Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 499

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 499 (NJ DDR 1956, S. 499); erlegung je zur Hälfte zu erfolgen hat, oder ob die wirtschaftlichen Verhältnisse oder das Verhalten eines der Ehegatten während der Ehe seine Belastung mit den Gesamtkosten erfordern. So hat das Gesetz mit der Bestimmung des § 19 Ehe-VO neues materielles Kostenrecht für das Eheverfahren geschaffen, und es erhebt sich die Frage, ob die diesem materiellen Kostenrecht zugrunde liegenden Prinzipien durch die Grundsätze des § 77 GKG durchbrochen werden dürfen. Nach § 77 GKG bleibt in jedem Falle der Antragsteller der Instanz Kostenschuldner; er wird nur dann von der Zahlung der Gerichtskosten befreit, wenn eine Beitreibung von den in § 79 GKG aufgeführten weiteren Kostenschuldnern möglich ist. Das zwischen dem Kläger und dem Gericht bestehende Auftragsverhältnis, dem die Kostenhaftung nach § 77 GKG entspringt, würde also auch im Ehescheidungsverfahren den Kläger zwingen, die gesamten Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen, auch wenn sie den geschiedenen Ehegatten zu gleichen Teilen auferlegt worden sind und der Kostenanteil der verklagten Partei nicht beitreib-bar ist. Nach § 23 Abs. 1 der Eheverfahrensordnung vom 7. Februar 1956 sind „für das Entstehen einer Gebühr“ die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes maßgebend, d. h. zunächst, da es an einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung fehlt, auch § 77 GKG. Man könnte der Meinung sein, daß die Zweitschuldnerhaftung aus der Vorschußpflicht des Antragstellers herzuleiten sei, da der Kläger als Antragsteller der Instanz eben „aus dem Auftragsverhältnis zwischen Partei und Gericht“ einen angemessenen Kostenvorschuß zu leisten hat, wobei zu berücksichtigen ist, daß sich die Erhebung des Vorschusses aus § 74 GKG ergibt. Nach dem nicht mehr gültigen Kontrollratsgesetz Nr. 16 (EheG) war die Erhebung eines Kostenvorschusses bei Klagerhebung praktisch noch gar nicht gerechtfertigt, weil jedem Scheidungsverfahren ein Sühnetermdn vorausging, der gebührenfrei war und dessen Ergebnis man nicht voraussehen konnte. Da das vorbereitende Verfahren nach der neuen Eheverfahrensordnung jedoch in § 23 Abs. 2 eine halbe Gebühr vorsieht für den Fall, daß sich die Parteien versöhnen sollten, wird also die Erhebung eines Kostenvorschusses in dieser Höhe in jedem Fall gerechtfertigt sein. Da die Vorschußleistung die stufenweise Sicherung aller im Prozeßablauf entstehenden Gebühren gegenüber der Staatskasse bezweckt, kommt man zunächst zu der Schlußfolgerung, daß mit der Weitergeltung des Systems der Vorschußpflicht im Ehescheidungsverfahren auch die Zweitschuldnerhaftung des Klägers zu bejahen ist. Jedoch bleibt zu untersuchen, ob dies Ergebnis nicht mit dem materiellen Inhalt der Kostenbestimmungen des § 23 EheVO in Widerspruch steht. Nehmen wir an, daß eine Ehescheidung ohne Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung erfolgt ist, did Gerichtskosten geteilt sind und die geschiedenen Ehegatten beide in bescheidenen Verhältnissen leben. Der Mann bezahlt trotz schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse sogleich den auf ihn entfallenden Kostenanteil, in dem Glauben, daß damit, abgesehen von etwa bestehenden Unterhaltsverpflichtungen, die Sache seiner unglücklichen Ehe endgültig für ihn beendet ist. Dies entspricht auch durchaus dem Sinn und dem Wortlaut der Eheverordnung. Tritt jetzt der Fall ein, daß der Kostenanteil der geschiedenen Frau aus irgendeinem Grunde nicht einzuziehen ist, beispielsweise wegen nachträglich eingetretener Mittellosigkeit, so müssen alle verfügbaren Beitreibungsmöglichkeiten ausgenutzt werden, zu denen u. a. auch die Zweitschuldnerhaftung des Ehemannes gehört. Würde man diese bejahen, so könnte der Ehemann auch nach längerer Zeit noch zur Bezahlung des Gerichtskostenanteils seiner Ehefrau herangezogen werden. Einen Antrag nach der Verordnung über Stundung und Erlaß von Kosten im Bereich der Justiz (GBl. 1954 S. 315) von der geschiedenen Ehefrau entgegenzunehmen, verbietet die verwaltungsrechtliche Vorschrift, zunächst alle vorhandenen Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten auszuschöpfen, wozu auch die Heranziehung des zahlungsfähigen Zweitschuldners gehört. Dies Ergebnis kann zweifellos nicht befriedigen, führt es doch zu einem Widerspruch zwischen den Prinzipien der EheVO und denen des im gleichen Zusammenhang angewandten Kostenrechts. Mit Recht stellt Nathan2) fest, daß die Grundprinzipien des Kostenrechts für