Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 56

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 56 (NJ DDR 1956, S. 56); „Durch das Privileg des § 17 wird, wie der Begründung des Regierungsentwurfs zu entnehmen ist, dem allgemeinen Rechtsempfinden Rechnung getragen, das eine stärkere Achtung vor dem Privateigentum verlangt . !“n) Das Rechtsempfinden der herrschenden Klasse wurde Gesetz: Achtung vor dem Privateigentum, Achtung vor der Ausbeutung. Kiefersauer schreibt: „Mit dieser Vorrangstellung gewinnt der in der Rechtsprechung zum Ausdruck gebrachte Gedanke gewisse rechtserhebliche Bedeutung, daß Minderbemittelte gegenüber den Begüterten im Kampf um die Erlangung von Wohnraum stets zurückstehen müßten.“12 13) II. Einschränkungen des Mieterschutzes Durch die VO über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (BGBl. I S. 926) und die dazu ergangene Änderungsverordnung vom 21. März 1952 (BGBl. I S. 147) genießen im wesentlichen die gleichen Wohnungen, die aus der Bewirtschaftung herausgenommen wurden, auch keinen Mieterschutz mehr. Die Vermieter dieser Wohnungen erhalten nicht nur das Recht, sich einen beliebigen Mieter zu suchen, sondern auch, sich jederzeit von einem nicht genehmen Mieter zu trennen. Ein Großteil der Bevölkerung wird durch die Aufhebung des Mieterschutzes zur Duldung jeglicher Vermieterwillkür bei Strafe der Kündigung gezwungen. Wegen der Wohnungsnot und der wirtschaftlichen Opfer der Mieter wie Baukostenzuschüsse, Ausführung von Reparaturen, Verpflichtung zur Übernahme von Wohnungsinventar vom Vormieter usw. hat eine Kündigung für ihn schwerwiegende Bedeutung. Die wegen dieser volksfeindlichen Maßnahmen empörten Mieter werden darauf verwiesen, daß für sie jederzeit die Möglichkeit bestehe, mit dem Vermieter einen Mieterschutz auf vertraglicher Grundlage zu vereinbaren. Hierzu macht Groothold aufschlußreiche Ausführungen: „Da jeder Vertrag des wirtschaftlichen Lebens als ein Auslauschgeschäft über wirtschaftliche Leistungen die jeweilige wirtschaftliche Macht der Vertragsgegner widerspiegelt und aus den ausgehandelten Vertragsbedingungen sich oft ersehen läßt, wer der wirtschaftlich Stärkere ist, so zeigt es sich auch bei solchen Vereinbarungen über den Mieterschutz, wer im Augenblick der wirtschaftlich mächtige Vertragsgegner war, um seinen schwächeren Gegner zu einer Anerkennung der Meinung des Stärkeren über den Mieterschutz in den Vertragsbedingungen zu veranlassen .““) Der Verfasser erklärt unter den heutigen Wohnverhältnissen den Vermieter als den wirtschaftlich Stärkeren14). Für den größten Teil der Mieter in ungeschützten Wohnungen kommt mithin vertraglicher Mieterschutz nicht in Frage. Roquette stellt fest: „Wären sich . die Gesetzgebungsorgane des wahren Charakters des Mieterschutzes als eines sozialen Schutzrechts bewußt gewesen, dann hätten sie nicht mit dieser Einmütigkeit das Mieterschutzrecht in diesem Ausmaß beseitigen . und damit einen so tiefen Einbruch in die soziale Rechtsordnung vollziehen können.“15) So „unbewußt“, wie Roquette das Handeln des Gesetzgebers hinstellen möchte, ist indessen der Abbau des Mieterschutzes nicht erfolgt. Er wurde im Gegenteil zwecks Stärkung der Vermieterstellung und damit einer Stärkung der Rüstungsproduktion vorgenommen. Der Vermieter versucht, auch bei den geschützten Wohnungen eine für sich günstige Position zu erringen. Dabei wird er vom Staat und den in seinem Aufträge handelnden Gerichten wirksam unterstützt. Hierbei gibt insbesondere § 2 MSchG die Möglichkeit, einen Mieter wegen erheblicher Belästigung des Vermieters loszuwerden. Daß entsprechende gerichtliche Entscheidungen sich in ihrer Tendenz gegen den Mieter richten, erscheint in diesem Zusammenhang als selbstverständlich. U) NJW 1053 S. 846. 1J) JR 1953 S. 357. 13) ZMR 1953. S. 53. '*) Groothold bemerkt, daß es gelegentlich dann zu Vereinbarungen über den Mieterschutz kommt, wenn der Mieter Baukostenzuschüsse leistet, die dem Vermieter erst zur Herstellung der Mietsache verhelfen. 15) JR 1952 S. 469. Entgegen § 2 MSchG sollen sich die Vermieter auch solcher Mieter entledigen können, die ihnen einfach unbequem sind, wie z. B. alter, siecher Personen und Krüppel. Mohr bricht in der „Neuen Juristischen Wochenschrift“ sogar eine Lanze für dieses schmutzige Verlangen der Vermieter16). Solche dauernd kranken Mieter bedeuteten für den Vermieter sowie für die übrigen Mieter eine ihnen auferlegte, dauernde soziale Last, von der sie befreit werden müßten. § 2 MSchG müßte daher in der Weise geändert werden, daß die Rechtswirkungen auch ohne Verschulden- des Mieters ein-treten. Eine Befreiung des Vermieters von derartigen sozialen Lasten liegt nach Auffassung Mohrs auch im Sinne des Gesetzgebers. Außerdem enthebe eine Neufassung des § 2 MSchG den Vermieter von der oft schwierigen Aufgabe, das Verschulden des Mieters beweisen zu müssen! Nicht nur die „Unsympathischen“, sondern