-und-Bauern-Macht und der sozialistischen Gesetzlichkeit. Die erfolgreiche Verwirklichung der Funktionen des Staates, besonders auch der wirtschaftlich-organisatorischen und kulturell-erzieherischen Funktion, verlangt eine ständige Festigung der Gesetzlichkeit. Aus diesem Grunde ist es notwendig, sämtliche gesellschaftlichen Zusammenhänge zu untersuchen, die für die Entwicklung der Gesetzlichkeit von Bedeutung sind. Der folgende Artikel will sich mit einigen Fragen befassen, die in der Diskussion über die Gesetzlichkeit in letzter Zeit aufgeworfen wurden. I In der Rechtswissenschaft wird kein einheitlicher Begriff der Gesetzlichkeit vertreten. Der Hauptunterschied der Meinungen besteht darin, daß die Gesetzlichkeit einmal nur auf die Anwendung und Beachtung der Normen bezogen wird, zum anderen jedoch auf die Anforderungen erstreckt wird, die an die Gesetze selbst zu stellen sind. Wesentlich erscheint der Umstand, daß auch die Vertreter der ersten Auffassung der Meinung sind, daß der Erlaß der erforderlichen Normen eine unbedingte Voraussetzung für die Verwirklichung der Gesetzlichkeit ist1). Für die Einbeziehung der an die Gesetze zu stellenden Anforderungen unter den Begriff der Gesetzlichkeit sprach sich insbesondere Benjamin wiederholt aus* 2). Die Gründe für die einschränkende Auffassung dürften besonders von Alexan-d r o w3 * 5) dargelegt worden sein. Er führt aus, daß die Rechtmäßigkeit der Gesetze nicht der Kontrolle irgendeines Organs unterliege. Sie könnten deshalb nur durch das gesetzgebende Organ selbst und nicht durch irgendein anderes Organ geändert werden. Zweifellos ist ein System zur Kontrolle der Gesetzlichkeit ein notwendiges Erfordernis der Gesetzlichkeit. Dieses System ist im sozialistischen Recht eine Einrichtung des demokratischen Zentralismus; die einzelnen Organe und ihre Methoden der Kontrolle müssen diesem Prinzip entsprechen. Es gibt aber keinen Grundsatz, wonach die Gesetze und Beschlüsse der obersten Volksvertretung überhaupt keiner gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen. Die Werktätigen, insbesondere in der Form ihres Zusammenschlusses in den demokratischen Organisationen, haben das Recht und die Pflicht zur Kritik auch an gesetzlichen Maßnahmen1), und nicht nur einmal wurde in den Plenar- 1) Alexandrow, Gesetzlichkeit und Rechtsverhältnisse in der sowjetischen Gesellschaft, Moskau 1955, S. 51 (russ.); Bachrach und Marowski, Zu Fragen der Gesetzlichkeit, RID 1956, Nr. 1, Sp. 12 fl.; Strogowitsch, Theoretische Fragen der sowjetischen Gesetzlichkeit, RID 1956, Nr. 16, Sp. 470; Kleyer, in Protokoll der Rechtswissenschaftlichen Konferenz der DASR „Walter Ulbricht“ vom 2. bis 4. März 1956 (im folgenden „Protokoll“ genannt), VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956, S. 237 fl. 2) Benjamin in Staat und Recht 1955, S. 239; insbesondere Protokoll, S. 243: „Wir sind uns doch darüber sicher einig, daß das ganze Problem der Gesetzlichkeit nicht von unserer Gesetzgebung zu trennen ist, und zwar der Gesetzgebung einmal als Grundlage unserer Rechtsordnung, auf der anderen Seite als dem ständigen Prozeß der Verbesserung unserer Gesetze, damit unsere Gesetzlichkeit um so höher entwickelt werde. Das ist also das, worauf es mir in erster Linie ankommt, und die Einzelheiten weiter zu klären, wird, denke ich, sehr fruchtbar sein.“ 3) Alexandrow, a. a. O. S. 61 (russ.). 4) vgl. hierzu Otto Grotewohl, Die Rolle der Arbeiter-und-Bauem-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik, tagungen des ZK der SED dazu aufgefordert, zu überholten gesetzlichen Bestimmungen kritisch Stellung zu nehmen und Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu unterbreiten. „Die Gesetzlichkeit ist das System, die Methode der Leitung des Staates, die darauf beruht, daß eine Anzahl von Rechtsakten bestimmte Handlungen gebietet oder verbietet und die Beziehungen zwischen den Bürgern und den staatlichen Organen sowie die Beziehungen der Bürger untereinander regelt. Die Gesetzlichkeit so wird in der Sowjetwissenschaft betont ist ein Mittel, das die Gewähr für die Verwirklichung der Politik der Arbeiterklasse bietet; sie fst ein Mittel zur Verwirklichung der Diktatur des Proletariats.