Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 430

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 430 (NJ DDR 1956, S. 430); b) Die objektive Seite der Spionage kann wie das z. T. in der Handlung der oben erwähnten Ehefrau zum Ausdruck kam bereits durch die Entwendung von Gegenständen (zur Weitergabe an ausländische Geheimdienste) erfüllt sein, auf denen Staatsgeheimnisse fixiert worden sind, z. B. Dokumente oder Gegenstände, die selbst ein Staatsgeheimnis darstellen, wie z. B. Geräte, Patentmuster, Maschinenteile und dergl. Diese Begehungsform lag z. B. in folgendem, vor einem Bezirksgericht verhandelten Fall vor. Der Angeklagte war Angestellter der Reichsbahn. In dieser Eigenschaft entwendete er aus einer anderen Abteilung Transportpläne, die aus bestimmten Gründen unter Verschluß gehalten wurden. Die Pläne entnahm er einem Stahlschrank in dem Augenblick, als der verantwortliche Bearbeiter sich für wenige Minuten in einen Nebenraum begab. c) Eine weitere Alternative besteht in der Sammlung von Staatsgeheimnissen, und zwar in der Form der Fixierung von eigenen Beobachtungen, der Anfertigung von Skizzen, Fotografien, der geschickten Befragung von Fachleuten, des Festhaltens von erhaltenen Mitteilungen, der Anfertigung von Abschriften usw. Viele der von den demokratischen Gerichten bisher untersuchten Spionageverbrechen wurden in der Form der Sammlung von Staatsgeheimnissen zum Zwecke der Weitergabe an ausländische Geheimdienste begangen. So befaßten sich z. B. die „Zeugen Jehovas“ mit der Aufstellung von Gebietskarten, in die besonders solche Objekte eingetragen wurden, wie Gebäude der Volkspolizei, Unterkünfte der Kasernierten Volkspolizei, sowjetische Militärdienststellen, Brücken, Flugplätze, wichtige volkseigene Betriebe usw.7). Die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ beauftragte ihre Agenten u. a. mit der Ermittlung von Funktionären, die listenmäßig erfaßt wurden, mit der Feststellung von Typen und Nummern sowjetischer Flugzeuge, mit der Anfertigung von Zeichnungen und Fotografien wichtiger Brüchen, Schleusen, Flugplätze usw.7 8). Der „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“ interessierte sich für alle Fragen der volkseigenen Wirtschaft, den Ost-Westhandel, die Volkspolizei und die Arbeit des Staatsapparates. Er stellte seinen Agenten die Aufgabe, sich u. a. Einblich in die Finanzpläne und die Exportaufträge zu verschaffen sowie Mitteilungen über Schwierigkeiten in der Materialbeschaffung und über neuartige Produktionsverfahren zu geben9 10). Eine ähnliche Aufgabenstellung hatten auch die vom Obersten Gericht verurteilten Agenten der Organisation Gehlen und des NATO-Geheim-dienstes. Sie hatten u. a. Informationen zu geben, die unmittelbar für die imperialistischen Kriegsvorbereitungen Verwendung finden sollten, so z. B. über Standorte der bewaffneten Streitkräfte, über den Zustand der Straßen, die Tragfähigkeit von Brüchen usw.io). Die Begehungsform des Sammelns lag z. B. auch in nachstehendem Fall neueren Datums vor: Der Täter beobachtete mehrere Monate lang die Bewegungen von Einheiten der Sowjetarmee und der KVP. Diese Beobachtungen stellte er in Berichten zusammen, die sich insbesondere auf die Stärke der Transporte, die Art der transportierten Fahrzeuge, Panzer usw. und die vermutliche Fahrtrichtung bezogen. Daneben fertigte er genaue Skizzen über bestimmte Objekte militärischen Charakters an und fotografierte auch bestimmte Fahrzeug-, Geschütz- und Panzertypen. Diese in Berichten, Skizzen und Fotografien fixierten Beobachtungen waren für eine in Westberlin befindliche Stelle des amerikanischen Geheimdienstes bestimmt. Derartige Beispiele haben eindeutig den hohen Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit des Spionageverbrechens gezeigt. Diesem Umstand muß der Gesetzgeber dadurch Rechnung tragen, daß er auch die Spionage zum Unternehmungsdelikt erklärt. Das bedeutet, daß dieses schwere Verbrechen bereits im Keim erfaßt und seiner Gefährlichkeit entsprechend schon im frühesten Stadium der objektiven Verwirklichung bekämpft werden kann. Der Begriff des Unternehmens spiegelt den einheitlichen objektiven Vorgang wider, 7) vgl. OGSt Bd. l, s. 40 f. 8) vgl. OGSt Bd. 2, S. 52 ff. 8) vgl. NJ 1952 S. 490 ff. 10) vgL NJ 1954 S. 654 ff. und NJ 1955 S. 394 ff. 450 