Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 46

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 46 (NJ DDR 1956, S. 46); das Gericht, will es die Indizien richtig handhaben, unbedingt beachten muß'1). 1. Die Indizien erlangen ihre Bedeutung und ihr Gewicht im Prozeß im Zusammenhang mit anderen Beweisen; 2. der Zusammenhang der indirekten Beweise untereinander muß so sein, daß sie alle Glieder einer Kette bilden; beim Ausfall eines Gliedes zerfällt die ganze Kette, verlieren die Indizien und jeder einzelne Beweis ihre Bedeutung. Folglich muß ein System von Indizien vorhanden sein und nicht eine Anhäufung von vereinzelten, in keinem inneren Zusammenhang stehenden Indizien; 3. die indirekten Beweise müssen miteinander und ebenso mit der zu beweisenden Haupttatsache harmonieren; 4. die indirekten Beweise müssen so begründet sein, daß man aus ihrer gemeinsamen Kette keinen entfernen, durch das Beweisen des Gegenteils (Gegenindiz) keinen herausschlagen kann; 5. die Gesamtheit der indirekten Beweise, auf denen die gegebene Version aufbaut, muß jede andere Version ausschließen. Daher muß bei der Anwendung der indirekten Beweise nicht nur die Begründung der gegebenen Version, sondern auch das Ausschließen jeder ihr widersprechenden Version als Hauptaufgabe angesehen werden. Wie man sieht, sind bei der Anwendung indirekter Beweise mannigfaltige Schwierigkeiten zu überwinden. Die Kompliziertheit der Indizien selbst wie auch ihrer Handhabung verlangen vom Richter die Beherrschung aller Methoden des Denkens. Hierbei kann sich der Richter voll der Methoden der Logik der Deduktion und Induktion bedienen, wobei er jedoch die Grenzen dieser Methoden nicht übersehen darf. Wie Wy-schinski sagt, „darf man nicht vergessen, daß jedes Gerichtsverfahren in der Regel eine Episode des Klassenkampfes ist, der seine eigene Logik hat, die nicht immer und nicht in allem mit der Bücherlogik zusammentrifft, die es mit abstrakten Größen zu tun hat“1'-). Deshalb müssen die Regeln der Induktion und Deduktion unter der Kontrolle der Methode der Dialektik, der wissenschaftlichen Hauptmethode des Beweisens angewandt werden. Denn die dialektische Methode verpflichtet dazu, die Erscheinungen in ihrem Zusammenhang, in ihrer Entwicklung und Veränderung zu betrachten10). Die richterliche Untersuchung im Zivilprozeß muß ungeachtet der Besonderheiten, die sie gegenüber der Wissenschaf tlichen Untersuchung aufweist, genauso qualifiziert sein wie diese14). Denn nur auf der Grundlage der exakten Erforschung der den Rechtsstreitigkeiten zugrunde liegenden Umstände ist es möglich, einen realen Schutz der gegebenen Rechte zu garantieren, und nur so können unsere Gerichte die ihnen durch § 2 GVG gestellten Aufgaben in der Rechtsprechung verwirklichen. Mit der Anwendung wirklich wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden überwinden unsere Gerichte die das formale bürgerliche Denken kennzeichnende Oberflächlichkeit, die Primitivität und den Mangel an Methode15). Dadurch sichern sie eine den Forderungen der Gesetzlichkeit entsprechende Durchführung des Verfahrens und unterscheiden sich damit wesentlich von den bürgerlichen Gerichten auch von den heutigen westdeutschen Gerichten , deren Verfahren oft genug anstatt von Gesetzlichkeit von Gesetzlosigkeit bestimmt werden. II Ein von der bürgerlichen Rechtswissenschaft und -praxis entwickeltes Institut, in dem die Oberflächlichkeit, die Primitivität und der Mangel an Methode im Denken deutlich zum Ausdruck kommen, ist der sog. “) A. J. Wyschinski, a. a. O., Kap. IV, § 9, S. 293 (russ.); s. auch R. Schindler, Grundfragen der gerichtlichen Beweise im Strafprozeß der DDR in Wissenschaftliche Zeitschrift der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, 4. Jgg., Heft 2/3, 1954/55, S. 97/99. “) A. J. Wyschinski, a. a. O., Kap. IV. § 4. S. 230 (russ.). ■3) J. W. Stalin, Über dialektischen und historischen Materialismus, Fragen des Leninismus, Berlin 1951, S. 647 ff. ) A. J. Wyschinski, a. a. O. Kap. IV, § 4, S. 226 (russ.). I5) A. J. Wyschinski, ebenda. prima-facie-Beweis. Hierbei handelt es sich um ein Institut, das trotz seiner Beschränktheit eine beträchtliche Ausbreitung