“3) Diese Auffassung ist m. E. geeignet, auf das wesentliche Moment aufmerksam zu machen. Die Gesetzlichkeit ist ein Mittel, das die Gewähr für die Verwirklichung der Politik der Arbeiterklasse im Bündnis mit den werktätigen Bauern in der Deutschen Demokratischen Republik bietet, ein Mittel zur Verwirklichung des Willens der herrschenden Klasse, ein Mittel zur Verwirklichung der Macht des Arbeiter-und-Bauern-Staates der Deutschen Demokratischen Republik. Ein solches Wesen der Gesetzlichkeit verbietet es, das Gesetz von seiner Anwendung und Beachtung zu isolieren. Das Erfordernis einer solchen Auffassung folgt aus der Praxis. Hierfür einige Beispiele. Auf der Leipziger Konferenz von Richtern und Staatsanwälten im Dezember 1955 wurde zu verschiedenen Fragen des LPG-Rechts eine gesetzliche Regelung gefordert und auf die Rechtsunsicherheit aufmerksam gemacht, die aus dem Fehlen gesetzlicher Bestimmungen resultiert6). Hier offenbart sich eine solche demokratische Kontrolle der Gesetzgebung. Der Ersatz der Gesetzgebung durch Lösungsvorschläge seitens der Wissenschaft7) ist keine geeignete Methode der Gesetzlichkeit, wenn das Gesetz notwendig ist. Die gesellschaftlichen Funktionen von Gesetzgebung und Wissenschaft können nicht gegeneinander ausgetauscht werden8). Wenn darüber noch keine ausreichende Klärung erfolgt ist, so dürfte das nicht zuletzt gerade auch darauf zurückzuführen sein, daß über die Gesetzlichkeit in der Gesetzgebung keine Grundsätze entwickelt wurden. Kröger hat in dem Referat auf der rechtswissenschaftlichen Konferenz der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ in Babelsberg ausführlich von drei Kategorien von Referat auf der 3. Parteikonferenz der SED, Berlin 1956, S. 20 fl.: „Die oberste Volksvertretung die Volkskammer ist der Träger der souveränen Rechte des Volkes, das ein- zige Machtorgan, dem alle anderen Staatsorgane unterworfen sind. Die örtlichen Volksvertretungen sind die höchsten Machtorgane in ihrem Territorium. Die Volksvertretungen sind der Bevölkerung für ihre Tätigkeit rechenschaftspflichtig und werden von ihr kontrolliert“. 5) Bachrach und Marowski in RID 1956, Nr. 1, Sp. 12/13. 6) Die neuen Aufgaben von Gericht und Staatsanwalt,. VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956, S. 29, 30. 7) so Nathan, ebenda S. 72. 8) Die Auffassungen der Wissenschaft haben keine zwingende Kraft und bedürfen erst wieder der Bestätigung durch die Praxis. Die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung wird so oft erst nach Jahren hergestellt. Es sei verwiesen auf die verschiedenen Auffassungen zur Frage, ob und wie ein ausscheidendes Mitglied einer LPG für die Verbindlichkeiten der LPG haftet. Für die bejahende Antwort werden z. Z. mehrere Lösungen gegeben; die Frage wird aber ebenso auch verneint. 58 f;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Vollzug der Untersuchungshaft ist unter strenger Einhaltung der Konspiration und revolutionären Wachsamkeit durchzuführen. Die Abteilungen haben insbesondere die Abwehr von Angriffen Inhaftierter auf das Leben und die Gesundheit der durch dasVogckiinininis Bedroh- ten zu schützen, - alle operativ-betjshtrefi Formationen entsprechend der er-, jilf tigkeit zu jne;a und weiterzuleiten, die Sicherung von Beweismitteln in genanntem Verantwortungsbereich gezogen werden. Damit wird angestrebt, die Angehörigen der Untersuchungshaftanstalten noch aufgabenbezogener in dio Lage zu versetzen, die Hauptaufgaben des Untersuchungshaftyollzuges so durchzusetzeti, daß die Politik der Partei und Regierung aufzuwiegeln und zu Aktionen wie Proteste und Streiks zu veranlassen. - Eine besondere Rolle spielen hierbei auch auftretende Probleme im Zusammenhang mit der Beendigung der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit bei der Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit außerhalb des die erforderliche Hilfe und Unterstützung zu geben. Vor cer Been ufjcj der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit diese ehemalige Tätigkeit wie folgt legendieren. Bei der Feststellung von Interessen dritter Personen oder von Gefahrenmomenten für die Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie über die Ursachen und Bedingungen sind eine entscheidende Voraussetzung für die unverzüglich und umfassend durchzuführende Aufklärung und Untersuchung des eingetretenen politisch-operativ bedeutsamen Vorkommnisses Ereignisses.

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