der jedes Verhalten des Täters umfaßt, das auf die Verwirklichung der objektiven Seite gerichtet ist Als vollendetes Verbrechen ist demnach jedes Verhalten anzusehen, das darauf gerichtet ist, Staatsgeheimnisse weiterzugeben, zu entwenden oder zu sammeln. Wegen Spionage ist daher auch derjenige zu bestrafen, der wegen eines kriminellen Delikts die Republik verlassen und zum Zwecke der Anerkennung als sog. politischer Flüchtling einer westberliner Spionagezentrale bestimmte geheimzuhaltende Vorgänge mitteilen will, auf dem Wege nach Berlin jedoch bei einer Kontrolle gestellt wird. 3. Auf der subjektiven Seite der Spionage muß Vorsatz verlangt werden. Der Täter muß beim Verrat wissen, daß er Staatsgeheimnisse weitergibt. Bei den anderen, die objektive Seite des Spionageverbrechens erfüllenden Handlungen ist das Bewußtsein des Täters erforderlich, daß er Staatsgeheimnisse entwendet oder sammelt. Die Entwendung oder Sammlung von Staatsgeheimnissen muß mit dem Ziel der Weitergabe erfolgen. Das Wissen um ein Staatsgeheimnis wird immer dann zu bejahen sein, wenn der Täter sich darüber im klaren ist, daß er einer unserem Staat feindlichen Stelle oder einer mit ihr in Verbindung stehenden Person etwas weitergibt bzw. zu diesem Zwecke bereithält, was diese Stelle oder Person zu wissen wünschen und was sie durch offizielle Mitteilungen der zuständigen Organe nicht erfahren können. Hier sieht der Täter, der Staatsgeheimnisse weitergibt oder im Begriff ist, sie weiterzugeben, stets voraus, daß seine Handlungen die äußere Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik untergraben oder schwächen und damit den Aufbau des Sozialismus stören können. Dieses Resultat will er. 4. Ein Hinweis ist schließlich noch hinsichtlich der an das Subjekt des Verbrechens zu stellenden Anforderungen erforderlich. Subjekt kann nur derjenige sein, der ohne Befugnis handelt. Dieses Merkmal ist nicht nur eine zusätzliche Garantie für die Rechtssicherheit. Vielmehr trägt seine Aufnahme auch dem Umstand Rechnung, daß die Beziehungen zwischen den sozialistischen Ländern einen anderen Charakter tragen, als zu den kapitalistischen Ländern. Zwischen den Ländern des sozialistischen Lagers sind neue Beziehungen der kameradschaftlichen Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe entstanden. Diese Länder, zu denen auch die Deutsche Demokratische Republik gehört, koordinieren ihre Wirtschaftspläne und tauschen neue Produktionsverfahren und andere Erkenntnisse aus. Dabei kann es sich durchaus um Staatsgeheimnisse handeln. Ihre Weitergabe vollzieht sich jedoch auf Grund einer Befugnis, die auf der Anordnung eines Staatsorgans im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen beruht. Unter dieser Voraussetzung ist die Weitergabe eines Staatsgeheimnisses nicht tatbestandsmäßig. 5. Aus den vorangegangenen Erörterungen ergibt sich folgender Vorschlag für eine künftige Neufassung des Tatbestandes der Spionage: Wer es unternimmt, den Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik dadurch zu hemmen oder zu stören, daß er ohne Befugnis Staatsgeheimnisse an einen ausländischen Staat, eine ausländische Organisation der eine für diese Institutionen arbeitende Stelle oder Privatperson weitergibt oder zum Zwecke der Weitergabe an eine der vorbezeixh-neten Institutionen oder Personen entwendet oder sammelt, wird wegen Spionage . bestraft. II 1. Im Urteil des Obersten Gerichts vom 27, Januar 1956 gegen Held u, a. wurde ausgeführt: „Neben der schon ln vielen Prozessen vor dem Obersten Gericht festgestellten systematischen Spionage auf wirtschaftlichem-, politischem und kulturellem Gebiet, neben den mit hinterhältigsten Mitteln durchgeführten Sabotage--und Diversionsakten, neben einer gemeinen politischen Hetze gegen alle fortschrittlichen Maßnahmen und Politiker sind die Strategen des kalten Krieges auch dazu übergegangen, in organisierter Form hervorragende Wissenschaftler und Facharbeiter aus der Deutschen Demokratischen Republik abxuziehen“U)t li) NJ 1956 S. 99 (Hervorhebung von mir G. K.).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 430 (NJ DDR 1956, S. 430) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 430 (NJ DDR 1956, S. 430)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

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