Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 551

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 551 (NJ DDR 1956, S. 551); unseren rechtswissenschaftlichen Einrichtungen in den letzten Jahren irgendwie ins Hintertreffen geraten. Man sollte sich an die hervorragenden Traditionen F. E. Dsershinskis erinnern, an die Erfahrungen der ersten Jugendkommunen, an die Werke Makarenkos, die eine Revolution auf dem Gebiet der Wissenschaft der Erziehung und Umerziehung vollzogen. Warum haben wir denn vergessen, auf was wir mit Recht stolz sein und was wir nicht vergessen dürfen? IV Im Zusammenhang mit der rechtlichen Erziehung tauchen auch einige Fragen über die Anwendung der gerichtlichen Repressalie auf. Müssen unsere Gerichte mit der Prüfung vieler kleiner Sachen überlastet werden Beleidigungen, Wohnungsstreit usw.? Ist nicht die Zeit gekommen, diese Sachen auf gesellschaftlichem Wege zu prüfen in den Betrieben, in Kameradschaftsgerichten, auf allgemeinen Versammlungen der Arbeiter und Angestellten? Bekannt ist der Fall, in dem ein junger Bursche, der sich rowdyhaft benommen hat, bereit ist, sich vor Gericht dafür zu verantworten, aber fleht, daß man seine Sache nicht auf einer allgemeinen Versammlung der Arbeiter und Angestellten desjenigen Betriebes verhandelt, in dem er arbeitet. Er wird sich, sagt er, „sehr schämen“. Warum schämt sich ein solcher Rechtsverletzer nicht, daß er dann vorbestraft ist, schämt sich aber vor seinen Arbeitskollegen oder Hausgenossen zu stehen? Wirklich, warum? Ist es nicht deshalb, weil, wenn man diesen jungen Burschen „vor die Gemeinde bringt“, sein Verbrechen in weiten Kreisen bekannt wird, eine Gerichtsverhandlung aber keine solche Veröffentlichung zuläßt? Oder vielleicht deshalb, weil durch Fehlen jener Rechtspropaganda die Tatsache der Vorbestraftheit ihre Wirkung verloren hat? 1 Aber unter allen Bedingungen ist es zweckmäßig,' einen solchen Rechtsverletzer auf gesellschaftlichem Wege zu verurteilen, allein schon deshalb, weil die moralische Wirkung dieses Gerichts auf ihn stärker ist. Genauso ist es zweckmäßig, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung und kleinere rowdyhafte Vergehen auf administrativem Wege zu prüfen, wofür die Rfechte der Leiter der einzelnen Abteilungen der Miliz zu er-, weitem sind. Man könnte sich denken, daß die Befreiung der Gerichte von der Prüfung kleiner Sachen die Autorität des Volksrichters nur hebt und die gesellschaftliche und moralische Bedeutung des gerichtlichen Urteils steigert. V 1 Im System der rechtlichen Erziehung der Jugend und der Umerziehung der jungen Rechtsverletzer muß die psychologische Taktik in der Arbeit der Organe der Miliz und der gerichtlichen Untersuchung, die man als Vertrauenssetzung bezeichnen könnte, eine große Rolle spielen. Die Vertrauenssetzung bewährt sich auf einer Reihe von Gebieten unseres öffentlichen Lebens und ist selbst eine sehr aktive Form der Erziehung. Jeder erfahrene Kriminalist weiß, daß das Appellieren an den guten Kern in der Seele des Verbrechers oft ein positives Ergebnis hat. r : „Nun, wenn Sie, Genosse Untersuchungsführer, mich' trotz meiner Vergangenheit für einen Menschen halten, sogar bei meinen fünf ,Schwänzen“ (Vorbestrafungen * L. S.)“, sagte dem Verfasser dieser Zeilen einst ein Berufsräuber, „so werde ich schon beweisen, daß ich tatsächlich als Mensch gelten kann!“ Und er berichtete ehrlich über eine Reihe von Verbrechen, die er begangen hatte und über die der Untersuchung nichts bekannt war. Der große russische Rechtswissenschaftler A. F. Koni schrieb, als er in seiner Arbeit über Dostojewski dessen Roman „Verbrechen und Strafe“ (Schuld und Sühne der Übers.) behandelte: „Die von ihm in diesem Romani geschaffenen Gestalten werden wegen ihrer künstlerischen Stärke nicht sterben. Sie werden auch als Beispiel des edlen hohen Könnens weiter leben, die .lebendige Seele“ unter der gröbsten, finstersten, ge- staltlosesten Form zu finden und mit Mitleid und Beben den in ihr bald leise glimmenden, bald hell in versöhnlichem Schein brennenden Funken zu zeigen Diese wunderbaren Worte eines der angesehensten Kriminalisten Rußlands haben auch in unseren Tagen ihre Bedeutung nicht verloren. Und weil der Staatsanwalt, der Richter, der Untersuchungsführer ein Psychologe sein muß, ist er verpflichtet, die „lebendige Seele“ suchen und finden zu können, von der Koni schrieb. Sehr treffend sprach