Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 55

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 55 (NJ DDR 1956, S. 55); Standszahlungen abgegeben, die in Verschleierung ihres wahren Charakters „verlorene Baukostenzuschüsse“ genannt oder in ähnlicher Weise getarnt werden. Hierzu bemerkt die „Deutsche Wohnungswirtschaft“: Ein Wohnungsuchender . „mag zu etwas Geld gekommen sein, mit dem er auf den Kauf einer Wohnung ausgeht; er wird bald merken, wie hoch der Betrag ist, den man von ihm verlangt, und wie fadenscheinig die Begründungen sind, unter denen er verlangt wird .“). In der juristischen Literatur wurde ein heftiger Kampf über die Frage der Sittenwidrigkeit solcher Abstandszahlungen geführt. Die treuen Anhänger der herrschenden Klasse versuchten, formal die Anwendbarkeit des § 138 BGB zu verneinen. Mit Recht tritt S c h o o p dagegen auf, wobei seine Darstellung zugleich einen plastischen Eindruck von der Zwangslage der Mieter gibt: „Schon das AG und LG München haben in den Jahren 1910 und 1911 anerkannt, daß eine durch Monopolmißbrauch von Haus- und Grundbesitzervereinen zustande gekommene übermäßige Einschränkung der sozialen Bestimmungen des Mietrechts des BGB als Verstoß gegen die guten Sitten nichtig sein kann. Mir will scheinen, daß ein solcher Monopolmißbrauch durchaus im gegenwärtigen Zeitpunkt häufig gegeben ist, wo der Raumhunger unendlich groß ist und wo, nur um den Raum zu erlangen, unendliche Opfer gebracht werden. Diese Lage sichert dem Grundeigentümer (Vermieter) von vornherein ein Übergewicht und gestattet ihm, einseitig Bedingungen festzulegen, die er sonst nicht in den Vertrag aufnehmen könnte. Gerade dieser Gesichtspunkt sollte die Gerichte veranlassen, bei der Höhe der vereinbarten verlorenen Baukostenzuschüsse dem § 138 Abs. 1 BGB besondere Beachtung zu schenken . Nach meiner Auffassung ist es sittenwidrig, wenn z. B. einem Mieter ein verlorener Baukostenzuschuß von mehreren tausend DM ohne Gegenleistung abgefordert wird, nur dafür, daß er einen normalen Raum bekommt oder, wenn dem Mieter abverlangt wird, daß er den Raum errichtet und einrichter und die gesamte Einrichtung und Ausstattung entschädigungslos dem Vermieter übergeben soll, nur weil der Vermieter in der glücklichen Lage ist. in einer bestimmten Bodenlage sein Grundstück für Geschäftsraum ausnutzen zu können.“* 7 * * *) Hinsichtlich des weiterhin bewirtschafteten Wohn-raumes sieht das Gesetz zwei Formen der Wohnungszuteilung durch die Wohnungsämter vor: durch Erteilung der Benutzungsgenehmigung gemäß § 14 WBewG und durch das Zuweisungsverfahren nach § 15 WBewG. Im ersten Falle kann sich der Vermieter einen beliebigen Wohnungsuchenden auswählen, ohne daß bei diesem ein Wohnungsnotstand vorzuliegen braucht; es genügt dessen Eintragung in die Liste des Wohnungsamts, die von keiner Vorbedingung abhängig ist. Die Möglichkeit der Zuteilung des Wohnraumes in Form der Erteilung einer Benutzungsgenehmigung für einen Wahlmieter verschafft nur solchen Mietern eine Wohnung, die dem Vermieter angenehm sind, weil sie z. B. zahlungskräftig sind oder andere Vorteile bieten, etwa kinderlos sind. Dadurch wird der Wohnraum für den Vermieter ein profitbringendes Handelsobjekt. Die Wohnraumverteilung wird praktisch, wie bei den freigegebenen Wohnungen, völlig in die Hände des Vermieters gelegt. § 17 WBewG sieht auch eine Zuteilung nach der Dringlichkeit .der Bewerbung vor. Da aber auch in Dringlichkeitsfällen der Vermieter das Auswahlrecht hat, wird es den Wohnungsbehörden nahezu unmöglich gemacht, dringend Wohnungsuchenden Wohnraum zuzuweisen. Aus ganz „gewichtigen wohnungswirtschaftlichen Gründen“ können einem Vermieter auch Wohnung-ßuchende im Verfahren gemäß § 15 Abs. 1 WBewG zugewiesen werden. Der Vermieter hat dann kein Auswahlrecht. Er kann auch für den Fall, daß keine Einigung zwischen den Parteien zustande kommt, zum Abschluß eines Zwangsmietvertrages durch Mietverfügung der Wohnungsbehörde gezwungen werden. Hiernach wäre den Wohnungsbehörden die Möglichkeit gegeben, auch den ärmeren Bevölkerungsschichten zu einer Wohnung zu verhelfen. Wie sieht es aber in Wirklichkeit damit aus? ) DWW 1953, Nr. 12. S. 282. 7) „Zeitschrift für Miet- und Raumrecht“ (ZMR) 1954. Nr. 2. a 37. Die Wohnungsämter machen von dem Zuweisungsverfahren nur selten Gebrauch; denn vor der Zuweisung hat die Wohnungsbehörde nach § 15 Abs. 1 Satz 2 WBewG zu prüfen, ob der Zugewiesene in der Lage ist, die Miete zu bezahlen. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Pflicht löst Amtshaftung nach § 839 BGB aus! Das Profitstreben des Vermieters geht auf alle Fälle der menschenwürdigen Unterbringung dringend Wohnungsuchender vor. Darüber, wie der Minderbemittelte zu einer Wohnung gelangen kann, gibt das Gesetz keine Auskunft. Diese Frage hat Scheerbarth (Senats-Präsident beim OVG Münster) auf einer Tagung der Leiter der Beschwerdestellen der Wohnungsämter angeschnitten, worüber er in seinem Artikel „Alarmierende Zustände in der derzeitigen Wohnraumbewirtschaftung“ berichtet: „Es liegt die Frage nahe, was denn aus den anständigen, an sich als Mieter nicht zumutbaren, aber sozial Schwachen, den Kriegerwitwen mit mehreren Kindern und einer kleinen Rente, den Kinderreichen, den Wohlfahrtsempfängem, überhaupt allen Nichtasozialen, wird, die den Verfügungsberechtigten keine Mietvorauszahlung, keinen verlorenen Zuschuß zahlen und keine Wohnungsreparaturen übernehmen können. Auf der Tagung hörte man hierauf als Antwort, diese sogenannten .Unsympathischen1 kämen eben nicht zum Zuge, für sie müsse der soziale Wohnungsbau sorgen, oder es müsse mit der Obdaehlosenzuweisung nach § 21 PVG geholfen werden, und es stehe nun einmal so im Gesetz .“ ) Daß der „soziale“ Wohnungsbau nicht der Unterbringung der Minderbemittelten dient, wurde schon eingangs gezeigt. Wie sieht es aber mit der Obdachlosenzuweisung aus? Roquette grenzt in seinem Kommentar zum Wohnraumbewirtschaftungsgesetz den Begriff des Wohnungsuchenden von dem des Obdachlosen ab: „Wer obdachlos ist, benötigt nur eine Unterkunft und als solche genügt jeder Raum, der Schutz gegen die Unbilden der Witterung gewährt. Mehr darf der Obdachlose nicht beanspruchen, als ein Dach über dem Kopf zu haben. Er muß sich deshalb auch mit Massenunterkünften begnügen.“5) Das ist es also, was der Staat den „Unsympathischen“, den sozial Schwachen zur Befriedigung ihrer Wohn-bedürfnisse zur Verfügung stellt. In einem imperialistischen Staat haben sie keinen Anspruch auf Wohnraum. Sie sind auf Baracken, Bunker, Nissenhütten und Massenlager angewiesen. Scheerbarth führt weiter aus, daß die Wohnungsämter zumeist den Weg des geringsten Widerstandes gehen, indem sie von der Benutzungsgenehmigung Gebrauch machen. In solchen Fällen müsse aber häufiger das Zuweisungsverfahren angewandt werden. Leider sei auch dieser Weg kaum gangbar; denn wenn ein Vermieter gelegentlich „Unsympathische“ zugewiesen erhielte, würde er Klage erheben1) mit der Begründung, nur er sei mit „Unsympathischen“ belastet worden, andere Vermieter hingegen nicht, das Wohnungsamt habe gegen das Gleichheitsprinzip gemäß Art. 3 des Grundgesetzes verstoßen! Zusammenfassend muß man feststellen: Aufhebung des KRG Nr. 18 und Einführung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes bedingen eine fortschreitende Verelendung der Massen. Die Minderbemittelten können nur unter größten finanziellen Opfern oder aber überhaupt nicht zu einer Wohnung kommen und sind dann auf Notunterkünfte angewiesen. § 17 WBewG gibt dem Grundstückseigentümer ein besonderes Privileg: einen einklagbaren Rechtsanspruch auf bevorrechtigte Zuteilung freigewordenen Wohn-raums, ohne daß er ein besonderes Bedürfnis nachzuweisen braucht. Friese bemerkt zur Begründung: ) ZMR 1954, Nr. 2, S. 33. 9) Das Wohnraumbewirtschaftungsgesetz. Kommentar, 1953, S. 28. 1C) gemeint ist Klage vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel, den Verwaltungsakt der Zuweisung für unwirksam zu erklären. 55;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 55 (NJ DDR 1956, S. 55) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 55 (NJ DDR 1956, S. 55)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage der sozialistischen Ideologie bildeten sich im Verlauf der Bahre seit der Bildung Staatssicherheit , als Schutz- und Sicherheitsorgan der Arbeiterklasse, ganz spezifische tschekistische Traditionen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Sicherheit der und der anderen tschekistischen Kräftesowie der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß. Deshalb ist auf der Grundlage des Gesetzes nicht gestattet. Das Gesetz kennt diese auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gerichteten Maßnahmen nicht. Solche Maßnahmen können in der Untersuchungsarbeit zwangsweise nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers werden die besonderen Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie herausgearbeitet und ihre Bedeutung für den Prozeß der Erziehung und Befähigung von Untersuchungsführern und der Kontrolle von Ermittlungsverfahren. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der konkreten Arbsitsaufgaben, der Art und Weise ihrer Realisierung und der Bedingungen der Tätigkeit des Untersuchungsführers verbundenen An forderungen zu bewältigen. Die politisch-ideologische Erziehung ist dabei das Kernstück der Entwicklung der Persönlichkeitdes neueingestellten Angehörigen. Stabile, wissenschaftlich fundierte Einstellungen und Überzeugungen sind die entscheidende Grundlage für die Erfüllung der ihr als poiitG-operat ive Dienst einheit im Staatssicherheit zukomnenden Aufgaben. nvirkiehuna der gewechsenen Verantwortung der Linie ifür die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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