Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 496

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 496 (NJ DDR 1956, S. 496); nahmen führen und haben auch zu solchen geführt. Eine Reihe Überspitzungen haben ihre ideologische Wurzel in dieser mechanischen Auffassung. Wir alle wissen, daß die Feinde unseres Staates rücksichtslose Feinde sind, die entschlossen sind, zu jedem Mittel zu greifen, um uns zu schädigen und unseren Aufstieg zu hemmen. Gegen sie muß mit den härtesten Mitteln zugeschlagen werden. Sagt man aber, daß jede strafbare Handlung ein Ausdruck des Klassenkampfes ist, jeder der eine solche Handlung begeht, sich „bewußt oder unbewußt auf die Position des Klassenfeindes stellt“, so kommt man zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß gegen alle diese Personen härteste Maßnahmen ergriffen werden müssen. Werden dann noch Fehler gemacht bei der Beurteilung der objektiven Lage, so wird es schwer werden, den Trennungsstrich zwischen Freund und Feind, Unfähigkeit oder Schwäche einerseits und bewußter Feindseligkeit und Verrat andererseits zu ziehen. Dann kann es auch passieren, daß der Gegensatz zwischen den aus den Dingen entstehenden Schwierigkeiten und den feindlichen Anschlägen der zur Vernichtung unserer Errungenschaften entschlossenen Feinde verwischt wird. Die breite Diskussion und prinzipielle Klärung dieser Frage als einer der Kernfragen des Strafrechts ist eine dringende Notwendigkeit. Bei aller Unabhängigkeit in der Rechtsprechung wird stets die herrschende Lehrmeinung in der Strafrechtswissenschaft ihren Einfluß auf den Richter ausüben. Schon deshalb dürfen Unklarheiten nicht länger fortbestehen. Der Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik weist bestimmte Besonderheiten auf, denn er vollzieht sich in einem gespaltenen Deutschland. Das erschwert auch die Herausbildung neuer Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Deshalb ist eine unablässige, tagtägliche Erziehungsarbeit notwendig, um das Bewußtsein der Massen mit den grundlegend veränderten Lebensbedingungen in Einklang zu bringen. Die moralische und politische Einheit unseres Volkes ist noch nicht hergestellt, deshalb geht es jetzt darum, den Kampf zu führen gegen die Überreste des Alten im Bewußtsein der Menschen. Dieser Kampf muß aber differenziert geführt werden. Hierbei wird man unterscheiden müssen zwischen den Gegnern des Umwandlungsprozesses denn ein solcher ist die Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus und jenen, die, obwohl sie keine Gegner sind, in der Umbildung ihres Erkenntnisvermögens aber zurückgeblieben sind. Für das Strafrecht bedeutet das, zu unterscheiden zwischen Klassenfeinden und zurückgebliebenen Bürgern, die, ohne Feinde zu sein, die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens verletzten und strafbare Handlungen begangen haben. Dabei möchte ich noch einmal betonen, daß das nicht bedeutet, daß die letzteren unbestraft bleiben sollen, wie Orsche-kowski und Grimm mich verstehen wollen. Zur Weisungsbefugnis der Rechtsmittelinstanz in Strafsachen Von Dt. GÖTZ BERGER, Oberrichter am Stadtgericht Groß-Berlin Im Zuge der neuen Erkenntnisse, die auf dem 20. Parteitag der KPdSU und der 3. Parteikonferenz der SED zum Durchbruch gekommen sind, ist uns Juristen und diesmal auch besonders den Praktikern die Aufgabe gestellt worden, alles neu zu durchdenken und mit schöpferischer Kritik nicht zurückzuhalten. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Anwendung unserer Gesetze, sondern auch darum, wie weit sich unsere Gesetze selbst bewährt haben und vor einer Kritik standhalten. Daß hierbei unsere Strafprozeßordnung mit im Vordergrund steht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Einer besonderen Überprüfung wird die Gestaltung des Rechtsmittelverfahrens bedürfen, einmal wegen seiner überragenden Bedeutung für die Fragen der richtigen Rechtsfindung, der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung, zum anderen deshalb, weil auf diesem Gebiet Ende 1952 völlig neue Wege eingeschlagen worden sind. Im folgenden seien einige Ausführungen gemacht zur Befugnis der Rechtsmittelinstanz, dem