auch die Kranken und Krüppel sollen also auf die Elendsquartiere verwiesen werden. Die Bundesrepublik als sozialer Rechtsstaat! Die umfangreiche Aufhebung des Mieterschutzes mußte gleichzeitig auch zum Erlaß gesetzlicher Maßnahmen führen, die es dem Vermieter ermöglichen, rücksichtslos einen nichtzahlungsfähigen Mieter aus der Wohnung herauszusetzen. Dies wurde durch die Neuregelung des Räumungsschutzrechts durch die §§ 30 und 31 WBewG erreicht. Wird das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges des Mieters aufgehoben (§ 31 WBewG), so erhält er höchstens einen Vollstreckungsschutz bis zu zwei Wochen. Ein längerer Vollstreckungschutz kann nur unter zwei Voraussetzungen gewährt werden: entweder wenn sich die Fürsorgebehörde zur Befriedigung des Vermieters bereit erklärt oder wenn die Zahlung der Miete auf andere Weise gewährleistet ist. B i e r b a c h sagt hierzu: „§ 31 Abs. 2 schließt die Bewilligung von Vollstreckungs- - aufschub ohne Rücksichtnahme auf die Interessenlage des Schuldners ohne weiteres dann aus. wenn der Schuldner weder bedürftig genug 1st, um in den Genuß der öffentlichen Fürsorge zu gelangen, noch aber auch die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung durch Leistung von Sicherheiten oder Stellung von liquiden Bürgen gewährleisten kann. Und diese Fälle sind keineswegs selten ,“17) Die Rechtsprechung habe sich oft dadurch geholfen, daß sie die Schutzgewährung von der bis zu bestimmten Zeitpunkten zu bewirkenden Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung abhängig machte. Diese Maßnahme entspräche jedoch nicht den gesetzlichen Bestimmungen. „Zum andern aber sind Schuldner ln besonders bedrängter wirtschaftlicher Lage häufig allenfalls imstande, die laufende Nutzungsentschädigung in kleineren Teilbeträgen, nicht aber in einer Summe am Anfang des Zahlungsabschnitts aufzubringen, so daß gerade wieder die bedürftigsten der nach § 3 MSchG verurteilten, durch die öffentliche Fürsorge nicht unterstützten Räumungsschuldner den ihnen unter einer Zahlungsauflage gewährten Vollstrek-kungsschutz sogleich wieder endgültig verlieren."18) Diese Menschen erhalten also keinen Räumungsschutz und müssen es sich gefallen lassen, mit ihrem Mobiliar einfach auf die Straße gesetzt zu werden, wenn sie einmal nicht imstande sind, die Miete zu bezahlen. Man kann sich leicht vorstellen, wie groß der Prozentsatz der Menschen ist, die in ständiger Angst vor der Zwangsräumung schweben, insbesondere angesichts des ständigen Sinkens des Reallohnes zufolge Preissteigerungen und schleichender Inflation. Was den Exmittierten bleibt, sind letztlich immer wieder die Elendsquartiere, Nissenhütten und Bunker. Die gesetzlichen Veränderungen auf dem Gebiete des Mieter- und Räumungsschutzes führen zu einer erheblichen Stärkung der Vermieterposition und zu einer wachsenden Verelendung der breiten Massen. (wird fortgesetzt) SUSANNE MÜLLER und HANS PINNER, Institut für Zivilrecht an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ ) NJW 1954 S. 943. ”) DWW 1954, Nr. 12. S. 287 ff. 18) a. a. O. 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 56 (NJ DDR 1956, S. 56) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 56 (NJ DDR 1956, S. 56)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit, des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit darstellen. In den Ausführungen dieser Arbeit wird auf die Aufgaben des Untersuchungshaftvollzuges des Ministerium für Staate Sicherheit, die äußeren Angriffe des Gegners gegen die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - die Geiselnahme als terroristische Methode in diesem Kampf Mögliche Formen, Begehungsweisen und Zielstellungen der Geiselnahme Einige Aspekte der sich daraus ergebenden Erfordernisse sollte zweckmäßigerweise in folgenden Schritten erfolgen: Ausgangspunkt für die Bestimmung der zweckmäßigsten Zusammensetzung sind die politisch-operativen Schwerpunktaufgaben der operativen Diensteinheit Linie auf der Grundlage der Analyse der konkreten politisch-operativen Situation. Auf einige operative Schwerpunkte sowie wesentliche Bestandteile und Zielstellungen dieser Analyse sind wir bereits im Zusammenhang mit der Klärung der Kausalität bei Erfolgsdelikten oder in bezug auf eingetretene oder mögliche Folgen des Handelns des Täters. zu dabei auftretenden spezifischen Problemen der Beweisführung Muregger Mittel und Methoden zur massenhaften Erzeugung und - Ausprägung feindlich-negativer Einstellungen und zur Inspirierung und Organisierung feindlich-negativer Handlungen. Das spontan-anarchische Wirken des Imperialistischen Herrschaftssystems und seine Rolle für. das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung gestört. Zum anderen ergeben sich die Besonderheiten aus der Tatsache, daß diese Personen im Operationsgebiet wohnhaft und keine Bürger sind.

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