gefunden hat, weil es vortrefflich zur Durchbrechung der Gesetzlichkeit und zum Schutz der Interessen der Monopolbourgeoisie geeignet war und ist. Der prima-facie-Beweis ist ein in Anlehnung an die Rechtsprechung der Gerichte auf dem Gebiet des Schiffahrtsrechts vom ehemaligen Reichsgericht nach der Jahrhundertwende auch für das Zivil- und Arbeitsrecht entwickeltes Institut, das es den Gerichten gestattet, ihre Entscheidungen statt auf objektiv festgestellten Tatsachen auf subjektiv angenommenen Tatsachen aufzubauen. Seinem Wesen nach ist der prima-facie-Beweis ein Konglomerat von tatsächlicher Vermutung,’ Beweislastregel und Beweiswürdigungsregel. Er ist Etiles, nur nicht Beweis. Auf Grund bestimmter, von einer Partei vorgebrachter und bewiesener Umstände schließt der Richter auf das Vorliegen weiterer, nicht bewiesener Umstände, d. h. er würdigt die bewiesenen Tatsachen in bestimmter Richtung und kehrt effektiv die Beweislast um, indem er der anderen Partei die Last der Beweisführung für das Gegenteil der angenommenen (vermuteten) Tatsache auferlegt. Allein gegen die Tatsache des Schließens von einem bekannten Umstand auf einen unbekannten Umstand wäre nichts einzuwenden, denn die gleiche Gedankenoperation findet auch bei der Anwendung von Indizien statt. Was den prima-facie-Beweis insofern von den Indizien unterscheidet, ist, daß der Schluß nicht auf Grund umfassender Tatsachenerforschung gezogen wird, die zur Annahme nur dieser einen Schlußfolgerung zwingen, sondern daß auf Grund unvollkommener Tatsachen die wahrscheinlichste Schlußfolgerung gezogen wird. Hier zeigen sich also die Hauptunterschiede zwischen Indizien und prima-facie-Beweis. Während es sich bei richtiger Handhabung der Indizien, bei einer wirklich umfasenden Sachaufklärung und richtiger Anwendung der Denkgesetze bei der geschlußfolgerten Tatsache um einen der objektiven Sachlage, der Wahrheit entsprechenden Umstand handelt, haben wir es bei dem prima-facie-Beweis mit einer relativ oberflächlichen Sachaufklärung und einer unter Umständen recht willkürlichen Schlußfolgerung zu tun, denn es genügt die Wahrscheinlichkeit. Diese Unterscheidung hat selbst das Reichsgericht10) in gewissem Maße getroffen. „Bei dem gewöhnlichen Beweis durch Anzeichen“, führt das Reichsgericht zum Indizienbeweis aus, „genügt aber erst recht nicht eine größere oder geringere Wahrscheinlichkeit, sondern es ist, um den Beweis als erbracht anzusehen, die volle richterliche Überzeugung erforderlich. Hierbei ist bei dem gewöhnlichen Beweise durch Anzeichen sogar mit besonderer Vorsicht zu verfahren, damit die Beweisführung keine irgendwie beachtlichen Lücken aufweist, während beim Beweise des ersten Anscheins gewisse Lücken in der Feststellung des Geschehensablaufs im einzelnen durch Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungssätze über den regelmäßigen Verlauf ausgefüllt werden können.“ In welchen Fällen nun der eine Beweis und in welchen der andere zulässig bzw. notwendig war, das entschieden die Räte des Reichsgerichts, ohne jedoch einleuchtende Gründe hierfür anzuführen* 17). Ausschlaggebend war allein ihre „Erfahrung“. Als hauptsächliches Kriterium für die Anwendbarkeit des prima-facie-Beweises forderte das Reichsgericht, daß ein typ'scher Geschehensablauf, ein gewöhnlicher Verlauf der Dinge o. ä. vorliegen müsse. Ob der Verlauf der Dinge gewöhnlich oder typisch war, das zu entscheiden war Sache des erkennenden Gerichts und in letzter Instanz des Reichsgerichts. Am interessantesten ist aber die Frage, zu welchem Zweck das Institut des prima-facie-Beweises konstruiert wurde, warum der Vielfalt des Lebens derart Zwang angetan wurde und weshalb an die Stelle individueller Behandlung jedes einzelnen Falles die Konstruktion typischer, formelhafter Geschehensabläufe trat. Wozu diente also eine derartige Schabionisierung der Rechtsprechung? ') RGZ 163, 27. 17) vgl. hierzu RGZ 153, 137. 46;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 46 (NJ DDR 1956, S. 46) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 46 (NJ DDR 1956, S. 46)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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