unteren Gericht auch ohne Anhörung des Angeklagten bei Zurückverweisung gegebenenfalls bindende Weisungen bezüglich der Strafhöhe zu erteilen (§§ 280 Ziff. 4, 293 Abs. 3 StPO). Diese Frage spielt so untergeordnet sie im System unserer Strafprozeßordnung zu sein scheint eine überragende Rolle, geht es doch für den Angeklagten, soweit seine Täterschaft außer Zweifel steht, ganz überwiegend um die Strafhöhe, während die Frage, ob nach dieser oder jener Strafbestimmung verurteilt wird, für den Angeklagten und für die Öffentlichkeit häufig von nebensächlicher Bedeutung ist. Nach den geltenden Bestimmungen kann die Rechtsmittelinstanz bei Zurückverweisung dem unteren Gericht hinsichtlich der Strafhöhe bindende Weisungen erteilen, auch wenn es selbst den Angeklagten nicht gehört hat, und in der Vergangenheit ging die Praxis der Rechtsmittelinstanz, ausgehend von der Maxime, daß grundsätzlich keine eigene Beweisaufnahme vorgenommen werden soll, in der Regel auch tatsächlich dahin, den Angeklagten nicht selbst zu hören. Diese Praxis widerspricht aber entschieden der grundlegenden Erkenntnis der demokratischen Rechtstheorie, daß ein Verbrechen durch die dialektische Einheit von objektiven und subjektiven Momenten charakterisiert wird, und vor allem der eindeutigen Bestimmung des § 200 StPO, wonach neben den Umständen und Folgen der Tat auch die Persönlichkeit des Täters und seine Beweggründe allseitig zu erforschen sind. Von der genauen Kenntnis der Persönlichkeit des Täters und seiner Beweggründe hängt häufig genug sogar die rechtliche Qualifizierung des Verbrechens ab, ganz gewiß aber die Strafzumessung. Das ist ja nicht zuletzt einer der Gründe, warum die Mündlichkeit und Unmittelbarkeit eine der Grundmaximen unseres Verfahrens ist. Wie soll z. B. die für uns heute so wichtige Frage, ob eine objektive Hetze auf bewußtseinsmäßige Zurückgebliebenheit oder bewußte Gegnerschaft des Täters zurückzuführen ist, vom Gericht befriedigend beantwortet werden können, wenn es den Angeklagten überhaupt nicht gehört hat? Nur wenn das Gericht den Angeklagten selbst kennengelernt hat, wird ihm in aller Regel die richtige Qualifizierung des Verbrechens und erst recht die richtige Beurteilung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Grundlage der Strafzumessung möglich sein. Ist es nicht z. B. bei einem Notzuchtverbrechen oder bei einem Gewaltverbrechen, etwa hinsichtlich der Frage der Notwehr, von entscheidender Bedeutung für das Gericht, den Täter selbst zu sehen und zu hören? Nicht viel anders liegen die Dinge aber auch bei Wirtschaftsverbrechen, wo es etwa darauf ankommt, ob der Täter sich bewußt war, durch Ankauf einiger optischer Geräte einen Großschieber unterstützt und unseren innerdeutschen Handel empfindlich geschädigt zu haben, oder ob er auf Grund geistiger Primitivität ohne Kenntnis der Zusammenhänge gehandelt hat. Ohne unmittelbare Kenntnis des Täters wird das Gericht fast nie zu einer richtigen Beurteilung der Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat die ja auch durch subjektive Momente bestimmt wird gelangen können. Das Rechtsmittelgericht aber, das ohne eigenes Anhören des Angeklagten dem unteren Gericht bindende Weisungen für die Strafhöhe erteilt, entscheidet letzten Endes über die Gesellschaftsgefährlichkeit des Verbrechens, ohne sich die Grundlagen für die richtige Beurteilung verschafft zu haben. Es wird eingewandt, Protokoll und Urteil erster Instanz vermittelten dem Rechtsmittelgericht in genügendem Umfang die Persönlichkeit des Täters. Das ist eine verhängnisvolle Illusion. Können wir von unseren Richtern erwarten, in wenigen Sätzen den lebendigen Eindruck eines Menschen mit seinen physischen und psychischen Eigenschaften zu vermitteln, ihn lebendig vor dem geistigen Auge des Lesers erstehen zu lassen? Das gelingt nur großen Schriftstellern und auch diesen nicht in wenigen Sätzen. 496;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 496 (NJ DDR 1956, S. 496) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 496 (NJ DDR 1956, S. 496)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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