davon auch Konstantin Paustow-ski in seiner „Novelle vom Leben": „Man muß jeden Abglanz von Menschlichkeit bei den uns Umgebenden suchen, so fremd und uninteressant sie uns auch erscheinen mögen, ln jedem Herzen klingt eine Saite. Sie klingt unbedingt wider, sogar beim schwachen Ruf des Schönen“. Die „Vertrauenssetzung“ ist auch ein Appell an diese „Saite des Herzens“. Die Vertrauenssetzung schließt keinesfalls aus, daß, wenn nötig, eine strenge gerichtliche Repressalie gegenüber solchen gefährlichen Verbrechern angewandt wird wie Mördern, Banditen, Dieben am sozialistischen Eigentum und böswilligen Rowdys. Und in vielen Leserbriefen, die die „Literaturnaja Gazeta“ erreichen, wird mit Recht gefordert, die Strafe für diese Verbrecher zu verstärken. Man kann aber natürlich nicht alle Beschuldigten mit einem Maßstab messen, man darf im Kampf gegen die Kriminalität nicht nur auf die Verstärkung der Repressalie vertrauen. Gorki sagte in seinem Aufsatz „Die Wahrheit des Sozialismus“, als er die Psychologie der Rechtsverletzer behandelte, daß Sich bei vielen von ihnen „ die natürliche Romantik der Jugend in eine böse und anarchische Romantik der Verzweiflung und Vertie-rung in Banditentum verwandelt“. Das ist eine sehr genaue Beobachtung. Eine der Aufgaben der rechtlichen Erziehung muß darauf abzielen, daß die Pseudoromantik jedes Verbrechens beständig und geduldig entlarvt wird, daß ihre schlimme Natur und ihre schweren Folgen auf gedeckt werden. Was aber die „natürliche Romantik der Jugend“ angeht, so kann man sie oft auf die Bekämpfung der Kriminalität hinlenken. Das kann man zum Beispiel mit Erfolg gerade auf dem Gebiete- der organisierten Bekämpfung des Rowdytums tun. : Bald nach Beendigung des Krieges wandten sich die Behörden von Kaluga nach Moskau mit der Bitte, den örtlichen Organen der Miliz, des Gerichts und der Staatsanwaltschaft bei der Beseitigung des Rowdytums und Raubs auf der Straße behilflich zu sein. Eine Brigade von Moskauer Kriminalisten, die deshalb nach Kaluga kam, stellte fest, daß diese Verbrechen in der Hauptsache von Halbwüchsigen begangen wurden, die während der Besetzung Kalugas verwildert waren. Als ein Experiment zur Prüfung der Wirksamkeit der ’,Vertrauenssetzung“ rief- die Brigade diese Halbwüchsigen zu einer Art „Beratung“ zusammen. Mail erklärte den jungen Leuten, daß ihr Benehmen sinnlos und schändlich sei und daß sie, wenn sie ihre Lebensweise nicht ändern werden, unvermeidlich eine strenge Strafe treffen wird. Sie beklagten sich ihrerseits darüber, daß sich niemand für sie interessiert, daß es in der Stadt, die an der Oka liegt, keine einzige Eisbahn gäbe, keine Skistation, daß sie ihre Freizeit nirgends fröhlich und interessant verbringen können. Es wurden schnellstens zwei Eisbahnen und eine Skistation angelegt, die Arbeit im Klub wurde lebhafter gestaltet usw. Die Moskauer Brigade schlug den verständnisvollsten dieser jungen Leute vor, sich am Kampf gegen das Rowdytum und den Straßenraub zu beteiligen Man hätte sehen müssen, mit welcher Begeisterung sie diesen Vorschlag aufnahmen! Einer der jungen Burschen, der zu einem eifrigen Ordnungshüter wurde, sagte später: „Wissen Sie, die Ordnung auf der Straße zu wahren, ist viel interessanter, als sie zu verletzen!“ 55/;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 551 (NJ DDR 1956, S. 551) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 551 (NJ DDR 1956, S. 551)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der Aufgaben genutzt. Bei der Nutzung der Ordnungsstrafbestimmungen zur Bekämpfung von Handlungen feindlich-negativer Kräfte ist die Besonderheit zu beachten und die daraus erwachsenden Erfordernisse in der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von qualifizierten noch konsequenter bewährte Erfahrungen der operativen Arbeit im Staatssicherheit übernommen und schöpferisch auf die konkreten Bedingungen in den anzuwenden sind. Das betrifft auch die weitere Aufklärung und offensive Abwehr der Tätigkeit von Befragungsstellen imperialistischer Geheimdienste in der BRD. Ständig müssen wir über das System, den Inhalt, die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden des Gegners in seinem feindlichen Vorgehen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der werden öffentlichkeitswirksam und mit angestrebter internationaler Wirkung entlarvt.

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