Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 579

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 579 (NJ DDR 1956, S. 579); lässigfeeit gegen die Interessen unserer Werktätigen verstieß. Der Angeklagte hat durch seine Handlungsweise keinen allzu großen Schaden angerichtet, da es sich bei den Zigarettenspitzen um Waren handelt, die vollauf hinreichend für den Bedarf unserer Bevölkerung zur Verfügung stehen. Der eingetretene Schaden ist im wesentlichen rein ideeller Natur und besteht in der Verletzung der Verkaufsdisziplin und dem schlechten Beispiel, das der Angeklagte seinen Kollegen ge-; geben hat. ' Unser Staat ist nicht daran interessiert, Werktätige,’ die einen geringfügigen Fehltritt begangen haben und daraus ihre Lehren gezogen haben, mit Strafe zu belegen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, daß sie in Zukunft ein einwandfreies Verhalten zeigen werden. Das Gericht stellte daher das Verfahren gegen den Angeklagten auf Grund des § 1 der Einführungsverordnung zur Strafprozeßordnung und des § 153 der StPO vom 1. Februar 1877 wegen Geringfügigkeit ein. § 27 b StGB. Zur Umwandlung von Freiheitsstrafe in Geldstrafe. Stadtbezirksgericht Berlin-Lichtenberg, Urt. vom 10. Juli 1956 - 512. 120/56. Die Angeklagte war in der Zeit von Januar bis März 1956 Schaffnerin bei der BVG. Sie hatte vorher drei Monate lang nicht gearbeitet und während dieser Beschäftigungslosigkeit erhebliche Schulden gemacht, so daß sie aus eigener Schuld ln eine Notlage geriet. Während die Angeklagte im Januar und Februar versuchte, die Schulden vom Arbeitsverdienst zu begleichen, entnahm sie im März erstmalig kleinere Beträge aus der Tageskasse der Fahrkartenabrechnung. Diese Beträge wollte sie später wieder hinzulegen. Sie verbrauchte sie für die Anschaffung von Nahrungsmitteln. Insgesamt hat sich die Angeklagte 44,70 DM rechtswidrig zugeeignet. Der unterschlagene Betrag ist durch Einbehaltung ihres Restgehaltes gedeckt. Der Sachverhalt beruht auf dem Geständnis der Angeklagten. Aus den Gründen: Die Angeklagte hat sich einer Unterschlagung gern. § 246 StGB schuldig gemacht. Sie wendet ein, sie habe aus einer gewissen Notlage heraus gehandelt. Diese Notlage, hat sie aber durch eigenes Verschulden verursacht. Sie brauchte nicht drei Monate lang ohne Beschäftigung zu sein, sondern konnte jederzeit eine Tätigkeit aufnehmen, obwohl sie keinen Beruf erlernt hat. Daß die Angeklagte zur Ausübung beruflicher Tätigkeit in der Lage ist, hat sie dadurch bewiesen, daß sie früher in Gastwirtschaften, als Bürobote und als Maschinennäherin arbeitete. Die Angeklagte war wegen ihrer Arbeitsbummelei bereits einmal auf drei Monate im Jugendwerkhof untergebracht. Aus der anschließenden Heimeinweisung hat sie nicht die entsprechenden Lehren gezogen, obwohl sie wegen guter Führung vorfristig entlassen worden war. Diese Tatsachen führten das Gericht dazu, von einer Umwandlung der Gefängnis- in eine Geldstrafe nach § 27 b StGB abzusehen. Aus erzieherischen Gründen mußte hier auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden, die das Gericht auf zwei Wochen Gefängnis festsetzte. Das Gericht billigte der Angeklagten auf Grund ihrer Jugend und des offenen Geständnisses sowie des wiedergutgemachten Schadens mildernde Umstände zu, die sich auf die Höhe der Freiheitsstrafe auswirkten. Inwieweit diese Strafe zu vollstrecken sein wird, hängt von der weiteren Führung und den Arbeitsleistungen der Angeklagten selbst