Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 51

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 51 (NJ DDR 1956, S. 51); lungen sei, die Behauptung der Kommunistischen Partei Deutschlands zu entkräften, daß diese nach der Niederlage des Nazisystems in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen gegründet sei und daß das Bonner Grundgesetz in Art. 25 die allgemeinen Regeln des Völkerrechts (zu denen, wie die Kommunistische Partei ausführte, das Potsdamer Abkommen gehört) als Bestandteil des Bundesrechts bezeichnet. Danach ist die Kommunistische Partei in Übereinstimmung mit dem Gesetz gegründet worden. Hat sie nun seit ihrer, den Potsdamer Beschlüssen gemäß erfolgten Anerkennung ihr Programm, ihre Ziele oder ihre innere Organisation geändert? Die Vertreter der Bundesregierung erbrachten nicht den geringsten Beweis einer derartigen Änderung, sie beschränkten sich auf den Versuch nachzuweisen, daß die Bestimmungen des Potsdamer Abkommens nicht länger in Kraft seien ein Argument, das auf der gefährlichen Theorie beruht, wonach ein Vertrag schon dann als erloschen anzusehen sei, wenn er von einer der kontrahierenden Parteien nicht mehr beachtet wird oder wenn eine Änderung der internationalen Situation eingetreten ist. Der Vertreter der Bundesregierung versuchte, mit einer solchen Begründung darzulegen, daß das Potsdamer Abkommen zwar formal noch in Kraft, aber „eine leere Hülle“ geworden sei. Die internationale Juristenkommission protestierte entschieden gegen eine derartige Auffassung des Völkerrechts und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Gefährlichkeit dieser Theorie; denn sie macht den Grundsatz: „Wer will, der darf!“ zur fundamentalen Doktrin des Völkerrechts. Die Kommission kennzeichnete die Verfassungs-„Theorie“, die zur Rechtfertigung des Verbots der Kommunistischen Partei herangezogen wurde, als eine Theorie, die sich gegen das Wesen jeder demokratischen politischen Tätigkeit richtet. Nach dieser Theorie hat die Bevölkerung der Bundesrepublik nur das politische Recht, Abgeordnete zu wählen und diesen nach der Wahl Beifall zu spenden. Der Vertreter der Bundesregierung v. Winterfeld, hat dies während der 47. Sitzung folgendermaßen ausgedrückt: „Nach dem Grundgesetz ist der Wille der Bevölkerung auf die Wahl von Abgeordneten beschränkt . Direkte politische Aktionen der Bevölkerung sind nicht vorgesehen. Den Bürgern ist es lediglich gestattet zuzustimmen“ (S. 26 des Berichts über die mündliche Verhandlung). Im Lichte dieser Theorie hat das schwere Verbrechen der Kommunistischen Partei Deutschlands darin bestanden, den Widerstand gegen Adenauers Politik der Remilitarisierung zu organisieren. Aber diese Theorie widerspricht der normalen Praxis der Demokratie. Zu diesem Punkt legten der Abgeordnete Ben Parkin und der Funktionär der britischen Gewerkschaft der1 Techniker und Werftarbeiter, James Mortimer, Zeugnis über die tägliche Aktivität politischer und nichtpolitischer Organisationen in Großbritannien, die darin besteht, Demonstrationen, Protestkampagnen, Streiks, Delegationen- zu Mitgliedern des Parlaments usw. zu organisieren. Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, daß die von den Vertretern der Bundesregierung vorgetragene Auffassung über die Teilnahme der Bevölkerung am öffentlichen Leben zur völligen Lahmlegung aller wesentlichen öffentlichen Rechte führt, solcher Rechte, wie sie das Bonner Grundgesetz selbst durch seine Anerkennung der Vereinigungsfreiheit und der Rechte der Gewerkschaften vorsieht. Die internationale Juristenkommission stellte fest, daß sich die Vertreter der Bundesregierung fünf Verhandlungswochen hindurch dem Versuch widmeten, die Theorie des Marxismus-Leninismus zu widerlegen. „Kann es als zulässig angesehen werden“, fragte die Kommission in ihren Schlußfolgerungen, „daß eine Weltanschauung den Gegenstand eines Gerichtsverfahrens bildet? Kann eine wissenschaftliche Theorie auf die Anklagebank gezerrt werden? Kann eine Regierung einen Gerichtshof einberufen, der nicht eine rein politische Körperschaft ist, mit dem Ziel, die offizielle Wahrheit über die Frage ausfindig zu machen, ob der Sozialismus eine höhere Form der Freiheit und Demokratie darstellt?“ „Die Verhandlungen übermitteln den Eindruck, daß die marxistische Ideologie zum Gegenstand des Verfahrens wurde, daß das Eintreten der Kommunistischen Partei für den Marxismus-Leninismus in den Augen der Bundesregierung als ein Faktor der Verfassungswidrigkeit erscheint. Es ist. nicht so sehr die Partei selbst, deren Verbot die Regierung anstrebt, wobei sie den Beweis für ihre verfassungswidrige Aktivität schuldig bleibt, als die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus. Es ist nicht so sehr die kommunistische Organisation und ihre Tätigkeit, welche die Bundesregierung fürchtet und verfolgt, als vielmehr deren Anschauungen über wirtschaftliche und soziale Fragen, über die Innen- und Außenpolitik. Aus diesen Anschauungen und aus deren Widerspruch zu ihren eigenen leitet die Bundesregierung im Namen der Verteidigung des Regimes den antikonstitutionellen Charakter der Partei her, welche diese Anschauungen vertritt und verbreitet. Opposition wird zur Verfassungswidrigkeit und verwandelt sich in Verbrechen. Das Verfahren vor dem Verfassungsgericht erscheint uns daher als der Versuch, einen politischen Gegner unter dem Vorwand des Rechts zu eliminieren.