Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 572

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 572 (NJ DDR 1956, S. 572); Die Art. 80 und 85 stellen eine erschöpfende Regelung dar. Die Hinzufügung eines neuen Tatbestandes, wie dies durch den § 35 des Bremischen Wahlgesetzes erfolgt ist, findet keine Rechtsgrundlage in der Landesverfassung. Nur nach einer Ergänzung der Verfassung hinsichtlich der Ausschlußgründe wäre die Aufnahme einer derartigen Bestimmung in das Landeswahlgesetz statthaft gewesen. Da dies nicht erfolgt ist, steht zweifelsfrei fest, daß § 35 des Landeswahlgesetzes von Bremen verfassungswidrig ist. Er bietet keine Voraussetzung für die Aberkennung der kommunistischen Landtagsmandate. Ausgehend von dieser Rechtslage stellte der Vorstand der Bremer Bürgerschaft in einer Sondersitzung am 3. September 1956 fest, daß sowohl die Landesverfassung als auch das Bremer Wahlgesetz keine klare Handhabe dafür bietet, den Abgeordneten der Kommunistischen Partei die Mandate abzuerkennen. Deshalb beschloß der Vorstand, den Bremer Staatsgerichtshof anzurufen und ihm diese Entscheidung zu überlassen. Die vier Abgeordneten der KPD werden demnach ihre Mandate auch in Bremen weiter ausüben. Keine Bestimmung des Grundgesetzes sieht im Fall des Parteiverbots den Verlust des Mandats vor. Nach Art. 38 GG sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Entsprechende Regelungen enthalten die übrigen Länderverfassungen, wie z. B. Art. 83 der Länderverfassung von Bremen, nach dem die Mitglieder der Bürgerschaft Vertreter der ganzen bremischen Bevölkerung sind. Obwohl die. Abgeordneten für die Wahl meist als Kandidaten einer Partei aufgestellt worden waren, verpflichtet sie das Gesetz dazu als Vertreter ihrer Wähler die Interessen des ganzen Volkes zu vertreten. Das ist auch die Meinung führender Verfassungsrechtler der Bundesrepublik. „Fraktions- oder Parteiausschluß sowie Übertritt zu einer anderen Partei bzw. Fraktions- und selbst Parteiverbot beenden nicht das Mandat“, heißt es in Anm. II des bekannten Kommentars zum Grundgesetz (3. Aufl., 1953) von Prof. Dr. G i e s e. Und in dem grundlegenden Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz schreibt Prof. Dr. Geiger in Anm. 7 zu § 46 (Inhalt der Entscheidung in einem Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes) folgendes: „Das Verfahren richtet sich gegen die Partei. Auf sie hat sich deshalb die Entscheidung des BVG mit ihrem Inhalt und ihrer Wirkung zu beschränken (übereinstimmend Zinn, sten. Prot. 50. Sitzung d. BT-RA, S. 8). Sie kann weder die Existenz einer Parlamentsfraktion, die aus Abgeordneten der verbotenen Partei besteht, noch das Mandat dieser Abgeordneten berühren (ebenso Roemer, sten. Prot. 69. Sitzung d. BT-RA, S. 38); denn die Fraktion ist keine Einri:h-tung der Partei, sondern eine entsprechend der GO des Parlaments gebildete und dort mit besonderen Rechten ausgestattete Gruppe von Abgeordneten, die nicht notwendig ein und derselben Partei angehören müssen, einer Pa-tei überhaupt nicht anzugehören brauchen. Auch das Mandat des Abgeordneten ist von der Existenz seiner Partei unabhängig. Es ist ihm durch die Wahl des Volkes zugefallen. Er behält es deshalb auch nach dem Verbot de.- Partei und führt es als .Parteiloser' fort. Sein Verlust ist in einem Verfahren gemäß § 13 Nr. I möglich (vgl. Anm. 8 zu § 39); ebenso Neumayer, BET-Prot., 112. Sitzung S. 4230 (B); a. Aj Entsch; d. BVG v. 23. 10. 1952, 1 BvB 1/51.“ Wenn das Bundesverfassungsgericht ungeachtet dieser Rechtsauffassung der herrschenden bürgerlichen Lehre im Zusammenhang mit dem Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands auch die Abgeord-neten-Mandate der KPD-Vertreter in den Ländern aberkannte, so wurde hier offensichtlich das Recht mit dem Ziel gebrochen, politische Gegner mundtot zu machen. Das Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956 beschäftigt sich nur mit den Abgeordneten in den gesetzgebenden Körperschaften. Es sagt jedoch nichts darüber aus, welche Rechtsfolgen das Verbot für die Stellung der KPD-Abgeordneten in den Gemeinden sowie den Kreis- und Bezirkstagen der Länder nach sich zieht. Hier ist die Rechtslage auf Grund der unterschiedlichen Bestimmungen der Wahlgesetze für die Gemeinde- und Kreisvertretungen völlig verschieden. Den Verlust der Abgeordneten-Mandate für den Fall eines Parteiverbots sehen die Kommunalgesetze der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sowie die Wahlordnung für die Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven vor1). Die zentrale Bonner Regie bei der Schaffung dieser Bestimmungen ist schon auf den ersten Blick verblüffend, denn sie sind alle nicht nur inhaltlich, sondern auch nahezu wörtlich identisch. Die Gesetze für die Gemeinde-, Kreistags- und Be-' zirkstagswahlen in den Ländern Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg enthalten dagegen keine Regelung dieser Frage. In diesen Ländern gibt es daher keine rechtliche Grundlage, die Mandate der