ab. §§ 361, 18, 77 StGB; §§ 4, 17 Abs. 2 JGG. 1. Zur Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher. 2. Bei der Strafzumessung im Jugendgerichtsverfahren ist unter Beachtung der in § 17 Abs. 2 JGG gegebenen Beschränkung von dem Strafrahmen des konkret verletzten Gesetzes auszugehen. KrG Jena (Stadt), Urt. vom 26. März 1956 1 Ds 270/55. Die 18jährige Angeklagte ist in einer kinderreichen Arbeiterfamilie aufgewachsen. Nach dem Grundschulbesuch war sie kurze Zeit im Haushalt ihrer Eltern, darauf als Waldarbeiterin und schließlich als Hilfsarbeiterin einer Textilfabrik beschäftigt. Bis zur Schulentlassung machte ihre Erziehung keine Schwierigkeiten, Ende des Jahres 1953 gab es zwischen ihr und den Eltern die ersten Differenzen, besonders weil die Angeklagte verschiedentlich nicht zur vorgesehenen Zeit nach Hause kam. Sie wurde deswegen getadelt, nahm aber keine Lehre an, sondern gab ihre Arbeitsstelle ganz auf und vagabundierte in der folgenden Zeit umher. Mehrmals wurde sie von der Volkspolizei in verschiedenen Orten aufgegriflen und ins Elternhaus zurückgebracht. Alle Ermahnungen der Eltern und der staatlichen Erziehungsorgane hatten keinen Erfolg, Sie glitt immer mehr ab und wurde zur Dirne. Die Eltern schlossen im März 1954 mit dem Referat Jugend-hilfe/Heimerziehung freiwillig einen Erziehungsvertrag ab. Auf Grund dieses Vertrages wurde die Angeklagte im April 1954 in den Jugendwerkhof K. eingewiesen. Sie zeigte dort ein freches, widersetzliches Benehmen und entwich bereits nach kurzer Zeit. Als sie am 12. Mai 1954 in D. aufgegriffen wurde, war sie zum zweiten Male geschlechtskrank. Am 8. Juli 1954 wurde sie wegen Verbreitung von Geschlechtskrankheiten und Landstreicherei vom Kreisgericht L. zu einer Freiheitsentziehung von sechs Monaten mit anschließender Heimeinweisung verurteilt. Nach Verbüßung der Freiheitsentziehung im Jugendhaus H. kam sie am 4. Januar 1955 in den Jugendwerkhof Kl. Nach den Aussagen des Leiters des Werkhofes hat sieh die Angeklagte anfänglich gut Beführt, später jedoch ihren liederlichen Lebenswandel wieder aufgenommen. Mehrmals entfernte sie sich unerlaubt aus dem Jugendwerkhof und wurde in völlig verwahrlostem Zustand zum Werkhof zurückgebracht. Ihre tränenreichen Beteuerungen, sich zu bessern, hielt sie nie. Anfang Juni 1955 wurde sie erneut flüchtig und hielt sich unangemeldet in J. und E. auf. Sie übernachtete im Freien, in Bedürfnisanstalten von Gastwirtschaften und anderen ähnlichen Orten. Nach ihren Aussagen hatte sie während dieser Zeit mit mindestens sechs Männern geschlechtliche Beziehungen. In völlig heruntergekommenem Zustand wurde sie schließlich am 30. November 1955 aufgegrillen und in Untersuchungshaft genommen. Auf Grund dieses Sachverhalts wurde die Angeklagte wegen Landstreicherei und gewerbsmäßiger Unzucht i. S. von § 361 Abs. I Ziff. 3 und 6 c StGB, zu sechs Monaten Freiheitsentziehung verurteilt. Aus den Gründen: Die Jugendstrafkammer hat die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten nach § 4 JGG geprüft und bejaht. Die Angeklagte war zur Zeit der Tat ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung nach reif genug, um ihr gesellschaftsgefährliches Verhalten zu erkennen, und sie war auch in der Lage nach dieser Erkenntnis zu handeln. Sie war daher zu bestrafen. Bestraft werden mußte sie, weil alle Erziehungsmaßnahmen, die bisher bei ihr angewandt worden sind, ohne Erfolg blieben. Das Gericht erkannte gern. § 17 JGG in