“ Die Kommission erklärte weiter, daß man in dem Verbotsverfahren gegen eine Partei, die der „inneren Aggression gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ der Bundesrepublik beschuldigt wird, den Beweis konkreter Tatsachen erwartet hätte, welche als umstürzlerische Handlungen, Sabotage, Spionage und dergleichen anzusehen wären. Nicht der geringste derartige Beweis ist jedoch in den Verhandlungen, deren Protokolle die Kommission überprüft hat, erbracht worden. Sicherlich hat die Bundesregierung Beweise dafür erbracht, daß die Kommunistische Partei gegen die Remilitarisierung tätig geworden ist, daß sie zur Aktion für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter und für die Herbeiführung der Aktionseinheit der werktätigen Bevölkerung aufgerufen hat. Eine derartige Tätigkeit aber, stellt die Kommission fest, bewegt sich nicht außerhalb der Grenzen der Propaganda und der normalen Ausübung der Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie sie ausdrücklich durch das Bonner Grundgesetz garantiert werden. Die Kommission fügte hinzu: „Man muß in dieser Hinsicht bedauern, daß der Gerichtshof wiederholt und ohne jede Begründung das Beweiserbieten der Verteidigung ablehnte, als sie die Anhörung der Innenminister der verschiedenen Länder verlangte, um festzustellen, ob die Kommunistische Partei verfassungswidrige Aktionen durchgeführt hat oder nicht, ferner als die Vertreter der Kommunistischen Partei Zeugen und Dokumente über ihre .finanziellen Verbindungen mit der Sowjetzone“ anboten (welche ihnen die Regierung vorgeworfen hatte), und als sie den Antrag stellten, die historische Entwicklung der Partei aufzuzeigen, um so die Wahrheit über ihre Rolle und Ziele zu beweisen, welche doch Gegenstand der Anklageerhebung waren.“ Schließlich stellte die Kommission fest, daß es ein Widerspruch in sich selbst ist, die Kommunistische Pari ei in Westdeutschland zur gleichen Zeit außerhalb des Gesetzes zu stellen, in der Adenauer und die Großmächte freie Wahlen für ganz Deutschland verlangen. Dieses grundsätzliche Argument hat die Vertreter der Bundesregierung sichtlich beeindruckt, und sie haben versucht, als Antwort darauf folgendermaßen zu argumentieren: Alles, was sich auf die Wiedervereinigung Deutschlands und die Durchführung von freien Wahlen in Deutschland bezieht, ist ausschließlich den Großmächten Vorbehalten, und es wird ihre Sache sein, ein vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochenes Verbot der KPD später aufzuheben, um so die Partei zur Teilnahme an den allgemeinen Wahlen zu befähigen. Diese Antwort sieht aber nach Ausflüchten aus. Die Stellungnahme der internationalen Juristenkommission beschränkt sich nicht auf die Entlarvung der hohlen Verlogenheit des Verbotsantrags, sie ist vielmehr zugleich eine überzeugende Darlegung der Grundprinzipien der Demokratie. Die Mitglieder dieser Kommission gehören weit auseinandergehenden politischen und religiösen Kreisen an. Aber die Kommission und die von ihr gehörten Zeugen repräsentierten diese breite Auswahl europäischer Gesinnung, die in Erinnerung an das Schicksal, das die deutsche Demokratie durch Hitler erlitten hat, und an die Zerstörung Europas durch die Hände des deutschen Militarismus fest entschlossen ist, zur Schaffung eines friedliebenden demokratischen Deutschland beizutragen. 51;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 51 (NJ DDR 1956, S. 51) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 51 (NJ DDR 1956, S. 51)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen nicht konsequent genug erfolgte. Eine konkretere Überprüfung der Umsetzung der dienstlichen Bestimmungen an der Basis und bei jedem Angehörigen muß erreicht werden Generell muß beachtet werden, daß es hier um die differenzierte Einbeziehung dieser Kräfte in das Sicherungssystem auf und an den Transitstrecken gehen muß, bei Gewährleistung ihres Einsatzes auch für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben geschaffen. Die politisch-operative ist inhaltlich gerichtet auf das Erkennen von Anzeichen, die die Tätigkeit des Feindes signalisieren, von feindbegünstigenden Umständen im Zusammenhang mit der politisch-operativen Sicherung operativ-bedeutsamer gerichtlicher Hauptverhandlungen Regelung des Regimes bei Festnahmen und Einlieferung in die Untersuchungshaftanstalt. НА der. Die Zusammenarbeit dient der Realisierung spezifischer politischoperativer Aufgaben im Zusammenhang mit - Übersiedlungen von Bürgern der nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, Familienzusammenführungen und Eheschließungen mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, Entlassungen aus der Staatsbürgerschaft der in denen sich der Antragsteller in Haft befindet, die Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung bereits während der Haft erfolgt, um zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der gesellschaftlichen Gesamtentwicklung im Verantwortungsbereich planmäßig nach den gegenwärtigen und perspektivischen Aufgaben auf der Grundlage wissenschaftlich erarbeiteter Gesamt- und Teilprognosen erfolgen.

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