das Eheverfahren nur soweit Gültigkeit haben, wie sie nicht im Widerspruch zu dessen Wesen stehen. Das eben trifft aber für § 77 GKG zu, so daß diese Bestimmung, auch ohne daß dies ausdrücklich im Gesetz ausgesprochen wird, als im Eheprozeß unanwendbar anzusehen ist. GÜNTHER PFEIFFER, Sekretär beim Kreisgericht Altentreptow 2) a. a. O. Ans der Praxis für die Praxis Einige Hinweise für die Kontrolle und Anleitung der Untersuchungsorgane durch die Staatsanwälte Die Prüfung der Gesellschaftsgefährlichkeit einer Handlung und damit die richtige Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs ist schwierig und wird nur dann richtig erfolgen, wenn derjenige, der diese Frage entscheiden muß, sich von hohem Verantwortungsbewußtsein und guten politischen und rechtlichen Kenntnissen leiten läßt und wenn er alle Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Täters genauestens würdigt. Wenn auch alle Justiz- und Untersuchungsorgane erkennen, wieviel von der richtigen Entscheidung über die Gesellschaftsgefährlichkeit einer Handlung abhängt, so deckte doch eine kürzlich vom Generalstaatsanwalt geführte Untersuchung1) Fehler und Mängel auf, die darauf hinweisen, daß die riehtige Entscheidung der Frage, wann eine Handlung gesellschaftsgefährlich ist, der Praxis noch sehr große Schwierigkeiten bereitet. Nicht selten führen subjektive Erwägungen zu einer Einengung in der Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs, häufiger jedoch zu seiner unzulässigen Ausweitung. Die richtige Einschätzung der Gesellschaftsgefährlichkeit einer Handlung und damit die 1) vgl, NJ 1955 S, 533. richtige Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs darf aber nicht von subjektiven Erwägungen des die Handlung Beurteilenden abhängen, sondern muß auf konkreten Tatsachen beruhen. Die 3. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und ganz besonders die Veröffentlichung der Kommission des Zentralkomitees2) haben es noch einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen: Strengste Einhaltung der demokratischen Gesetzlichkeit dient der Festigung unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates, das Gegenteil aber führt zu seiner Schwächung, gibt den Feinden unserer Ordnung Angriffspunkte und lähmt die Entfaltung der Initiative der Werktätigen. Einhaltung der demokratischen Gesetzlichkeit im Strafverfahren ist aber ohne richtige Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs undenkbar. Der gegenwärtig zu beobachtende starke Rückgang aller auf die Kriminalität bezüglichen statistischen Meldungen kann nach realer Einschätzung kaum in vollem Maße durch die fortlaufende Besserung der sozialen Verhältnisse in der DDR und durch richtigerweise durchgeführte Korrekturen der Anklagepolitik erklärt werden. Einzelüberprüfungen zeigen, daß auch die fehlerhafte Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs hier das Bild der Wirklichkeit trübt. Selbst- 2) „Neues Deutschland“ vom 21. Juni 1956. 499;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 499 (NJ DDR 1956, S. 499) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 499 (NJ DDR 1956, S. 499)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen sowie der Normen der sozialistischen Gesetzlichkeit entgegenzuwirken. Großzügige und schöpferische Anwendung -de sozialistischen Rechts bedeutet aber auchfn der politisch-ideologischen Erziehungsarbeit deitftarhtern die Erkenntnis ständig zu vermitteln,t daß die in den Rechtspflegebeschlüssen ver- ankerte vorbeugende Einflußnahme nach wie vor die Komponente des Zwangs enthält, welche in der Anwendung der Sicherungs- und Disziplinarmaßnahmen ihren konkreten Ausdruck findet. Sicherheitsgrundsätze zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit ihnen durch die Linie Untersuchung unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ein erhöhtes qualitatives Niveau erfordert. Das ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten im Prozeß der Untersuchung politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse mit bekannten tatverdächtigen Personen bei Versuchen von Bürgern der zur Erreichung ihrer Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin besteht. Bei der Absicherung der gefährdeten Personenkreise müssen wir uns auch noch stärker auf solche Personen orientieren, die mehrmals hinsichtlich des ungesetzlichen Verlassens der operativ angefallen sind kriminell Angefallene, die eine Bestrafung zu erwarten oder eine Strafe anzutreten haben. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten.

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