Vbdg. mit § 25 JGG wegen der beiden fortgesetzten Verfehlungen auf die vom Staatsanwalt beantragte Strafe. Die Angeklagte soll durch die ausgesprochene Strafe erzogen werden. Sie muß einsehen, daß ihr Verhalten in der Vergangenheit im höchsten Grade verwerflich und unmoralisch gewesen ist. Das Gericht hat sehr eingehend die Gründe ihres Abgleitens untersucht und ist zur Überzeugung gekommen, daß in erster Linie die Haltlosigkeit und Triebhaftigkeit der Angeklagten die Ursache gewesen sind. Die Angeklagte, die ohne Not in ordentlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, hatte ebenso wie alle anderen Jugendlichen die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen. Sie zog es aber vor, sich auf mühelose Art und Weise ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Ordnung im Jugendwerkhof behagte ihr nicht und alle Belehrungen schlug sie in den Wind. Auf Grund ihres Lebenswandels war sie trotz ihrer Jugend bereits zweimal geschlechtskrank und mußte sich einer Unterleibsoperation unterziehen. In unverantwortlicher Weise hat sie mit ihrer Gesundheit gewütet und darüber hinaus die Gesundheit anderer gefährdet. Die heutige Hauptverhandlung muß der Angeklagten eine Warnung sein. Sie muß sich bemühen, nach ihrer Entlassung endlich einer geregelten Arbeit nachzugehen. Ihre Eltern werden sie dabei unterstützen. Sollte sie wider Erwarten rückfällig werden, so muß sie mit den strengsten Maßnahmen rechnen. In unserem Staat der Arbeiter und Bauern wird ein Verhalten, wie es die Angeklagte bisher an den Tag gelegt hat, nicht geduldet. Anmerkung: Die vorstehende Entscheidung der KrG Jena (Stadt) enthält zwei wesentliche Fehler. Es kann nicht ungerügt bleiben, wenn das Gericht die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der jugendlichen Angeklagten für ihre Tat lediglich formelhaft behandelt. Der vorliegende Sachverhalt läßt besondere Zweifel daran auf-kommen, ob die Jugendliche wirklich in der Lage war, ihrer Erkenntnis von der gesellschaftlichen Gefährlichkeit ihrer Tat gemäß zu handeln. Der krasse Bruch in 579;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 579 (NJ DDR 1956, S. 579) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 579 (NJ DDR 1956, S. 579)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Referate Auswertung der der erreichte Stand bei der Unterstützung der Vorgangsbear-beitung analysiert und auf dieser sowie auf der Grundlage der objektiven Erfordernisse Empfehlungen für die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der richten, rechtzeitig aufzuklären und alle feindlich negativen Handlungen der imperialistischen Geheimdienste und ihrer Agenturen zu entlarven. Darüber hinaus jegliche staatsfeindliche Tätigkeit, die sich gegen die politischen und ökonomischen Grundlagen der Macht der Arbeiterklasse richten, zu unterbinden. Das Staatssicherheit hat weiterhin seine Arbeit auf die Überwachung Straftat begünstigender Bedingungen und Umstände sowie zur Schadensverhütung; die effektive Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten das evtl, erforderliche Zusammenwirken mit staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen, die zur Herausarbeitung und Durchsetzung bedeutsamer Sicherheitserfordernisse, zum Erarbeiten operativ bedeutsamer Informationen über die Lage im Verantwortungsbereich sowie zur Legendicrung operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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