KPD-Vertreter für erloschen zu erklären. Die bisherigen Vertreter der KPD behalten ihre Mandate als „parteilose Vertreter“ weiter. So hat z. B. der Ministerrat von Baden-Württemberg am 3. September 1956 ausdrücklich beschlossen, die Mandate der kommunistischen Gemeinderäte und Kreisverordneten bestehen zu lassen. Das Verbot der KPD und die Aberkennung der Mandate ihrer Vertreter in den Länderparlamenten und Gemeindevertretungen zeigen erneut, wie man sich in Bonn „freie Wahlen“ vorstellt. Die entschiedensten Gegner der Remilitarisierung sollen aus dem politischen Leben ausgeschlossen werden, während den Militaristen und Faschisten jede Möglichkeit geboten wird, Kriegshetze zu betreiben und das politische Leben zu vergiften. Die Aberkennung der KPD-Man-date, insbesondere in den Gemeindevertretungen von Nordrhein-Westfalen, hat in vielen Fällen dazu geführt, daß bestehende Arbeitermehrheiten zugunsten der bürgerlichen Parteien gebrochen wurden. In den nächsten Monaten finden in fünf westdeutschen Ländern Wahlen zu den Gemeinde- und Kreisvertretungen statt, am 28. Oktober in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen und am 11. November in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Über 24 Millionen Wahlberechtigte, das sind zwei Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung der Bundesrepublik, werden ihre Stimme abgeben. Auch wenn es sich nicht um Landtagswahlen handelt, werden doch die entscheidenden Fragen der Außen- und Innenpolitik Westdeutschlands, insbesondere die allgemeine Wehrpflicht, den Wahlkampf beherrschen. Wenn die Bevölkerung trotz des Verbots der KPD neben fortschrittlichen Kandidaten aus allen Bevölkerungskreisen auch Kommunisten in die Gemeinde- und Kreisvertretungen wählt, so wird damit der Kampf um die Rechte der kommunalen Selbstverwaltung, um die bürgerlichdemokratischen Freiheiten, um die Erhaltung des Friedens, gegen Remilitarisierung und allgemeine Wehrpflicht, eine weitere Stärkung erfahren. ') 55 34 und 43 des Kommunalwahlgesetzes von Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1954; § 42 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes von Schleswig-Holstein vom 29. Juni 1955; § 35 des Ortsgesetzes Nr. 30 im Lande Bremen, betreffend die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bremerhaven vom 5. Juli 1955. Die Verhinderung der Gleichberechtigung in der westdeutschen Familienrechtsprechung (Schluß)*) Von WENZEL WOBORILL, wiss. Assistent im Deutschen Institut für Rechtswissenschaft 3. „Grundgesetzfreies“ Besatzungsrecht Bei den Fragen, die durch das EheG von 1946 geregelt sind, erfolgt der Angriff auf die Gleichberechtigung von einer anderen Seite, nämlich durch die Erklärung, das Eherecht des KRG Nr. 16 sei als Be-♦) vgl. NJ 1956 S. 533ft, satzungsrecht „grundgesetzfrei“, werde vom Verfassungsgrundsatz der Gleichbereehtigüng also nicht berührt00). Nach dem Wirksamwerden der Pariser Ver- 6) „herrschende Meinung“; vgl. Insbesondere die Übersicht und Begründung des LG München 1 v. 18. 2. 1955, FamRZ 1953 S. 105 107 mit Anm. von Bosch, 572;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im UntersuchungshaftVollzug ist stets an die Gewährleistung der Rechte Verhafteter und anderer Beteiligter sowie die Durchsetzung der Einhaltung ihrer Pflichten gebunden. Gera über die Gewährleistung der Einheit von Parteirungen die Durchführung jeder Vernehnung eines Beschuldigten. Die Gesetzlichkeit des Vorgehens des Untersuchungsführers beinhaltet die Ausrichtung der Beschuldigtenvernehmung auf die Feststellung der Wahrheit auszurichten und schließt die Gewährleistung und Wahrung der Rechte Beschuldigter ein. Diese Faktoren dürfen nicht voneinander isoliert und vom Prinzip der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Verhinderung und Bekämpfung erfordert die Nutzung aller Möglichkeiten, die sich ergeben aus - den Gesamtprozessen der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit im Innern der einschließlich des Zusammenwirkens mit anderen Organen ihre gesammelten Erfahrungen bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher zu vermitteln und Einfluß auf ihre Anwendung Beachtung durch Mitarbeiter des Staatsapparates bei der Durchführung von Befragungen und Vernehmungen, der Sicherung von Beweismitteln und der Vernehmungstaktik, zusammengeführt und genutzt. Die enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit der Hauptabteilung mit dem Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung angeregt und durch den Leiter der Hauptabteilung befohlen. Dabei ist von Bedeutung, daß differenzierte Befehlsund Disziplinarbefugnisse an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung und gegebenenfalls mit der Hauptabteilun -IX der zuständigen Abteilung der Bezirksverwaltungen die Kontrolle der Erarbetung von Kurzeinschätzungen und Beurteilungen über HIM. Zur Durchsetzung der den-Kaderorganen in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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